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Nr. 66. 28. Zahrgavg. 2. Kcilage des Jotwätts" firtlitiet öollislilstt. Zounabtnd, 18. Mar; lSll. ©cuofrimtfit, Genossen: am internationalen Fraueuwahlrecht! Die Veiichschenmg Rixdorfs an Creptow. In drei überfüllten Versammlungen befaßte sich, wie wir bereits kurz mitgeteilt haben, die Einwohnerschaft RixdorfS mit den EingemeindungSplänen der reaktionären RathauSmehrhcit. Referenten waren die sozialdemokratischen Stadtverordneten Dr. Silber st ein. Thurow und W u tz k y. Der Hohenstaufen- saal, wo Dr. Silberstein referierte, war gedrängt voll. Der Rcfe- rent führte u. a. aus: Als es uns 1308 gelungen war. drei Vertreter in der zweiten Klasse durchzubringen, verübten die Vertreter der herrschenden Grundstücksspekulanten jenen schmachvollen WahlrechtSraub, der 9Z Proz. der Rixdorfer Bewohnerschaft entrechtet hat. Nach vier Prozessen haben wir vom OberverwaltungSgericht bestätigt be- kommen, daß wir daS Recht vertreten und die Herrschenden das Unrecht. Jetzt können wir hoffen, selbst mit dem preußischen Wahl- recht noch Fortschritte in Rixdorf zu machen. Das ahnten auch die Rahmig und Konsorten, weshalb sie im Geheimen neue Pläne entwarfen. Zuerst sprach man nur von einer Namensänderung. Um den Leuten gerecht zu werden, müßte Rixdorf vielleicht..Wahl- rechtSräuberstadt heißen.(Große Heiterkeit und lebhafte Zustim- mung.) In der Kommission zeigte es sich, daß man wieder, wie vor zwei Jahren, hinter verschlossenen Türen arbeitet, hinter dem Rücken der Arbeiter, der Sozialdemokratie. Aber diesmal gelang die Ueberrumpelung doch nicht! Was soll nun die Vereinigung mit Treptow ? Die Fernhaltung der Sozialdemokratie ist schon verdächtig. Man führte die Trep- tower hier herum, um ihnen alles Schöne zu zeigen: Das neue Krankenhaus, von dessen furchtbarer Ueberfüllung man ihnen so wenig sagte, wie von der Abweisung von Hunderten Kranken, dw eine Woche auf Annahme warten müssen. Man zeigte ihnen die einzige Schule mit Brausebad und sogar die Jdeal-Passage(Hört! hört!), obgleich doch von bürgerlicher Seite alles geschehen ist, um ihre Erbauung zu hindern. Den Treptowern erklärte der Ober- bürgermeister, zur Fertigung des Vertrages autorisiert zu sein. War sind an sich gegen solch kleine Eingemeindungen; wir meinen, daß nur die Einverleibung aller Vororte nach B e r l i n die Zerrissenheit mit all ihren schädlichen Folgen beseitigen kann.(Zustimmung.) Warum hat man in Rixdorf denn gar nicht über die von der Regierung vorgeschlagene Steuererhöhung ver- handelt? Um die Situation so darzustellen, daß den Treptowern der Mund wässert.(Sehr richtig!) Die blasse Angst vor der Sozial- demokratie läßt unsere Herrschenden den Treptowern alle Kon- Zessionen machen. Von den 72 Stadtverordneten soll Treptow mit seinen 2S 000 Einwohnern 18 bekommen; auf ein Zehntel der Einwohner Rixdorfs ein Viertel der Vertretung weil man rechnet, daß die Treptower Mandate vor uns sicherer find. DaS Ungeheuerlichste ist die Konzession eines zehnjährigen Steuerprivilegs für Treptow im Ausmaß der jetzigen Steuern. Noch mehr Steuern für die Arbeiter Alt-Rixdorfs wäre die Folge. Zahlen und das Maul halten! soll auch hier Gesetz sein! (Brausende Empörung.) Steuererhöhungen wird ja auch der Zwangsverband bringen nur Treptow wird ausgenommen sein! Wer sind die Besitzer der Grundstücke an der Grenze von Rixdorf und Treptow -Baumschulenweg? Stadtverordnetenvorsteher San- der(Hört! hört!), Stadtrat Wilschke, Stadtverordneter Vincent(Hört! hört!), WanSnek usw. Und auf der Trep- tower Seite sind eS auch Schöffen oder Gemeindevertreter.(Stür- mische? Hört hört!) Treptow joll allein nicht bestandsfähig fein warum schlägt man eS denn nicht zu Berlin . Aber auch der Pro- dinziallandtag will eS nur zu Rixdorf schlagen. Rixdorf ist in arger Finanznot was soll ihm das großenteils proletarische Treptow ?(Sehr richtig!) Kein urteilsfähiger Trep- tower Bürger kann dafür eintreten. In dem Vertrag, von dem wir nur gesprächsweise oder von Treptowern wissen, steht, daß sich Rixdorf verpflichtet, die Treptower Straßen zu pflastern; für die Ausdehnung des Straßenbahnverkehrs auf die neuen Gebiete sollen wir eine halbe Million hergeben. Alles wollten unsere Herrschenden bewilligen, nur schnell, ehe wir vielleicht die Macht erlangen! Ein« Schnellbahn soll g«. baut werden von Treptow bis zum HermanNplatz(Stürmische Heiterkeit), und von da nach Berlin . Natürlich denkt Berlin gar nicht an so waS, wenn eS so behandelt wirb. Unser Oberbürger- merster erwartet, daß wir em Elektrizitätswerk bauen werden, um der A. E.-G. in Treptow Konkurrenz zu machen.(Lachen.) Neber. 30 Millionen würbe eine solche Eingemeindung Rixdorf kosten! (Bewegung.) Den Vorteil hätten nur die genannten Grundstücks« Verwalter. Und Treptows Borteile? Es neigt zu Berlin . Schulen hat eS selbst, und die Klassenfrequenz ist in Treptow und Berlin eine bedeutend niedrigere wie in Rixdorf. Auch die hygienischen Ein- richtungen RixdorfS stehen tief unter denen Berlins . Solche Politik können wir nicht unterstützen. Aus rein politischen und reaktiv- nären Motiven sollen hier Rixdorf Lasten aufgebürdet werden, die eS nahe an den Bankerott bringen müßten, nur damit die Herrschaft der Wahlrechtsräuber aufrecht- erhalten bleibt. Wir warnen alle ehrlichen Bürger, sich zu deren Bütteln zu machen.(Zustimmung.) Am 24. März soll Treptow sich zu der Sache äußern; möge eS sich noch genügend informieren über das geplante Ausnahmegesetz gegen die arbeitende Bevölkerung RixdorfS, die nach aller Gerechtigkeit längst die Stadt- Vertretung beherrschen müßte ja, selbst nach dem elenden Drei- klassenwahlrecht. Um Rixdorf willen wird man das Dreiklassen- recht noch nicht ändern, man hält ja in Preußen noch darauf, nach außen scheinbar rechtlich vorzugehen. Aber hinter den Kulissen... (Sehr gut!) Wenn auf legale Weise Treptow eingemeindet würde, das würde uns nichts machen. Warum soll der Treptower Bürger das dreifache Vertretungsrecht deS RixdorferS erhalten?! Einver- leibung nach Berlin oder wenn nach Rixdorf, so auf Grund des gleichen Rechtes! Nieder mit dem heimtückischen Plan der schwärzesten Reaktion zur Verewigung der RechtloSmachung der Arbeiter!(Stürmischer Beifall.) In der Diskussion sprach sich Gemeindevertreter Genosse Karow- Treptow im Sinne deS Referenten aus. Ein Zufall hat «S uns ermöglicht, die schon jahrelang geheim behandelte Sache au die Oeffentlichkeit zu bringen. Unsere Gemeindebeherrscher sin» kein Haar besser wie Ihre.(Heiterkeit und Widerspruch.) In bezug auf unser Gemeindevermögen haben sie sich einmal um 5 Millionen geirrt. Der Rixdorfer Magistrat hat uns für so duslig gehalten (Stürmische Heiterkeit), daß er uns den Verwaltungsbericht in die Hand gab, so daß wir nachweisen konyten. waS das für ein Geschäft wäre!(Bravo !) Das riesige Gebiet zwischen Treptow und Rixdorf sollen nur vermögende Leute besiedeln aber wo sollen sie her- kommen; Arbeiter wollen sie nicht. Nur persönliche materielle Interessen bestimmen die Haltung gewisser Herren der Stadtver- waltung in dieser Frage. Unsere vier Schöffen sollen Stadträte werden. Wenn Sie die kriegen, dann kriegen Sie'ne Nummer! (Schallende Heiterkeit.) LS Proz. der Treptower Bevölkerung sind unbedingt gegen die Eingemeindung, das können wir den Behörden durch Listen beweisen.(Beifall.) Schriftsetzer Bonhorst(Demokrat) erkennt die Tätigkeit der Sozialdemokratie in der Gemeinde an. Nur das schlechte Gewissen läßt die Herrschenden fürchten, daß«ine sozialdemokratische Mehr- heit zeigen würde, was sie leisten kann. Die Bürgerlichen brüsten sich mit den Einrichtungen, die von den Sozialdemokraten angeregt und geschaffen sind. Mit einigen kräftigen Schlußworten des Referenten und Vor- sitzenden fand die eindrucksvolle Protestkundgebung ihr Ende. >»« « In Hoppes Festfälen nahmen die Versammelten die Ausführungen des Genossen Stadtverordneten W u tz k y unter stür- mischen Kundgebungen entgegen, ebenso die gleichfalls überfüllte Versammlung in Petris Festsälen in der Knesebeckstraße, wo Genosse Stadtverordneter Thurow sprach. Folgende Resolution gelangte in allen drei Versammlungen zur einstimmigen Annahme: Die Rixdorfer Einwohner protestieren auf das schärfste gegen die Eingemeindung Treptows nach Rixdorf unter den geplanten, unannehmbaren, finanziell höchst bedrohlichen Bedingungen. Die Versammelten stellen fest, daß sie kein Interesse an einer NamenS- änderung haben und brandmarken alle diesbezüglichen Machen- schaften der bürgerlichen Reaktion im RathauS. Die Versam- melten fordern daher die Vertreter der Arbeiterschaft im Rix- dorfer Stadtparlament auf, dem Plan der WahlrechtSräuber- Mehrheit den nachdrücklichsten Widerstand entgegenzusetzen." Tins der Partei. Varteiliteratur. Die kürzlich angekündigte Broschüre: Der Essener Mcineidsprozeß gegen Schröder und Genossen im Wiederaufnahmeverfahren. Mit 6 Porträts und 1 Plan(64 Seiten). Preis 20 Pf. ist jetzt im Verlag von Max K ö n i g- Dortmund erschienen. Di« Broschüre schildert in den einzelnen Kapiteln in kurzen Zügen die Vorgeschichte des Falles, die Verhandlung im Jahre 1835 mit ihren Nebenprozcssen und die erneute Verhandlung im Februar d. I., letztere in den markantesten Zügen. In einem Schlußwort wird auf die politische Tragweite des Prozesses hingewiesen. Wer Klassenurteils studieren will, findet in der Broschüre hinreichend Stoff. Ihr Erscheinen ist um so mehr zu begrüßen, als auf dem Büchermarkt auch nicht eine literarische Erscheinung existiert, die das wichtige authentische Material des Prozesses unserer schnell- lebigen Zeit der Vergessenheit entreißt. Besonders aber auch, weil das Heft eine Menge von Tatsachenmaterial über unsere Rechts­pflege enthält. Die Broschüre bietet ferner für die nächste Reichs- tagStvahl ausgezeichnetes Material zur Aufklärung der Massen über die Forderungen der Partei zur Rechtspflege. Für Biblio- theken ist eine bessere Ausgabe auf holzfreiem Papier erschienen. DaS mißglücktecharakteristische Symbol". In der Breslauer.VölkSwacht" lesen wir: Ueber drei Begnungen mit dem Prinzregewten von Bayern weiß Herr Rechtsanwalt Armer in der heutigen Nummer der BreSlauer Morgenzeitung" recht unterhaltsam zu plaudern. Be- sonderS interessant ist dabei folgendeBegegnung": ..... Hier am Walchensee hat der Führer der bahr. rischen Sozialdemokratie, von Vollmar, eine hübsche Besitzung, Soiensaß genannt. Als der Prinzregent im Begriff war, vorüberzufahren, trat aus der Gartentür die jugendliche Tochter VollmarS und überreichte ihm mit einem tiefen Knix einen großen Blumenstrauß, den er freundlich lächelnd entgegennahm. Man übertrage diesen einfachen Vor- gang auf norddeutsche, preußische Verhaltnisse. Man denke sich, daß die Tochter Bebels in Potsdam ... nein, der Gedanke ist nicht zu Ende zu denken! Aber vielleicht ist dieser harmlose Vorfall ein charakteristisches Symbol für die tiefgehenden Unterschiede zwischen dem deutschen Norden und Süden." Das charakteristische Symbol macht sich ja unberufen ganz nett, leidet aber nur an dem einen Dehler, daß unser Genosse Vollmar keine jugendliche Tochter, ja überhaupt keine Kinder hat. Schade das war gerade das Mittelstück, auf daS es ankam l Als sozialdemokratischer ReichstagSkandidat für den Wahlkreis Münster -CorSfeld ist in dem Dablaau, daS wir in Nr. 61 verpffent- lichten, angegeben:Emmerich, Metallarbeiter, Düren - Munster." DaS ist ein Werk des Druckfehlerteufels, richtig muß es heißen: Düren , Emmerich, Schlosser. Münster i. W." Preßstimmeo über die italienisch-östemichische Zusammenkunft. Rom , 14. März.(Eig. Ber.) Die liberaleOra" von Palermo beschäftigt sich in einem Leit. «rtikel mit der italienischöstcrreichischen Zusammenkunft vom 8. April und schreibt, daß diese berufen sei. den Anfang einer neuen Aera zu bezeichnen, in der die Diplomatie der herrschenden Klassen durch daS direkte Eingreifen des Volkes die Korrektur erleidet. Wenn diese Korrektur bisher gefehlt habe, so fei daran auch da? negative Verhalten der demokratischen Parteien in Sachen der äußeren Politik schuld. Die Demokratie hätte den Dreibund als einen Ausfluß dynastischer Politik bekämpft, ohne zu bedenken, daß er der erste Kern eines europäischen StaatenverbandeS fein konnte. Erst in den letzten Jahren hätten die demokratischen Parteien ein. gesehen, daß der JrredentiSmuS� der beste Handlanger des Mili- tariSmuS fei, weshalb er auch gerade bei den Konservativen und selbst bei den Klerikalen Gnade fände. jSie offizielle Diplomatie Oesterreichs und Italiens hätte sich unfähig gezeigt, die Ursachen zum Konflikt zwischen beiden Staaten auszuschalten. ES sei d«S- halb an der Zeit, daß sich die proletarische Diplomatie an dieser Aufgabe versuche. Der Artikel erinnert dann an die österreichischen Proteswersammlungcn vom 13. Februar und meint, daß der unter- blieben« Kaiserbesuch in Rom in seiner Bedeutung für die Soli- darität der beiden Länder überreichlich aufgeivogen würde durch den angekündigte Besuch der sozialistischen Parteileitung und der sozia- listischen Fraktion Oesterreich-UngarnS. Zus Industrie und Handel. Die deutsche» Aktiengesellschaften im Jahre 1910. Nach den Ermittelungen deS Kaiserlichen Statistischen Amte» auf Grund der Bekanntmachungen der Gerichte imReichSanzeiger" wurden im Jahre 1310 186 Geftllschaften mit einem nominellen Aktienkapital von 241.3 Millionen Mark neu gegründet, gegenüber 173 Gesellschaften mit 230.8 Millionen Mark im Jahre 1303. Von den 186 neuen Gesellschaften deS Jahres 1310 wurden 68 Gefellschaften mit 101,3 Millionen Mark Aktienkapital unter Ein- bringung bestehender Unternehmungen gegründet; für die Sach- einlagen wurden hierbei 74,1 Millionen Mark in Aktien gewährt. Im Jahre 1309 wurden 73 bestehende Unternehmungen in Aktien» gesellschaften mit zusammen 93.4 Millionen Mark Aktienkapital um- gewandelt. Bemerkt sei hierbei, daß daS Kaiserliche Statistische Amt nur diejenigen Sacheinlage» feststelle» kann, die unter Beobachtung der Schutzvorschrist des§ 186 Absatz 2 Handelsgesetzbuchs einge- bracht werden. Äapitalerhöhuiigcn erfolgten im Jahre 1910 bei 340 Gefell - fchssten um 639,4 Millionen Mark, während 100 Gesellschaften von Aktien, und zwar im Gesamtbeträge von 1,8 Millionen Mark. In den übrigen 62,2 Millionen Mark wird man Kapitalverluste der Aktionäre imolge Sanierungen zu erblicken haben. 25 Gesellschaften mit einem Aktienkapital von zusammen 318,0 Millionen Mark wurden ivegen Fusion, mit anderen Gesell« schaften im Handelsregister gelöscht. Neben den täligen Gesellschaften ermittelt das Kaiserliche Statistische Amt die Gesellschaften in Liquidation und in Konkurs. Im Jahre 1910 traten in Liquidation 64 Gesellschaften mit 43,6 und gerieten in Konkurs 14 Gesellschaften mit 21,6 Millionen Mark Nominalkapital._ Die gewerbliche Unternehmungslust. Von August bis Februar ergeben sich für die einzelnen Jahre folgende Beträge in Millionen Mark, die die gewerblichen Neu Investierungen in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung darstellen: 1306/07 1307/08 1308/03 1303/10 1310/11 878,31 582,81 674,62 578,48 760,32 Seit dem Monat August bis zum Monat Februar inklusive wurden von der Montanindustrie insgesamt 1 13,52 Millionen Mark von Aktiengesellschaften und Genossenschaften mit beschränkter Haftung angefordert, während in dem gleichen Zeitabschnitt 1303/10 der Montanindustrie nicht mehr als 37,64 Millionen Mark, also noch nicht einmal der dritte Teil der diesjährigen Summe zuflössen. Und in der ersten Hälfte des März sind bereits wieder 6,72 Mill. Mark beansprucht worden, während im ganzen Monat März 1310 nur 4,18 Millionen investiert wurden. Die Banken hielten bisher mit ihren Kapitalsansprüchen noch zurück; die in den letzten sieben Monaren angeforderte Summe bleibt mit 36,83 Mill. Mark hinter der entsprechenden des Vorjahres, die 112,42 Millionen betragen hatte, sogar noch ctwaS zurück. Dafür ist aber der Geld« bedarf in den der Verbreitung von Elektrizität dienenden Gewerben um so stärker angewachsen: seit August wurden ins- gesamt 151,73 Mill, Mark investiert gegen nur 34,05 Millionen von August 1803 bis Februar 1310. Die Zunahme ist demnach noch er- heblicher als in der Montanindustrie. Für die weitere Gestaltung der Neuinvestierungen sind die geplanten Kapitalserhöhungen zahl« reicher Banken, die allein schon gegen 100 Mill. Mark ausmachen, von wesentlicher Bedeutung. Sie allein schon dürften die Ansprüche an den Geldmarkt aus die Höhe des Jahres 1307 treiben. Dazu kommen aber dann noch die gleichfalls steigenden Ansprüche, die die Gewerbe der Warenherstellung an den Geldmarkt stellen werden. Kohlenversand. Nach dem der Zechenbesitzerversammlung deS Nheinifch-Westfälischen Kohlensyndikats erstatteten Bericht betrug der rechnungsmäßige Absatz im Februar 1311 bei 23'/,(im gleichen Monat deS Vorjahres 23'/,) Arbeitstagen 5 581 238 Tonnen(Vor- jähr 5 136 571 Tonnen). Von der Beteiligung, die sich auf 6 067 263 Tonnen(Vorjahr 6 028 330 Tonnen) bezifferte, sind dem- nach 31,33 Proz.(Vorjahr 66,20 Proz.) abgesetzt worden. Die Förderung stellte sich mSgesamt auf 6 831 632 Tonnen(Vorjahr 6 453 218 Tonnen) oder arveitStäglich auf 295 422 Tonnen(Vorznhr 279 318 Tonnen) und im Januar 1911 auf 7 333 973 Tonnen oder arbeitstäglich auf 284 367 Tonnen. Staat nnd Kapital. Nach einer Interpellation der sozialdemokratischen Abgeordnetea hat die österreichische Regierung mit der berüchtigten Kohlenfirma Weinmann in Aussig a. Elbe einen zehnjährigen Vertrag ab» geschlossen, wodurch die Lieferung von 70 Proz. der Gesamtförderung der staatlichen Kohlenschächte an diese Firma vergeben wird. Der Staat begibt sich also selbst des geringen MoßeZ von Einfluß, da? er auf die Gestaltung des Kohlenmarktes ausüben kann. Bezeich» nend ist auch das Verhalten der österreichischen Regierung zum Petroleumkartell, dem die Regierung die Außenseiter selbst durch Zwangsmaßregeln zutreibt. Durch ein Schiedsgerichtsverfahren, das die Kartellmitglieder gegen einen Rasfinenebesitzer vor der Wiener Handelskammer angestrengt hatten, hat sich heransgestellt, daß die kartellierten Rafsineure ungeheure Profite aus den Taschen der Be- völkerung ziehen. Der Beklagte wurde nämlich für eine Kontingent- Überschreitung von 95 000 Meierzentner zu einem Schadenersatz in Höhe von 626 000 Kronen verurteilt. Gerichts- Zeitung Der MckndatSvcrzlcht des ReichStagSabgeordneten Pauli. Vor dem Potsdamer Schöffengericht wurde gestern über die Privatklage de» Redakteurs Ludwig Mauracher, Herausgeber der Potsdamer Nachrichten", gegen den politischen Redakteur der Potsdamer Tageszeitung", Franz Sonntag, verhandelt. Gegen- stand der Privatklage waren die über den Privatkläger in der Potsdamer Tagsezeitung" erschienenen Artikel, die heftige per- fönliche Angriffe gegen den Privatkläger enthielten. Der erste inkriminierte Artikel trug die Ueberschrift:Pseudologia phan- tastica." Er enthielt die Beschuldigung, daß die vom Kläger in seinem Korrespondenzartikel behaupteten Tatsachen Kombinationen, ein plumpcS Schwindelmanöver feien, daß sie Unfrieden zwischen den rechtsstehenden Parteien zu säen bezwecken und tendenziös ent- stellt seien. Der Kläger wurde als politischer Brunnenvergifter bezeichnet. Auf den ersten Artikel folgte eine Berichtigung des Angegriffenen und dann ein zweiter Artikel des Beklagten, über- schrieben:Aus der Naturgeschichte deS Maulwurfes." In diesem Artikel wurde die Beschuldigung erhoben, daß der Kläger , der politische Maulwurfsarbeit besorge, über den Verzicht des gegen- wältigen Reichstagsabgeordneten Pauli auf den von letzterem ver- tretenden Wahltreis PotSdam-Spandau-Osthavelland für die dem- nächstige Neuwahl, sowie über die begleitenden Umstände einen wissentlich falschen und in tendenziöser Weise entstellten Bericht in der von ihm herausgegebenen Zeitungskorrespondenz veröffent- licht habe, und zwar in der bewußten und gewollten Absicht, die rechtsstehenden Parteien von Potsdam und Spandau gegeneinander aufzuhetzen, um so den Wahlkreis in die Hände der Sozialdemo- kratie zu spielen. Der ErösfnungSbeschluß stützt sich auf die ZK 185, 186 und 200 des Strafgesetzbuches. Auf Ersuchen des Privatklägers schrieb am 6. Juli v. I. der Abg. Pauli an den Beklagten, daß der Artikel deS Klägers vollständig der Wahrheit entspreche. Außerdem erklärte er wörtlich:«ES ist vollkommen richtig, daß mir von einer bestimmten Vereinbarung bezüglich meine» MandatSverzichteS vor der ersten BertrauenSmäniierversammlung in Nauen nichts bekannt war und daß erst mir die Mitteilung durch Herrn von Stössel und Prediger Schall gemacht wurde. Erst dann erklärte ich offiziell mein Einverständnis zum Mandatsverzicht." Diese Sachdarstellung gab der Kläger in seiner Korrespondenz und fügte hinzu, daß man von Spandau aus mit der Kandidatur Lüdicke dem Abg. Pauli in den Rücken gefallen fei. Herr Pauli hatte nämlich den Kläger zu einer Erklärung autorisiert, die Herr Pauli abfaßte und in der es heißt:ES war mir überraschend, daß der Vorstand deS Neuen Wahlvereins zu Spandau in seiner Gesamtheit gegen mich aufge, treten ist, namentlich, d« Leute darinnen sind» von denen ich an. nehmen muhte, daß sie politisch zu meinen engsten Freunden zählen." Kapitalherabsetzungen in Höhe von 64,0 Millionen Marl vornahmen. I» der Verhandlung wurde der Abg. Pauli unter feinem Eide Bon den letzteren erfolgten um zwölf durch Rückzahlung oder Anlauf l über den Wortlaut feines Briefes und feine Angaben veruommes,