Briands Beseitigung reinig! die politische Atmosphäre.Sein Abgang weckt kein Bedauern, sondern erneuert nur dieEinsicht, daß auch hohe Intelligenz und glänzende äußereandere Gaben in der Politik scheitern müssen, wenn sie keinfester Charakter in den Dienst ernsten Wollens stellt.Ministerkombinationen.Paris, 25. Februar. Mehrere Mitarbeiter Briandshaben die Absicht geäußert, mit ihm zurückzutreten, wie auchdas künftige Ministerium zusammengesetzt sei. Besonders der bis-herige Minister des Auswärtigen P i ch o n scheint fest entschlossen zusein, seinen Abschied zu nehmen. In den Wandelgängen der Kammernennt man als künstigen Ministerpräsidenten Poincars,N o n i s v a l l S oder Leon Bourgeois. Obgleich man nicht an-nimmt, daß Präsident Fallisres Delcassö mit der BildungdeS neuen Ministeriums beauftragen wird, so scheint man doch über-zeugt zu sein, daß Delcasso gute Aussichten habe, dem neuen Mi-uisterium anzugehören._politifcbc GcberHcbt.Berlin, den 25. Februar 1911.Sozialdemokratie und Heer.Aus dem Reichstag. 25. Februar. Im weiterenVerlauf der Debatte über den Heeresetat nimmt das Ver-hältnis der Sozialdemokratie zum Heere auch diesmal einenimmer größeren Teil der Auseinandersetzungen in Anspruch.Zunächst brachte der konservative Abg. Gans Edlerzu P u t l i tz in einer Rede, die den ödesten junkerlichenKasernengeist atmete, es mit Entrüstung zur Sprache, daß inBaden Soldaten offen für die Sozialdemokratie agitiert hätten,und der Antisemit Liebermann v. Sonnenbergfaselte von sozialdemokratischen„Putschversuchen", die mit derFeuerspritze niedergeschlagen werden sollten. GenosseStückle n wies die Anzapfungen mit einigen kräftigenWorten zurück und wandte sich dann gegen den Unfug, daßeine Anzahl auf Kosten der Steuerzahler lebender Generalea. D. und z. D. gleich dem General v. Liebert sich der Be-kämpfung der Sozialdemokratie mit den abgedroschenen Ver-leumdungen des„Reichsverbandes" widmen. In der Haupt-fache wandte unser Genosse sich aber gegen die gestrigenAusführungen des K r i e g s m i n i st e r s. Gegenüber demVersuch dieses Herrn, die Offiziere, die sich der Soldaten-Mißhandlung schuldig gemacht haben, halbwegs zu decken, be-tonte Stücklen. daß das Unwesen der Soldatenmißhandlungennur auszurotten sei, wenn sämtliche Mißhandler rück-sichtslos aus dem Heer entfernt würden.Als die Offiziere, die sich der Mißhandlung wehrloserSoldaten schuldig machen, von Stücklen als feig undehrlos gekennzeichnet wurden, gaben die Sozialdemokratenihrer Zustimmung durch kräftigen Beifall Ausdruck. Trotzdemdiese Beifallsbezeugung nur in der parlamentarisch zulässigenForm erfolgte und obendrein von ganz kurzer Dauer war,ergriff der Präsident Spahn zur Klingel, um den Beifallniederzubimnieln. Offenbar verwechselte er auchdiesnia! wieder den Reichstag mit einer Ge-r i ch t s st u b e, in der er als Oberlandesgerichtspräsidentallerdings berechtigt gewesen wäre, sich jeden Beifall zu ver-bitten. Der Reichstag darf aber doch wohl erwarten, daßseine Präsidenten, welchen bürgerlichen Beschäftigungen sie sonstauch nachgehen, sich in den Geist des parlamentarischen Lebenseinzugewöhnen wissen.Ter schwächliche Versuch des Generals v. Heeringen, denBissingschen Erlaß derart umzudeuten, alS ob er auf dieSozialdemokratie nicht Bezug hätte, wurde dann vonStücklen in seiner ganzen Fadenscheinigkeit entlarvt.Schließlich stellte er der Hecringenschen Behauptung, dasHeer sei das„Rückgrat des Staates", die Auffassung entgegen, daßdie gesamte werktätige Bevölkerung dieses Rückgrat bilde.Ter freisinnige Abg. Gothein nahm sich die merk-würdigen finanzpolitischen Daten des Kriegsministers vor undgab auch dem Unmut des freisinnigen Bürgertums über dieRechtsungleichheit Ausdruck, unter der die Juden im Heerezu leiden haben. Als dann von sozialdemokratischer Seite zu-gerufen wurde': Und doch bewilligen Sie die Gelder, ver-teidigte er sich mit der wenig glücklichen Wendung: Wenn einmaleine Mehrheit ftir die Nichtbeivilliguug vorhanden sei. werde auchseine Partei dabei, sein; jetzt sei das nur eine Demonstration.Die Verteidigungsrede des K r i e g s m i n i st e r s warauch diesmal überaus schwach und bewegte sich völlig in denhergebrachten Formen. In bezug auf die Judcnfrage warnur neu, daß er die Nichtbcförderung der Juden zu Offizierenoffen dem antisemitischen Geiste im Offizierskorps zuschrieb,den er übrigens selbst mißbilligte.Dann wurde das Haus mit einer plumpen Jndenhetzrededes Antisemiten Raab regaliert, dessen trivialer Stammtisch-klatsch wachsendes Unbehagen selbst bei den ihm nahestehendenParteien und am BundesrntStisch bewirkte.AlS darauf in später Stunde ein Schlußantrag vom Prä-sidenten Graf S ch w e r i n verlesen wurde, protestierten dieFreisinnigeli; und die Nationalliberalen und sogar für dasZentrum Herr v. H e r t l i n g zogen„wegen der eben ge-haltenen Rede" ihre Unterschrift zurück. Die Debatte gehtalso am Montag weiter._Dieselbe Nummer.Zum ersten Male nahm der neue Finanzminister Dr. L e n tz ein der Soimabendsitzung des Abgeordnetenhauses Gelegenheit, sichauch über Fragen zu äußern, die nicht direkt zu seinem Ressort ge-hören. C?r erwies sick> dabei als würdiger Ngchfolger Rbeinbabens,den er in de� Verherrlichimg Preußen« sogar noch zu übertrumpfensuchte. Wenn man hört, was Herr Lentze in Erwiderung auf dieAusführungen Strobels über die Eiukommensteuerverhältiiisic sagte,dann muß man beinahe glaube, i. der preußische Staat ist für dieArbeiter daS Paradie», aus dem freilich die bösen Gewerk-schasten und die noch bösere Sozialdemokratie sie wieder ver-treiben möchten. Was preist der Minister nicht alle« alssoziale Tat an I Die ArbelterversichcrungSgeseye. die Aufhebung desSchulgelde« für Volksschulen, die Arbeiterschutzgesetznovelle. ja sogardie Miquelsche Steuerreform— all da? sollen Taten ersten Rangessein l Die Arbeiter mit geringem Einkommen haben nach HerrnLenye in Preußen an den Staat keine Steuern zu zahlen, wohlober erheben die Gewerkschaften von ihnen ungeheuer hohe Steuern,und zwar behauptet der Minister unter anderem: der Verband derGemeindeorbeiter erhebe Wochenbeiträge, die zwischen 45 Pf. und, 20 PI. schwanken. In Wirklichkeit beträgt der Höchstbeitrag indiesem Verbände pro Woche 55 Pf., und diesen Beitrog zahlenvon den über 40000 Mitgliedern nur 200 bis 800. Da» ist nurein Beispiel für die Art. wie Herr Lentze polemisiert, eineArt �die er seinem Vorgänger abgeguckt hat und die nurauf' ein so schleckt unterrichtete» Parlament wie das preußischeJunkerporlament Eindruck macht.Während der Rede de» Minister» leistete sich der Präsidentv. K r ö ch e r wieder eine herrliche Probe semer Unparteilichkeit. Herr tDr. Lentze gebrauchte gegenüber unserem Redner das Wort„frivol",und als wir uns diese unparlamentarische Wendung verbaten, erklärteJordan v. Kröcher in aller Seelenruhe:„Der Mnister übt nur seinverfassungsmäßiges Recht aus." Was hätte der Präsident wohlgetan, wenn die Sache umgekehrt gewesen wäre?Unserem Genossen S t r ö b e l fiel es nicht schwer, sowohl dieAngriffe des Ministers, als auch die des Zentrumsredners GieS-Berts zurückzuweisen, der ihm Worte in den Mund legte, die ergar nicht gebraucht hatte und nun gegen ihn zu Felde zog. GenosieHirsch, der die Absicht hatte, die Angriffe des Ministers aus dieGewerkschaften zurückzuweisen, wurde durch den Schluß der Debattedaran verhindert; es war ihm nur noch möglich, in einer Be-merkung zur Geschäftsordnung Herrn Lentze zur Richtigstellungseiner Behauptungen aufzufordern. Warten wir ab, ob der Ministeres tut.Montag: Etat der Handels- und Gewerbeverwaltung.Gefälschte Berichte.Aus der Budgetkommission wird uns geschrieben:Gefälschte Berichte über die Verhandlungen, betreffenddie Auslieferung des Tempelhofer Feldes an die hinter Tempelhofstehenden Grundstücksspekulanten versendet da« offiziöseWolffsche Bureau, die von einer Reihe Blätter sin Berlinz. B. vom„Lokal-Anzeiger" und dem„BerlinerTageblatt" in gleichem Wortlaut) gebracht werden. Darinwerden unsere Redner zu einer Art Antisemiten gestempelt.Aus der DonnerstagSsitzung weiß eS z. B. aus einer RedeLedebourS nur von einer„rein talmudistischen' Auslegung(durchAnführungszeichen auch vom„Tageblatt hervorgehoben) zu berichten"und in der FreitagSsitzung läßt es Fischer sagen:„Es wäre auch für das Zentrum Gelegenheit gegeben,dem spekulierenden wucherischen Berliner Judentumentgegenzutreten."DaS„Berk. Tageblatt" hebt mit Rücksicht auf seine Leser diesenSatz durch Fettdruck hervor; wir wollen aber doch konstatieren, daße» sich hier um eine direkte Fälschung handelt, denn Fischer hat. dasZentrum und die Konservativen ob ihrer Unterstützungdes Herrn Hoberland und seine Hintermänner verhöhnend, sich direktan das Zentrum und die Konservativen mit den Worten gewandt:„Hier wäre Gelegenheit gegeben gewesen, die wucherischenBodenspekulanten zu treffen, die Sie(vom Zentrum undden Konservativen!) sonst immer als da» Boden-wucherische Berliner Judentum zu nennen belieben."Diesen Angriff gegen den blauschwarzen Block machtda« Wolffsche Bureau zu einem sozialdemokratischen Hilferuf an dasZentrum, zu einem antisemitischen Kampf gegen da« JudenwmlDa« ist, wie gesagt, eine direkte Fälschung. Und sie ge-winnt an Jnterreffe durch den Umstand, daß der Berichterstatter fürda» Wolffsche Bureau der ZentrumSabgeorduete Sittart ist.DaS ist der Humor bei diesem Reinfall de»„Berliner Tageblatt»'.Salomo Bethinann.Herr Theobald v. Bethmann Hollweg kann sich wiedereinmal rühmen, das deutsche Staatsschiff glücklich durch einen ge-fährlichcn, klippenstarrenden Engpaß gesteuert zu haben. Seiteinigen Wochen schon regte sich die liberale Presse über die wichtigeFrage auf, ob der Kaiser den König von Italien besuchen werdeoder nicht. Das italienische Königreich feiert demnächst das 50jäh-rige Jubiläum seiner Einigung und Unabhängigkeit. Wie das inneuerer Zeit so üblich geworden ist, werden sich als Gratulanteneinige Staatsoberhäupter persönlich einfinden, wodurch nach bürger-licher Legende die Beziehungen der„befreundeten Staaten" erheb-lich gefestigt werden. Der Präsident der französischen Republikkommt nach Rom und wird versuchen, Italien dem wackeligen Drei-bund zu entfremden und in die Arme der Westmächte zu ziehen.Die Konkurrenz und die freundschaftlichen Gefühle für Italien for»der», daß Deutschland etwas für die Festigung de» Dreibundstue. Das kann natürlich nur durch einen Kaiserbesuch am römischenHofe geschehen. Gewiß wäre Wilhelm II. und der Reichs-kanzler zu solcher Reise gern bereit. Aber die Sache hateinen bedenklichen Haken. Der Papst, der ja ver-pflichtet ist, das Königreich Italien als ein Werk deS Teufelszu hassen, hat die Welt wissen lassen, daß er den Besucheines Souverän« zu diesem Jubiläum als eine schwere Kränkungauffassen wird. Run ist das Hau» Hohenzollern zwar nicht katho-lisch, aber— Bethmann Hollweg ist der Gefangene des blau-schwarzen Blocks, der Gefangene des Zentrums. Soll die Reichs-regierung die Schwierigkeiten im Innern vermehren, um die Zieleder äußeren Politik zu fördern?-Die arme Reichsregierung saßin arger Klemme und die liberale Presse wird nicht müde, denSchraubstock anzuziehen und über die Schädigung der deutschenBeziehungen zu Italien zu jammern. Nicht bloß um dieser Be-ziehungen willen, sondern vor allen Dingen, um zu zeigen, daßder kulturfeindliche schwarzblaue Block selbst schon solch erhabenenObjekten, wie Kaiscrfahrten mit ihren weltbewegenden, Völker-schicksale bestimmenden Folgen gefährlich wird. In Italien ant-wartete dem entrüsteten Chorus der deutschen liberalen Presseein Echo Geistesverwandter, die über den Affront klagten, derItalien zugefügt werden solle. In dieser heiklen Lage hat Seth-mann Hollweg einen Einfall gehabt. Er versucht sowohl Italienwie den Papst, sowohl die Liberalen wie die Schwarzen zufriedenzu stellen. Der Kaiser wird nicht zum Jubiläum gehen, dochwird ein Hohenzoller in der Schar der Gratulanten nicht fehlen.Der Kronprinz wird den König von Italien besuchen!Wir fürchten aber, daß die Italiener mit dem Entscheid»inseres blauschwarzcn Salomo nicht ganz zufrieden sein werden.Denn um Wilhelm II. beneiden uns ja alle anderen Völker. Vondem Kronprinzen aber haben das foftzustellen die Offiziösen bisherversäumt.'__Ei« neues Gelächter.Das offiziöse Telegraphenbureau verbreitetfolgende Kundgebung � als würdigen Abschluß der famosenKronprinzenreise:Kalkutta, 25. Februar. Der Gesandte v. Treutler er-klärte einem Vertreter des Reuterschen Bureaus im Namen desKronprinzen, Seine Kaiserliche Hoheit bringe aus Indien dieinteressantesten und erfreulichsten Eindrücke mit. Besondersschätze er die licbenNvürdige Gastfreundlichkeit und die freund»lichen Gefühle, die ihm, wo er auch reiste, privat sowohl, wieöffentlich in der Presse, bezeigt worden seien. Diese höchst an»genehmen Erfahrungen werde der Kronprinz niemals vergessen,und Indien werde in seinem Herzen«inen hervorragenden Platzbehalten. Die Reise sei durchaus erfolgreich gewesen.Ganz besonder» habe sich der Kronprinz für die Nord-grenze interessiert, und hier namentlich für die Gegendam Khaibanpaß und dafür, wie wenige Briten hier in demwilden Grenzlande die Ordnung aufrechterhielten. Auf seinenJagden habe er Einblick genommen in da» Lebender Landbewohner. Er sei allen Problemen derZivilverwaltung rege nachgegangen und habe sich mitZahlreichen Beamten der Regierung über die Hungersnot,den Unterricht und die öffentlichen Einkünfte eingehendunterhalten und alle Bauten von historischem und archi.tektonischem Interesse besichtigt. Er habe da» militärischeSystem genau studiert und Hege die größte Bewunde»rung für die glänz enden britischen Truppen in Indien. Ingesellschaftlicher Beziehung habe der Kronprinz die größten Er-folge erzielt, und alle Klassen seien erfüllt von seinem Höf-lichen. bezaubernden, natürlichen und doch würdigenWesen. Auch seine deutsche Reisebegleitung habe sichsehr beliebt gemacht. Der herzliche Empfang deS Kronprinzensowie der Besatzungen der deutschen Kriegsschiffe sei dazu an-getan, die Freundschaft«der Engländer und Deutschen inKalkutta zu festigen.Man wird dieses Gemisch von Eigenlob. Byzantinismusund Tolpatschigkeit. das den Namen des Treutler miteinem Schlage berühmt macht, in der ganzen Welt mit un-gemischter Heiterkeit aufnehmen, in das wir Deutsche als ersteeinzustimmen uns nicht entgehen lassen werden. Denn soweitkennt man uns draußen doch auch, daß man nicht etwaDeutschland aufs Konto schreiben wird, was Höflinge ver-brechen.Aber zweierlei zu erfahren, wäre noch interessant. Ein-mal, hat der Kronprinz diese Erklärung, die in seinemNamen hinausgeht, auch vorher gelesen? Und zweitens,wird man Herrn v. Treutler, dieses Unikum diplomattscherGeschicklichkeit, auch bestimmt in Castans Panoptikum zusehen bekommen?_Die Kranzschleife als Verkehrshindernis.In Hettstedt im Mansfeldischen trugen zwei Genossen beider Beerdigung eine» Porteigenossen Kränze mit roten Schleifen.Ein Polizeikomniisfar forderte sie auf, die staatsgefährlichen Schleifenzu entfernen. Sie weigerten sich, widersetzten sich aber nicht derBeschlagnahme der Kränze. Trotzdem kam eS wegen Uebertretungeiner Kreispolizeiverordnung, die sich mit— der Sicherheit de» Ver-kehrs beschäftigt, zu einer Anklage. In der Verhandlung erklärteder vmtsanwalt, die Beschlagnahme der Kränze hätte.au» verkehr»-polizeilichen Gründen" erfolgen müssen, weil es früher einmal beimBegräbnis eine« Sozialdemokraten zu einer Schlägerei gekommenfei.(Sogenannte Neichstreue hatten die Leidtragenden belästigtund angegriffen!) Das Schöffengericht sprach beide Angeklagte frei.Schon wieder die Meiueidsbezichtiguug.Als in Essen da» Meineidsurteil gegen die BergarbeiterführerSchröder und Genossen aufgehoben wnrde, schienen auch bürgerlicheBlätter so etwas wie Scham zu empfinden, daß der Sozialdemo-kratie vorgeworfen worden war. sie hielt im politischen Interesseihrer Partei den Meineid für zulässig. Man bedauerte, daß solcheErwägungen zu den ersten, dem Fehlurteil, beigetragen hatten. Wirdachten gleich, daß bei einem Teil der bürgerlichen Presse dieBesserung nicht lange anhalten und daß bald wieder ein Rückfall indie alte gewisseiilose Verleumdungssucht erfolgen würde.Die„Dortmunder Zeilimg", das Blatt der konservativen Groß-industriellen, ärgert sich in ihrer Nummer 100 vom 23. Februarüber„eine neue sozialdemokratische Lüge", die darin bestehen soll,daß ein Sozialdemokrat in der Budgetkommission de» Reichstage»von der im Ossizierkorps viel verbreiteten sozialdemokratischen Ge-sinnung gesprochen habe. Dadurch gerät das Dortmunder Unternehmerblatt rein au« dem Häuschen. Unter anderm erhebt c»wieder den Vorwurf, daß die Sozialdelnokratie den Meineid für zu-lässig halte. Es heißt da:„Wenn es die Sozialdemokratie bereit» dahin gebrachthat, den Meineid im Dienste ihrer Parteizweckefür zulässig zu erachten, so kann man sich nicht mehrwundern, daß sie sich die Lüge leistet, zu ihren Anhängern gehörtendeutsche Offiziere."Es genügt, diese Gemeinheit niedriger zu hängen. Aus seinemstinkenden Sumpf kann dies Preßgesindel nun einmal aicht herau».Die preußische Regierung für Vermehrungder Kindersterblichkeit!Zu§ 212 der ReichsversichernngSordnung tnar von der Kommission bekanntlich in erster Lesung beschlassen, den versichertenEhefrauen Hebammendienste und ärztliche Geburt»-Hilfe zu gewähren. Die preußische Regierung hat erklärt, dieserBeschluß sei für fie unannehmbar, ebenso der fernere KommissionS-befchlnß. die Rente derjenigen Jnvalldenrentenen»psäoiger. die Kinderunter 15 Jahren zu unterhalten haben, etwas(um'/,« der Rentefür jedes Kind bis zum anderthalbfachen Betrage der Rente) zu er»höhen. Und da«, wiewohl die Beschlüsse geeignet wänen, die Kinder»sterblichkeit und die Leiden und Krankheiten der Mürter etwa« zuvermindern. Der Staatssekretär des Innern hat sich außerstandeerklärt, den Widerspruch der preußischen Regierung gegen Ge»Währung der Hebammendieuste und ärztliche Hilse zu drecken, viel»leicht, meinte er. lasse sich eine Umslinmumg der preußischen Re-gieruna rücksichtlich der Erhöhung der Invalidenrente durchsetzen.Daraufhin ist, wie wir bereit» gestern mitteilten, leider in derRoimnisfion die Gewährung von Hebammendiensten u»d ärzt-licker Hilfe wieder gestrichen. Die preußische Regierung hatalso mit Erfolg für Vermehrung der Kindersterblichkeit imb derLeiden der Ehefrauen sowie für Verminderung der Geburtenhäufig-keit gekämpft. Und da« tut dieselbe Regierung, die die betlageus-werten Erscheinungen eines Rückganges in der Geburtenhäufigkeitund einer Vermehrung der Kindersterblichkeit häufig insbesondereunter Betonung der militärischen Interessen al» eine ernste Gefahrbezeichnet hat. Das Plenum des Reichstags wird hoffentlich demkulturwidr»gen Andrängen Preußen« mehr Widerstand entgegensetzenwie die Kommission und den ersten Beschluß der Kommission trotzde» preußischen Widerspruch« wiederherstellen.Abgelehnte„Liebesgaben".Seit mehr al» 100 Jahren herrscht in Mainz wie i» vielenanderen rheinischen Städten der Brauch, daß die Stadt zur Be-soldung der katholischen und evangelischen Geistlichen einen jährlichenZuschuß von 3000 M. leistet. Auf Antrag de» Genossen Adelungbeschlossen die Stadtverordneten in Mainz, den Beitrag von jetzt ababzulehnen._Bayerische Anarchisten-Aengste.Wie der M ü n ch e n e r Polizeibericht mitteilt, wurdm im An»schluß an die polizeiliche Aufhebung einer.Anarchistengruppe" zweiSchweizer und vier Oesterreicher au« Bayern ausgewiesen.fVanKmcK.Eine antimilitaristische Kundgebung.Paris, 25. Februar. Im Bahnbof Pontoise veranstaltete eineAnzahl Gestellungspflichtiger antimilitaristische Kund»gedungen, unter anderem durch Abfingen der Jnter»nationale, und mißhandelte die einschreitende GendarmerieDie Bahnbeamten und Oktroibeamten weigertensich, der Gendarmerie Hilfe zu leisten. Erst al» die GendarmenVerstärkungen erhielten, gelang cS ihnen, einige der Ruhestörer fest-zunehnien. Gegen die Etfenbahn» und Oktroibediensteten ist Straf-anzeige erstattet worden.Hmerikz.Annahme de» Vertrage» mit Japan.Washington, 24. Februar. Der Text de» Vertrage» mitJapan ist bekannt gegeben worden. Er umfaßt 18 Artikel. Dererste räumt den Bürgern der vertragschließenden Länder gegen-fettige Rechte em. Der Vertrag wurde durch Japan an-geregt, das versprach, die Auswanderung wie bisher zukontrollieren.Der Senat hat.nunmehr den Bertrag mit Japan an»genommen.