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Nach diesem Muster wollen die Kompromißparteien die Arbeiter auch in bezug auf die Anstellung der Beamten entrechten. ES sollen nämlich die Stellen der Beamten und der Angestellten, für die die Dienstordnung gilt, durch übereinstimmende Beschlüsse beider Gruppen im Vorstande be- setzt werden. Einigen sich die Gruppen nicht, so wird die Beschluß- fassung auf einen anderen Tag anberaumt. Wird auch dann keine Einigung erzielt, so kann die Anstellung beschlossen werden, wenn mehr als zwei Drittel der Anwesenden dafür stimmen; aber ein solcher Beschluß bedarf der Bestätigung durch das BersicherungS- amt. Sie darf nur auf Grund von Tatsachen versagt werden, die darauf schließen lasse», daß dem Vorgeschlagenen die erforderliche Zuverlässigkeit, insbesondere für eine unparteiische Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte oder Fähigkeit fehlt. Wird die Bestätigung versagt, so entscheidet auf Beschwerde des Vorstandes das Ober- Versicherungsamt endgültig. Kommt kein AnstellungSdeschluß zustande oder wird die Bestätigung endgültig versagt, so bestellt das VersicherungSamt auf Kosten der Kasse wider- ruflich die für die Geschäfte der Stelle erforderlichen Personen. Haben die Bestellten die Geschäfte ein Jahr lang geführt, so kann ihnen das VersicherungSamt mit Genehmigung des Oberversiche- rungsamtö die Stelle endgültig übertragen, falls nicht inzwischen ein gültiger Ausstellungsbeschluß gefaßt worden ist. Endlich sollen die Landesregierungen befugt sein, den höchsten Beamten die Rechte und Pflichten der staatlichen und gemeindlichen Beamten zu über- tragen. Die Genossen Hoch, Molkenbuhr und Schmidt bekämpften diese Anträge in der Kommission aus das entschiedenste. Hier solle, so führten sie aus, wieder einmal ein Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie erlassen werden. Wenn ein Sozialdemokrat als Beamter gewählt werden sollte, würde das Versicherungsamt, d. h. in Preußen der Landrat oder«in Magistratsrat, stets finden, daß die sozialdemokratische Gesinnung des Mannes eine Tatsache sei, die darauf schließen lasse, daß der Mann seine Dienstgeschäfte nicht unparteiisch wahrnehmen werde. Und das Oberversicherungsamt d. h. der Oberpräsident als Veschwerdeinstanz, würde sicher nicht anders entscheiden. Da hierüber kein Mensch im Zweifel sei, würden die Arbeit- gebervertreter im Borstande überhaupt nicht mehr geneigt sein, die von den Arbeitervertretern vorgeschlagenen Personen zu wählen; sie würden sich vielmehr daraus verlassen, daß der Aufsichtsbehörde jeder von den Arbeitern vorgeschlagene Mann als ein Sozial- demokrat erscheint und deshalb nicht bestätigt werde. Demnach würden die Arbeiter, obgleich sie zwei Drittel der Beiträge be- zahlen, in bezug auf die Wahl der Beamten rechtlos ge- macht. Nur noch Schützlinge der Arbeitgeber und der LufstchtS- behördin würden als Kassenbeamte zugelassen. DaS würden in der Regel ausgediente Unteroffiziere sein. Sie würden zwar sehr gut passen zu den von der Aufsichtsbehörde ernannten Vor- fitzenden, die oft genug pensionierte Offiziere sein würden; aber ein solches Regiment müsse die schwerste Schädigung der Arbeiter durch eine teure Beamtenwirtschaft und rückfichtslose Behandlung der kranken Arbeiter zur Folge haben. Nach den Konipromißanträgen sollen aber auch die Arbeiter- Vertreter nicht einmal berechtigt sein, die Satzung zu ändern oder die Kasse aufzulösen oder sie mit anderen Krankenkassen freiwillig zu vereinigen. Auch hierzu soll die Zustimmung der Mehrheit sowohl bei den Arbeitervertretern, als auch bei den Unternehmer- Vertretern notwendig sein. Einzig und allein über die Leistungen, soweit sie bei Beiträgen bis zu 4>/z Proz. möglich find, soll mit ein- facher Mehrheit entschieden werden. Ein Zugeständnis von geringer Bedeutung, weil bei der teuren Beamtenwirtschaft mit Beiträgen bis zu 4'/z Proz. die Leistungen wohl kaum über die RegeUeistungen �Mindestleistungen) erhöht werden dürften. Demnach sollen die Arbeiter nach den Kompromißanträgen in bezug auf die Verwaltung der Ortskrankenkassen völlig entrechtet werden. Die Abgg. HauSmann snatl.), Trimborn<Z.) und der Ar- beitersekretär des Zentrums, Becker- Arnsberg, suchten die Entrechtung der Arbeiter mit der Ausrede zu entschuldigen, eS seien Mißbräuche in den Ortskrankenkassen vorgekommen und deshalb seien die vorgeschlagenen Maßnahmen notwendig. Im übrigen versicherten sie mit emster Miene, daß nicht jeder So- zialdemokrat von den Beamten stellen fernge- halten werden solle, sondern nur derjenige, der »politischen Mißbrauch" treibe. Unsere Genossen wiesen nach, daß das Gerede von den Miß. bräuchen in den Ortskrankenkassen ganz unberechtigt sei. Es seien nicht niehr Mißbräuche festgestellt als in anderen Körperschaften. namentlich in den Bctriebskrankenkassen und Berufsgenossenschaften. Hier sei aber nicht von AuSnahmegesetzten und Entrechtung der Unternehmer die Rede. Ueberdies seien noch besondere Matz- nahmen zur Verhütung tatsächlich vorkommender Mißbrauche vor- geschlagen. Deutlicher wurde der Redner der Konservativen. Graf v. Westarp. Er meinte, er könne nichts argeS darin finden, daß auch Militäranwärter als Beamte in den Orts- kranken lassen untergebracht werden. Dem stimmte ausdrücklich Ministerialdirekwr Caspar zu. Die Generaldebatte konnte heute nicht beendet werden. Jedoch steht schon jetzt fest, daß die Entrechtung der Arbeiter von den Konservativen, Nationalliberalen und dem Zentrum beschlossen werden wird. ver fall Savarhar. Londou, 25. Februar. jEig. Ber.) Die Entscheidung des Haager Schiedsgerichts, daß Vinajak Savarkar , der indische Nationalist, nicht an Frankreich auszuliefern ist, kommt kaum als eine Ueberraschung, obgleich man sich die Begründung des Entscheids etwas anders vorgestellt hatte. Gleich nachdem die Angelegenheit dem Schiedsgericht überwiesen worden war, wurden Anstalten getroffen, um einen für die englische Polizei ungünstigen Gerichtsbeschlutz unmöglich zu machen. Savarkar war ein politischer Verbrecher, der des Hochverrats gegen die britische Regierung angeklagt war. und als solcher stand er, als er von dem DampferMorea" in Marseille entkommen war. unter dem Schutze der französischen Gesetze. Um ihm diesen Schutz zu entziehen, klagte man ihn nebenbei noch der Mit- schuld an dem Morde des Steuerbeamten Jackson an, der am 21 Dezember 1909 im Theater zu Nasik von einem Inder namens Kanhere erschossen wurde. Savarkar wurde darauf, nachdem er wegen Hochverrats zur DePortierung auf Lebens- zeit verurteilt worden war, auch wegen Mitschuld an der Ermordung Jacksons mit derselben Strafe belegt. Mit der zweiten Anklage hörte Savarkar auf. ein politischer Verbrecher zu sein, und die chauvinistische Presse Englands. die sich zuerst ihrer Sache nicht sicher war, atmete erleichtert auf. Denn nun hatte man den Feind sicher gepackt, wie auch immer der Entscheid des Haager Schiedgerichts ausfallen mochte. Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist jvon weit- gehendster Bedeutung für das Asylrecht politischer Verbrecher. In den« Schiedsspruch heißt es: Selbst wenn durch den Arrest und die Uebergabe Sabarknrs an die britische Polizei eine Unregelmäßigkeit vorgekommen ist, so gibt es doch im internationalen Recht keine Regel, nach der eine Macht einen Gefangenen in ihrer Gewalt auszuliefern hätte, weil von dem ausländischen Agenten, der ihn übergab, ein Fehler gemacht worden ist." Diese Auslegung des internationalen Rechts öffnet der Polizeiwillkür Türen und Tore. Eine Reihe Ereignisse der letzten paar Jahre haben bewiesen, welche enge Fühlung zwischen der politischen Polizei der europäischen Grotzstaaten besteht. Nach dem obigen Präzedenzfall handelnd, brauchte sich die Polizei, um eines verhaßten politischen Flüchtlings habhaft zu werden, nur mit der Polizei dos Landes, in dem der Verbrecher weilt, in Verbindung zu setzen. Das Opfer könnte dann unter irgend einem Vorwande verhaftet und aus dem Lande ge- schmuggelt werden, und dieses gewalttätige Vorgehen wäre nicht ungesetzlich. Nach dem Entscheid des Haager Schiedsgerichts wäre höchstens eineUnregelmäßigkeit" vorgekommen, für die die verantwortlichen Polizeiorgane unter Umständen in ge- wissen Staaten noch belohnt werden würden. Die Gefahr, daß derartige Fälle in Zukunft häufiger vorkommen werden, besteht nicht nur in der Einbildung, und auch in bezug auf die wirksame Aufrechterhaltung des viel gepriesenen englischen Asylrechts muß der Fall Savarkar beunruhigend wirken. So lange England nur politische Flüchtlinge aufnahm und keine eigenen zu verfolgen hatte. konnte man das Asylrecht als gesichert annehmen. Mit dem Heranwachsen der nationalistischen Unabhängigkeitsbestrebungen in Aegypten und Indien haben sich die Verhältnisse aber ge- ändert. Es ist durchaus nicht unmöglich, daß die herrschenden Klassen Englands, die ihre ägyptischen und indischen Wider- sacher grimmig verfolgen, in Zukunft den GegenseitigkeitS- antragen der ausländischen Polizei williges Gehör schenken werden. Unter diesen Umständen ist für' die freiheitlich ge- sinnte Presse der Welt die größte Wachsamkeit am Platze. politische Ueberlicbt. Berlin , den 28. Februar 1911. Auswüchse des Militarismus. Aus dem Reichstag , 28. Februar. Im weiteren Fortgang der Militärdebatte werden verschiedene Mißstände und Auswüchse des Militarismus zur Sprache gebracht. Genosse Kunert brachte die Sprache auf die Fonds, die der sächsischen Heeresverwaltung zur Verfügung stehen. Die Unanfechtbarkeit einiger konnte der sächsische Militärbevoll- mächtigte v. Salza nachweisen, mußte aber selbst zugeben. daß Jntendanturbeamte unerlaubte Manöver zur Bildung eines solchen Fonds durch Berechnung von Geldern für fingierte Druckarbeiten vorgenommen haben. Genosse Hengsbach führte Beschwerde über die Zustände in einem Arrestlokal in Köln . Die Verwaltung wußte nichts davon. Die ständigen Klagen der Z i v i l m u s t k e r über die unlautere Konkurrenz der Militärmusiker brachte Genosse Z u b e i l vor. Der Kriegsminister war diesmal entgegen- kommender dagegen als früher, hielt aber doch an der Not- wendigkeit der Militärkonzerte fest. Ueber unzweckmäßige Verwendung von Lehrern und Zahnärzten im Kasernendienst brachte Genosse Geck Einzelheiten vor, die die Militär- Verwaltung in ein komisches Licht setzten. Schließlich gab es eine erregte Debatte über die Schießübungen an Leichen, ivelche Praxis von den Genossen Noske, Frank und Z t e t s ch als kulturwidrig und für die Soldaten verrohend verurteilt wurde, während als Wortführer aller bürgerlichen Parteien in der Verteidi- aung der Leichenzerfetzung zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken sich Herr Dr. M u g d a n hervortat. Morgen geht die Debatte weiter. Fastnacht im Junkerparlament. Der Sinn für Humor ist den Junkern noch nicht so ganz ge- schwunden. Am Dienstag ließen sie zur Fastnachtsfeier Herrn Hammer, den Zehlendorfer Malermeister und Vertreter des Kreises Teltow , los; sie gestatteten ihm. IVt Stunden frisch von der Leber zu reden, und Herr Hammer machte von dieser Erlaubnis einen so ausgedehnten Gebrauch, daß seinen eigenen Partcifreun- den dabei Angst und bange wurde. ES war eine eckte HanS- wurstiade. die er zum Besten gab, ein Hin- und Hergerede über alles mögliche, was mit dem Handelsetat zusammenhing und waS nicht damit zusammenhing. Ueber tausend Fragen verbreitete er sich, ein Mitglied deS Hauses nach dem anderen kanzelte er ab, so daß man glauben kann, sein Verkehr mit den Junkern hat in seinem Hirn schreckliche Wirkungeen ausgelöst. Ganz besonders hat es ihm der Abg. R a h a r d t angetan, den er ob seines Bei- tritts zum Hansabund für einen Renegaten schlimmster Sorte hält und dessen Abtrünnigkeit seiner Ansicht nach mit schwerer Strafe, mindestens mit der Aberkennung seines Mandats, zu ahn- den ist. Was Herr Hammer sachlich sagt«, ist so bedeutungslos. daß eS nicht der Mühe lohnt, darauf einzugehen. Vorher war unser Genosse Hirsch zu Worte gekommen, der im Anschluß an die Gerüchte vom Rücktritt des Ministers Sydow die Abhängigkeit der preußischen Regierung von den Konservatiben ironisierte und sodann das ganze Gebiet der Handels- und Ge- Werbeverwaltung einer Kritik unterzog. Besonders eingehend behandelte er die Frage der Fabrikinspektion, wobei er für einen schnelleren Ausbau, für die Hinzuziehung von Frauen, Arbeitern und Aerzten und für die Erweiterung der Beftlgmsse der Gewerbeauffichtsbeamten eintrat. Der zweite Teil seiner Rede war einer Polemik gegen die Sozialistenfresser gewidmet, die über sozialdemokratische Mißwirtschaft in Krankenkassenvorständen ge- jammert und Ausnahmegesetze gegen unsere Konsumvereine ge. fordert hatten. Für einen Ausbau der Gewerbcinspektion legten sich auch die Abgg. Rosenow(Vp.) und Korfanty (Pole) inß Zeug. Ersterer brach außerdem noch eine Lanze für den Hansabund, für paritätische Arbeitsnachweise und für unpolitische RechtsauSkunfts- stellen, letzerer schilderte eingehend die schlechten gesundheitlichen Verhältnisse der Arbeiter in den oberfchlesischen Zinkhütten. Ein Vertreter der Regierung erklärte, daß die Verwaltung bestrebt sei, die Zinkhüttenverordnung durchzuführen. Die weitere Beratung wurde gegen 4 Uhr auf den Abend der- tagt. Der Etat soll mit Gewalt zum 1. April fertig werden. In- folge der Rücksichtslosigkeit der Regierung, die den Landtag so spät einberufen hat, müssen jetzt die wenigen Abgeordneten, die sich über- Haupt an den Arbeiten beteiligen, fortgesetzt Ueberstunden machen. » In der A b e n d s i tz u n g beteuerte der HandelSmimster. daß die Bäckereiverordnung sckonend angewandt werde, eine Versicherung, die natürlich den Beifall der Mittel- siandSretter fand. Da sich im Haufe Fastnachtsstimmung bemerkbar machte, wurde die Generaldebatte nach kurzer Zeit geschlossen. In der Spezialdebatte brachte Genosse Liebknecht eine Reihe Wünsche der Schiffer vor, die sich über schikanöse Be- Handlung durch die Strompolizeibehörden beklagen. Der Vor- wurf unseres Genossen, daß in einzelnen Fällen Schmiergelder an die Beamten gegeben würden, rief nachmals den Minister auf den Plan. Die weitere Debatte verlor sich in Einzelheiten. Gegen lOJi Uhr wurde die Weiterverhandlung auf Donnerstag vertagt. Kempten -Jmmenstadt. Zu öem Ausfall des ersten Wahlganges der Reichstags- erfatzwahl in Kempten -Jmmenstadt-Lindau schreibt unser Münchener Parteiblatt, dieMünchener Post": Dieses Ergebnis läßt sich erst richtig würdigen, wenn man die allgemeinen und die besonderen Umstände dieser Nachwahl in Be- tracht zieht. Wenn wir von allgemeinen Umständen hier reden, meinen wir die allgemeinen bayerischen, denn es hieße unsere Leser beleidigen, wollten wir ihnen die bestimmenden Momente der reichspolitischen Situation noch einmal wiederholen. Aber die baherisch-politische Lage in ihrem Zusammenhang mit der Nachwahl für Kempten -Jmmenstadt-Lindau kurz zu beleuchten das ist keine überflüssige Arbeit. Denn diese Arbeit hat sich vollzogen unter den Nachwirkungen des großen Zentrumspartei­tages in München , im Zeichen desKriegs bis aufs Messer" gegen die Sozialdemokraten und unter dem tobenden Dernrnziationsge- schrei der Zentrumspresse gegen alles, was auch nur im entferntesten Verdacht einer Sympathie für unsere Partei steht. Gleichzeitig unter dem Druck der eifrigen GeHeimarbeit der Mehrheitspartei gegen die Roten. Der eifrigen GeHeimarbeit in Ministerzimmcrn und Amtsstuben, der GeHeimarbeit des der Mehrheitspartei erge­benen Klerus. Der geheimen Wühlerei in der Familie und der terroristischen Beeinflussung der Saalbesitzer zum edlen Zwecke der Abtreibung von Versammlungslokalen. Dazu eine agitatorische Entfaltung aller ZentrumSkräfte in dem Wahlkreise, die sich nicht mehr überbieten läßt. Ein fanatischer Eifer der gut verbreiteten Zentrumspresse, der nicht übertrumpft werden kann und einWirken" mit allen Mitteln der Abschreckung und Verleumdung. Meister der Zentrumsrede und Könige im Reiche des Zentrums- gedankenS waren im Algäu erschienen, um für die gute Sache zu wirken. Parteisekretäre und Agitationsleiter des Zentrums hatten sich heimlich niedergelassen und wochenlang den Boden gepflügt und beackert.... Aber ach. alles umsonsti Die Toblacher mit dem Bergstock. die Kränklichen mit dem Schimmel, der Sturm haubenrodelklnb, die Nachbarn der Sterne oben, die Zauberflöte und die oratorischen Meisterwerke des Herrn Ernst Emminger haben das Unheil nicht verhindern können, die Zentrumspartei unter Stimmenverlust in die Stichwahl zu drängen und der verhaßten, verfolgten, mit De- nunziationen und Gewaltmitteln bekämpften Sozialdemokratie die Rolle des ausschlaggebenden Teiles zu bescheren.... Gegenüber den Bemühungen der gegnerischen Parteien hat sich die Agitation der Sozialdemokratie in diesem Wahlkreise in nor- malen und man darf sogar sagen in bescheidenen Grenzen bewegt. Sie war dazu beengt durch den Terrorismus der fthwarzen Drefchflegeltaktik und durch die klerikalen Widerstände gegen den Ausbau unserer jungen Organisation. Handelt es sich doch für die bayerische Parteileitung darum, zu sehen, was der Wahlkreis aus eigenem für uns zu leisten imstande ist. D a r u m w u r d e auch von einer Agitation abgesehen, die über das Maß dessen geht, was bei den Hauptwahlen erfolgen kann._ Arbeiterfrenndlichkeit des Zentrums. Für die zweite Beratung des Militäretats haben die Zentrums- arbeitervertreter enige Resolutionen eingebracht, die für die Art, die die Schiffer, Giesberts und Genossen in der Vertretung von Arbeiterinteressen belieben, überaus charakteristisch find. Eine Resolution ersucht den Reichskanzler, die Löhne der in den Militär- betrieben beschäftigten Arbeiter allmählich aber stetig in der Weise aufzubessern, daß sie den durch Tarifvertrag festgesetzten Löhnen der Arbeiter gleichartiger Gewerbe an den betreffende!» Orten zum mindesten gleichkommen. Diese Forderung bedeutet weniger als nichts. ES gehörte schon die ganze Bescheidenheit der Zentrumsarbeitervertreter da- zu, die Regierung aufzufordern, mit den Lohnaufbesserungen nur allmählich vorzugehen. Im übrigen sieht die Resolution noch weitere Einschränkungen vor. wenn ße verlangt, daß die Arbeitsverhältnisse der am Orte bestehenden gleichartig-" Gewerbe für-ie Lohnauf­besserung maßgebend fein sollen. Was soll geschehen, wenn dort, wo Militärbetriebe vorhanden sind, keine gleichartigen Gewerbe bestehen? Sollen die Arbeiter dieser Betriebe etwa keine Aufbessc- rungen erhalten? Staatsbetriebe sollen Musterbetriebe sein. Das Zentrum aber begnügte sich damit, den Wunsch auszusprechen, die Arbeitsverhältnisse in Staatsbetrieben möchten denen in der Pri- vatindustrie mindestens gleichkommen. Natürlich wird ein Vertreter der Heeresverwaltung bei der Beratung der Zentrums- rcsolution im Reichstag erklären, daß bereits nach der Resolution verfahren werde oder doch in Zukunft verfahren werden solle, und wahrscheinlich werden Erzderger und GiesbertS dein Herrn Kriegs- minister den lebhaftesten Dank für bereitwilliges Entgegenkommen aussprechen. Aehnlicher Qualität ist eine andere ZentrumSvesolution. die den Reichskanzler ersucht, die ArbeiterauSschüsse in den Militär- betrieben so auszubauen, daß den Arbeitern die im Arbeitskammer- gesetzentwurfe vorgesehenenWohltaten" im Sinne der Kaiser - lichen Erlasse zuteil würden. Es wäre interessant zu erfahren, wie sich die Zentrmnshcrren die Verwirklichung dieser Forderung denken. WaS die Regierung nicht einmal den Arbeitskammern zugestehen will die Angelegenheiten einzelner Betriebe in dem Bereich der Tätigkeit der Arbeitskammern zu ziehen, sollte sie den Ausschüssen der Militärwcrkstätten einräumen? Daß es den Zentrumslcuten selbst mit ihrer Forderung nur wenig ernst ist. ergibt sich schon daraus, daß sie geschlossen gegen den sozialdemo- kratischen Antrag stimmten, der die Streichung des ß S der Arbeits­kammervorlage forderte. Wenn es den Zentrumsarbeitervertretern wirNich darum zu tun wäre, eine Interessenvertretung für die Militärwerkstättenarbciter zu schaffen, müßten sie mit der Sozial- demokratie dafür eintreten, daß die Betriebe der Heeres, und Marincverwaltung dem Arbeitskannnergefetz unterstellt würden. Daß sie in einem Augenblick, in dem das Schicksal des Arbeits- kammergesehentwurfeS noch durchaus unentschieden ist, mit solchen Resolutionen anrücken, beweist, daß sie nicht gesonnen sind, beim ArbcitSkamiNergesetzentwurf ernsthaft für eine gesetzliche Vertretung der Militärwerkstättenarbeiter einzutreten. Die Resolutionen sind daher wertlos; für die Regierung aber, die von einer Unterstellung der Militärbetricbe unter daS Arbeits- kammergesetz nichts wissen will, bedeuten sie eine Rückendeckung unter freundlicher Mitwirkung der.Arbeitervertreter" des Zentrums._ Der Allerweltsbund. Ein gefülltes Lokal. Abgeordneter Naumann auf dem Podium.- Eine mit rhetorischen Floskeln fein garnierte, formschöne Rede. Rauschemdcr Beifall! DsS War der Erfolg des Hansabundes