®dm R e i ch S a m t bei» Z n n e r n lag eins sozialdeino- Iratische Resolution bor , die eine Verbesserung derArbeitS- bedingungen in der Grobeisenindustrie verlangte. Genosie Hengsbach begründete sie in ausführlichen Dar- legungen, indem er die vielfach mißlichen Zustände in den großen Eisenwerken bloßlegte. Gegen diesen Antrag brachte der ZentrumSabg. GiesbertS das klassische Argument vor. daß die Sozialdemokraten sich bei der Annahme mit einem Siege brüsten könnten. Die Zentrumspartei stimmte denn auch geschlossen dagegen und brachte sie so zu Fall. Damit hat die Partei aber auch einen neuen Beweis geliefert, was man von ihrer angeblichen Arbeiter- freundlichkeit zu halten hat. Ueber die Bergarbeiter- beschwerden kam dann auch noch Genosse Sachse mit den Zentrumschristen in eine heftige Polemik. Schließlich gab es auch noch eine agrarpolitische Debatte über die merkwürdige tendenziöse Agrarpolitik, mit der der Bund der Landwirte auf dem Lande Propaganda für seine Ideen zu machen sucht. Herr N ö s i d o wurde dabei übel von dem Nationalliberalen Stresemann , dem Freisinnigen Gothein und dem Genossen Molkenbuhr zugedeckt. Die arbeits u n willige Mehrheit im Reichstag hatte sich mit dem Plan getragen, die dritte Lesung des Etats womöglich in einem Tage durch das HauS zu peitschen. Die Spekulanon hat getrogen. Um 8>/z Uhr, nach ll'/estündiger Sitzung, trat die V e r- tagung ein. Morgen soll es schon um 10 Uhr weitergehen. Zw Relchstagswal»! im 4. Berliner ReichstagSwahlkreise war mit Unterstützung der polnischen Genossen eine öffentliche polnische Wähler- Versammlung nach Freyers Festsälen, Koppenstraße, einberufen worden, die stark besucht war. R y b i c k i referierte über das Thema: Die Heuchelei der polnischen Neichstagsfraktion und die polnische Arbeiterklasse. ES waren auch eine Anzahl Nationalpolen erschienen, die sich, als der Referent die polnische Reichstagsfraktion und des weiteren das Vereins- recht, die Eriteignüngsfrage, die Erhöhung der Zivilliste, den Verkauf des„Polnischen Courier" einer gründlichen Kritik unterzog, durch Zwischenrufe bemerkbar machten. Hingegen entfesselte der Redner bei der übergroßen Mehrheit der An- wesenden stürmischen Beifall, ein Beweis dafür, daß er ihnen aus dem Herzen gesprochen hatte. In' der Diskussion machten denn auch die Gegner von der Redefreiheit in ausgiebiger Weise Gebrauch, um mit mehr Temperament als Klarheit ihre gegenteiligen Ansichten zu entwickeln. Ein Nationaler trat mit Emphase dafür ein, daß alle polnischen Stimmen bei der Wahl im 4. Kreise dem polnischen Kandidaten zufallen müßten, doch blieb der Redner nicht im Zweifel darüber, daß die Aufforderung in der Ver- sammlung keinen Resonanzboden fand. Inzwischen hatte der Vorsitzende bekannt gemacht, daß der sozialdemokratische Kandidat Büchner anwesend sei und eine kurze Ansprache halten werde, doch auf Deutsch , da er der polnischen Sprache nicht mächtig sei. Diese Mitteilung, besonders aber der letzte Umstand, brachte die Nationalpolen in große Erregung, so daß der Kandidat vorerst nicht den Tumult durchdringen- konnte und der Vorsitzende die Ver- sammlung auf kurze Zeit vertagen mußte. Die Gegner verließen hierauf demonstrativ den Saal und Genosse Büchner konnte nun unter großer Aufmerksamkeit und Ruhe das Wort nehmen. Er wies darauf hin, daß wie beim Vereinsgesetz, so auch bei dem Bestreben, den Polen ihre Muttersprache rauben zu wollen und wie überhaupt bei allen Entrechtungsversvchen die Sozialdemokratie jederzeit mit Nach- druck und Entschiedenheit für die Rechte des Volkes eingetreten sei. (Stürmischer Beifall.) Was wir vorausgesehen, sei auch ein- getroffen. Es wäre nicht möglich gewesen, hier in dieser Ver- sammlung die polnische Sprache zu gebrauchen, wenn wir nicht vor der Reichstagswahl ständen. Nach den Wahlen werde es gleich wieder vorbei sein mit dieser Freiheit. In markigen Worten streift Büchner noch die Ostmarkenpolitik. die Finanzreform, die Haltung der Polenfraktion und die Un- einigkeit innerhalb derselben. Ferner teilte er einen Fall mit, der für unsere preußischen Ausweisungspraktiken bezeichnend ist. Ein junger Mechaniker österreichischer Abkunft hat unlängst als„lästiger Ausländer" seine Ausweisung aus Preußen erhalten. Sein Vergehen besteht darin. daß er im Deutschen Metallarbeiterverband organisiert ist. Grund genug, ihn auszuweisen. Der junge Mann hätte jedoch seinem Schicksal entgehen können, wenn er den Rat der Polizei befolgt hätte und— Landarbeiter geworden wäre. In diesen: Falle könnte er(der gelernte Mechaniker) in Preußen bleiben, war ihm gesagt worden. Wer mit all diesen Zuständen aufzuräumen ehrlich bestrebt ist, wer die freiheitliche Entwickelung fgxdern wolle, müffe geschlossen für die Sozial- demokratie eintreten.(Stürmischer Beifall.) Nachdem noch eine Frau im selben Sinne gesprochen und der Referent sein Schlußivort gehalten hatte, wurde folgende Resolution gegen etwa 12 Stimmen angenommen: Die am 2. April»911 bei Freyer(Keller) versammelten Polen deS 4. Berliner NeichStagSwahlkreifeS protestieren ganz energisch gegen das Verhalten der polnischen Reichstags- und Landtags- fraktion. Die Versammelten erklären, daß nur die Sozialdemo- kratie, welche im Geiste ihres Programms jede Unterdrückung be- kämpft, ganz gleich, ob dieselbe nationaler, kapitalistischer oder wirtschaftlicher Natur ist, das Vertrauen der polnischen Arbeiterklasse verdient. AuS diesem Grunde kann auch bei den bevorstehenden ReichStagSwahlen nur der sozialdemokratische Kandidat O tto Büchner in Frage kommen. Die Versammelten verpflichten sich, nur für diesen einzutreten und dafiir zu sorgen, daß die polnischen Stimmen nur für Büchner abgegeben werden, um damit gegen die Heuchelei der polnischen ReichötagSfraktion zu protestieren._ poUtifcbe Qcbcrlicbt. Berlin , den 3. April 19U. Landtagswahlfieg in Sachse«. Wie uns ein Privattelegramm meldet, wurde bei der heute stattgefundenen Landtagsersatzwahl im 28. sächsischen Kreise der sozialdemokratische Kandidat ge- wählt. Auf unseren Genossen Möller entfielen 5386 Stim- men, für den konservativen Mischniaschkandidaten Feller wur- den 5672 Stimmen abgegeben. Im ersten Wahlgange erhielt am 22. März Genoffe Möller 4312 Stimmen, die Freisinnigen 1726 Stimmen, die Nationalliberalen 2216 Stimmen und die Konservativen 2615 Stimmen. In der Stichwahl gingen die national- liberalen Stimmen geschlossen auf den konservativen Kandidaten über. Die Fortschrittliche Volkspartei hatte die Parole ausgegeben, in der Stichwahl für den sozial- deNLkrgjijchea Ksndiöatey doK uuf em Teil der freisiningen Wählerschaft kam dieser Ausforde- rung nach. Etwa 466 freisinnige Wähler sind der Stichwahl ferngeblieben, ein anderer kleiner Teil stimmte für den kon- servativen Kandidaten. Wenn auch gegen 1666 freisinnige Wähler der Parole gefolgt sind und für den Sozialdemo- kraten votiert haben, so zeigt doch auch diese Wahl, daß die Freisinnigen bei ihren Wählern noch ein gutes Stück Er- ziehungsarbeit zu verrichten haben, um den Kampf gegen die Reaktion erfolgreich führen zu können. Mit dem Ge- nossen Möller zieht der 2 6. Sozialdemokrat in das sächsische Landesparlament ein. Allerlei aus den: Treiklassenhause. Die gestrige Sitzung des Dreiklaflenhauses nahm wider Erwarten einen ganz intereflanten Verlauf. Beim Wegereinigungs- gefetz forderte Genosse Dr. Liebknecht Vorsorge dafür, daß die Gemeinden nicht die Reinigungspflicht einfach von sich völlig ab- wälzen und er zeigte, wie selbst in diesem Gesetz agrarische Findig- keit Sondervorteile für die Gutsbezirke herauZzuschlage» verstanden hat. Mit warmen, oberflächlich betrachtet höchst löblichen Worten be- gründete der Finanzminister L e n tz e dann eine Vorlage gegen un- redlichen LoZvertrieb. Der volksparteiliche Abg. Peltasohn kehrte sich schon gegen diesen Eingriff in daS Reichs recht, den Abg. Dr. Liebknecht aus dem BedürfuiS erklärte, möglichst hohe Strafen in noch reichlicherem Maße als bisher verhängen zu können. Unser Redner konnte aber auch eine direkte Verletzung reichSgesetz- sicher Grundsätze feststellen, und er unterließ nicht, auf den Kontrast zwischen staatlicher Entrüstung über„erwerbömäßige AuSbeuwng der Spielsucht" und— der staatlichen Nutznießung kräftig hinzuweisen. So bleibt von der Vorlage trotz ihrer guten Tendenz nicht viel mehr übrig als das Bestreben, dem Staat das M o n o p o l auf die Ausbeutung der Spielsucht zu sichern Z Der Verhandlungsbericht des Wasserstraßenbeirats gab unserem Genossen L e i n e r t Gelegenheit, die auf einer Verordnung von— 1846 beruhenden Arbeiterverhältnisse bei den Kanalbauten und die famose Unterscheidung zu besprechen, die bei Einführung des staatlichen Schleppmonopols zwar Unternehmern und Beamten Entschädigung (zum Teil in verhüllter Gestalt) bringen, die brotlos werdenden Arbeiter aber unentschädigt lassen will. Ein Regierungsvertreter konnte diese Anklagen, die ja nur eine Erscheinungsform des stets gleichen Systems geißelten, nicht entkräften. Genosse L e i n e r t kennzeichnete dann bei den Petitionen noch das Gehaben einiger Oberlehrer, die die Lehrerinnen nicht leiden können, nach Verdienst. Die betreffende Pesition wurde auch vom Hause verworfen.— Freilich gilt die Sympathie der Junker und Heiligen für die Lehrerinnen nur ihrer Billigkeit und ihrer politischen Mindergefährlichkeit.... Eine Petition wegen der Fcrienfestsetzung an Volks- und höheren Schulen gab Herrn Dr. S ch e p p von der Fortschrittspartei und unserem Genossen H o f f m a n n Gelegenheit, die Unfreundlichkeit zu besprechen, mit der die Eisenbahnverwaltung den Veranstaltungen gegenübersteht, die die Berliner Schuljugend in den Ferientagen aus Mietskasernen und staubigen Straßen in die freie Umgebung hinausführen wollen. Junker und Zentrum haften natürlich kein Verständnis dafür.. t Das schönste aber war der Schluß. Herr v. Kr Scher be- antragte, am Mittwoch auch den sozialdemokratischen Antrag auf Einstellung des Disziplinarverfahrens gegen Genossen Liebknecht für die Dauer der Session zu verhandeln. Die Mehrheit des schwach- besetzten HauseS entschied aber gegen Kröcher und die Kröcherianer, weil der von unserer Fraktion mit dieser An- gelegenheit beftaute Genosse Hirsch verreist ist. Ausdrücklich sei bemerkt, daß Herr v. Kröcher auf die Mitteilung dieses UmstandeS hin feinen Borschlag— natürlich— nicht zurückgezogen hatte- So mußte er dran glauben! Mittwoch: Wahlprüfung Dr. Ehlers; Petitionen. Die geängstigten„Schwachen". Die„Raubtierpolitik", die Herr v. Bethmamt Hollweg in seiner Rede gegen Abrüstung und wirksame Schiedsver- träge proklamiert Hätz hat in den„schwachen" Staaten, denen sie angekündigt hat, sie müßten zur Beute der Starken wer- den, natürlich gebührende Beachtung gefunden. Selbst em so gemäßigtes Blatt wie die„Jndependence Belge" schreibt: Belgren habe aus dieser Rede ernste Lehren zu ziehen. Die Verkündigung des Prinzips, wonach der Schwächere das Opfer des Stärkeren werden müsse, ist nicht nur für Belgien eine Lehre, sondern auch für die übrigen Nationen, die überzeugt sein müssen, daß sie entweder stark seien oder das Opfer einer stärke- ren Nation sein werden. Diese Erklärungen des deutschen Reichs- kanzlers bedeuten, daß alle Jd e a l e über die Beschränkung der Rüstungen, sowie Einführung der Schiedsgerichte verschwun- den sind, und daß die Aeußerungen Bismarcks, wonach der Schwächere das Opfer des Stärkeren sein müsse, zu einem Prinzip der deutschen auswärtigen Politik er- hoben wird. Soviel wird wohl selbst Herrn v. Bethmann Hollweg klar werden, daß diese Rede die Hoffnung aller Feinde Deutsch - erfüllt und die kleinen Staaten in die Arme Frankreichs und Englands treiben wird, die ihnen bereittvilligst den Schutz der Schwachen gegen dm: beutegierigen Starken— so faßt das Ausland nun einmal die Rede auf— in Aussicht stellen werden. Aber bezieht der Kanzler des Deutschen Reichs wirk- lich sein Gehalt dazu, um, um den Ministern des Aus- landes ihre Geschäfte zu erleichtern? Kein frisch-fröhlicher Krieg in Sicht? Die„Post" veröffentlicht einen ißr„von militärischer Seite" zugegangenm Artikels in dem über den bedauerlichen Offizicrmangel geklagt wird. Trotzdem schon ein 26jähriger Leutnant monatlich 125 M. Gehalt einstecke, also jemand, der die Offiziersloufbahn einschlage, schon weit früher in den Be- sitz eines Gehalts komme als derjenige, der sich einem anderen Staatsberufe zuwende, sei doch der Zudrang zum Offiziers- beruf ein sehr geringer. Das liege daran, daß die Offiziers- laufbahn zu unsicher sei. Ein großer Teil der Offiziere werde alS Major oder Oberstleutnant verabschiedet und habe dann„nur" ungefähr 4666 bis 5666 M. Pension zu ver- zehren. Da er damit unmöglich auskommen könne, 'eien viele Offiziere gezwungen, sich als 43jährige einen neuen Beruf zu suchen. Das falle ihnen begreiflicherweise schwer. Wir sollten meinen, daß es sehr wenigen Sterb- lichen beschieden sei, bereits mit 45 Jahren in einen Pensionsgenuß von 4666 bis 5666 M. zu kommen i Wenn trotzdem Mangel an Offizieren vorhanden ist, so beweist das doch, daß unseren besitzenden Klassen andere Berufe be- gehrenswerter erscheinen, daß also der„vornehme Rock" trotz aller Privilegien sehr wenig Anziehungskraft auszuüben vermag. Besonders interessant aber ist es, daß der Artikel auch darauf hinweist, daß„infolge der Friedcnsver- hält Visse" die BefördermigSchamez, iv dex ArzvU„Mi gerade sehr günstige" seien. Diesem langsamen! STöflkUffiferil sei es eben zuzuschreiben, daß der Offizier es erst nach 25jähriger Tätigkeit zum Major und nach weiteren 5 bis 6 Jahren zum Oberstleutnant bringt. Den Herren Offizieren wäre es also angenehmer, wenn infolge eines frisch-fröhlichen Krieges die Aussichten zum Aufrücken sich verbesserten! So zeigt sich auch hier wieder, daß dem Militari s- mus keineswegs eine sriedensfreundliche Tendenz innewohnt! Im Gegenteil: je größer die Armee, je zahlreicher das Offizierskorps, je beträchtlicher die Zahl derjenigen, deren Avancements- und Pensionsverhält- niffe durch ein Kriegsaberüeuer gebessert werden würden, eine desto bedrohlichere Gefahr für den Völkerfrieden liegt im Militarismusl Konservative Einschüchterungsversuche. Die Konservativen drohen den Liberalen mit Zerreibung, wenn sie bei den nächsten ReichStagSwahlen den Kampf nicht mit rücksichtsloser Schärfe gegen die Sozialdemokratie führen oder sich gar einfallen lassen sollten, bei der Stichwahl der Sozialdemokratie Wahlhilfe zu leisten.„Kreuz-Ztg." und„Deutsche TageSztg." erklären, daß die Parole des Abg. Paasche„stramm gegen recht«" im Falle ihrer Befolgnng, von den Konservativen mit der Gegen- parole„st ramm gegen links" beantwortet werden würde. Die konservative Presse kommentiert besonders bissig die Stellungnahme nationalliberaler Landesorganisationen, sofern sie nicht eine unum- wundene KampseSansage an die Sozialdemokratie erlassen haben. Einigermaßen Gnade findet noch der Beschluß der bayerischen Nationalliberalen, die Sozialdemokratie„entschieden zu bekämpfen". Dagegen wird die abwartende Haltung der sächsischen Nattonal- liberalen in der schärssten Form mißbilligt. Die Liberalen könnten es ruhig darauf ankommen lassen, ob die Konservativen ihre Drohung ausführen. Denn wenn infolge der Wahlenthaltnng der Konservativen sozialdemokratische Kandidaten über die Liberalen den Sieg davontragen, so bedeutete daS ja keineswegs eine Schwächung der Linken. Und was die Liberalen auf der einen Seite an die Sozial- demokratie verlieren, würden sie ja auf der anderen Seite durch die energische sozialdemokrattsche Sttchwahlhilfe aus Kosten der Konservativen zurückgewinnen. Sollten sich die Liberalen trotzdem eingeschüchtert fühlen, so wäre da? nurßein Beweis dafür, daß es ihnen gar nicht auf die Stärkung der Linken und die Schwächung der Rechten an- kommt, sondern nur darauf, durch eine elende Schacher- Politik jeder ernstlichen politischen Entscheidung aus dem Wege zu gehen! Die ReichsverficherungsordnungSkommisfio» hielt am Montag eine Sitzung ab, um sich über die Art und Weise zu verständigen, wie die Berichte der Kommission fertiggestellt roerden sollen. Bis jetzt liegt erst der Bericht über das e r st e B u ch vor. Er ist aber so unvollständig, daß die Kommission auch die Be- sprechung dieses Berichtes vertagte. Damit das Plenum des Reichstages sofort nach Beginn der Osterferien in die zweite Beratung des Gesetzentwurses eintreten kann, bestanden die Kompromißparteien daraus, daß die Berichte in den Osterferien festgestellt werden. Eine Subkommission sollte die eingegangenen Beanstandungen prüfen und die notwen- digcn Aenderungen vornehmen. Dann sollte die Kommission etwa am 25. dieses Monats zur endgültigen Feststellung des Berichts zu- sammenkommey. Dagegen wurde kein Widerspruch erhoben. Die Kompromißparteien forderten aber auch, daß die von der Subkommission einstimmig erledigten Punkte in dem Plenum der Kommission nicht mehr besprochen werden dürfen. Hier- gegen erhob Abg. Hoch Einspruch. Demgemäß nahmen die Kompromißparteien von der Subkommission Abstand. Die Berichte werden von der Kommission selbst in allen Punkten festgestellt werden. Der Vorsitzende wird die Sitzung einberufen, sobald die Berichte eingegangen und von den Mitgliedern der Kommission ge- prüft worden find. Ueber die Art. wie die Berichte abgefaßt werden sollen, fand eine kängere Aussprache statt. Von mehreren Rednern wurde leb- hast bedauert, daß den Berichterstattern die Arbeit durch ma. terielle Verschlechterungen, die die Kompromißparteien in der sogenannten Ausgleichslesung durchgesetzt haben, sowie durcki die vielen redaktionellen Aenderungen im letzten Augenblick, und endlich durch die ungenügende Zeit zur Abfassung der Berichte sehr erschwert worden ist. Notwendig seien gerade bei diesem wichtigen und wenig übersichtlichen Gesetz zuverlässige, gründliche und über» sichtliche Berichte._ Zur reichöländischcn Verfassungsfrage. AuS Berlin wird der„Kölnischen Zeitung " gemeldet, durch die veränderte Stellung des Zentrums zur Verfassungsstage in Elsaß- Lothringen sei da» Gesetz natürlich schwer gefährdet. Gegenwärtig fänden Erwägungen statt, ob sich dle Regierung wegen der für Ausübung des Wahlrechts erforderlichen Aufent- haltSzeit im Reichslande oder in den Gemeinden auf gewisse Aenderungen einlassen könne. Nach der Regierungsvorlage ist die dreijährige Anwesenheit vorgesehen, während die Kommission die einjährige beschlossen hat. Daß auf anderem Gebiete die Zustim- mung der Regierung zu weitergehenden Forderungen in wesent« lichen oder grundsätzlichen Punkten zu erreichen sein werde, werde von unterrichteten Kreisen in Abrede gestellt. Namentlich sei ein Verzicht auf die Mehr stimmen ausgeschlossen.- Liberale Einigungsbestrebungen. Für die Provinz Pommern ist zwischen Freisinnigen und Rj- tionalliberalen eine Einigung erzielt worden. Den Nationallibe» ralen wurden die Wahlkreise ilsedom-Wollin, Naugard-Rügen Walde, Pyritz-Satzig und Kammin-Greifenberg überlassen. Die übrigen Kreis« werden von den Fortschrittlern mit Kandidaten besetzt.— Dagegen sieht eS mit der Einigkeit der Liberalen in Thüringen noch sehr brüchig aus. ES kommen hier zwölf Wahlkreis« in Frage, von denen bisher drei, nämlich Jena , Coburg und Greiz , von der Einigung ausgeschlossen werden mußten. In diesen Kreisen werden ich Fortschrittler und Nationalliberale feindlich gegenüberstehen. Auch in Sondershauscn. das gegenwärtig nationalliberal vertreten ist. sind starke Differenzen hervorgetreten, und zwar namentlich deshalb, weil die Nationalliberalen in Nordhausen , dem Kreis deS Abg. Dr. Wicmer, mit einem eigenen Kandidaten vorgehen wollen. Das Opfer. Der Herausgeber der„Apologetischen Rundschau", Dr. Kauf- mann- Köln, der im Kampfe zwischen der Kolner und der Bcr- lincr Richtung im Zentrum auf der Seite der Roeren-Bitter stritt und den Kölnern Bachem und Kardinal Fischer durch seine Ver- öffentlichungen wiederholt Aergernis bereitete, muhte auf Be- treiben des Kardinals Fiscker Köln verlassen. Er löste sein Bureau auf und soll die Absickt haben, nach München zu gehen. Die Jen- trumSpresse steut sich deS zur Strecke gebrachten Opfer» und billigt das Vorgehen des Kardinals._____ Polizistcu-Anfzeichnuuge«. Der Wert von polizeilichen Aufzeichnungen über den verlaus von Versammlungen wurde wieder einmal durch eine Verhandlung vor der Schweidnitzer Strafkammer beleuchtet, vor der sich der Gau- leiter des deutschen TranSportarbeiterverbandcS. Genosse Z.immer« Breslau zu verantworten hatte. Nach Anficht deS Polizeiinspektor« Lehmann-Striegau und der Schweidnitzer Staatsanwalt- 'chas: soll Genosse Zimmer in einer öffentlichen Versammlung in Sttiegau in einem Referate über die Moabiter Krawalle die Massen
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