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Der fall Mo. In Költt oMicrt ein evangelischer Pfarrer, ücr fo'üifvor. sichtig gewesen ist. in weniger verklausulierten Worten, als das sonst bei dem liberalen Teile der protestantischen Geistlichkeit üblich ist, auszusprechen, dah er an die Togmen der christlichen Kirche nicht glaubt. Für ihn ist das Christentum nicht eine Sache des Bekenntnisses, sondern des Gefühls. Er hat sich gleich der liberalen Theologie eine ästhetisch ausgeputzte Religion der..Menschenliebe" Zurecht gemacht, die aller Festlegungen auf bestimmte Glaubens- sätze entbehrt. Solcher Geistlicher gibt es im Lande eine ganze Menge. Die meisten sind freilich so vorsichtig, ihre Reden ganz in dem alten Pastoralen Stile zu halten und nur für die Eingeweihten durchblicken zu lassen, daß ihre Ausführungen nur bildlich, nur symbolisch zu verstehen sind. Solange das der Fall ist, solange nicht auch die große Masse erfährt, daß diese Geistlichen in Wirk- hchkeit all das preisgegeben haben, was den Kindern in der Schule als christliche Glaubenslehre beigebracht wird, drückt die Kirchen- behörde auch gerne ein Auge zu. Herr JatHo jedoch hat es der vorgesetzten Behörde zu bunt getrieben und seine innersten Gedanken zu deutlich verraten. Daher der Kreuzzug wider diesen Mann, daher das Vorgehen des Ober- kirchenrats gegen ihn. Pfarrer Iatho soll seines Amts entsetzt werden. Begreiflich nun, daß die Entschiedeneren unter den geist- lichen Gesinnungsgenossen Jathos über dies Vorgehen des Ober­kirchenrats erregt sind. Sie erheben Protest gegen die Amtsentsetzung Pathos und fordern, daß in der Kirche auch Platz fürselbständige religiöse Persönlichkeiten" sei, daß dieGlaubensfreiheit der Ge- meinden" nicht angetastet werde. Eine solche Forderung wurde auch in einer von 1200 bis 1500 Personen besuchten Versammlung erhoben, die am Dienstag in Berlin   stattfand. Für diese Proteswersammlung hatte das Berliner  Konsistorium noch dadurch Reklame gemacht, daß es drei Berliner  Pfarrern, die für die Versammlung als Redner angekündigt waren, das öffentliche Austreten verboten hatte. Die drei Geist- lichen hatten erklärt, dennoch sprechen zu wollen. Und da die liberale Presse weiterhin angekündigt hatte, daß sich die liberalen Geistlichen in großer Zahl einfinden würden, war es kein Wunder, daß immerhin eine gut besuchte Versammlung zustande kam. Die geistlichen Redner, die das Wort ergriffen, vertraten mit Leb- haftigkeit den Standpunkt, daß der Oberkirchenrat nicht das Recht habe, Geistliche wegen ihres abweichenden Bekenntnisses zu maß- regeln. In der evangelischen Kirche müsse Raum auch für die Auf- fassungen der liberalen Theologie Vorhänden sein. Man solle im Gegenteil dem Pfarrer Jatho dafür Dank wissen,'daß es ihm ge- lungen sei, durch sein Wirken auch solche Leute wieder für die Kirche zu gewinnen, die ihr bereits ihrer modernen Weltanschauung wegen entfremdet gewesen seien. Einem Redner, der die ortho- doxe Auffassung vertrat und von den Geistlichen verlangte, daß für sie die Lehre der heiligen Schrift maßgebend sein müsse, wuvde ziemlich übel mitgespielt und durch Lärmen däs Weitersprechen vereitelt. Schließlich wurde eine im Sinne der Protestreden ge- Haltens Resolution gegen wenige Sttmmen angenommen. Wir Sozialdemokraten stehen diesem häuslichen Streit in der evangelischen Kirche sehr kühl gegenüber. Um so mehr, als die liberale Theologie unS bisher durch Bekennermut nicht gerade zu imponieren vermocht hat. Wie auf politischem Gebiete hat sich auch auf theologischem der Liberalismus nicht über kläglichste Halbheit und Kompromißlerei zu erheben vermocht. Solange die liberale Geistlichkeit ihre geläuterte Menschenliebe, die zu vertreten sie vorgibt, nicht energischer auf politischem und sozi- alem Gebiet betätigt, als das bisher der Falk gewesen ist, vermögen wir zwischen ihr und der Orthodoxie irgend einen Wesensunterschied nicht zu entdecken. Wenn die liberalen Geist- lichen noch die Konsequenz zögen und für die Trennung d'ör Kirche vom Staat eintreten würden, dann wäre wenigstens der erste Grundsatz der kirchlichen Freiheit erfüllt. So- lange aber auch die liberale Geistlichkeit das Recht der Staats- kirche für sich beansprucht und von dem Staate erhebliche Mittel verlangt, kann weder von religiöser Freiheit der Staatsbürger überhaupt, noch von der Freiheit der Kirchengemeinschaft die Rede sein. Wenn also auch gewisse Kreise des Bürgertums in dem Streite um die geistliche Lehrfreiheit am Ende gar eine Episode des geistigen Befreiungskampfes der Menschheit verkörpert sehen mögen das Proletariat betrachtet das Ganze nur als ein be« langloses Theologengezänk, das für den wirklichen Emanzipation»- kämpf der Geister völlig gleichgültig ist. politische(lebersicbt. Berlin  , den 29. März 1911. Reichstagsschmerzen. AuS d'öm Reichstag  , 29. März. Bei Beginn der 'Sitzung teilte der Präsident mit. er würde, wenn die Tages- ordnung bis 7 Uhr nicht erschöpft werde, eine Abend- s i tz u n g ansetzen. Der Gang der Debatte ließ es ihm aber ratsam erscheinen, von diesem Plan der Durchpeitschung des Etats heute Abstand zu nehmen. Zunächst gab es eine längere Erörterung beim Reichs- e i s e n b a h n a m t, in deren Verlauf Genosse Stolle an dem letzten großen Eisenbahnunglück eine Anzahl Betriebs- Mängel der deutschen Eisenbahnen nachwies, während Genosse Leber Klage führte, daß die thüringischen Staaten, deren Eisenbahnen in preußische Verwaltung übergegangen sind. stiefmütterlich behandelt würden. Der Präsident des Reichs- «isenbahnamts, Herr Wackerzapp, bestritt das. Er meinte vielmehr, daß die thüringischen Staaten nur Vorteile von der preußischen Eisenbahnverwaltung hätten. Bei Etat des Reichstags kam es zu sehr lebhaften Auseinandersetzungen. Genosse Geck legte in humoristischer Rede allerhand Mängel der Reichstagseinrichtungen dar. Hierüber herrschte, wie die weitere Debatte ergab. Einmütig- keit unter allen Parteien des Hauses. Meinungsverschieden. heiten ergaben sich erst bei der Frage, ob ein Grundstück gegen- über dem Reichstagsgebäude   verkauft oder für Geschäfts- räume des Reichstags vorbehalten werden solle. Die Mehr- heit stimmte der Regierung zu. daß das Grundstück verkauft würde. Beim Etat des Reichstags kam es zu sehr lebhaften rung. Genosse Ledebour   machte geltend, daß die über­mäßige Ausdehnung der Sitzungen zum gesundheitlichen Ruin der Mitglieder und zur Schädigung der Reichstags- geschäfte führen müsse. Darauf wirke auch das jetzige Gesetz über die Reichstagsdiäten hin, das eine Prämie auf kurze Sessionen und lange Sitzungen setze. Die Hauptschuld trage die amtierende Bureaukratie, die durch Verschleppung der Geschäfte planmäßig auf die Untergrabung des Einflusses des Reichstags hingearbeitet habe. Die Reichstagsmehrheit trage insofern die Mitschuld, als sie dieser bureaukratischen Taktik Umn Widerstand entgegengesetzt habe. Leber die AuZein- anb'ersetzüngen kam es zu einem Zusammenstoß Lcdebours mit Herrn Erzberger und dem Vorsitzenden der Budgetkom- Mission, Herrn v. G a m p. Um 7� Uhr trat Vertagung ein. Morgen beginnt der Etat des Reichskanzlers, Reiufall. Am Mittwoch hat die schwarzblaue Schlußmachergarde des Ab- geordnetenhauseS einen bösen Reinfall erlebt. Zur Beratung stand in zweiter Lesung der Gesetzentwurf über die Polizeiverwaltung in den Regierungsbezirken Düsseldorf  , Arnsberg   und Münster  , bei dessen erster Lesung der Präsident v. K r ö ch e r unserm Genossen Liebknecht nach dreimaligem Ruf zur Sache mit Zustimmung des Hauses das Wort entzogen hatte. Daß Liebkneck-t rein sachlich ge­sprochen hatte, das lehrt ein Blick in den schriftlich erstatteten Kom- missionSbericht. Hat sich doch die Kommission ausschließlich mit den Fragen befaßt, über die zu reden unserm Genossen verboten war! In der bangen Vorahnung, Liebknecht würde ihnen ihre Un- gerechtigkeit vorhalten, schnitten die Konservativen, unterstützt von ihren getreuen Schildknappen aus dem klerikalen Lager, ihm zu Z 1 bei der zweiten Lesung das Wort ab. Aber das Manöver nutzte ihnen nichts, sie konnten es nicht hindern, daß Liebknecht zu einem anderen Paragraphen sprach und alles das nachholte, woran man ihn vorher mit Gewalt gehindert hatte. Schonungslos deckte er den polizeilichen Charakter des gegen die Arbeiter gerichteten Ent- Wurfes sowie das skandalöse Verhalten der sich als Arbeitervertreter aufspielenden Zentrumsabgeordneten auf und bereitete den letzteren eine gründliche Abfuhr. In vorgerückter Stunde trat daS Haus dann noch in die erste Lesung des Pflichtfortbildungsschulgesetzentwurfes, den der Handels- minister S y d o w im wesentlichen ebenso wie die der Vorlage bei- gegebenen Motive begründete. Den Reigen der Redner aus dem Hause eröffnete Herr Hammer<k.), der seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß fortab keine Sozialdemokraten und Atheisten mehr in Fortbildungsschuldeputationen sitzen sollen und die Ein- führung.des Religionsunterrichts oder zum mindesten doch eines ErbauungsunIerrichtS" forderte. Ihm folgte Abg. Schmedding(Z.), dessen Rede sich fast ausschließlich mit dem Verlangen nach Ein- führung des Religionsunterrichts befaßte, einem Verlangen. daS der Minister als den ersten Schritt zur Konfessionalisierung der Fort« bildungSschulen zurückwies. Donnerstag wird die Beratung fortgesetzt. Die Taktik des Zentrums in der Kommission des Landtages, der die Vorberatung des Ge- setzentwurfs über die Feuerbestattung überwiesen ist, geht in allen Teilen darauf aus, Kautelen in das Gesetz hinein zu arbeiten, die die Verbrennung von Leichen in Preußen nicht nur unmöglich machen, sondern sogar diese Ver- brennung außerhalb Preußens zu verhindern suchen. Wiederholt mußten die Regierungsvertreter erklären: Meine Herren� es kann doch nicht die Absicht sein, die Feuerbe- stattung ganz unmöglich zu machen", oder wie bei dem Antrag anstelle Leichen schau, Leichen Öffnung zu setzen, d. h. die vor j der Leichenverbrennung Oeffnung der Leiche verlangten, so daß die Regierungsvertreter erklärten:Beseitigen Sie doch nicht durch Hintertüren wieder die Verbrennung, die das Gesetz doch zulassen soll." Auch die Möglichkeit, durch zwei Zeugen nach Z 9 die Verbrennung anzuordnen, wuvde gestrichen. Schließlich wurde der zurückgestellte§ 1 zum Schluß der gestrigen Sitzung beraten und nachdem mit Stimmengleichheit abgelehnt war, das Wort., Feuerbe ftattung" durch �Leichenverbrennung" zu ersetzen, wurde mit gleichen! Stimmenresultat der ganze§ 1 und damit in der ersten Kom- missionslesung das ganze Gesetz abgelehnt. Am Freitag soll die zweite Beratung des Gesetzes stattfinden, das eigentlich nach dem Gebaren des schwarz-blauen Blocks Gesetz zur Verhinderung der Feuerbestattung heißen müßte. Freiherr v. Hertling, der Führer der Reichstags-Zentrumsfraktion, ist in Berlin   an einer doppelseitigen Lungenentzündung schwer erkrankt. Am Dienstag nachmittag wurde er in das St. Hedwigskrankenhaus übergeführt; bei recht geschwächtem körperlichen Zustande stieg die Fiebertempe- ratur des Kranken am Abend aus 40 Grad. v. Hertling soll bereits die Sterbesakramente empfangen haben. Auf der Suche nach den Mörder» in Uniform. Gegenwärtig findet vor dem Amtsgerichte in Moabit   die Unter- suchung gegen die Schutzleute statt, die verdächtig sind, am 27. Sep- tember den Mord an dem Arbeiter Hermann begangen zu haben. Die vernommenen Zeugen müssen nach ihrer Aussage den Saal, in dem das Verhör stattfindet, sofort wieder verlaffen, nur Polizei- leutnant Folte und der betreffende Polizeileutnant, der an dem Abend in der Wiclefstraße Dienst hatte, sind bei den Vernehmungen zugegen. Am Dienstag wurden den Zeugen 50 Schutzleute vorge­stellt. Die Polizisten wurden zu je 5 Mann in den Sitzungssaal geführt; unter den Beamten erblickte man auch Schutzleute von der Abteilung der Berittenen, die aber für den Fall Hermann nicht in Betracht kommen können, da Hermann von zwei Fußschutzleuten ermordet wurde. Einer der Beamten erklärte, an dem fraglichen Abend nicht in Moabit   tätig gewesen zu sein, er habe auf seinem Revier Dienst versehen. Eine der Zeu- innen wollte in einem der Beamten den Mann wiedererkennen, der ei dem Morde zugegen war, konnte ihre Aussage aber nicht mit absoluter Bestimmtheit machen. Schließlich stellte sich heraus, daß dieser Beamte am L7. September nur bis mittag gegen 1 Uhr in Moabit   tätig war. Bemerkenswert ist die von Zeugen gegebene Beschreibung eines der Täter. Der betreffenoe Beamte ist etwa 1,78 Meter groß, von kräftigem Körper- bau, etwas gebogener Nase. Er trägt einen kleinen Spitzbart, der auch alsFliege" angesehen werden kann. Der von einigen Zeugen so geschilderte Beamte befaud sich nicht unter den Poli- z i st e n, die den Zeugen vorbestellt wurden. Von dem zweiten der Mörder konnte keine Beschreibung gegeben werden, eS wurde nur gesagt, daß er blandes Haar trage. Kurz vor dem Morde hatte der erste Beamte mit hwei Frauen ein Gespräch geführt. Dienstag nachmittag wurde die Zeugenvernehmung abgebrochen; sie wird am Mittwoch fortgesetzt. Auch Frau Hermann wurde am Dienstag nach dem Polizei- Präsidium gebeten. Es handelte sich um die Feststellung des Schwindlers, der die Witwe vor einiger Zeit unter falschen An- gaben um den Rest ihrer geringen Barschaft gebracht hatte. Frau Hermann erkannte den Mann auf einem Bilde im Verbrecheralbum wieder._ Konservativer Bürgerfang. Die konservative Parteileitung denkt daran, ein neues konser- vatives Blatt in Berlin   erscheinen zu lassen. DieKreuz-Zeitung  " ist für den konservativen mittelständlerischen Bürger und den Beamten zu feudal; die.Deutsche Tageszeitung" zu agrarisch und zu ein- fältig, der.ReichSbote" zu pastoral. Sie taugen deshalb nicht zur konservativen Propaganda in den mittleren Bürgerschichten. Diesem Mangel abzuhelfen, sind die.Berliner   Neuesten Nachtrichten" bestimmt, die dem Geschmack dieser Schichten entsprechend umgemodelt und ausgebaut werden und dann unter der beliebtennationalen" Flagge hinausgesandt werden sollen. Der»Freisinnigen Zeitung" ist ein von dem Hauptverein der Deutsch  - Konserbatlben ausgehendes, streng vertrauliches ZllLÄa? übermittelt worden, indem der Bezug eines Probeabonnements«ms die.Berliner Neuesten Nachrichten" dringend empfohlen wird. In dem Zirkular heißt es wörtlich: «In der gegenwartig politisch so bewegten Zeit, in dem Sturmlauf aller gegen die konservative Partei, wobei viele nationale Blätter sich nicht scheuen, unter dem Deckmantel der Unparteilichkeit alles ans das gehässigste zu bekämpfen, was konser- vativ ist(gemeint ist dieTägl. Rundschau". D. Red.), er- scheint eS unS als besonders wertvoll, hier ein Blatt zu haben, daS sich gegenüber unseren Bestrebungen einer sqch« lichen und vornehme» Stellungnahme befleißigt, und es uns ermöglicht, unseren Standpunkt auch von dem Forum der Gebildeten objektiv gewürdigt zu sehen. Je mehr unsere Freunde im Lande sich zum Bezüge von Blättern wie die»Berliner Neuesten Nachrichten" entschließen, um so mehr wird der schädliche, Unfrieden in unsere eigenen Reihen tragende Einfluß der sogenauntenunparteiischen" Presse schwinden, um so mehr werden die konservative Partei und ihre gerechte Sache bekannt und anerkannt werden." Dieser wiederholte Hinweis auf die Schädlichkeit der unpartei- lichen Presse macht sich hier um so eigentümlicher, als in einem gleichzeitig beiliegenden, von dem Verlag und der Redaktion der Berliner Neuesten Nachrichten" selbst ausgehenden Rundschreiben von diesem Blatt empfehlend gesagt wird: Sie stehen außerhalb des eigentlichen Partei- etriebcs, sind, unbeeinflußt und unabhängig, immer darauf edacht, für den SchutzdernationalenArbcitzu wirken und die gewerblichen, landwirtschaftlichen, industriellen und Handelsintereffen sorgsam gegeneinander abzuwägen und zu be- rücksichtigen. Sie sind monarchisch und national und haben immer auch unsere Grenzmarkpolitik im Osten, Norden und Wösten sich besonders am Herzen liegen lassen." Danach sollen dieBerliner Neuesten Nachrichten" zunächst nicht offen als ein aus dem Hauptverein der Dcutsch-Konservativen ge- speiste? Blatt auftreten, sondern unter nationaler Maske die Jnter- essen derer um Heydebrand vertteten, damit dieGebildeten" nicht von vornherein kopfscheu werden. Erst nach und nach sollen sie. wie es in dem obigen Zirkular heißt, den konservativen Standpunkt objektivwürdigen" lernen. Ein recht schlauer Plan, per jedoch leichter ausgeheckt als durchgeführt ist. Diegeprellten Sozialdemokraten". Unter dieser Spitzmarke schreibt dieMünchener Post": Die Nationalliberale Korrespondenz" versucht abzuleugnen, daß die Liberalen vor der Stichwahl den Sozialdemokraten bin- dende Erklärungen über das Verhalten des zur Stichwahl stehenden liberalen Kandidaten Thoma zu verschiedenen wichtigen politischen Fragen gegeben haben. Die Darstellung derNational- liberalen Korrespondenz" entspricht nicht den Tatsachen. Wir stellen das fest, ohne uns zunächst auf weitere Einzelheiten einzu- lassen. Die in Frage kommenden Parteiorgane waren entschlossen, die parteitaktischen Abmachungen mit der größten Diskretion zu behau- deln. Wir nehmen deshalb bis auf weiteres an, daß die für die betreffende Vereinbarung in Betracht kommenden bayerischen Stellen der liberalen Partei eine loyale Rektifizierung der irre- führenden Darstellung derNationalliberalen Korrespondenz" er- folgen lassen._ Dem Volke nms; die Religion erhalten öleibe». Die Konservativen sind doch edle Menschen. Sie verteuern zwar den Armen und Bedürftigen schamlos die notwendigsten Lebensmittel, dafür sind sie aber fürsorglich darauf bedacht, den Armen den Weg zum Himmel zu sichern, wo bekanntlich eitel Freude und Friede sein wird. Deshalb betrachten die kon servatiben Volksfreunde eS auch als ihr« erste Pflicht, den R ligionsunterricht in der Volksschule möglichst gründlich zu ge stalten, sei cS auch auf Kosten der anderen Unterrichtsfächer. Werden doch die Einfältigen im Geiste am sichersten des Himmels Herrlichkeit schauen. In einer Versammlung des Dresdener Kon- servativen Vereins wurde darum einstimmig folgende Entschließung angenommen: 1. Wir bedauern, daß die Vertreter deS Sächsischen Lehrervereins auf eine ganze Reihe von gewichtigen, gegen die Zwickauer   Thesen und die weiteren, im Anschluß daran gefaßten Beschlüsse von verschiedenen Seiten erhobenen Bedenken bisher nichts erwidert haben. 2. Wir protestieren gegen den unwürdigen, unsachlichen Ton, in welchem von feiten der Vertreter und Mitglieder des Sächsischen Lehrervereinö öfter gegen die Vertreter anderer Anschauungen debattiert worden ist. 3. Wir erwarten, daß in dem neuen Schulgesetz die Heils- geschichtliche Bedeutung der biblischen Geschichte und die für den Unterricht vom 5. bis 8. Schuljahre maWebende Stellung des kleinen lutherischen Katechismus festgehalten, die Aufsicht der Kirche über den Religionsunterricht der Schule gewahrt, der religiöse Lernstoff in sorgfältiger und nicht zu knapper Aus- wähl dargeboten und die bisherige Zahl der Religionsstundea beibehalten oder doch nur unwesentlich vermindert wird." DerFall Gierke" in Elsah-Lothringen  . (Dem Reichsverband gegen die Sozialdemokratie zur gefälligen Beachtung.) ES ist ein ungeheurer Skandal, der in einem Bericht der IV. Kommission des Landesausschusses für Elsaß- Lothringen  , erstattet vom Abgeordneten Heinrich, behandelt wird. Er betrifft den am 17. November 1910 unter Umständen, die auf einen Selbstmord schließen lassen, verunglückten Kasseninspeltor Gierke in Molsheim  (Unterelsatz), Geschäftsfübrer und Rechner des Landwirtschaftlichen   Kreisvereins Molsheim  . Nach dem Bericht ist festgestellt, daß in den ganzen letzten Jahren der Landwirtschaftliche Kreisverein Molsheim bei dem Landesverbände der Landwirtschaftlichen   Kreisvereine jeweils jähr- lich eine Schuld von 125000 M. hatte, ungefähr die Hälfte der dem Landesverbände von sämtlichen Kreisvereinen des Landes über- Haupt geschuldeten Summe. Dazu kommt, daß verschiedene i n d e n Jahren 1905, 1906 und 1907 durchgeführte Revisionen eine keineswegs einwandfreie Kassenführung und Lagerverwaltung" seitens des Geschäftsführers Gierke er» kennen ließen. Wer erst 1908 bat der Kreisdirektor von Mölsheim  als Vorsitzender des Vereins den Regierungsvertreter, bei der nächsten Revifion.möglichst scharf vorzugchen, da der Rechner (Gierke) Schulden hätte und er ihn geme entkernen möchte'? Die Revision muß allerhand bedenkliche Dinge zutage gefördert haben. denn der Kommissionsbericht spricht von.Erlaß auf Erlaß" als Er- gebnis dieser Revision,«entweder um SanierungSmaßregeln anzu- ordnen oder sich nach deren Ausführung zu erkundigen", aber diese Verfügungen an den Mölsheim  « Landwirtschaftlichen KrciSverein haben nach dem Berichte nur den Erfolg gehabt,»daß die Erlasse trotz mehrfacher Erinnerung nie erledigt wurden". Wie kommt es denn aber, daß die Regierung dieser Schlamperei untätigzusah?... Der Bericht konstatiert trocken:Der Landesverband der Landwirtschaftlichen   Kreiövrreine erhielt auf wiederholte Mahnungen weder Antwort noch Geld". Und anscheinend beruhigte sich der Landesverband dabei, war doch der Vorsitzende des Vereins ein kaiserlicher Kreisdirektor und war doch der Geschäftsführer des Vereins ein k a i f e r» lich er Kasseninspektor! Erst als in einer KoimniffionS-