n
Nr. 181.
Erscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Viertelmonatlich jährlich 3,30 Mart,
1,10 mt, wöchentlich 28 Big frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage, Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz band: Deutschland u. Defterreich: Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Beitungs: Breisliste
für 1893 unter Nr. 6708.
Vorwärts
10. Jahrg.
Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Betitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins- und Beriammlungs Anzeigen 20 fg Inferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Ervedition ist an Wochentagen bis 7 or Abends, an Sonnund Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.
Fernspredjer: Amt I, 4186. Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin !
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Die Kleinbauern
Freitag, den 4. August 1893.
Expedition: SW. 19, 33euth- Straße 3.
und die Geistlichkeit. leiten, dann empfiehlt es sich, ohne sich auf religiöse Streitlichen Staaten wenig stimmte. Hoffnungsfreudig athmeten
Läßt sich die Erörterung nicht leicht auf dies für den ein allgemein zugängliches Buch. Die Bauern fanden in Sozialismus entscheidende wirthschaftliche Gebiet zurück- demselben so manches, was mit den Zuständen der christfragen irgendwie einzulassen, der Landbevölkerung zu zeigen, die von Fürsten , Ritterschaft und Geistlichkeit geknechteten Man schreibt uns: wie die Geistlichkeit den Bauern gegenüber gehandelt hat. Bauern auf. Mit Berufung auf das Evangelium, auf die Auf feine Gesellschaftsschicht übt die Geistlichkeit ohne In katholischen Gegenden ist daran zu erinnern, daß von den Kanzeln gepredigte Gleichheit vor Gott forderten Unterschied des Bekenntnisses einen so nachhaltigen Einfluß der große Landbesitz der Bisthümer und Klöster zum fie größere Rechte, Hebung des schweren Druckes, der auf aus, wie auf die kleinbäuerliche Bevölkerung. Die länd- größten Theile den Bauern weggenommen wurde, daß die ihrer Klasse ruhte. Sie hofften von den Wortführern der liche Bevölkerung hängt mehr als die städtische an der Geistlichkeit, und nicht zuletzt die Ordensgeistlichkeit sich be- Reformation, daß sie sich ihrer Sache annehmen würden. Väter Glauben. Es wäre grundsätzlich nicht zu recht- mühte, daß die Staatsgewalt den freien Bauer zum Leib- Diese aber hatten ihre eigene Sache auf die Fürsten , auf die fertigen und überdies taktisch unklug, wollte man die eignen machte und diesen Leibeignen zu frohnden für Mächtigen dieser Welt gestellt, genau so wie es heutigen Tages Agitation für den Sozialismus bei der ländlichen Bevöl- Klöster und Bischöfe zwang, denen der frühere freie Besitz die Vertreter unseres Staatsfirchenthums thun. Statt Unterferung irgendwie verquicken mit der Verbreitung atheistischer der entrechteten Bauern zu theil wurde. Man erinnere stüßung von Luther und Melanchthon zu erhalten, wurden Grundsätze. Hiervor ist nur zu warnen. daran, daß noch heute die überaus reichen katholischen die Bauern mit Ermahnungen und weisen Reden abGeistlichkeit und Religion ist aber nicht das gleiche, Stiftungen die Bauern austaufen, sie von Haus und Hof gespeist. Die Bauernschaft ließ sich aber nicht mehr einselbst in den rückständigsten Gegenden wird dies der länd- vertreiben, um ihren Besiz unablässig vergrößern zu können. lullen. Als ihre Beschwerden und Klagen fein Gehör lichen Bevölkerung immer klarer. Nichts beweist dies mehr Man erwähne, daß daß der jetzige Papst den heiligen fanden, griffen sie zu den Waffen. Da bekannte Luther als die letzten Wochen. Da sahen wir in der rein katho- Thomas von Aquino als die wichtigste, ja, als die Farbe, er stellte sich mit seiner ganzen Autorität auf die lischen Bauernbevölkerung Altbayerns heftigste Opposition einzige philosophische Autorität für gläubige Katholiken Seite der Fürsten . In seiner Epistel„ Wider die Bauern" gegen die eingesessene Geistlichkeit erstehen. Offen wurde es bezeichnet hat, und daß in der Staatslehre dieses Mannes nahm er die Blutsauger in Schuß und stachelte diese Klasse ausgesprochen, daß die Interessen der Geistlichkeit und der das Folgende ausgeführt wird: zu den ärgsten Gewaltthaten gegen die um ein menschenReligion nicht zusammenfallen. Ja aus den Kreisen der würdiges Dasein tämpfenden Bauern auf. Geistlichkeit selbst werden Klagen laut über die Unchristlichteit der Amtsbrüder, mir erinnern nur an das merkwürdige Buch Schall's über die Sozialdemokratie, das unlängst im Vorwärts" besprochen wurde, dann an die bösen Erfahrungen, welche vor Kurzem ein Predigtamtskandidat gemacht hat, der als Handwerksbursche verkleidet in Pfarrhäusern um nichts anderes bat, als daß man ihm Arbeit nachweise. Dann sei auch einmal auf die eigenthümliche Erscheinung hingewiesen, daß eine Anzahl junger Leute, die evangelische Theologie studirt hatten, in's sozialdemokratische Lager übergegangen sind, was doch unzweifelhaft damit zusammenhängt, daß diese Leute eher in sozialdemokratischen Kreisen als in der Gemeinschaft mit der Geistlichkeit ihren Jdealen nachzuleben vermögen.
-
-
Die Staatsbürger müssen darüber wachen, ihre Herr schaft über Diejenigen auszuüben, welche von Natur bestimmt sind, ihnen zu dienen; denn diese Herrschaft ist gerecht und gegen solche führt man ge rechten Krieg, falls sie fich rebellisch zeigen sollten. Die Bürger im besten Staate müssen tugendhaft sein.-- Nun sind aber die, welche ein Leben der Lohn arbeit und des Martthandels führen, nicht tugendvoll und nicht von dieser Art. Ihr Leben ist niedrig und nicht darauf geleitet und gerichtet und ist in Vielem der Tugend unangemessen und direkt entgegen; also find solche nicht Bürger und kein Theil des besten Staates. Die Ackerbauer und Land: bauer aber auch nicht; denn für die Bürger ist es nöthig, Muße von nothwendigen und niedrigen Verrichtungen zu haben und daß fie manchmal Zeit für wissenschaftliche Betrachtungen haben und für edle Beschäftigungen. Solche Muße können aber Bauern nicht haben, da sie dem Landbau und der äußeren Arbeit hingegeben sind, also sind sie keine Bürger und kein Theil des Staates. Jm besten Staate sind Bürger die, welche Kriegführung und Berathung besorgen. In ihren Händen muß auch der Besitz liegen. In betreff der Stlaven, welche( im Jdealstaat) das Land bebauen, ist es zuträglich, daß fie start von Körper find, schwach von Verstand
denn so werden sie nüßlicher sein für die Bearbeitung des Landes und werden nicht ausarten in Machinationen gegen ihre Herren".( J. J. Baumann, Die Staatslehre des heiligen Thomas von Aquino, aus seinen Werken authentisch zusammengestellt, 1878).
Unsere Agitatoren auf dem Lande haben häufig Ge legenheit, mit protestantischen und katholischen Geistlichen in Volksversammlungen zu disputiren. Hierbei entpuppen sich die gescheitelten und geschorenen Herrn in der Regel als energische Bertheidiger unserer Wirthschaftsordnung, sie reden da so, wie man es nur von bezahlten Beamten der herrschenden Klassen erwarten kann. Dagegen wäre füglich nichts zu erinnern, wenn die Geistlichen eben nur als Staatsbürger und nicht als Vertreter des Christenthums den Mund so voll nehmen würden, wenn sie nicht im Predigttone die Fürsorge des Christenthums für die Armen und Enterbten preisen würden. Sie weichen gerne dem eigentlichen Streit- Aus der protestantischen Kirchengeschichte läßt sich auch punkte„ kapitalistische oder sozialistische Wirthschaftsordnung" so manches vorbringen, was beweist, daß die Vertreter der aus und leiten oft mit viel Glück die Diskussion auf das Kirche sich oft gegen die Bauern gestellt haben, kaum aber religiöse Gebiet über, worauf weniger gewandte Vertreter etwas, was sie für die Bauern gethan haben. Wir erunserer Grundsäte nur zu oft eingehen, indem sie vergessen, innern nur an Luther' s Stellung zu den Bauern. daß wir nicht über die Richtigkeit von Bibelsprüchen, Der Reformation wurde von den Bauern neben dem sondern über Werth oder Unwerth unser Wirthschafts- religiösen auch sozialer Inhalt gegeben, die vom Katholiordnung zu verhandeln haben. zismus dem gemeinen Bolke vorenthaltene Bibel wurde nun
Feuilleton.
Nachbruc verboten.)
[ 33
Den Bibelsprüchen, auf die sich die Bauern beriefen, setzte er den Bibelvers entgegen: Jede Obrigkeit ist von Gott geordnet." Doch hören wir Luther selbst:
„ Die Schrift nennt die Obrigkeit Stockmeister, Treiber und Anhalter durch ein Gleichniß. Wie die Eselstreiber, welchen man allzeit muß auf dem Hals liegen und mit den Ruthen treiben, denn sie gehen sonst nicht fort, also muß die Obrigkeit den Pöbel, den Herrn Omnes( den großen Haufen) treiben, schlagen, würgen, henten, brennen, töpfen und radebrechen, daß man fie fürchtet und das Bolt also im Baume gehalten werde. - Als Treiber des Gesetzes müsse die Obrigkeit den Herrn Omnes( das gemeine Volt) zwingen und treiben, wie man die Schweine und wilden Thiere zwingt und treibt."( Luthers fämmtl. Werke, 33. Band, Seite 389.)
-
Einem Bauer gehört Haberstroh. Sie hören nicht das Wort, so müssen sie die Büchsen hören und geschieht ihnen recht. Es ist Zeit, sie zu erwürgen wie die tollen Hunde. Die Obrigkeit soll zuschmeißen, würgen und stechen, öffentlich oder heimlich. Die Obrigkeit hat ein gutes Gewissen und rechte Sachen. Darum liebe Herren, steche, schlage, würge wer da kann! Bleibst du hierüber kalt, wohl dir, seligeren Tod tannst du nimmer überkommen." ( Sämmtl. Werke, 24. Band, Seite 284.) Das heißt: wenn du bei solcher Bauernabstecherei etwa solltest zu nahe kommen und am Ende gar von seiten der Bauern solltest Schaden nehmen an Leib und Leben so sei fröhlich, wohl dir, seligern Tod kannst du nimmer überkommen!"
An einer anderen Stelle sagt Luther :
Die Bauern sind in besserer Lage als die Fürsten . Ich bin sehr zornig auf die Bauern, die da selbst wollen regieren und die solchen ihren Reichthum nicht erkennen, daß sie in Frieden fitzen durch der Fürsten Schuß und Hilfe. Ihr ohn mächtigen groben Bauern und Esel, wollt Ihr's vernehmen? Daß Euch der Donner erschlüge!
Anfechtung nicht allein durchs Leben gehen kann. Doch vollen Weise um so mehr mit Freundschaftsbezeugungen, hatte sie, als sie nachgab, ihre Bedingungen gestellt. Er als er offenbar den Wunsch empfand, die früher gegen ihn war denn auch damit einverstanden, daß die Hochzeit nicht bewiesene Rauheit, die er mehr als einmal bereut hatte, eher stattfinden sollte, als bis sie mündig geworden war. vergessen zu machen. Wie es ihm an André gefiel, daß er Bis dahin war noch ein Jahr. Ein Jahr, das ist eine sich durch sein Unglück nicht geringer, nicht herabgedrückt
Die Bekehrung André Savenay's. Ewigkeit, wenn man zwanzig alt ist! Frau Roguet fühlte! Man hätte im Gegentheil sagen können, daß seine
Sozialistischer Roman
von Georges Renard.
-
ein
wollte die Sache beschleunigen. Aber Johanna hatte Armuth ihn in der Liebe, in der Achtung seiner Freunde die Stirn gerunzelt, und Sigismund war zu glücklich noch steigen ließ. Und wie sie alle mit seinem Groll gegen über ihre Einwilligung, als daß er sich der Gefahr aus- die Menschen und Verhältnisse, die sein Unglück verschuldet, gesetzt hätte, alles zu verlieren, wenn er zu viel forderte. sympathisirten! Wenn er von ihnen tam, war er heiter, Autorisirte Uebersehung von Marie Kunert . Er war von dieser Zeit an ebenso diskret, ebenso zurück von dem bedrückenden Gefühl des Verlassenseins und der Seitdem sprach sie niemals mehr von ihm, auch haltend, wie nur jemals vorher, er vermied es, sich aufzu Einsamkeit befreit, daß in dem bewegten Leben der RiesenMagdalene, die nichts von allem begriff, verbot sie, drängen, lästig zu werden. Hatte er nicht Johanna's Wort stadt beständig auf ihm lastete. seinen Namen auszusprechen. Trotz alledem hatte sie gegen und damit genug Hoffnung im Herzen, um, dieses Jahr Er kam nun oft, um wie er zu sagen pflegte die Erinnerung, die nicht weichen wollte, zu kämpfen. Aber Wartezeit auszufüllen? Freundschaftsbad zu nehmen. Es gelang Vater Deschamps sie trug in diesem Kampfe mit sich selbst den Sieg davon, Das junge Mädchen lebte indessen genau ebenso wie auch, ihm eine ziemlich gut bezahlte Arbeit zu verschaffen. und nichts als ihre Blässe verrieth ihr stilles Leiden, das früher. Einen Augenblick lang war sie unruhig, als der Es war dies eine Reihe von Artikeln für einen Führer allmälig zur traurigen Entsagung geworden war. Bater Großvater ihr mittheilte, daß er Andrè getroffen, daß er durch die Ausstellung". Deschamps merkte davon nichts. ruinirt sei und daß er ihn eingeladen habe, sie zu besuchen. André betrachtete das erste Geld, das er sich selbst verFrau Roguet hielt nun den Moment für gekommen, Da Herr Savenay nun unglücklich war, wäre es ja reine dient hatte, mit großem Respekt, und in eine Art von kindin dem sie einen entscheidenden Schritt vorwärts thun Grausamkeit, eine schreiende Ungerechtigkeit, gewesen, ihm lichem Aberglauben, über den er selbst lachen mußte, legte fonnte. Sie hielt in förmlicher Weise bei Vater Deschamps Beistand und Freundschaft zu verweigern. Und dann, er ein großes Fünffrantsstück als Gedenkmünze an dieses um die Hand seiner Enkelin für ihren Sohn an. Johanna welche Gefahr hatte sie auch zu fürchten? Herr Savenay Ereigniß beiseite. Er sah, wie Johanna und der Alte sich zögerte, als fie um ihre Meinung befragt wurde. Am hatte niemals ein Wort gesagt, aus dem sich entnehmen ihr arbeitreiches Leben so froh gestalteten und gewöhnte sich liebsten hätte sie mit" nein" geantwortet. Aber welchen ließ, daß er etwas anderes als ein wenig Sympathie für nun auch daran, die bescheidenen Freuden, die ihm zufielen, Grund sollte sie für ihre Weigerung angeben? Sie achtete fie empfand; und sie, sie war ja jetzt mit einem besser zu genießen, um weniger unter den mannigfachen VerSigismund, sie wußte, daß er sie liebte und ihr ergeben anderen verlobt. Mit dem großherzigen und kühnen drießlichkeiten zu leiden, die seine Geduld ermüdeten und war. Als ihr Großvater ihr freie Wahl ließ, hatte er ihr Vertrauen, das die Stärke gerader und tapferer seinen guten Willen lähmten. Am liebsten hätte er es ge nicht verhehlt, daß er glücklich sein würde, sie unter sicherem Charaktere ist, glaubte sie start genug zu sein, sich gegen sehen, wenn Mutter und Schwester auch Theil daran gehabt Schuhe zu sehen für den Fall, daß er stürbe. Schließlich sich selbst schüßen zu können. Sie machte es sich also zu hätten und versuchte es nun, sie mit seinen wiedergefundenen hatte sie eingewilligt. Lieber Sigismund als den ersten einer Art Pflicht, André mit schwesterlichem Mitgefühl auf Freunden zusammenzubringen. beften anderen," hatte sie sich mit Bitterkeit gesagt, da ein zunehmen.
Mädchen unter den heutigen Zuständen ohne Gefahr und Vater Deschamps überschüttete ihn in seiner geräusch
Eines Tages nahm er denn auch Johanna und Magdalene mit zu ihnen. Man erneuerte die Bekannt