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geschmackloZ halte», den Genossen Beckmann gegen das Geschwätz deS Blattes in Schutz zu nehmen. Aber selbst wenn daS dumme Gerede von denBeckmännern' gerechtfertigt wäre, so sähe gerade der Freisinn derart im C lashause, das; er sich wahrhaftig hüten sollte, mit Steinen zu werfen. Denn eine Partei, in der die Fisch- beck, Kopsch, Mugdan und Wiemer als hervorragende Leuchten gelten tonnen, hat wahrhaftig keine Ursache, mit souveräner Geringschätzung auf diekleinen Parteibeamten' der Sozialdemokratie herab« zublicken I Doch haben ja gerade Linksliberale von der Theodor Barth -Gruppe über die freisinnigen Bezirksvereinsgrös;en so oft und so unbarmherzig die satirische Geißel geschwungen, daß w i r uns die Jronisterung des Mosseschen Größenwahns billig er­sparen können. DaS aber sollte daSBerk. Tagebl.' immerhin schon wissen, daß gerade bei der Aufstellung sozialdemokratischer Kandidaten die Wahlkreise selbst ein Maß von Souveränität genießen, wie kaum in irgend einer anderen Partei, daß also die angebliche Abhängigkeit der Kandidaten von derLeitung' nichts ist, als törichtes Nach- plappern reichsverbändlerischen Schwindels l Und leider stehen die Ratschläge, zu denen sich dasBerk. Tageblatt' weiterhin in wahltaktischer Beziehung herabläßt, ganz auf der gleichen Höhe. Mutet uns das Blatt doch allen Ernstes zu, da, wo die Sozialdemokratie auf einen Erfolg aus eigener Kraft nicht hoffen darf, auf die Aufstellung eigener Kandidaten zu verzichten I Als ob es nicht gerade diese Taktik gewesen wäre, die in vielen Wahlkreisen den Freisinn so heruntergebracht hat, die auch die Haupffchuld daran trägt, daß in Gietzen-Nidda ein Teil der politisch so mangelhaft ge- schulten und disziplinierten Wählerschaft ins Lager der Anti- s e m i t e n übergelaufen ist I Wenn der Freisinn trotz aller trost- losen Erfahrungen noch immer nicht gelernt hat. daß eS nichts Korrumpierenderes gibt, als solch klägliche Kompromiffelei, die kein politisches Prinzip kennt, als das der G r u n d s a tz l o s i g k e i t schlimm genug für ihn! Aber der Sozialdemokratie zu- zumuten, dem tapferen Liberalismus zuliebe auf grundsätzliche und entschiedene Vertretung ihrer Anschauungen zu verzichten, ihr zuzumuten, von vornherein ihr Banner zusammenzurollen, nur damit einem waschloppigen und korrupten Liberalismus die Oual erspart wird, sich für links oder rechts, für Sozialdemo- kratie oder nackteste Reaktion zu entscheiden, das ist denn doch eine Leistung, die eines Mugdan würdig wäre! Wenn dasBerliner Tageblatt' das Zusammengehen gegen den Schnapsblock s o auffaßt, ist darüber wollen wir ihm von vorn- herein jede Täuschung ersparen jede Verständigung aus­geschlossen! Eine Sozialdemokratie, die sich jemals auf eine solche Taktik einließe, würde damit nicht nur sich selbst, nicht nur ihre ganze politische Tradition, sondern auch ihre ganze Zukunft auf- geben! Ueber solche Möglichkeiten sollten ernsthaft zu nehmende Politiker überhaupt nicht diskutieren l Nimmt es der Freisinn wirklich ernst mit seinem Kampfe gegen die schwarzblaue Reaktion, so ist ihm sein Verhalten klar und deutlich vorgezeichnet. Was er zu tun hat, sagt ihm treffend und nachdrücklich die freiflnnig- demokratische Berliner .Volks-Zeitung": Hier rächen sich die Sünden, die die Führer der Fortschrittlichen Volkspartei in früheren eiten begangen haben. Es lag geradezu etwas rankhaftes darin, wie diese bei den Parteiangehörigen den R o t k o l l e r züchteten, sodaß diese hundertmal eher einen urreaktionären Junker und einen demagogischen Antisemiten als einen Sozialdemokraten wählten. Entblödete sich doch einer der freisinnigen Führer nicht, das Wort zu sprechen: Lieber mit Kröcher als mit Barth. Solche systematische Wählerverdummung wirkt natürlich nach. Die schwarzblaue Blockmehrheit des Reichstags wird bei den nächsten allgemeinen ReichStagSwahlen nicht vernichtet werden, wenn noch ein beträchtlicher Teil der fortschrittlichen Wähler�a n der früheren dummen Stichwahlpolitik fe st hält. Rechts steht der Feind I ES genügt nicht, daß die Sozial- d e m o k r a t e n in der Stichwahl zwischen einem reaktionären Kandidaten und einem Anhänger der Linken die Entscheidung zu- gunsten des liberalen Kandidaten geben. Die jetzige schwarzblaue Blockmehrheit deS Reichstags kann nur dann durch eine aus den Parteien der Linken bestehende Mehrheit ersetzt werden, wenn auch die Anhänger der Fortschrittlichen Volkspartei bei den nächsten ReichStagSwahlen überall dort, wo ein Kandidat des schwarzblauen Blocks in derStichwahl einem Sozialdemokraten gegen- übersteht, die Entscheidung zugunsten deS So­zialdemokraten herbeiführen. Dies allein ist die richtige Pnrteitaktik. Sollte eine Partei nicht so viel Disziplin besitzen, um diese Taktik all- gemein zur Durchführung zu bringen, dann ist eS überhaupt besser, sie gibt denKampf gegen die Reaktion als nutzlos auf.' poUtifcbe Qcbcrlicbt. Berlin , den 22. März 1911. Kali-Schmierfonds und Zentrumszwist. AuS dem Reichstage, 22. März. Die Kalidebatte wurde heute in später Stunde, um 8 Uhr, zu Ende gebracht; doch wurden die Abstimmungen über die eingebrachten Anträge nur zum Teil vorgenommen. Zwei namentliche Abstimmungen über den sozialdemokratischen und den Zentrumsantrag werden erst morgen stattfinden, so daß ein genaues Bild der Beschlüsse sich noch nicht entwerfen läßt, doch läßt sich so viel sagen, daß das HauS in der Beschränkung des Kali-Schmiersonds noch über die Kommissionsbeschlüsse hinausgeht. Nach einer nicht gerade aufregenden Rede des National- liberalen Bärwinkel erklomm sehr gegen seinen Willen der Dr. R ö s i ck e vom Bund der Landwirte die Tribüne. Trotzdem er als konservativer Redner gestern an zweiter Stelle hätte sprechen müssen, hatte er sich erst hinter den Genossen H u e und bann wieder hinter den Frei- sinnigen G o t h e i n zurücksetzen lassen. Gegen diese Hinterhalts- legerei hatte Gothein Widerspruch erhoben, und der Präsident hatte dann entschieden, daß derbündlerische VorsichtSkommissarius wenigstens noch vor Gothein sprechen mußte. Herr R o e s i cke be- mühte sich denn auch vergebens den Bund der Landwirte als eine recht harmlose, völlig unpolitische Wirtschaftsvcreinigung hin- zustellen. Gothein widerlegte seine Winkelzüge und bewies durch Verlesung von Sachverständigenurteilen sowohl den politischen Charakter des Bundes der Landwirte wie die Un- zuverlässigkeit der agrarischen Wissenschaftlerei. Mit großer Spannung erwartete dann daS Haus die Ausführungen des Abg. Heim, dem der Pole Korfanty bestätigt hatte, daß ihm die polnische Fraktion ohne Auf­forderung von Heim die Vertretung in der Budgetkommission übertragen hatte. Heim wieö zunächst die Machenschaften des Bundes der Landwirte zur Ergatterung der Rabattgeldcr nach und rechnete dann mit seinen Fraktionskollegen ab, die ihn unter der Maskevon zuständiger Seite" in der Zentrumspresse schmählich verdächtigt hatten. Er forderte zur völligen Klarstellung der Sache dieZuständigen* zur Erhebung einer Anklage auf wegen seiner eigenen in der Presse erlassenen Erklärungen. Dann wurde die Debatte gegen die Sozialdemokraten und Freisinnigen geschlossen. Genosse Leber protestierte gegen die Wortabschneidung vergeblich. Zur Geschäftslage des Reichstages. Der Seniorenkonvent beschloß in seiner heutigen Sitzung. daß Montag, der 27. März als Ferientag aufrecht erhalten werden soll. Die zweite Lesung des Etats hofft man bis zum 1. April, die dritte bis zum 3. eventuell 7. April fertig zu bringen. Auf alle Fälle soll der Etat vor Ostern end- gültig fertig gestellt werden. Alsdann beginnen die Ost er- f e r i e n. die bis zum 2. Mai währen. Nach den Ferien soll mit der ersten Lesung des Einführungsgesetzes zu der Ver- sicherungsordnung und mit der zweiten Lesung der letzteren begonnen werden. Außerdem wünscht die Regierung, daß der schwedische Handelsvertrag, das Fernsprechgebühren- gesetz, das Gesetz über Elsaß-Lothringen und das Patentgesetz erledigt wird. Die Sommerfellen dürften mit dem 2. Juni beginnen. Die Herbstsession soll am 10. Oktober er- öffnet werden und bis Weihnachten dauem. In dieser hofft man die Justizgesetze und das Privat- beamtengesetz erledigen zu können. Für den Monat Oktober, für den nach dem jetzigen Gesetz keine Diäten gezahlt werden, soll ein besonderer Diätengesetzentwurf eingebracht werden. Hiernach steht ziemlich fest, daß die Neuwahlen zum Reichs- tag erst im Laufe des Januar 1912 stattfinden werden. Sie wollen sich nicht verbrennen lassen. Der Gesetzentwurf betreffend die Feuerbestattung, den die preußische Negierung dem Landtage zu unterbreiten für gut be- funden hat, begegnete bei seiner ersten Lesung im Abgeordnetenhausr am Mittwoch dem heftigsten Widerstand auf feiten der konservativ- klerikalen Mehrheit. So belanglos die Vorlage, die lediglich die fakultative Feuerbestattung zulaffen will, auch ist, einen so geringen Fortschritt sie auch bedeutet, so bekam doch die Regierung ob des Wechsels in ihrer Haltung gehörig den Kopf gewaschen. Wie kann aber auch der sonst so urreaktionäre Minister v. Dallwitz, der stets mit dem Schnapsblock durch dick und dünn geht, so leichtsinnig sein und ein Gesetz befürworten, von dem seine Auftraggeber, nach deren Pfeife gehorsamst zu tanzen er gewohnt ist, nichts wissen wollen! Konservative und Zentrum haben in früheren Jahren wiederholt die Frage der Feuerbestattung für undiSkutabe! erklärt. Diesen Standpunkt vertreten sie auch jetzt. Abg. Graf Wartensleben(kons.) protestierte energisch dagegen, daß die Regierung mit rauher Hand in das Empfinden weiter Volkskreise eingreift, Pfarrer Schmitt vom Zentrum erblickt in der Vorlage sogar die Legitimierung des Kampfes gegen daS Christentum, und sogar ein Teil der Freikonservativen kann sich nur schweren Herzens entschließen, der Vorlage zuzustimmen. Ganz anders die Linke, deren Redner sich mit dem Entwurf im großen ganzen einverstanden erklärten. Daß wir Sozialdemokraten darin nur eine geringe Abschlagszahlung erblicken, führte Genoffe Hoff- mann treffend aus, der an Stelle der landesgesetzlichen eine reichs- gesetzliche Regelung verlangte, den Entwurf kritisch beleuchtete und die gegen die Feuerbestattung erhobenen Einwände. ganz be- sonders die auf religiösem Gebiet liegenden, schlagend in ihrer ganzen Haltlosigkeit nachwies. Hoffmann betonte, daß die Frage der Feuerbestattung für uns keine Prinzipien- frage ist und daß wir unsere endgültige Stellung von der Fassung abhängig machen werden, die der Entwurf in der Kom­mission erlangt. Obwohl die Vorlage einer Kommission zur Borberatung über» wiesen wurde, ist ihr Schicksal doch ein höchst ungewisses. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, kann sie schon heute als gescheitert gelten. Am Donnerstag beginnt die dritte Beratung des Etats. Die Wahltaktik des Zentrums. Die Zentrumsführer haben nach mehrmaligen Verhand- lungen die Taktik festgestellt, nach der bei der nächsten Reichs- tagswahl verfahren werden soll, damit der schwarz blaue Block möglichst viele Mandate aus dem Wahltampf herausholt. In diesen von der Zentrumspresse mitgeteiltenallgemeinen Richtlinien" für die bevorstehende Neichstagswahl heißt es: Die Lage ergibt, daß die Zentrumspartei in allen Wahl- kreisen in der Regel eigene Kandidaten aufstellen wird. Die Zentrumspartei wird sich einer veränderten Parteikonstellation gegenüber befinden, insofern sie mit dem jetzt schon weit vor- geschrittenen System des Blocks der Linken zu rechnen haben wird. Diese Kenderung verlangt auch eine Aenderung derbis- herigen Taktik der Zentrumspartei . Die ZenttumSpartei wird in erster Linie de» Kampf zu richten haben gegen die Sozialdemokratie und gegen alle, welche diese direkt oder indirekt begünstigen oder befördern. AuS diesem Grunde ist unter den obwaltenden Verhältnissen sorgsam darauf Bedacht zu nehmen, daß falsche Stichwahlen vermieden werden. ES mutz vermieden werden, daß der Kandidat der Zentrumspartei in eine Stichwahl kommt, in welcher er nach Lage der Verhältnisse in dem betreffenden Wahlkreise nicht durchdringen kann, und bei welcher der Sieg der Linken dadurch herbeigeführt wird, daß eben ein Zentrumskandidat in die Stich- Wahl gelangt ist. Unter solchen Verhältnissen wird der Zenttumssache wesent- lich dadurch gedient, wenn unter Verzicht auf eine eigene Kandidatur rechtsstehende Parteien in die Stichwahl gebracht werden. Gegenüber national- liberaken Kandidaten kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. ES ist nicht mehr angebracht, ohne Unterscheidung der innerhalb der nationalliberalen Partei herrschenden verschieden- heiten alle Kandidaten dieser Partei als unterstützungswürdige bürgerliche Kandidaten zu betrachten. Linksliberale Kandidaten sindunkerallenUm ständen ebenso zu bekämpfen, wie sozialdemokratische. Bei Stichwahlen zwischen Linksliberalen und sozialdemokratischen Kandidaten hat die Zentrumspartei Wahlenthaltung zu üben. Nur in Ausnahmefällen kann die Theorie vom kleineren Uebel dazu führen, den linksliberalen Kandidaten gegen den sozial- demokratischen zu unterstützen. Von den durch die Zentrums- Partei zu unterstützenden Parteien ist unter allen Um. ständen Gegenleistung zu verlangen und diese nach Möglichkeit zur Geltung zu bringen. Die einzelnen Wahlkomitees, in Kreisen, wo kritische Eni- scheidungen zu treffen sind, sollen sich mit der Pro. vinzialleitung in Verbindung halten, damit eine WögliM ejvMliA? HÄLuvg der PgM erwöglW wird. Alls demselben'Grunde sollen sich die Pröbin'ziallelkuMn ßckMll? mit der Zentralleitung in enger Fühlung halten." Biel neues bieten dieseRichtlinien" nicht. Schon Ct'sl den bisherigen Aeußerungen der leitenden Zcntrumsblätter und hervorragender Zentrums sichrer ging hervor, daß der Hauptstoß des Zentrums bei den nächsten Reichstagswahlen gegen die Sozialdemokratie gerichtet sein wird und überall dort, wo in Rheinland-Westfalen ein Sozialdeinokrat mit einein Nationallideralen in die Stichwahl gelangt, die Z-ntrums- leiter ihre Anhänger zur Unterstützung der einst von ihnen als Kirchenschändcr bezeichneten kulturkämpserischen Nationallibe- raleu aufgenifen werden. Neu ist höchstenfalls, daß das Zen- trum selbst in solchen Wahlkreisen, wo es eine größere An- hängerzahl besitzt, auf die Ausstelluilg--igeuer Kandidaten zu verzichten gedenkt, falls durch solche Ausstellung das Mandat des Kreises einem Sozialdemokraten oder Linksliberalen zu- fallen könnte. Der klerikal-konservative Block soll um jeden Preis konserviert werden. Deshalb diese sonst in hxn Zen» trumskreisen ganz unbekannte Selbstbescvcidung. Ter Appell an die nationale Ehre! Eine günstige Wahlparole zu finden, die dieVolksseele" aufrüttelt und die breite Schicht der nicht polittsch Gebildeten bei der nächsten allgemeinen Reichstagswahl in die Fänger- arme der Reaktton treibt, ist das eifrigste Bemühen der kon» servativen Parteien. Aber trotz allen Euchens vermögen sie keine zugkräftige Wahlparole zu entdecken, die ihnen aus dem Sumpf heraushilft. So empfiehlt denn der frommeReichs- böte", es weiter mit demAppell an die nationale Ehre" zu versuchen, d. h. Deutschland als bedroht von Kriegsgefahren hinzustellen und daraufhin die Notwendigkeit des Zusammenschlusses aller vaterländischen Elemente zur Rettung des gefährdeten Vaterlandes zu predigen. Aus all dem Wirrwarr", schreibt derReichsbote", gibt es nur noch einen Ausweg, das ist der nach- drücklichste Appell an die nationale Ehre!" Und damit niemand mißversteht, was gemeint gemeint ist, fügt daS Blatt weiter hinzu: Für die deutsche Regierung kann es unter den gegen« wältigen Verhältnissen überhaupt gar keine andere Wahlparole geben, als den Appell an dir nationale Ehre, denn daS Reich ist nach innen und außen dadurch schwer bedroht, daß der nationale Ehrbegriff im deutschen Volke nur allzu lange ge- schlummert hat.' Ein gemeines, frivoles Spiel! Um die Privilegien des Großgrundbesitzes zu retten, soll ein Zwist mit einem anderen Staat inszeniert und dann der kuror toutoiüous entfacht werden. Zwar kann das Scheingefecht leicht zu einem wirk- lichen Kampf mit einer fremden Macht führen, der Hundert- tausende von d e utsch e n L an d es kind ern hin- wegrafft und das deutsche Wirtschaftsleben schwer schädigt, aber das macht denVaterländischen" vom Schlage desReichsboten" keine Sorgen. Höher als die Landes- interesfen stehen ihnen ihre Profitinteressen. Aus der Vcrfassungskommissioa für Elsaß-Lothringen . Der Antrag v. Dirksen, die für die Erste Kammer vorgesehene Arbeitervertretung zu streichen, wurde gegen eine Stimme abgc- lehnt, und darauf die Regierungsvorlage mit einer von Basser- mann beantragten Aenderung, wodurch die Zahl der Arbeiterver- treter auf drei festgesetzt wird, angenommen. Bei der Gesamt- abstimmung wurde der ganze 8 ß gegen eine nationalliberale Stimme abgelehnt, so daß also über dje Zusammensetzung der Ersten Kammer nichts beschlossen ist. Die Einzelabstimmungen hatten dem Paragraphen eine Fassung gegeben, wonach der Ersten Kammer angehört hätten: die Bischöfe von Straßburg und Metz , der Präsident der augsburgischen Landeskirche, der Präsident der reformierten Kirch«, der Präsident des Oberlandesgerichts und drei Vertreter des ArbeiterstandeS, so- bald eine gesetzliche Vertretung des ArbeiterstandeS geschaffen ist. Gestrichen wurden die in der Regierungsvorlage vorgesehenen Ver, tretungen der Universität Straßburg, der israelitischen Konsisto- rien, je ein Vertreter der vier größten Städte, zwei Vertreter d«r Handelskammern, drei vom Landwirtschaftsrat und ein von der Handwerkskammer zu Straßburg gewählter Vertreter. Die Ablehnung des§ 6 bedeutet nicht schon die Ablehnung Ver Ersten Kammer überhaupt, sondern nur, wie der Staatssekretär Delbrück später unter Zustimmung der Mehrheit der Kommission hervorhob, daß die Kommisston über die Zusammensetzung der Ersten Kammer sich noch nicht einig geworden ist. Der§ 7 lautet: Die zweite Kammer geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung nach Maßgabe eines Wahlgesetzes hervor." Die von sozialdemokratischer und fortschrittlicher Seite ge- stellten Anträge, einzufügengleichen", werden ebenso wie alle anderen Anträge, die sich auf die Gestaltung de» Wahlrechts be- ziehen, mit einer Ausnahme aus prakttschen Gründen nach längerer Debatte bis zur Beratung deS eigentlichen Wahlgesetze? zurück­gestellt. Ein Antrag M ü l l e r- M c i n i n g e n. der die Einfüh- rung der Verhältniswahl in der Verfassung festgesetzt wissen wollte. wurde mit Stimmengleichheit abgelehnt. Dafür stimmten Fort- schrittler. Sozialdemokraten und Nationalliberale, mit Ausnahme des Prinzen von Schönaich-Carolath. der sich der Ahstim- mung enthielt, und das polnische Mitglied. In der Debatte sprachen sich die Vertreter der ReichSpartei und des Zentrums gegen die Einführung der Verhält- nis wähl aus. Der Staatssekretär Delbrück erklärte, daß er beauftragt sei, an dem Pluralwahlrecht festzuhalten. Die Vorlage sei durch die am Dienstag gefaßten Beschlüsse ohnehin nicht geför- dert worden. Die Genossen Dr. Frank und Emmel wiesen nach, daß daS nach Altersklassen abgestufte Pluralwahlrecht eine Eni- rechtung der Arbeiter bedeutet, und letzterer nagelte besonder? fest, daß der Staatssekretär selber zugegeben habe, daß nach den von der Regierung nach dieser Richtung hm gemachten Erhebungen da? Plu- ralwahlrecht zugunsten der ansässigen und der ländlichen Bevölke- rung und mithin zum Schaden der Jndustricbevölkerung wirke. Nach ß 9 sollen Einsprüche gegen die Wahl nicht von der Kammer, sondern vomKaiserlichen Rat' entschieden werden. Bon sozial- demokratischer Seite wird beantragt, daß die Kammer selbst über die Gültigkeit entscheidet. Der Antrag wurde nut t3 gegen 19 Stim- men abgelehnt, hingegen wurde ein Antrag Bossermann ange- nommen, nach welchem ein Senat des OberlanitsgerichtS die Ent- scheidung zu treffen hat. Dem Z 14, der bestimmt, daß die Mit- glieder deS Landtags..gehorsam der Verfassung und Treue dem Kaiser ' schwören müssen, beantragM» unsere Ge- nassen zu streichen. Der Antrag wurde gegen die Stimmen unserer Genossen, der Fortschrittler und eines elsässischen Mitgliedes abge- lehnt. Die folgenden Paragraph«? bis einschließlich§ 22 wurden mit Ausnahme des 8 14, über den die Abstimmung ausgesetzt wiKfo nach der Regierungsvorlage angenommen. .' Die näKste Sitzung findet am Donnerstag statt,