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Kr. 51. 28. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

187. Gigung. Dienstag, den 28. Februar 1911, nachmittags 1 Uhr.

Am Bundesratstisch: v. Heeringen.

Zweite Beratung des Militäretats.

( Vierter Tag.)

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Die Beratung über die Kapitel Militärtassenwesen und Militärintendanturen" wird auf Antrag des Abg. Kunert( Soz.) miteinander verbunden. Abg. Kunert( Soz.)

Abg. Noske( Soz.):

Mittwody, 1. März 1911.

zu können? Dürfen die Kapellmeister neben ihrem Honorar noch

Weil Herr Kunert sich in einigen Fällen geirrt hat, tut Herr Prozente von ihren Hoboisten nehmen? Manche sollen bis zu Erzberger fo, als ob nichts von seinen Ausführungen bewiesen sei. 20 000 M. Jahreseinkommen daraus haben. Der Reichstag hat Dabei steht doch fest, daß die sächsischen Intendanturen mit eigenen allen Anlaß, die unlautere Konkurrenz der Militärmusiker, diese Druckmaschinen fingierte Rechnungen hergestellt und dem Rechnungs - schmutzige Konkurrenz energisch zu bekämpfen.( Bravo bei den hof eingesandt haben, ein Verfahren, daß erst auf Rüge des Rech- Sozialdemokraten.) nungshofes hin abgestellt wurde.

Damit schließt die Diskussion.

Die beiden Kapitel werden angenommen. Bei Kavitel, Militärjustiz" bringt

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Abg. Kopsch( Bp.): Erfreulicherweise ist die Zahl der Musiker gelegentlich der neuen Militärvorlage um rund 1000 Mann ver­ringert worden. Von sachverständiger Seite wird einer weiteren Herabsetzung der Militärmusiker das Wort geredet. Bundesratsbevollmächtigter Generalmajor Wandel dankt dem Abg. Hengsbach ( Soz.) Beschwerden von militärischen Unter­fuchungsgefangenen vor. Der Notschrei dieser Leute, die oft Monate Präsidenten für die Zurüciveisung des Ausdrucks schmußige Kon­Die Bestimmungen über das Musizieren seitens der hindurch in Haft gehalten werden bisweilen wegen geringfügiger furena". Vergehen oder sogar unschuldig muß einmal im Reichstage ge- Militärkapellen lassen an Schärfe nichts zu wünschen übrig. Die bemängelt die Frage des Offiziersersatzes und des Zulagewesens. hört werden. Leute, die nachher freigesprochen worden sind, haben Militärmusiker sind keineswegs billiger, als Bivilberufsmusiker; aber Bei der Zuwendung von Gnadenzulagen entscheidet nicht die Tüchtig- lange Wochen in falten, feuchten, zum Aufenthalt von Menschen das Publikum will eben vielfach Militärmusik hören. Abg. Dr. Görde( natl.): Der Behauptung des Abgeordneten feit des Offiziers, sondern es wird lediglich danach gefragt, ob gänzlich ungeeigneten Arresttotalen zubringen müssen( hört! hört! der Mann bon Adel ist. Weiter bemängelt der Nedner, bei den Sozialdemokraten), so daß sie geistigen und förperlichen Bubeil, daß die Militärmusit kulturfeindlich sei, müsse mit daß aus dem Etat nicht mit genügender Klarheit hervor Schaden erlitten haben. Ja, es follen schon Leute durch eine der aller Entschiedenheit entgegengetreten werden. Die Konkurrenz der geht, welche Fonds Reichseigentum find und welche den artige Untersuchungshaft zum Wahnsinn getrieben worden sein. Militärkapellen sei allerdings unbequem für die Zivilberufsmusiker, einzelnen Kontingenten gehören. Speziell in Sachfen sind eine( Hört! hört!) Ich bitte dringend um Abhilfe.( Beifall bei den aber sie sei in den letzten Jahren erheblich eingeschränkt worden. Abg. v. Richthofen ( t.) spricht in gleichem Sinne. ganze Anzahl Fonds, Druckereifonds, Sandfonds, Kafinofonds, Sozialdemokraten.) Ein Bundesratsbevollmächtigter erklärt, der Militärverwaltung Kriegsbeutefonds und eine Reihe anderer Fonds, die man nur als Abg. Zubeil( S03.) ichwarze Fonds" bezeichnen kann. Der Oberintendanturrat feien die geschilderten Zustände nicht bekannt. Sie werde selbstredend Staegemann deckte auf, daß bei diefen Fonds eine ordnungsmäßige Nachforschungen austellen. Der Vorredner hätte vorher mitteilen Abrechnung gar nicht erfolgt, und daß überhaupt das Kaffenwesen sollen, daß er diese Sache zur Sprache bringen würde. im sächsischen Kriegsministerium ganz im argen liegt. Die Regie- Abg. Hengsbach( Soz.): Sie ist erst gestern abend zu meiner rung schritt nicht ein und eröffnete auch kein Disziplinarverfahren Kenntnis gekommen. gegen den Oberintendanturrat Staegemann, jedenfalls, weil sie sich Beim Kapitel, Beamte und Unteroffiziere" spricht geniert, die betrügerische Art der Ausgaben flar zu legen; tatsächlich Abg. Zubeil( Soz.): herrschen bei diesem Kassenwesen beinahe

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hält seine Darstellung mehrerer Einzelfälle gegenüber dem General Wandel aufrecht. Ebenso ist es richtig, daß künstlerisch die Zivilmusiker den Militärmusikern überlegen sind. Vor allem zeigt sich das Unlautere der Konkurrenz der Militärmusiker darin, daß ihr Tarif in fast allen Positionen niedriger ist, als der der Zivil­berufsmusiker. Hierin müßte Wandel geschaffen werden und ferner müßte den Militärmusikern verboten werden, noch nach 1 Uhr nachts zu fonzertieren, dann würde die Musik auf Bällen und Hochzeiten ohne weiteres den Zivilberufsmusikern zufallen.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Graf Praschia( 8.): Der unlauteren Konkurrenz treten auch wir entgegen, aber der Kampf der Linten gegen die Militär­musik geht doch zu weit; die Militärmusik ist nicht kulturfeindlich, sondern geradezu kulturfördernd, sie hebt in vielen Orten den Ges schmack des Publikums.

Generalmajor Wandel behauptet, daß der Tarif der Militär­mufiter in manchen Positionen höher fei als der der Zivilberufs musiker, in anderen allerdings niedriger. Beim Titel Garnisonlazarette" tadelt Abg. Geck( Soz.)

Schon zu verschiedenen Zeiten sind von Abgeordneten nicht russische Zustände. nur von uns Sozialdemokraten Klagen über die schwere Kon­Niemals hat eine geordnete Geschäftsführung stattgefunden, die Aus- furrenz erhoben worden, die den Zivilmusikern von der Militärmusit bereitet werden. Wir verlangen dringend die Beseitigung gaben wurden als geheime behandelt, und wo das Geld geblieben ist, weiß außer den treulofen Beamten niemand. Man spricht so viel der Auswüchse. Es ist eine kleine Einschränkung des Bestandes der von der Finanznot des Reiches und von Sparsamkeit; hier fönnte Militärmusik eingetreten; fie genügt aber nicht, und es kann noch man sparen, wenn man diese schwarzen Fonds tonfis- eine ganz bedeutende weitere Serbietung stattfinden, ohne zierte und den Einnahmen des Reiches zuführte. Der Neichs- daß irgendwelche militärische Interessen gefährdet werden. Auf diese Kanzler müßte den Rechnungshof zu einer Revision des gesamten Weise kann auch leicht eine Million Mark gespart werden. Kaffenwesens im fächsischen Kriegsministerium veranlassen. Im Es ist wirklich nicht einzusehen, warum die Eisenbahnregimenter, Königreich Sachfen betragen diese schwarzen Fonds nicht weniger Schießschulen usw. Militärmusik haben müssen. Werden etwa Eisen­als 5 Millionen Mart. Für das reichsschädigende Verfahren der bahnschienen bei Klängen der Musif gelegt?( Große Heiterkeit.) fächfifchen Intendanturbeamten muß das Reich noch anständige Ge- mufit finden noch immer bei den Militärbehörden wenig Entgegen­Die Beschwerden der Zivilmusiter über die Konkurrenz der Militär­hälter zahlen. Ich habe hier schwere Anklagen ausgesprochen. Ich betone, daß fommen; obwohl doch die Interessen des militärischen Dienstes unter der die Verwendung der Lazarettgehilfen, speziell der als Lazarett­fogar der fächsische König an der Spize folcher ungefeßlichen außerdienstlichen Betätigung der Militärmusiker leiden. Ein Blick in gehilfen dienenden Lehrer, zu Diensten wie Defenheizen, Fonds steht. Ich bringe das hier vor, weil nur durch die Deffent- die Zeitungen zeigt, wie ausgedehnt räumlich und zeitlich die Treppenfcheuern, Reinigen von Beamtendienst lichkeit ein solcher Drud ausgeübt werden kann, daß solchen Dingen Konzertreisen sind, die von den Militärkapellen unternommen wohnungen usw.( hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Einhalt getan wird. Der Reichstag muß| Wandel schaffen gegenüber werden. Da sind Notschreie der Zivilmusiker begreiflich, die aus Zwei ganze Stunden pro Woche wurde den Lehrern Unterricht in diesen Dingen, die von einem verstiegenen torrupten Parti allen Teilen Deutschlands zu uns dringen.( Sehr wahr! bei den ärztlicher Hilfeleistung erteilt. Man fönnte denken, die Nachricht tularismus verschuldet find.( Bravo ! bei den Sozialdemo- Sozialdemokraten.) Da schreiben 8ibiltapellmeister, daß stamme aus einer Karnevalszeitung( Heiterkeit); die Tatsachen find die Konkurrenz der Militärmusit fie zur Auflösung ihre Kapellen aber offiziell vom hessischen Lehrerverein festgestellt worden.( Hört! traten.) flagen verheiratete Musiker, daß fie hört!) Bill man den Lehrern auf diese Weise vielleicht Handfertig Sächsischer Bundesratsbevollmächtigter Generalmajor Freiherr awingt, da v. Salza und Lichtenau: Schwarze Fonds, die eigentlich an die bald außerstande sein werden, Brot für Frau und Kinder feitsunterricht erteilen?( Heiterkeit.) Man denke, daß vielleicht der erwerben.( Hört! hört!) Werden darum die Militär- Herr Maschinenmeister oder der Herr Feldwebel oder der Herr Reichstasse gehen müßten und widerrechtlich in Sachsen zurüd au gehalten werden, haben wir nicht. Wir haben Fonds aus mufiter aus dem Gelde der Steuerzahler bezahlt, genießen sie Rechnungsrat, deren Wohnungen der Lehrer als Lazarettgehilfe Kinder haben, die der Lehrer im Zivil Stiftungen und andere Zuwendungen, die beim Eintritt darum alle die Vergünstigungen der Unteroffiziere, um den Zivil- zu reinigen hat, Die Polizeiboru unterrichten hat; wie sehr wird wohl der Nespekt Sachfens in den Norddeutschen Bund ausdrücklich anerkannt wurden musikern Schmutzkonkurrenz zu machen? als lediglich dem König von Sachsen unterstehend; sie werden ledig- chriften werden zugunsten der Militärkapellen außer Kraft ge- der Kinder vor dem treppescheuernden Lehrer wachsen?( Heiterfeit Der fegt, oder erfahren eine andere Auslegung; der Polizei- und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) llebrigens geht es lich für sächsische Offiziere und Unteroffiziere verwendet. Kriegsbeutefonds ist ein legaler Fonds, der von dem präsident von Berlin faßt den Begriff Nachtcafé" bisweilen Bahnärzten im Lazarettdienst nicht viel besser. Ein Oberrechnungshof des Reiches geprüft wird. Auch die übrigen anders, wenn es sich um Militärmusiker, als wenn es sich um Zivil- Dentist wurde, statt ihn, was doch gewiß zweckmäßiger gewesen Fonds, von denen der Abg. Kunert gesprochen, sind durchaus musiker handelt( hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Bei diefer wäre, mit der Untersuchung der Zähne der Soldaten zu beauftragen, gesetzlich und einwandfrei und ihre Verwendung geschieht durchaus behördlichen Begünstigung der Unterbietung darf man sich nicht die vielleicht unter dem harten Kommißbrot gelitten haben( Große mit Graszupfen beschäftigt. ordnungsgemäß. Es herrscht auch feine Geheimnisträmerei; aber wundern, wenn aus Theatern, Sommertheatern, Birkussen, Aus- Heiterfeit), im Lazaretthofe Unterstügungen werden natürlich nicht ganz offen vor allen Leuten stellungslokalen usw. die Bivilmusiker verdrängt werden. Nur ein( hört! hört! und Heiterfeit.) Eine ja ganz idyllische, aber nicht Beispiel: Auf den Terrassen im Lunapark in Halensee ist die Zivil- gerade zu Beruf und Vorbildung der Zahnärzte passende bekannt gemacht. Abg. Erzberger( 8.): Die beweislosen Behauptungen des Abg. musit verdrängt durch die schmutzige Konkurrenz der Militärmusit, Beschäftigung! Wir möchten die Militärverwaltung ersuchen, mit Kunert müssen auch vom Reichstage zurüdgewiesen werden, nicht hauptsächlich, weil sie bei schlechtem Wetter noch mittags abbestellt solchen Mißständen aufzuräumen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) werden kann. Bei der Komischen Oper freilich mißlang das Abg. Dr. Görde( natl.): Durch die sozialdemokratische Bresse nur vom Bundesratstisch; deshalb will ich die Ausführungen des Manöver, die Militärmusiker waren einfach unfähig, solche Mufit geht eine Notiz, daß alljährlich in Spandau in aller Heimlichkeit ein sächsischen Bundesratsvertreters auch meinerseits unterstreichen. zu machen, und deshalb war ihre schmuzige Konkurrenz vergeblich. sogenanntes Leichenschießen stattfindet. Zuerst werde, so heißt es in Abg. Kunert( S03.): Vizepräsident Schulz rügt den Ausdruckschmutzige Konkurrenz", dem betreffenden Artikel, auf Tierkadaver, dann auf präparierte angewendet auf Militärkapellen. menschliche Leichname geschossen. Der Artikel knüpft daran Be un merfungen wie die: das sei ja eine prächtige Vorbereitung für das Abg. Zubeil( fortfahrend): Dann werde ich also fagen lautere Ronkurrenz". In keinem Beruf ist das Ringen um Schießen auf Vater und Mutter! Entweder muß die Nachricht die Existenz so schwer, wie bei den Musikern; 50 000 Bivilberufs- energisch dementiert oder aber, wenn sie wahr ist, muß für Ab musiker existieren, davon nur 2000 in festen Stellungen. In Frank- hilfe gesorgt werden. Ich hoffe aber, daß die Nachricht auf Un­reich dürfen die Militärmusifer den Zivilmufifern feine Konkurrenz wahrheit beruht. Dann muß solcher Verhegung auf das aller­machen; trotzdem ist ihre künstlerische Ausbildung reichlich so gut entschiedenste entgegengetreten werden. Oberst Wandel dankt dem Vorrebner für die scharfe Zurück wie bei uns. Nun noch einige Anfragen: Dürfen die Kapellmeister Mitglieder bürgerlicher Vereine sein, um leichter Geschäfte abschließen weisung des Artikels, gibt aber dann zu, daß auf Gliedmaßen von und Schrift für ihre Doktrinen eintreten. Dazu das dunkle Ge- modernen Baukünstler Horta , dem Schöpfer des Brüsseler sozialistis fühl, daß in möglicherweise bereits absehbarer Zukunft nicht dem schen Boltshauses, herrührt, das durch einfache Marmor Ueber, sondern dem Herdenmenschen die mit Telegraphen- und wände und gedämpftes Oberlicht eine im ganzen glückliche Raum­Telephondrähten übersponnene, von Eisenbahnzügen und Dampfern ftimmung schuf. Das Relief zeigt als Motiv den Menschen im nach allen Richtungen befahrene, bald bis in die letzten Dörfer Ringen mit den Gewalten der Leidenschaften. Wie die Wogen einer wilden See sind die Menschenleiber aufeinandergetürmt: wilds elektrisch beleuchtete Erde gehören wird." Haben wir in diesen Worten des Dichters eine Anerkennung ausschreitende zyklopische Männer, lachende Frauen von Rubensschen der sozialdemokratischen Organisationsbestrebungen, so finden wir Formen, qualverzehrte Greife, zum Kampf ausholende und zer Spielhagen um dieselbe Zeit das Verhältnis zum Militaris- brochene, von der Glut der Luft umloderte und von der Leidenschaft schen Schullehrers Drodschin in der Kulturwelt Aufsehen. Als von Leibern, auf die der Tod, ein grinsender Philosoph, nieder­mus würdigen. Ende 1895 erregte das tragische Ende des russi- zerwürgte Gestalten ein wunderbares und fürchterliches Chaos praktischer Bekenner der Lehren 2olstois hatte Drodschin sich schaut. Aus dem wilden Leiberhaufen ragt eine ernſte, weibliche geweigert, Militärdienste zu tun; und dafür war er in der Niesenfigur, ein Kind auf dem Schoß, das seinen Arm nach einem das Ende seines Schülers beklagte, wandte Spielhagen fich mit Das Ganze diefer, bald zart, bald wuchtig aus dem Stein heraus russischen Armee zu Tode gemartert worden. Als nun Tolstoi Apfel ausstreckt. Rechts neben dem Tod oben ein Gekreuzigter... dem Vorwurf gegen den Philosophen, daß auch er an dem Tode wachsenden Gestalten ist von einem berauschenden Rhythmus der des jungen Schwärmers ein Teil der Schuld trage. Bewegung und lühnster plastischer Gewalt.

Herrn Erzbergers Schwall und Nebensarten ändert nichts daran, daß der Eigentümer mehrerer der von mir genannten Fonds das Reich ist; auch der sächsische Bundesratsbevollmächtigte hat mich nicht überzeugt, daß meine Auffassung über die Verwendung der meisten Fonds als einer ungefeßlichen zutreffend ist.

Abg. Werner( Antis.) wünscht die etatsmäßige Anstellung der Intendanturschreiber. Bundesratsbevollmächtigter Generalleutenant v. Wachs betont, daß bas nicht angängig sei.

Kleines feuilleton.

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" Sehen Sie, Herr Graf," so schrieb der deutsche Dichter, da find unsere Sozialdemokraten ein gut Teil weifer und Iüger als Gie. Seien Sie versichert, die haben einen nicht

Notizen.

Ein Jesus Drama berboten. In Eisenach

Spielhagen und die Sozialdemokratie. Die literarischen Herolde des Liberalismus haben zumeist nicht begreifen wollen, daß über ihre Welt hinaus sich eine neue auftun könnte, und daher war ihnen der Sozialismus nicht viel mehr als eine Verwirrung des Menschengeistes. Eine Weltanschauung, die das freie Spielmus der Kräfte nicht gelten laffen wollte, mußte ja allen, die in den be­der Kräfte nicht gelten lassen wollte, mußte ja allen, die in den be­rühmten liberalen Errungenschaften und in der Bismarckischen Einigung Deutschlands ihre Jugendträume erfüllt sahen, ein Greuel sein. Nur wenige dieser liberalen Vorfämpfer blidten weiter, und zu den wenigen Vertretern der bürgerlichen Literatur­epoche, die dem Sozialismus im allgemeinen und der Sozialdemo= tratie im besonderen eine gewisse Anerkennung zollten, gehört Friedrich Spielhagen . Die Einsicht dieses Dichters in die Bedeutung der Arbeiterbewegung ist um so höher zu bewerten, als sie ihm aufging in einem Alter, in dem der Mensch sich sonst allen neuen Ideen nur zu gern verschließt. Um die Mitte der neunziger Jahre war es, zu jener Zeit, wo Sie, predigen mit nicht geringerer Ueberzeugung den Welt. Sollte diesen Sommer als Festspiel ein aus vier Dramen bestehender gegen die" Notte von Menschen, nicht wert, den Namen Deutsche frieben; aber sie wissen, daß die Sache der Unterliegenden 3yklus, der den Jesusstoff in moderner, rein menschlicher Weise zu tragen," abermals eine gewaltige Heße einsetzte, und die um den Besitz ihrer Millionen und ihre Ausbeutungsfreiheit be Büchern der Geschichte auf unrühmlichen Blättern verzeichnet sind, worden, und da Eisenach manchem als eine Freistatt protestanti nur starrföpfigen Catonen gefällt, erfolglofe Revolutionen in den gestaltet, von dem Weimarer Oberregisseur Starl Weiser auf­geführt werden. Das Städtische Theater war dafür gemietet forgten Großkapitalisten besonders eifrig für den Zuchthauskurs hüten sich deshalb sorgsam, sich zur Zielscheibe Kleinkalibriger fchen freien Denkens gilt, sprach man von einem modernen zu schwärmen begannen. Bu jener Zeit fühlte Spielhagen die Pflicht, den Klaffenegoismus und die streberhafte Roheit der Hinterlader und gezogener Kanonen darzubieten und lassen ihre Batentstüben der heutigen Ordnung in aller Derbheit zu charakteri- Jungen mit blutendem Herzen den Fahneneid schwören und die Gegenstück zu dem inittelalterlichen Oberammergauer Fest­fieren. In der Zeitschrift Kosmopolis" schilderte er im Januar" Kunst des Menschentötens" lernen, in dem festen Vertrauen, daß der Muder, die ein großes Wehgeschrei erhuben, fest. Aber die die allmähliche Läuterung des Menschen= 1896 diese Sorte von Uebermenschen und stellte ihnen die sozialgeistes" ihre Geschäfte schon gründlich be= demokratisch organisierte Arbeiterschaft gegenüber: sorgen wird." .... Und Herz und Verstand raunen einem zu, daß die Sache Man sieht an diesem freimütigen Bekenntnis, daß der liberale ber sozialdemokratischen Herdenmenschen, bei Lichte befehen, eigentlich recht viel für sich hat; ist denn wirklich, was Spielhagen sich sehr zu ſeinem Vorteil von jenen Fortschritts­dem einen recht, dem anderen billig? Nach Utopien freilich wird mannen unterschied, die ihn in Nekrologen jetzt als den ihren die Reise nicht gehen, aber vielleicht doch nach einem Lande, wo Man meldet uns aus Die menschlichen Leidenschaften". die armen Teufel, wenn nicht ihr sonntägliches Huhn im Topfe, Ein Weltsprachenamt. In Bern hat sich ein Ber­so doch mit Weib und Kind ein leidliches Auskommen haben. Brüssel : Die Kunstfreunde haben über das Muckertum gefiegt. band zur Gründung eines Weltsprachenamtes gebildet, Präsident Und dann, man ist ein geistreicher Mensch. Soll einem da die Das vor 11 Jahren vom Staat angekaufte, bisher eingeschlossene ist Alt- Bundesrat Frey, Bizepräsidenten sind Nationalrat Gobat- Bern Angst nicht Spaß machen, mit der die beati possidentes Soloffalrelief des Bildhauers Lambeaux: Die menschlichen Leiden- und Professor Ostwald- Leipzig . Der Verband wird an den schweize lauschen, ob der Bataillonschritt der Enterbten etwa schon heran- fchaften", ist endlich nach einer neuerlichen Interpellation in der rischen Bundesrat eine Denffchrift richten mit der Einladung, bei dröhnt, oder ob man noch die fällige Couponferie in Ruhe ab- Rammer der Deffentlichkeit übergeben worden. Die Sammlung den Regierungen aller Kulturstaaten anzufragen, ob sie zur Be schneiden kann? Auch ist die Intelligenz, die diese Herdenmenschen öffentlicher Kunstdenkmäler Brüssels , das im glüdlichen Gegensatz zu fchidung einer internationalen Konferenz geneigt seien, die sich mit an den Tag legen, eigentlich respektabel und Bebel doch der einzige mancher Großstadt seine Gärten und schönsten Pläge, neben Son dem Studium der Bedürfnisfrage einer Hilfsweltsprache beschäftigen im Reichstage, den anzuhören sich der Mühe berlohnt. Und dann bentionellem versteht sich, mit den besten Werken seiner einheimischen solle. ihre straffe Disziplin, ihr organisatorisches Geschic, ihr leber Künstler schmückt, erhält mit dem Bildwerk eine edle, künstlerische- Kunstabend. Das Schiller Theater beranſtaltet Beugungsmut in einer Welt, in der sonst keiner mehr von Bereicherung. Das Hochrelief bildet die Rückwand eines im Park Sonntag, den 5. März, abends 8 Uhr, im Schillersaal, Charlotten­irgend etwas überzeugt ist, die Schneidigkeit, mit der sie in Wort Cinquantenaire stehenden Tempelchens, dessen Entwurf von dem' burg , einen Spielhagen- Abend.

preisen.

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spiel.

staatliche Aufsichtsbehörde, das Bezirksamt, hat jegt die Aufführung aus Gründen des öffentlichen Wohles" verboten. Das protestantische Staatsministerium ist also mindestens so lunstfeindlich als die tatholische Stirche. Die gebildeten Protestanten" aber, auf deren Besuch man gezählt hatte, werden durch ihre Obrigkeit vor moder­nistischer Verseuchung bewahrt. Und das in der freien Lutherstadt

und im Lande Goethes.

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