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fratttt.) Die Schwäche der iärgerNche» Parteien trägt die Mit- schuld daran. In erster Linie find dieielben Parteien, die die Belastung des Volkes mit unerträglichen Verbrauchssteuern versSuldet haben, auch die Hauptschuldigen an der unerträglichen Last des Militarismus. Es sind dieselben Leute, die das Streben der Proletariermassen nach einen, gröberen Anteil an dem Bolls- einkommen mit den. Ruf nach Ausnahmegesetzen beantworten, die, wenn die Arbeiter zu Ausständen schreiten müssen, nach der Polizei, jetzt auch nach Militär schreien.<Lebhnfte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Ist es doch gar nicht einmal unwahrschein- lich, daß ein Teil der jetzt vom Reichstag geforderten Maschinengewehre dazu bestimmt ist, gegen den sogenannteninneren Feind", gegen die Arbeiterschaft gebraucht zu werden. sLebhaftes Sehr wahr! bei den Sozialdemolraten.) Und da verlangt man von uns, dag wir für diose Vorlage stimmen sollen I Wir lehnen im Bewußtsein voller patriotischer Pflichterfüllung die geforderte Heeres- Verstärkung äu, wie wir den ganzen volksfeindlichen Militarismus ablehnen, s Lebhafter wiederholter Beifall bei den Sozial- demokraten.) Abg. Basscrmann snatl.): Den Resolutionen der Konmiiision auf Verbesserung des MilitärstrafrechtS, auf weitherzige Berücksichtigung der Befreiungsgesuche und auf zweckmäßigere Verteilung des Ersatzes stimmen wir zu. Der Kolleg« S t ü ck l- n hat sich hier wieder grundsätzlich gegen den Militarismus gewandt. Kollege Bebel pflegte bei solchen Gelegenheiten das Milizsystem zu empfehlen. Es dürfte keinen ungünstigeren Augenblick für die Empfehlung deS Milizsystem» geben, als den gegenwärtigen. Alle großen Mächte find zurzeit bestrebt, ihre Militärmacht auszubauen. Der Abrüstungsgedanke ist ja ein sehr idealer, aber mit Idealen allein kann man keine Politik treiben. Frankreich  verstärkt fortgesetzt sein Herr, in England werden trotz finanzieller Schwierigkeiten Dreadnougths gebaut, wie weit Rußland   wieder er- stärkt ist, läßt sich nicht abschätzen. Da kann mau nicht mit Herrn Stücklen sagen: die augenblickliche Lage ist nicht bedrohlich, also ist keine Heeresverstärkung nötig. Das ist keine Realpolitik! Wir be- dürfen einer starken Rüstung als Deckung für unser blühendes Wirtschaftsleben und ein starkes Deutschland   ist auch, wie sich bei der BalkankrisiS gezeigt hat, eine der besten Bürgschaften für den Weltfrieden.   Sollten neue Steuern zur Deckung der unumgänglichen Militärausgaben nötig sein, so muß zur Besteuerung der Vermögen und Erb» schuften geschritten werden.(Zustimmung links.) Der Welt­srieden ruht auf den deutschen   Bajonetten. DaS mag eine kostspielige und unbequeme Unterlage sein, aber eS ist ein sicherer Sitz. So stimmen wir denn der Vorlage zu.(Lebhafter Beifall bei den Liberalen.) Vizepräsident Dr. Spahn: Herr Stücklen hat von einer Firma gesprochen, die anS Geschäftsinteresse Notizen über französische  Rüstungen in die Presse lanziert habe.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Wenn ich gehört hätte, daß der Redner dabei den Namen der Firma genannt hat, so hätte ich das gerügt. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Wiemer(Vp.): Uns erscheint die Notwendigkeit der Vorlage nachgewiesen und so st i m m e n wir für s i e. Ich habe nicht erwartet, daß die Sozialdemokratie für diese Vorlage stimmen ivürde.(Heiterkeit.) Aber daß unser Heer technisch aus der Höhe steht, ist in der Kommission auch von sozialdemokratischer Seite anerkannt worden. �ch halte es für sehr unange- bracht, daß Herr Speck die Sozialdemokratie wegen ihrer konzilianteren Haltung gegenüber dem Militarismus mit Hohn über- schüttet hat. Wenn Herr Speck meint, daß diese Haltung der Sozial- demolratie wohl von ihrer Ännährung an die bürgerliche Linke her- rühre, so ist mir von einer solchen Annäherung nichts bekannt. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es ist Sache der Sozialdemokratie, wie und wohin sie sich entwickeln will.(Sehr richtig I bei der Volkspartei und den Sozialdemokraten.) Da» glaube ich allerdings, daß eine Annäherung an die bürgerliche Linke sich zuträglicher für die Sozialdemokratie erweisen würde, als ihr Zusammengehen mit dem Zentrum tövü und in den folgenden Jahren.(Hrnerkeit.) Unsere Zustimmung zu der jetzigen Heeresvorlage verpflichtet im», wie ich ausdrücklich hier erklären will, in keiner Weiie für die Zu­kunft I Ich glaube nicht, daß der Grundsatz.Keine Ausgaben ohne Deckung", sich ohne neue Steuern wird durchführen lassen. Die neuen Steuern werden sich aber in einer andern Richtung bewegen müssen, als in jener derReichSfinanzreform von 1Sl)S.(Lebh. Zustimmung links.) Aber heute ist es nicht an der Zeit, nach neuen Steuern zu suchen. Was wir jetzt verlangen müssen, das ist st r e n g st e Sparsamkeit.(Sehr wahrl links.) Auf sie muß. auch gegen- über den Forderungen des Krieg»- und Marineressorts, der Schatz- sekrelär dringen und der Reichstag mutz ihn nachdrücklichst in seinem Sparsamkeitsstreben unterstützen. Nicht aber dürfen unter der Spar- famkeit die Veteranen leiden. Sie dürfen auch nicht auf die völlig unsicheren Erträgnisse der Wertzuwachssteuer allein angewiesen werden.(Sehr richtig I links.) Wir bedauern, daß sich in der Kommission nicht weitere Abstriche im Heeresetat habe» er­zielen lassen. Besonders glauben wir. daß sich durchaus eine Ber- Minderung der Kavallerie ermöglichen lassen würde.(Lärm. Wider- spruck rechts.) Im Gegensatz zu dem Abg. Stücklen freuen wir uns über die Potsdamer Verständigung zwischen Rußland  und Deutschland  . Die Frage der internationalen Ab- r ü st u n g läßt sich weder durch überhitzte Begeisterung, noch durch küble Ablehnung lösen. Gewiß kann nicht Herabsetzung der Heeresstärke durch internationale Mehrheitsbeschlüsse herbeigeführt werden, wohl aber läßt sich doch denken, daß Deutschland   einmal einer Regelung der Abrüstungöfrage auf dem Wege internationaler Verständigung zustimmt.(Zustimmung links.) Jedenfalls sollten wir nicht nochmals den Fehlereiner schroffen Ablehnung machen, wie in der Frage der Flottenrüstung. Wir stimmen der Heeresvorlage bei unter der Voraussetzung, daß der Grundsatz der allgemeinen, aber auch gleichen Wehrpflicht immer mehr zur Wirk- lichkeit wird.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Gans Edler Herr zu Putlitz(k.): Was die Vorlage fordert, ist äußerst bescheiden, wirklich nur das Mindestmaß des aller« notwendigsten.(Heiterkeit bei den Sozialdemokrat».) Wir müssen es dem Kriegsminister überlassen, die Verantwortung für die Be- schränkung der Forderung auf das Mindestmaß zu tragen. Wenn wir statt des stehenden Heeres eine Volksmiliz hätten, so würden die Sozialdemokraten schon eher zu Bewilligungen bereit sein. Das ist eben der springende Punkt bei den Herren Sozialdemokraten: sie find Gegner unseres stehenden Heeres. Ich leugne nicht, daß die Heereslosten groß und schwer sind.(Höt I hört l links.) Aber immer noch sind die Ausgaben für Rüstungen leichter zu»ragen als die Kosten eines unglücklichen Krieges.(Bravo l rechts.» Abg.». Liebert(Rp.): Nach der Verfassung soll 1 Prozent der Bevölkerung im Heere dienen, und zwar im Heer allein, nicht in Heer und Marine zusammen, wie Herr Stücklen meinte. Danach ist unsere Präsenz noch weit zurück. Daß jeder taugliche Mann auch diem, wäre schon im Interesse der Erziehung gut gegenüber den dunklen Machinationen der Umsturzpartei an unserer Jugend.(Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Meine Freunde stimmen der Vorlage zu. Herr Stücklen rühmte die Bater- landSliebe der Sozialdemokratie, aber sie lieben nicht das Vaterland, das wir meinen, das deutsche   Kaiserreich, sondern sie lieben die soziale Republik   und setzen alle? herunter, was sich aus unser Heer bezieht. In ihrem Soldatenbrevier hat gleich daS erste Gedicht .die Musterung" den Refrain.Vieh", auf den sich alles reimt, Kom- pagnic usw.(Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Präs. Graf Schwerin: Sie dürfen nicht den Zuruk.Schwindel" machen.(Zurufe bei den Sozialdemokraten: Ich konstatiere nur Tatsachen!) Abg. o. Liebert(fortfahrend): Die Sozialdemokraten bekämpfen den Fahneneid und schreiben mit Bezug auf ihn:.Der Mensch soll frei lein, nicht ein Knecht der Herrschenden".(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Ein Lied,»Das Batelland" überschrieben, schließt «it den Worten: .Und als ich trauernd sang, Ich Hab kein Vaterland; DaS mich geboren, nonnt ich nie mein eigen, Hütt' ich beinah den Schnabel mir verbrannt; Ich war Soldat Soldaten müssen schweigen. Das ist Ihre Meinung, Sie haben kein Vaterland.(Bravo  ! rechts. Zurufe und Lachen bei den Sozialdemokraten.) Kriegsminister v. Hccringcn: Der vom Abgeordneten Stücklen erwähnte Artikel von löi)7 ist. wie der Generaldirektor der Deutschen Waffen« und Munitionssabrik schon 1S07 erklärte, lediglich deshalb in die französische   Presse gebracht, um Anhaltspunkre über die Ab- sichten der französischen   Heeresverwaltung zu gewinnen.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Uebrigens hatte die deutsche Heeres- Verwaltung schon 1906 mit der Firma den Vertrag über die Liefe« rung von Maschinengewehren abgeschlossen und zwar nicht über 40 Millionen, sondern über 6>/z Millionen. Herrn Wiemer bemerke ich, daß die Söhne unseres Volkes auch jetzt schon so behandelt und gestellt werden, wie es recht ist. Es wäre eine schmähliche Vernachlässigung der Pflicht der Vor- gesetzten, wenn cS anders wäre. Fehler kommen vor, doch bitte ich, diese nicht zu verallgemeinern. Mit der Aufnahme der Vorlage durch die Parteien kann die Heeresverwaltung zufrieden sein. Eine Verminderung der Kavallerie wegen der Einführung der Luftschiffe kann nicht in Frage kommen, wir können doch bei nebligem oder windigem Wetter nicht sagen: Bitte sehr, heute spielen' wir nicht mit.(Heiterkeit.) Die Ausgaben für das Heer stellen eine Versicherungsprämie gegen einen unglücklichen Krieg dar; übrigens sind sie geringer wie in Frankreich   pro Kops der Bevölkerung. Auch gibt die Heeresverwaltung fast die gesamten Millionen wieder in Deutschland   aus; das Heer stellt also nur einen Durchgangsposten dar.(Große Heiterkeit.) Dazu kommt, daß es in weite Kreise Gesundheit hineinträgt, die Dienstjahre sind Jahre der Gesundung.(Zustimmung rechts.) In ethischer Beziehung bringt das Heer Stärkung der Pflichttreue, Vaterlandsliebe, geistige Spannkraft und Energie hervor.(Zustimmmig rechts.) Die großen Fortschritte, die Deutschland   in den letzten 40 Jahren gemacht hat, werden nicht zuletzt verdankt der allgemeinen Wehrpflicht.(Lebhaftes Bravo I reckits.) Abg. Korfanty  (Pole): Wir müssen doch fragen, ob die Heere der Nachbarstaaten technisch dem unseren überlegen sind, und ob der Friede bedroht erscheint. Beides ist nicht der Fall. Der Grundsatz:.Keine Ausgabe ohne Deckung" ist bei der Militär- Vorlage nicht gewahrt, die ZnwachSsteuer wird nicht reichen, ohne neue Steuer» wird nicht gehen.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Und dabei singt man immer das Lied von der Spar- sanikeit I ES ist sehr bedauerlich, daß die Regierung sich geweigert hat, mit England über das Mag der Rüstungen zu verhandeln. Aus allen diesen Gründen werden wir gegen die Vorlage stimmen. (Bravo  ! bei den Sozialdemokraten und den Polen  .) Dazu kommt, daß die Militärverwaltung eine antipolnische Politik betreibt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Liebrrmann v. Sonnenberg(Wirtsch. Vg.) fühlt sich be- leidigt, daß der Kriegsniinister nicht erst auch seine Rede abgewartet habe, spricht seine und seiner Partei Zustimmung zu der Heeres- Vorlage aus, erklärt, daß auch er nicht die Verweisung der Veteranen ausschließlich aus die Erträgnisse der Wertzuwachssteuer wolle und bezeichnet die Idee des Weltfriedens als einen Traum ohne Realität. Abg. Dr. Heim(Z.): Alle Parteien haben sich auf den Standpunkt gestellt, daß neue Ausgaben nicht ohne Deckung bewilligt werden sollen. Speziell hat sich daS Zentrum früher sehr entschieden auf diesen Standpunkt gestellt. Noch beim Flottengesetz vom lgov nahm daS Zentrum diesen Standpunkt ein. Dir Zeiten haben sich sehr geändert.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Jetzt haben sich die bürgerlichen Parteien aus den Standpunkt gestellt: Wir be- willigen die Vorlage, aber keine neuen Steuern. DaS Rätsel kann ich nicht lösen.(Sehr gut I b. d. Soz.) Jetzt wird uns die Finanz- läge lehr rosig geschildert. Ich bin überzeugt, wenn ich angeregt hätte, eine alte Ehren'chuld des Reichstags einzulösen und die Mannschaftslöhne zu erhöhen, dann wäre die Finanzlage uns pech­schwarz geschildert worden.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Eingelöst werden nur die Versprechen, die neue Lasten bringen. (Erneute Zustimmung bei de» Sozialdemokraten.) Herr Stücklen hat u»S die mutmaßlichen Kosten vorgeführt, die uns diese Vorlage im La»fe der nächsten fünf Jabre bringen wird. Ich gehe hierin sogar noch weiter und sage, daß kein Abgeordneter die finauziellen Kousr« quenze» dessen übersehen kau», was er jetzt bewillige» will.(Abg. Ledebour  : Also lehnen Sie ab 1) Seien Sie doch nicbi so un- geduldig, Herr Kollege, Sie sind doch nicht mehr so jung.(Stürmische Heiterkeit.) Bon Eripaniisien wird immer geredet, nur schade, daß sie uns nicht gezeigt werden.(Sehr wahr' bei den Sozialdemo- traten.) Gerade das platte Land trägt die Lasten des Militär« diensteS, wie ich gegenüber dem Haiisabund bemerken will.(Zu- stimmung rechts.) DaS Zentrum sagt, die Deckung sei da. Ich be- streite daS. Aber dieHaltung der Liberalen ist vielsonder­barer: sie erklären. Deckung sei nicht da, und stimmen doch dafür. Ich stehe keineswegs auf dem antimilitaristischen Standpunkt der Sozialdemokratie, die unbelehrbar in ihren Irr- wegen ist(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten), aber ich stimme gegen diese Borlage, die mir nicht genug begründet erscheint. Abg. R-Ske(Soz.): Die Gegner unserer Partei haben wieder die Gelegenheit be- nutzt, um unsere Stellung zum Militarismus zum Ziel ihrer An» griffe zu machen. Selbstredend durfte dabei der Herr v. Liebert nicht fehlen. Natürlich kam er auch wieder mrt seinen Zitaten herbei. Bei den Zitaten deS Herrn v. Lieberl muß man immer erst nachfragen, wieviel daran wahr oder vieliiiehr, wieviel daran nicht unwahr ist.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Bei der sattsam bekannten Agitationsweise deS Abg. v. Liebert, die man außerhalb des HauseS derüchiigt nennt Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten), ist sorgsame Vorsicht bei einen Zitaten ganz besonders geboten. Der Herr v. Liebert hat da nämlich eine Broschüre geschrieben, in der er die Stirn hat, einen Mann, wie unserem Führer Bebel, besten Ehrenhaftigkeit von allen Seiten, auch von den heftigsten politische» Gegnern anerkannt wird (Lebh. Zustiminung bei de» Sozialdemokraten), die Ehrenhaftigkeit ab- zusprechen.(Pfuirufe bei den Sozialdemokraten.) Derselbe v. Liebert wirft der Sozialdemokratie Beförderung des Alkoholismus   vor. Angesichts des Schnapsboykotts würde ich daS außerhalb des HauseS eine bewußte Unwahrheit nennen.(Unruhe rechts, lebhaste Zu« stimmung bei den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) Präsident Graf Schwerin  : Sie dürfen auch in dieser Form einem Abgeordneten nicht bewußte Unwahrheit vorwerfen. Ich rufe Sie zur Ordnung.(Lebhafter Beifall rechts. Zuruf bei den Sozialdemokraten: Der Ordnungsruf ändert nichts an der Sache!) Abg. Noöke(fortsahrend): Die anderen Ausführungen deS Herrn v. Liebert in seiner Broschüre stehen auf derselben Höhe. Einmal entschlüpft ihm aber doch das Geständnis, daß die Sozialdemokraten sich während ihrer Militärzeit durchweg gut führen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wie gesagt: Die Behauptungen von unserer Vaterlandslosigkeit lasten uns kalt. Wie es mit dem Patriotismus der Herren von der Rechten bestellt ist, haben wir ja in der Kommission gesehen. Al» der Reichsschatzsekretar gegen Verteuerung der Remonte« zferde eintrat, da traten sehr rechtsstehende Herren aus und be- chuldigten den Schatzsckretür der Militärfeindlichkett, ja beinahe der Vaterlandslosigkeit und sozialdemokratischen Gesinnung. Hört! hört! und Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Es läßt uns wirllich kalt, wenn solche Leute uns der Vaterlandslosigkeit be­schuldigen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Ueber den Wandel der Anschauungen im Zentrum hat sich ja Herr Dr. Heim ganz ergötzlich verbreitet. Bei der Gelegenheit möcht» ich übrigens fragen, warum denn der bedeutendste militärische Sachkenner des Zentrum», der General Häusler, in der letzten Zeft w der Kommission nicht gesehen oder wenigsten» nicht gehört wurde. Geschah daS bielleicht auf Wink der Fraktion?(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Auch über die Haltung der Liberalen machte Dr. Heim Ausführungen, die wir zum Teil unterschreiben können. Herr v. Putlitz   hat die Friedensliebe des französiichen Volkes be- zweifelt. Wie kommt er dazu? Herr Basiermann hat ja auch die deutsche Friedensliebe betont. Bei einem Kriege ist eben nichts zu gewinnen, wohl aber viel zu verlieren. Diese Einsicht hat zur Friedensliebe geführt, freilich nicht bei alle» Abgeordneten; ein Kon- scrvativcr hat in der Kommission den vierzigjährigen Frieden bedauert. (Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Die Völker wünschen überall den Frieden, Interesse am Kriege hat nur eine ganz kleine Schicht Herrschender; die Masse der Völker ist überall ftiedliebend, und der Wert der internalionalen Bestrebungen der Sozialdemokratie liegt darin, daß dieser Fliedensliebe Rechnung getragen werden muß. Aber gewiffe Kreise haben an der immerwährenden Vermehrung der Armee ein Interesse. Nach dem Kriegsminister geben wir eigentlich recht wenig für unsere Rüstung aus. und er erzählt von den gesundheitlichen und ethischen Wirkungen des Heeresdiemles. Aber bei uns sie eben von 1000 Soldaten 18, in der Schweiz   10.2.(Hört! hört!) Turnen. Sport, bessere Ernährung, diefreilich durch die Finanzreform in Frage gestellt ist. tragen zur Gesundheit und Gesundung bei.(Zustimmung bei den Sozial« demokraten.) Zu einer wirkungsvollen Sozialreforu« fehlt uns das Geld. Auch die Ausgaben für die neue HeereSvorlage werden nicht ein- kommen, wenn die Regierung es auch hofft, die Rechnungen der Regierung haben noch niemals gestimmt.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es kann auch gar nicht bestritten werden, daß daS Reickisschayamt und das Kriegsministerium verschiedener Meinung über die Kosten und den Umfang der neuen Vorlage waren; das KriegSmniisterium will Weiler gehen. Der Grundsatz: .Keine neue Ausgabe ohne Deckung" wird in dem Augenblick durchbrochen, wo es sich um eine neue Militärvorlage handetl.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir müssen ernste Sorge haben, daß weitere Forderungen kommen werden das geht aus den Ausführungen der meisten Redner hervor. Bon Reformen im Heer abrr ist' keine Rede; vor einem Jahre hat noch Herr HäuSler betont, die Verkürzung der Dienstzeit werde daS Zentrum im Auge behalten. Aber kein Wort ist heute darüber gesprochen. Aber auch grundsätzlich kann sich unsere Stellung zum Militarismus nicht ändern, so lange daS System des Militarismus dasselbe bleibt. Gibt es etwa« TorichlereS. den Millionen von Sozialdemokraten zu tagen, ihr dürft euch totschießen lassen, aber gleiche» Recht habt ihr nicht. Aber Sie werden sich mit der Tatsache abfinden müssen, daß wir v i e r M i l l i o n e n g e- worden sind, und die Stellung und Stimmung der Sozial« demolratie wird bei jede« künftigen Kriege sehr zu beachten sein. (Sehr richtig! bei den Sozialdemotraien.) Das Manifest, mit welchem Nikolaus II   zur ersten Haager Friedenökonserenz eingeladen hat, sprach von der Aufrecht�rhaltimg des Allgemeinen Friedens und der Herabsetzung der Rüstungen als einem Ideal Mit Begeisterung wurde dos Manifest von allen Fürsten   aufgenommen. Aber g e- fruchtet hat die Mahnung bei den Herrschenden nichts. Um so nachdrücklicher haben die Massen dafür ein- zutreten, daß der FriedenSidee Rechnung getragen wird.(Lebhaste Zustimmung bei den Soziatdemokruten.) Deshalb lehnen wir diese neue Vermehrung der Rüstungen ab.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) ReichSschatzsekretär Mermuth  : Die Reichsfinanzverwaltung hat die Deckung der Kosten dieser Militärvorlage in das Programm der jetzigen Finanzperiode aufgenommen und ist entschlosien, die Deckung ohne neueSteuern zu erreichen.(Hört! hört! rechts.) Ich bin mir bewußt, damit eine schwere Verant- Wartung übernommen zu haben.(Hört I hört I links.) Ich habe auch keineswegs die Lage so rosig geschildert, wie Herr Dr. Heim behauptet hat, sondern ich habe zu allen meinen Ausführungen da» Fragezeichen gesetzt, zu dem ein Schatzsekretär sozusagen beruf»- mäßig verpflichtet ist.(Große Heiterkeit des ganzen Hause«, in die auch der KriegSminister einstimmt.) Redner gibt eine gedrängte Ueber« ficht über den Stand der ReichSeiiinahmen, schildert die einzelnen Posten al» recht günstig, setzt jedoch unter steigender Heiterkeit de» HauseS stet» hinzu:Aber Garantie für die Zukunft überuchm« ich nicht". Damit schließt die Debatte. Abg. v. Liebert(Rp  ): Meine von Herrn NoSke zitterte Schrift von 1S04 sind olle Kamelleu(Stürmische Heiterkeit.) In der zweiten Auflage bin ich der ehrenhaften Persönlichkeit Lehel»» die ich hier kennen gelernt habe, gerecht geworden. Herr Noske mag doch diese zweite Auflage lesen. Abg. NoSke(So,., persönlich): Die Zitate, die ich verlesen, ent- stammen einer Broschüre des Herrn v. Liebert nicht aus dem Jahre 1904, sondern au» dem Jahre 1900. Ich stelle fest, daß diese Sudelei, diese Beschimpfungen Bebel» noch heute im Buchhandel zu haben sind. Abg. v. Liebert(Rp.. persönlich): Ob die erste Auflage meiner Broschüre im Jahre 1904 oder 1900 erschienen ist. weiß ich nicht; jedenfalls war e» vor meinem Einttilt in den Reichstag  . Die zweite Auflage ist 1008 erschienen, nachdem ich hier die Verhältnisse kennen gelernt hatte. Die Abstimmung über den§ 1 wird auf Antrag de» Abg. Ledebour(Soz.) eine namentliche sein und morgen stattfinden. Der Rest der Vorlage nebst den von der Kommission beantragten Resolutionen wird debatteloS angenommen, ebenso die durch die neue Heeresvorlage bedingten Etatsposittonen. Hierauf vertagt sich da» Hau». Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr: Der eigentliche Milttäretat. Schluß VU Uhr._ Hbgeordnctenbaiiö, 34. Sitzung vom Donnerstag, den 23. Februar, vormittags 10 Uhr. Am Ministertisch: v. Breitenbach. Die zweite Beratung des EiscubahnetatS wird bei der Be« sprechung der Beamten- und Arbeiterfragen fortgesetzt. Abg. Tuercke(t.) tritt sür eine» Ausbau der WohlfahrtSeinrich- tungen für die Eisenbahnhandwerker und-Arbeiter ein und schließt sich den Ausführungen der«bog. Beyer und Schröder-Kossel an. Abg. Eckert(sk.) betont lebhaft die loyale Gesinnung des früher Trierschen Verbandes und bittet um Berücksichligung der Petitionen dieses Verbandes vor allem in bezug auf den Ausbau der PensionS« Versicherung. ArbeiterauSschußmitglieder dürften wegen ihrer Tälig- keit im Ausschuß nicht gemaßregelt werden. Abg. Funck(Vp.) weist den Vorwurf de» Abg. v. HennigS zurück, daß der Abg. DeliuS wahllos alle ihm entgegengebrachten Wünsche der Eisenbahner vorgetragen habe. Ein Streikrecht der Eisenbahner können auch wir nicht anerkennen, umsomehr aber haben wir Ab- geordnete die Pflicht, die Versammlungen der Eisenbahner zu be- suchen, um ihre Wünsche kennen zu lernen. Die Berwaltung sollte eS dem Takt der einzelnen Abgeordneten überlasten, wie weit sie dabei gehen. Gegenüber dem Vorwurf der Wahlpolitik erwidere ich dem Abg. v. Hennigs: Wer im Glashause fitzt, soll nicht mit Steinen werfen.(Zuruf de« Abg. Papvenheim.) Präsident v. Kröcher: Herr v. Poppenheim. Sie dürfen Zwischen­rufe nur vom Platze aus machen.(Große Heiterkeit.) Abg. Funck(fortfahrend): Ich dachte dabei an die plötzliche Für­sorge de» Herrn Hahn für die Lehrer.(Sehr gut! links.) Redner befürwortet des weiteren«ine Verbesserung der PenssoiiSeinrichwngen der Eisenbahner. Abg. GicSbertS(Z.) polemisiert geyen den Abg. Leinert. Es ist eine reklamehaste Uebertreibung, wenn die Sozial- demolratie e» so hinstellt, al« sei fie die einzige vertteterin der Interessen der Eisenbahner. Auch uns gehen sehr zahlreiche Wünsche