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gesetz; die Eingeistaalen �adsn lediglich Ai spruch auf 1v Proz. alZ Entschädigung für die Veranlagung. Ich lbitte den StaatSselretär, sich darüber zu äußern, cb diese Auffassung richtig ist. Rcichsschatzsekretär Mermuth: Ueber dw Veuivaltungslosten der Bundesstaaten sind Erhebungen im Kangee; Herr Speck wird aber wissen, daß die Materie nicht einfach ist. Herr Scheidemann scheint' das Wesen unserer Tarifauskünfte»zu verkennen; sie bilden nicht eine Erschtverung des Handels, sondern sind auf seinen Wunsch cingesühnt. Die neuen Bestimmungen über die Zollabfertigung von Kleie trauen notwendig, weil große Mengen von Kleie mit einem größerev als dem zulässigen Mehlgehalt eisgeführt wurden.(Hört! hört! mhts.) Ueber die Zuwachssteu er kann ich mich hier nur sckstver maßgeblich äußern, da die Verhandlungen in Preußen schweben. Auch ist das Reich nicht kompeterit; die Verteilung wird auf Grund des 8 58 des Neichsgesetzes der Landesgesetzgebung vor­behalten bleiben müssen. Der zollfreie Schiffsproviant, den Herr Scheidemann erwähnte, beruht auf gesetzlicher Bestimmung; die Aiarineverwaltu'ng ist darauf ausmerksanr gemacht worden, daß auf diese Zollbefreiung nur Anspruch best wirklichen Aus- landsreisen erhoben»verden kann. Abg. Vurckfmrbd swiutsch. Vg.): Mit ihrem Widerstand gegen die Schutzzollpolitik fichädiigcn die Sogtaldeinokraten die Interessen der deutschen Arbeiter. Redner wirft sodann unter großer Heiter- keit der Linken den FreSjöndlern Vater.landsverrat vor. Abg. Gräfe-Sachsen sÄnt.) schließt sich den Ausführungen des Borredners an. Auch der rückständigste sozialdemo- kratische Arbeiter lGroße Heiterkeit bei den Sozialdemo- kraten) muß begr«if«n. daß mit dem Freihandel nichts anzufangen ist. Die Arbeiter sollten einsehen, daß ihnen die Sozialdemokraten das Brot wegnehmen.(Stürmische Heiterkeit bei den SoziaL>emokraten.) Redner hält sodann unter lebhaftem Beifall der Rechten und des Zentrums eine Lobrede auf den Schutzzoll. Abg. Wallenborn (Z.g fast unverständlich� bestreitet u. a., daß die Petitionen der Steinar.beiter zugunsten des Pfhastersteinzolles von den Steinbruchbesitzern veranlaßt seien. Abg. Graf Könitz<k.): Von nationalliberaler Seite wird be- bauptct. der Freisinn habe fich zum Schutzzoll bekehrt. Hier aber sprechen sich die Abgeordneten Gothein und Kaempf für al'l» mählichen Abbau der Schutzzölle au». Wie reimt sich da» zusammen? Und wieweit soll der Abbau geben? Soll nur«ine Verminderung um etwa 5 Pooz. eintreten? Oder soll der Abbau bis zum Nullpunkt gehen? Zwar haben die östlichen steinarmen Provinzen Interesse an einer zollfreien Einfuhr schwedischer Pflastersteine(Hört! hörtl). aber im Interesse de? Schutzes der ge- samten nationalen Arbeit und toer 50 000 Steinbrucharbeiter treten wir doch für einen solchen Zoll ein.(Bravo I rechts.) Abg. Lehmann-WwSbaden(Sog.): Zu der Pflastersteindebatte will ich nur noch bemerken, daß die statistischen Unterlagen der Harren Schutzzöllner falsch sind. ES dürfte sich nicht um 50 000, sondern nur um etwa 20 000 Stein- brucharbciter handeln. Ich muß nochmals auf da? Branntwein st euergesetz zurückkommen. Bekanntlich handelt es sich bei diesem Gesetz um eine außerordentlich komplizierte Materie. Das ganze Gesetz läuft auf Begllnftignng der Großen Ul?d auf Schädigung der Kleinen heraus. Das ist ja auch die ganze Tendenz der Reichsfinanzreform gewesen.(Sehr wahr! links.) Nun sind nach langer Mühe in das Gesetz ein paar Erleichterungen für die schwer geschädigten kleinen Brennereien hineingekommen. Es sind dem Bundesrat Befugnisse zugunsten der kleinen Brenner erteilt worden. Der Bundesrat macht aber von diesen Befugnissen keinen Gebrauch.(Hört! hört!) Bekanntlich ist der Branntweinkonsum zurück» gegangen, einmal durch die höher« Besteuerung, zum anderen durch den Schnapsbopkett, über dessen ethische Absichten und Wirkungen ach mich hier nicht verbreiten will. Ilnd hier äußern sich nun diie verhängnisvollen Folgen des Gesetzes für die kleinen Brennerewn. Diese werden um so schlimmer getroffen, als es sich durchweg mm Leute handelt, die Produkte verarbeiten, welche schon von der Bcausteuer getroffen werden. Das ist eine von den Unstimmigkeiten, von welchen die ganze Reichsfinanzreform wimmelt. Warum wird nun kein Ge- brauch gemacht von den Vollmachten, die dem Bundesrat zugunsten der kleinen Brennereien erteilt worden sind? Ich habe schon ein- mal diese Frage aufgeworfen, und ich wiederhole sie hier in der Hoffnung, nun endlich hierauf eine klipp und klare Antwort zu erhalten.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Bogel(natl.) kommt auf die Pflastersteinzollfrage zurück und tritt ebenfalls kür einenangemessenen" Schutzzoll auf Pflaster» steine ein. Schweden werde sich schon hüten, einen Zollkrieg zu beginnen. Redner bestreitet die Angaben Scheidemanns über die Rentabilität der Pflasterstcinindustrie und klagt über die ungün- stige Situation in verschiedenen GebirgSgegendea(z. B. Wcster- wald), wodurch die Bewohner zum Haniierhandel genötigt werden. Abg. Dr. Bnrenhorst sRp.): Mit den Pflastersteinen will ich mich nicht beschäftigen.(Große Heiterkeit.) Redner wünscht Ver- einsachungsmaßnahmen in der Zollverwaltung. Abg. Dr. Dahlem(g.): Die Klagen über die schematisch- bureautratische Handhabung de» Branntweinsteuer- gcsctzes sind durchaus berechtigt. Der Bundesrat sollte wirklich von seinen Vollmachten zugunsten der kleinen Brenner Gebrauch machen. Redner wendet sich dann der Pflastersteinzoll« frage zu. Wenn wir mit der Erörterung dieser Frage warten, bis der schwedische Handelsvertrag kommt, dann ist eS zu spät.(LauteS Sehr richtig l rechts.) Das ganze deutsche Volk mit Ausnahme der Fortschrittler und Sozialdemolraten, ist für Aufhören der Zoll- freiheit der Pflastersteine.(Heiterkeit links.) Abg. Stolle(Soz.): Im vorigen Jahre habe ich mich beim Reichsschatzsekretär er- kündigt, wie es mit der Aufhebung der E i n fuh r schein e steht.. Die Frage ist akut geworden. Im vorigen Jahre hat die Reichskasse durch die Einfuhrscheine einen Verlust von 11 Millionen Mark in drei Monaten erlitte».(Hörtl hört! b. d. Soz.) Wären nicht die ungeheuren Ausfälle durch die Ausfuhrprämien ent- standen, so wäre das Geld da für die Witwen- und Waisenversiche- rung. lSehr wahr! b. d. Soz.) Die Aufhebung des Jdentitäts- Nachweises hat die verhängnisvolle Wirkung der Einfuhrscheine ver- stärkt und die Sckndigung der Witwen und Waisen vermehrt. Auf Kosten der Aermsten erhöhen die Großgrundbesitzer ihre Profite. (Lebhaftes Sehr richtig! b. d. Soz.) Man sollte denken, die Regie- rung müsse es als ihre Ehrenpflicht betrachten, hier Wandel zu schaffen. Aber fie steht ja unter dem Kommando der Agrarier. Wenn eS sich um agrarische Interessen bandelt, dann wird mit allem Hochdruck gearbeitet, wie wir es jetzt erst wieder bei den CchiffahrtS» abgaben sehen.(Sehr wahr! b. d. Soz.) Die neuesten Bestimmungen über die Zollabfertigung von Kleie sind sehr geeignet, die kleinen Landwirte zu schädigen. Gerade die kleinen Bauern bedürfen der Kleie als Futtermittel, während die Großgrundbesitzer weniger daran interessiert sind. Wir werden nicht verfehlen, den kleinen Bauern klar au machen, wie ihre Jnter» essen von den Schutzzollparteien vernachlässigt werden.(Sehr wahr! b. d. Soz.) Wir erheben erneut die Forderung, daß die Ein- f n h r s ch e i n e beseitigt werden, damit nicht länger die Interessen des Reiches und die Interessen der Witwen und Waisen geschädigt werden zugunsten der Taschen der Großgrundbesitzer, der Börsenspekulanten und der Grtreideexporteure.(Lebhafter Beifall d. d. Sozialdemokraten.) Abg. Marx(Z.): Alle sozialdemokratischen Reden werden nicht imstande sein, die Kleinbauern zu Sozialdemokraten zu macken. Redner wendet sich sodann der Pflastersteinklage zu und spricht sich für die Resolution aufangemessenen" Zollschutz der Steinindustrie aus. Ferner verlangt Redner«inen Schutzzoll füu die Nitrit- industrie. Atg. Siebenbllrm-r(kons.) freut sick. daß man endlich dem Mißbrauch gesteuert habe, daß die zollfreie Einfuhr von Kleie zur zgllfttKN Eillfuhx VW Rkhl tSMtzt rnuitej/ Tie Diskussion schließt. Der TitelZölle" wird bewilligt; die Resolutionen betr. Maßnahmen zum Schutz der Pflasterstein- industrie werden angenommen. Beim TitelBronntweinverbrauchsabgabe" bemerkt Abg. Lehmann-Wiesbaden lSoz.): Die Regierung hat im§ 15 des Branntweinsteuergesetzes die Ermächtigung erhalten. Brenne- reien bis zu 80 Hektolitern abzufinden. Diese Befugnis war als eine Uebergangsbestimmung zum Schutze der kleinen Brennereien während der UebergangSzeit gedacht. Die Regierung hat aber keinen Gebrauch von dieser Befugnis gemacht, sie hat viel- mehr die Brauereiabfälle verarbeitenden Brennereien mit den Eroßbrennereien gleichgestellt. Zum TitelReichsstempelabgabe" begründet Abg. v. Westarp(kons.) eine Resolution, in der verlangt wird, daß die T a l o n st e u e r bei der Erneuerung abgelaufener Ge- winnanteilschcin- und Zinsscheinbogen auch der ausländischen Wertpapiere stets erhoben wird, wenn die Bogen an inländische Besitzer der Wertpapiere ausgegeben werden. Dies entspreche dem Sinn des Gesetzes. Söhatzsekretär Mermuth erklärt, nach Ansicht der Regierung sei eine Aenderung des Talonsteuergcsetzes nicht möglich. Nach dem Sinn des Gesetzes müsse der Akt der Besteuerung im Inlands voll- zogen werden. Auch an eine Aenderung der AuSführungSbeftim- mungen könne nicht gedacht werden. Abg. Speck(Z.) erklärt die Zustimmung seiner Freunde zum Antrag Westarp und regt eine Kontrolle und Konzessionierung des Buchmachergewerbes an. Abg. Kaempf(Vp.) bekämpft den Antrag Westarp. Abg. Dr. Heckscher(Vp.): Eine Kontrolle der Buchmacher wird unmöglich sein, solange der Staat selbst den Totalisator nicht nar duldet, sondern sogar Gewinne daraus zieht. Allerdings zeitigt das Wetten beim Sport Erscheinungen, die eine Gefahr für unser Volksleben darstellen. Abg. Ortet(natl.) wendet sich gegen den Antrag Westarp. Abg. Westarp(kons.): Bei meinem Antrag handelt es sich nicht um eine Aenderung, sondern um eine richtige Auslegung des Ge- setze». Abg. Frhr . Rogalla v. Viberstein(kons.): Auf den Totalisator können wir im Interesse unserer Pferdezucht nicht verzichten. Abg. Gothein(Vp.): Herr Westarp sollte seine Resolution zu- nächst der Budgetkommission überweisen� der Reichstag kann über eine so wichtige Frage nicht aus dem Hantgelenk entscheiden. Die Diskussion schließt. Die Resolution Westarp wird gegen die Stimmen der Linken angenommen. Beim Titel.Zuwachssteuer 13 000000 M." bemerkt Abg. Dr. Neumann-Hofer(Vp.): Die Position ist mit 13000 000 Mark eingesetzt, als der Entwurf die rückwirkende Kraft bis zum l. April 1010 vorsah. Nach den vielen Abschwächungen, die die Vorlage hier erfahren hat, kann doch diese Summ« gar nicht ein- kommen. Soll denn diese Summe jetzt trotzdem stehen bleiben? Reichsschatzsekretär Mermuth : Heute ist der I. April. (Große Heiterkeit.) Heute ist da? Gesetz in Kraft getreten, und natürlich liegen now keine Erfahrungen vor. Die eingestellte Summe von 13 Millionen Mark beruht auf Schätzungen, ich hoffe, daß sie ein» kommen wird, aber natürlich kann ich mich nickü dafür verbürgen. Beim TitelErbschaftssteuer" beschwert sich Abg. Lehmann-Jena(bei keiner Partei) über die AuSfübrung des ErbschastSstenergesetzes in Weimar und benutzt die Gelegenheit, um auf die Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Gatten und Kinder im Stile derDeutschen Tageszeitung" zu schelten. Abg. Gothein(Vp.) liest aus dem Handbuch« des Bundes der Landwirt« frühere Ausgabe die bekannte war m e Empfehlung der Erbschaftssteuer vor.(Große Heiter» keit links.) Die Empfehlung stammt ja wohl von Tr. Oertcl, der heute noch seine gewaltige Feder in derDeutschen Tageszeitung" 'chwingt.(Erneute stürmisch« Heiterkeit.) Die Schenkungs­teuer wird sehr ungleichmäßig gehandhabt. Während Zündhölzchen an wohltätige Gesellschaften von der Steuer getroffen werden. bleiben Ueberwclstingen an den Bund der Landwirte, vie unzweifelhaft als Schenkungen zu bezeichnen sind, steuerfrei. (Hörtl hört! links.) Schatzsekretär Mermuth : Darin hat Abg. Gothein un- zweifelhaft Recht, daß die Beschwerde deS Abg. Lehmann nur an vi« LandeSinstonz zu richten ist.(Sehr wahr! links.) Aber andererseits sind auch die Beschwerden des Abg. Gothein an die LandeSinstanz zu richten.(Sehr wahr! rechts.) Abg. Gothein(Vp.): Bei den Ueberweisungen an den Bund der Landwirte sind Gegenleistungen nicht ausbedungen. Es handelt sich also dabei unzweifelhaft um Schenkungen im Sinne des Gesetzes. Abg. Rogalla v. Biberstein (?.) bestreitet kurz die Angaben deS Abg. Gothein. Beim TitelStatistische Gebühren" regt Abg. GieSbertS(Z.) eine umfassend« Statistik über Umfang und Verwendung der gesamten direkten und indirekten Staats- und Gemeindesteuern an. Dann werde das Volk erkennen, daß die Steuern nicht auS Bosheit gefordert werden, und werde nicht mehr den Steuerverweigerern zulaufen.(Beifall rechts und im Zentrum, Heiterkeit links.) Die Beratung der Steuern und Zölle ist damit beendet. Es beginnt nach sieben stündiger Sitzung die Beratung des Etats des Reichsschatzamtes. Auf Antrag Erzbcrger(Z.) werden die Resolutionen, die sich auf das Börsengesetz beziehen, für eine besondere Beratung nach den Osterferien zurückgestellt. Abg. Erzberger(Z.) bespricht die Ungleichmäßigkeit der Dienst- Wohnungen und fragt an, wie es komme, daß das Reich soviel teurer bau« als Privatunternehmer. Für die arbeitslos ge- »wrdencn Tabakarbeiter sind bereits 6 Millionen Mark vev- ausgabt, 2 Millionen mehr als ursprünglich vorgesehen war. ES kann keine Rede mehr sein von irgendwie beträchtlicher Arbeits- losigkeit in der Tabakindustrie. Ganz im Gegenteil. Nicht nur vor Weihnachten, sondern sogar auch im Januar ist in der Tabak- industrie über Arbeitermangel geklagt worden.(Hört! hört! im Zentrum und rechts.) Daher muß der sozialdemokratische Antrag als rein agitatorisch bezeichnet werden, wenn eS auch in dieser und iqener Gegend noch Tabakarbeiter geben mag, die infolge des Tabak- stcuergcsctzeS beschäftigungslos sind.(Bravo ! im Zentrum.) Reichsschatzsekretär Mermuth : Bei den Zündwaren- arbeitern ist der Hebel in der Industrie anzusetzen; die ent- lassenen Arbeiter aus dieser Industrie haben fast sämtlich in anderen Industrien ein Unterkommen gefunden, hier handelt eS sich darum, bei Hebung der Industrie ihr wieder eingearbeitete Arbeitskräfte zuzuführen. Ein Grund au einer besonderen Fürsorge für die Zündholzarbeitev liegt also nicht vor; aber auch für die Tabakarbeiter liegt kein Grund vor, für sie jetzt eine lveitere Million auszusetzen. Das Gesetz sah für sie 4 Millionen vor, und als diese verbraucht waren, wurden weitere 750 000 M. eingesetzt, wobei ich erklärte, diese Summen seien lediglich be- stimmt, um zu einem Endzustand aus dem Uebergangsstandpunkt zu kommen. Trotzdem habe ich, um die noch vorhandene Not zu lindern, noch fast weitere 2 Millionen für diesen Zweck aus dem für die Schuldentilgung bestimmten Fonds verwendet. Fiskalisch sind wir also den Tabakarbeitcm gegenüber nicht vorgegangen. In besonderen Notfällen bin ich auch jetzt noch bereit. einzugreifen; aber entsprechend dem sozialdemokratischen Antrag vorzugehen, wäre nicht angebracht.(Bravo ! rechts und im Zentrum). Äbg. Tr. Eontze(natl.) tritt für die nationalliberale Re- ölution ein, welche einen NachtragSctat wünscht, um die gesetzlich vorgesehene Unterstützung der durch da» Tabatsteuergesetz geschädig- ten Tabakarbeiter bis zum 15. August 1011 gewähren zu können. Abg. Geber(Soz.)? Wir beantragen, in den Etat einzustellen 1 Million für die arbeitslos gewordenen Tabakarbeiter und 400000 M. für Sie Z ü n d w a r c n a r b e i t e r. Wir wollen durch diese Einstellung in den Etat nicht der Znitiative der Regierung überlassen, was sie gegenüber der Not» äge der Tabak- und Zündwarenarbeitcr zu tun gedenkt, sondern M ZUllme to# feio MMgg Mscglli. Lojz fcic Lst&£ Tabakarbeiter noch sehr groß' ist, hat aii'ch dtt christliche Tabakarbeiterverband anerkannt. Es handelt sich nicht um eine Unterstützung für ein Vierteljahr, wie Herr Erzberger meinte, sondern vom 1. Dezember ab für drei Vierteljahr. Eine ganze Reihe von Fabriken haben noch im März ihre Betriebe geschlossen, an einem Ort allein sind 300 Arbeiter arbeitslos ge- worden. Woche für Woche bringt derTabakarbeiter" solche Nach- richten.(Hört! hört!) Die Arbeitslosigkeit wäre noch viel größer, tvenn nicht viele Unternehmer dem Rat des Reichsschatzsekretärs gefolgt wären und große A rbe i ts z e i t b« s chränkunge n bis auf halbe Tage statt der Arbeitsentlassungen eingc- führt hätten. Dadurch haben die Arbeiter natürlich große Lohn» ausfälle und nur der Fiskus hat den Nutzen davon, indem er weniger Unterstützungen auszahlen muß. Die Arbeiter haben auf Grund des Art. 2 des Tabakstcuergesetzes Anspruch darauf, daß sie mindestens auf zwei Jahre hinaus unterstützt werden. Wenn die vorgesehenen Mittel nicht reichen, müssen eben neue ein- gestellt werden. Die Regierung aber hat statt dessen eine starke Kürzung der Unterstützungen vorgenommen, als die ersten Millionen aufgebraucht waren. In der rigorosesten Weise werden Untcrstützungsgesuche ab. gewiesen auf Grund der neuen Ausführungsbestimmungen. Wenn die Arbeiter betteln gehen, dann bekommen sie ebensoviel Unter- stützung zusammen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Es ist eine traurige Steuergesetzgebung, die dazu nötigt, die auS einer Steuer gewonnenen Mittel wieder zur Schadloshaltung der Geschädigten zu verwenden. Die Schuld, daß die Dinge so gekommen sind, liegt an der Mehrheit des Reichstags, die das Tabaksteuergesetz gemacht hat. Wenn nun aber einmal 50 Millionen mehr durch die Steuer gewonnen sind, so kann es nicht darauf ankommen,!0 Millionen den Gr- schädigten zugute kommen zu lassen. Sollten Sie sich nicht ent- schließen können, unserem Antrag zuzustimmen, so nehmen Sie wenigstens die Resolution Bassermann mit großer Mehrheit an, damit die Regierung erkennt, daß die Mehrheit des Reichstages den Geschädigten noch Hilfe bringen will.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Freiherr v. NichtHofen(k.) wendet sich gegen den sozialdemokratischen Antrag und cruck gegen die na- tionalliberale Resolution. Tie Arbeitslosigkeit habe er- heblich abgenommen, der wirtlich noch vorhandenen Not könne auch ohne die Einstellung neuer Mittel abgeholfen werden. Abg. Dr. Heckscher(Vp.) befürwortet die nationalliberale Re- solution. Abg. Brey(Soz.): Herr Erzberger sollte sich die Akten deS ReickMages zum Zündwaren st euergesetz ansehen, dann würde er wohl die Verpflichtung zur Hilfe gegenüber den Zündholzarbeitern an« erkennen, die Unterstützung ist ihnen ausdrücklich in Aussicht gestellt und versprochen worden. Es bandelt sich keineswegs um 25 Arbeiter, sondern um alle die, die seit dem In- krasttreten der Steuer geschädigt sind, also seit dem Jahre 1000. Man darf doch nicht Steuergesetze schaffen, die den Arbeiter ins Elend treiben und sich dann nicht tveiter um ihn kümmern.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wie ist denn übrigens die Erhebung angestellt worden, die zu dem Ergebnis geführt haben oll. daß nur 25 Zündholzarbeiter arbeitslos sind. Die Arbeiter. Organisationen sind zu der Erhebung nicht herangezogen worden, sonst hätte man sicherlich feststellen müssen, daß weit über 1000 Arbeiter arbeitslos wurden, daß in allen Fabriken Feierschichten eingeführ! wurden und jetzt noch bestehen. Daß viele Zihidhölzarbeiter in an­dere Industrien übergegangen sind, ist richtig; der Arund sind die überaus niedrigen Löhne in der Zünd Holzindustrie; um so mehr aber ist es nötig, die Geschädigten zu unterstüben.(Lebhaftes Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wie sehr die Zündholz» industrie leidet, geht auch aus zahlreichen Berichten der Hau- delskammern hervor. Da» ist eine Folge der Gesetzgebung. die den Besitz entlastet und die Arbeiter belastet.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Im Ramsch ist die Zündwarensteuer zusammengerafft, um den Besitz zu entlasten; allein durch Be- schränkung der Arbeitszeit ist ein Lohnverlust von über einer halben Million Mark entstanden und dazu kommt der Lohnverlust durch völlige Arbeitslosigkeit. Gegen die entsetzlichen Folgen diese» unfertigen Gesetzes die Arbeiter zu schützen, ist Pflicht des Reichs- tages.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Daß das Gesetz unfertig ist, beweisen Ihre Bemühungen, eS zu flicken. Aber die Arbeiter können nicht warten, bis Sie mit Ihrer Reparaturarbeit fertig sind. lSehr wahr! bei den Sozialdemo» kraten.) Agitatorisch ist unser Antrag nicht, sein Leitmotiv ist vielmehr, die Arbeiter zu schützen und wir verlangen heute wie schon bei der Schaffung des Gesetzes, daß der Reichstag dieser Pflicht gerecht wird.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Schmidt-Menburg(Rp.) legt den Rückgang der Tabak. industrie dar, infolgedessen sei e» angebracht, dem nationalliberalen Antrag zuzustimmen. Mg. Dr. Burckhardt(Wirtsch. Lg.): Den Zündholzarbeitern ist seinerzeit Unterstützung versprochen worden; deshalb werden wir für die Einstellung der 400000 W. entsprechend- dem sozial» demokratischen Antrag stimmen. Damit schließt die Diskussion; der sozialdemokratische Antrag wird abgelehnt, die nätionalliberale Resolution wird an» genommen. Der Etat wird bewilligt. Angenommen werden außerdem zwei von der Budgctkommission beantragte Reso» tutioncn, im Interesse der Sparsamkeit im nächstjährigen Etat ein» heitliche Bestimmungen über die Dienstwohnungen der Reichs- beamten und der Oftiziere zu treffen, und zu prüfen, weshalb die Bauten der Reichsbetricbe stets erheblich teurer sind als Privat- bauten. Der Etat der ReichSschuld wird debattcloS bewilligt, ebenso das Etatsgesetz. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Ätzung: Montag, 11 Uhr.(Kleine Vorlagen; S. Lesung des Etat».),_ Schluß 8 Uhr. Das kuhlebener Sttakenbahmingliicli. DaS schwere EtraßenbahminglÜck, daS sich am 15. Oktober 1010 in Ruhleben unweit des Etablissement.Nene Welt" ereignete und so tief traurige Folgen zeitigte, beschäftigte da» Epandaucr Schöffengericht am Freitag in einer dreistündigen VerHand- lung. Angeklagt waren die Wagenflihrer Karl Schneider und Max Miltert wegen fahrlässiger Körperverletzung, der Kontrolleur Wilhelm Grunze wegen fahrlässiger Transport« gefährdung. Die schweren Berletzuiigen, die die Fahrgäste davongetragen hatten, sollen die angeklagten Wagenführer durch ihr zu schnelles Fahren, den Zusammenstoß der Kon» trolleur Gnmze verursacht haben, weil er die Meldung von der Sperrung eines Gleise» nicht weitergegeben hatte. Ueber 20 Zeugen waren aufgeboten. Die Angeklagten bekennen sich sämtlich nicht- schuldig. Der Angeklagte Schneider, der den von Spandau kommenden Wagen führte, ist pünktlich um 6.34 Uhr früh mit vier Fahrgästen von, Strcsowplatz abgefahren und da dichter Nebel herrsckne, nur mit Kilometer Geschwindigkeit. Unweit der Neuen Welt habe er zirka 10 Meter vor sich plötzlich einen ihm auf dem gleichen Gleise entgegenkommenden Wagen auftauchen sehen. Er habe sofort stark gebremst, doch war der Zusammenstoß nicht mehr zu vermeiden. Von der Sperrung de« linken Gleises habe er nichts gewußt. Er fei vorschriftsmäßig rechts gefahren. Ihm fei nur mündlich n>it- geteilt worden, daß auf der Bock-Strccke mit 25 Kilometer Ge« schwindigkeit gefahren werden könne. Bei Nebel soll vorsichtig und langsam gefahren werden. Bindende Vorschriften darüber«risttertcn nicht. Jnstruklionsstunden würden nur bei besonders wichtigen Sacken abgehalten. Angelernt würden sie von anderen Fahrern. Er sei seit IM Führer bei der Etratzenbahll.