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zu sein. Sann Halle er allerdings ein berechtiglS Jnleresse an der Wiedererlangung deS Bootes. Dieses berechtigte Interesse wurde aber hinreichend gewahrt sein durch die Strafanzeige. Im übrigen hätte Steinberg zu der Ansicht kommen müssen, daß die Behauptung e>nes Diebstahls sich nicht würde beweisen lassen und daß die Mög- lichkeit bestand, dah die anderen die Boote nur sicherstellen wollten. gleichsam einen Akt der Selbsthilfe vorgenommen hätten. Er hätte das Schreiben der Leute, das davon sprach, der Staatsanwaltschaft in der Anzeige mitteilen müssen, und hätte nicht die unbestimmte Aeußerung tun dürfen, es läge Anlaß zu der Annahme vor, daß das Boot gestohlen sei. Dann fielen besonders in Gewicht die Schreiben an die vorgesetzte Behörde der verdächtigten Beamten. Mit Rücksicht auf den Charakter der üblen Nachrede und auf die Schwierigkeiten, die den Beamten bei ihrer Behörde erwuchsen, so- wie mit Rücksicht darauf, daß er schon zweimal wegen Beleidigung bestraft sei, müsse die Strafe in der erkannten Höhe ausgesprochen werden. Das Kammergericht verwarf am Sonnabend die von Steinberg eingelegte Revision. _ Die Höflichkeit des Droschkenkutschers. Dem Droschkenkutscher wird durch die Droschkenordnung die Pflicht auferlegt, gegenüber seinen Fahrgästen sich der Höflichkeit zu befleißigen. Gegen diese Pflicht sollte ein Kraftdroschkrnsührer Walter verstoßen haben, der deshalb sich vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte zu verantworten hatte. Der Vorsitzende Amtsgerichts rat Wagler hob bei der Feststellung der Personalien des Ange klagten hervor, daß dieser für einen Droschkenkutscherauffallend wenig bestraft" sei, in fünfzehnjähriger Berufstätigkeit nur viermal und im Höchstfall nur mit 3 Mark. Diesmal wurde Walter be schuldigt, daß er einen Fahrgast, dem Bankbeamten Hans Liebhardt, angeboten habe, ihm»eins in die Fresse zu hauen". Der Ange- klagte bestritt das nicht, aber er beschwerte sich, daß Herr Lied Hardt, der sehr aufgeregt gewesen sei, mit Beleidigungen den An fang gemacht habe. Liebhardt habe zu Kroll gewollt, er aber habe verstandenZur Traube", und unterwegs habe dann Liebhardt ihn mit Vorwürfen überhäuft, daß er falsch fahre. Auch habe Lieb- Hardt gefragt, ob er blödsinnig, ob er besoffen sei, und das habe ihn ganz besonders gekränkt, so daß er sich zu jener Aeußerung hinreißen ließ. Daß Walter nicht betrunken gewesen sein könne, bestätigte vor Gericht der Schutzmann Doerge, den damals Liebhardt um Notierung des Kutschers ersucht hatte. Kraftdroschkcnführrr Falkenberg, der bei Walters Abfahrt vom Droschkenhalteplatz zu- gegen gewesen war, bekundete, auch er habe als Ziel der Fahrt verstandenZur Traube". Der Bankbeamte Liebhardt selber be- hauptete, deutlich und wiederholt gesagt zu haben, daß er zu Kroll wolle. Als der Kutscher unterwegs auf seinen Irrtum aufmerksam gemacht worden war und die Route geändert hatte, sei er schließlich noch falsch um die Siegessäule herumgefahren. Da habe Liebhardt ihn gefragt, ob er betrunken sei; die Wortebesoffen" undblöd- sinnig" habe er nicht gebraucht. Zeuge Schutzmann Doerge erklärte hierzu, daß nach der Polizeivorschrift über die Anfahrt vor Kroll der Angeklagte nicht anders habe fahren dürfen. Der Amtsanwalt erkannte an, daß ein Mißverständnis vorlag, und daß Walter, als der Fahrgast ihn zur Rede stellte, in Erregung geriet, die man ihm zugute halten könne. Das Urteil lautete, in Uebereinstimmung mit dem Antrag des Amtsanwalts, auf Freisprechung. Walter sei unhöflich gewesen, aber der Sinn jeuer Vorschrift der Droschken ordnung sei doch nicht der, daß ein Kutscher unter allen Umständen höflich sein müsse. Das Gericht sehe als erwiesen an, daß der Kutscher sich zur UnHöflichkeit nur habe hinreißen lassen, weil er von dem Fahrgast in schroffer Weise zur Rede gestellt worden sei. Ein überraschend verständiges Urteil! Ueberfchreitung des Züchtigungsrechts wurde dem Lehrer Heinrich Berlin vorgeworfen, der gestern unter der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung vor der 1. Straf- kammer des Landgerichts I stand. Der Angeklagte ist Lehrer an der Gemeindeschule in Groß-Lichterfelde und nahm im Juni v. I. Veranlassung, einen seiner Schüler, den Knaben Rudkowsti, der in der Rechenstunde fortgesetzt unaufmerksam war, mehrmals von seinem Platz hervorzuholen und mit einem Rohrstock zu züchtigen. Der Stock, welcher dabei in Anwendung kam, war etwa einen halben Meter lang und hatte die Stärke eines Bleistifts. Der Lehrer hatte nach Aussage seiner Schüler mit diesem Stock dem Jungen nach und nach etwa zwölf Hiebe über die Schultergegend und den Rücken verabfolgt. Nachdem der Junge zu Hause über Schmerzen geklagt hatte, ging die Mutter mit ihm zu dem prak- tischen Arzt Dr. Dumstrey, der an dem Körper des Jungen eine ganze Anzahl blutunterlaufener Striemen feststellte, die nach seiner Meinung von recht heftigen Mißhandlungen herrühren mußten. Der Vater des Jungen hat dann später, als der Lehrer Berlin ihn wegen Beleidigung zur Anzeige gebracht hatte, Straf» anzeige wegen Körperverletzung erstattet. In der gestrigen Ve» Handlung wurde außer dem Rektor und mehreren Schülern auch der Gerichtsarzt Dr. Marx vernommen. Er bekundete, daß Schläge mit einem so dünnen Stöckchen an sich nicht bedenklich seien und die von Dr. Dumstrey beobachteten Striemen möglicherweise sich dadurch erklären lassen, daß der Knabe sehr dünn angezogen ge- Wesen sei und eine sehr empfindliche Haut habe. Der Staats- anwalt hielt doch eine Ueberfchreitung des Züchtigungsrechts für vorliegend und beantragte 40 M. Geldstrafe. Das Gericht erkannte dagegen leider auf Freisprechung. Krawattenakabemie. Ein kleiner Kongreß von Krawattennäherinnen entwickelte sich gestern vor dem kleinen Schwurgerichtssaal, in welchem die vierte Strafkammer des Landgerichts I unter Vorsitz des Landgerichts- direktors Criigcr eine BctrugSanklage gegen den Kaufmann Adolf Steinberg und dessen Ehefrau verhandelte. Die vorgeladenen Frauen und Mädchen waren größtenteils ehemalige Schülerinnen derErsten Deutschen KrawattennäherÄkademie", die von den Angeklagten ins Leben gerufen worden war. Ein großer Teil dieser von der Staatsanwaltschaft aufgebotenen Belastungszeugen fühlt sich dadurch geschädigt, daß sie auf Grund der Prosvekte der Angeklagten, in LSnen ihnen nach ihrer Meinung ein« dauernde Arbeitsgelegenheit nach absolvierter kurzer Lehrzeit versprochen wurde, die Akademie besuchten, das Eintrittsgeld bezahlten und nachher sich in ihren Hoffnungen bezüglich der Arbeitsgelegenheit getäuscht sahen. Ter Angeklagte bestreitet dagegen jedwede Täuschung und verweist auf den angeblich klaren Wortlaut des von jeder einzelnen Schülerin unterschriebenen Vertrages. Er betont immer wieder mit großem Nachdruck, daß seine Akademie nach streng reellen Grundsätzen geleitet worden sei. Den Belastungs- zeugen des Staatsanwalts stellt der Angeklagte eine große Zahl von Entlafiungszeugcn gegenüber, so daß für die nächsten drei Verhandlungstage schon über 130 Zeugen geladen werden mußten. Die Anklage vertritt Assessor Dr. Friedersdorf, die Angeklagten werden von Rechtsanwalt Goldberg verteidigt. Als Sachverstän- dige wohnen Kaufmann Schrötcr-Karlshorst und Fabrikant Karl Weber(Kampe u. Weber) der Verhandlung bei. Wir werden das Urteil mitteilen. Zwanzig Schnäpse als Todesursache. Wegen fahrlässiger Tötung sind am 3. Februar vom Landgericht Frankfurt a. O. der Gastwirt Paul Redlich und der Kellner Jahn verurteilt worden, der erstere zu einem Monat, der letztere zu einer Woche Gefängnis. Der Arbeiter Neumann hatte an einem Freitagabend in der Wirtschaft Redlichs schon reichlich Bier und Schnaps getrunken. Er rühmte sich, er könne noch 20 Schnäpse trinken. Jahn erklärte sich bereit, die Schnäpse zu bezahlen, wenn Neumann sie trinken könne. Der herbeigerufene Redlich erklärte: so etwas gibt es nicht in meinem Lokal, ließ aber dann seinen Widerspruch fallen. NeutNaNN krank die 20 Schnäpse wirklich<niS und wurde dann, da er völlig betrunken war, nach Hause geleitet. Er ist am Dienstag tot im Bette vorgefunden worden und an Al- koholvergistung gestorben. Das Verleiten beider Angeklagten ist die Ursache seines Todes gewesen. Jahn hätte die Schnäpse nicht bezahlen dürfen und Redlich hätte derartige Völlerei in seinem Lokal verhindern müssen. Die von beiden Angeklagten eingelegte Revision wurde am Freitag vom Reichsgericht verworfen. Derartige Saufivetten und Saufspiele sind nicht nur hirnlose Albernheiten, sondern moralisch durchaus zu verurteilende unver­antwortliche Handlungen, auch wenn sie keinen so schweren Nachteil nach sich ziehen._ DaS Ende eines Ordnungsmannes. Am Montag wurde der Gerichtssekretär Paul Preuß auS Ebe­ leben in Schwarzburg-Sondershausen vom Erfurter Schwurgericht wegen Unterschlagung von amtlichen Geldern im Betrage von 12 000 Mk. zu 2 Jahren Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust der- urteilt. Der Mann zählte zu den Honorationen Ebelebens, war Stadtverordneter der Ordnungsparteien und fungierte auch oft als stellvertretender Amtsanwalt am dortigen Schöffengericht. Preuß konnte sich ungehindert jahrelang an amtlichen Geldern ver- greifen, ohne daß seine vorgesetzte Behörde eingriff. Vor Gericht wurde festgestellt, daß die Kasse, deren Rechnungsführer Preuß war, seit dem Jahre 1890 nicht revidiert wurde. Diese verloal- tungstechnische Eigentümlichkeit hatte sich der Mann zunutze ge- macht._ Versammlungen. Deutscher Metallarbeiterverband. Die am Sonntag abge- halben« Generalversammlung der Verwaltungsstelle Berlin stellte 67 Kandidaten für die Wahl der Delegierten zum Verbandstage auf. Zu wählen sind 36 Delegierte. Die Wahl wird am 23. April vorgenommen. In Spandau war versuchsweise die Stelle eines besoldeten Bezirksleiters eingerichtet worden. Da diese Einrichtung sich gut bewährt hat, so beschloß die Versammlung, dieselbe zu einer dauernden zu machen und die Stelle des besoldeten Spandauer Be- zirksleiters zur Bewerbung auszuschreiben. Ein von den Ver- trauensmännern der Siemenswerke gestellter Antrag, für diese Werke einen besoldeten Bezirksleiter provisorisch anzustellen, wurde nach kurzer Debatte angenommen. Die Stellung wurde dem bis herigen Bezirksleiter L ü ck übertragen. Hierauf kam ein aus Mitgliederkreisen gestellter Antrag zur Verhandlung, welcher eine Aenderung der mittleren Verwaltung fordert und zwar nach der Richtung, daß die Zahl der neben den Bezirks, und Branchcnleitern in der mittleren Verwaltung sitzenden Verbandsangestellten be- schränkt werde. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Eine Versammlung der Filiale I deS ZentralverbandcS der Lederarbeiter beschäftigt« sich am Sonntag mit den Streik in der Handschuhfabrik von Fritz Bollmann. Niedergelegt wurde die Arbeit bei dieser Firma am Sonnabenb bor acht Tagen, nachdem auf ftiedlichem Wege die Durchführung der sehr bescheidenen Forderungen nicht möglich war. Verlangt wird eine geringe Er- ähung der Akkordpreise, durch die nicht einmal erreicht wird, Was ander« Firmen bereits zahlen. Es handelt sich um Zulagen von 2 Pf. auf das Paar Handschuhe für die Zuschneider, bei einzelnen Sorten, die nur selten vorkommen, um 3 oder 4 Pf. Bei ftüheren Lohnbewegungen hat sich Herr Bollmann immer hartnäckig geweigert, mit der Organisation zu verhandeln, ja er war nicht ein- mal für Verhandlungen mit den Arbeitern selbst zu haben; jetzt ist er aber doch wohl zu einer anderen Auffassung gekommen. In einem Schreiben vom Mittwoch voriger Woche erklärte er sich zu Verhandlungen mit den Vertretern des Lederarbeiterverbandes bereit, und am Freitag wurde dann auch verhandelt. Zu einer Einigung ist es allerdings noch nicht gekommen. Herr Boll- mann erklärte schließlich, daß er erst mit seinem Sohne Rück- prache nehmen müsse. Es bleibt also abzuwarten, was dabei herauskommt. Die Streikenden harren einmütig im Kampfe aus, und die Versammlung erklärte sich mit ihrem Vorgehen«inver- landen. Ein weiterer Punkt der Tagesordnung bezog sich auf ne finanzielle Stärkung des Verbandes, eine Frage, die den bevor tehenden Verbandstag der Lederarbeiter beschäftigen wird. Die Filiale wird dazu noch in einer späteren Versammlung Stellung nehmen. Ferner wurde über die diesjährige Maifeier beraten. In den Glacel-ederfabriken bietet die Durchführung der Arbeitsruhe keine Schwierigkeiten; es ist dort nur nötig, daß die Arbeitgeber im voraus in Kenntnis gesetzt werden, damit sie ihre Dispositionen danach treffen können. Mit den Vereinbarungen zwischen Gewer?- �chasten und Partei über die Beisteuer zum Maifonds erklärte sich die Versammlung ohne Widerspruch einverstanden. Der Zentralverband der Stukkateure nahm in einer am Montag abgelMenen Generalversammlung den Kassenbericht vom ersten Quartal entgegen und beschäftigte sich dann mit dem bevor- behenden Verbandstage. Der Vorsitzende W e n g e l s führte hierzu aus, der wichtigste Punkt der Tagesordnung sei die Frage der Ver- 'chmelzung mit dem Bauarbeiterverbande. die schon frühere Ver- ?andStage beschäftigte. Im Hinblick darauf, daß der Zusammen» chluß die Kraft der Organisation im Kampfe gegen die Unter. nehmer stärkt, könnten die Kollegen der Verschmelzung grundsätzlich zustimmen unter der Voraussetzung, daß im Bauarbeiterverbande Zie Eigenarten ihres Berufes gewahrt werden, besonders in der Hinsicht, daß in den Orten, wo nach Brauch und Herkommen Stukkateurarbeiten durch Maurer ausgeführt werden, dies nicht unter dem tarifmäßigen Lohn der Stukkateure geschieht. Eine andere dem Verbandstage vorliegende wichtige Frage sei die Ein» uhrung der Erwerbslosenunterstützung. Man werde damit rechnen müssen, daß der Verbandstag dieselbe beschließen werde. Ein Hindernis der Verschmelzung, wie von manchen Seiten angenommen werde, dürfte daraus wohl nicht entstehen. Die Versammlung stellte die Kandidaten zur Delegiertenwahl ur den Verbandstag auf. Bezüglich der Maifeier empfahl WengelS namens der Ortsverwaltung, daß die Stukkateure den 1. Mai durch Arbeitsruhe eiern und die deswegen Ausgesperrten die statutenmäßige Unter- tützung erhalten. Ohne Debatte stimmte die Versammlung diesem Vorschlage einstimmig zu. Eue aller Gleit Bin Opfer amenhamfeber'Juhiz. DaS Zuchthaus zu Pitts bürg gab dieser Tage einen 62 jährigen Mann mit gefurchtem Gesicht und eingesunkenen Augen, den ungarischen Arbeiter Andrew T o t h, frei, der vor fast ollen zwanzig Jahren mit zwei Kameraden daS Opfer eines scheußlichen Justizverbrechens wurde. Wegen Mordes an einem streitbrechenden.Vormann" wurden die drei Arbeiter im Jahre 1891 zum Tode verurteilt, um danach zu lebenslang- licher Zuchthausstrafebegnadigt" zu werden. Die beiden Schicksals- genossen TothS wurden, nachdem ihre Unschuld erwiesen, schon vor mehreren Jahren derFreiheit" wiedergegeben; Toth selber da- gegen dankt seine endliche Befreiung nur dem Totenbett- eständniS eines Mannes, der kürzlich in seiner ungarischen Heimat starb. Der Tragödie erster Teil spielte zu der Zeit, als die technische Entwickelung in der pennsylvanischen Eisen- und Stahlindustrie Scharen vongelernten" amerikanischen Arbeitern und Handwerkern überflüssig machte, deren Stellen, soweit erforderlich, mit den charakteristischerweise sogenanntenlrancks" odermaclünv hands" besetzt wurden, wie die massenhaft einwandernden oder eingeführten lawischen Proletarier sie lieferten. Bei den Vorgängen, die zu den Schandprozessen gegen Toth und seine beiden Landsleute führten. handelte es sich um einen Streik der Arbeiterschaft des Stahlwerks I derEdgar Thompson Company' zu Bradock bei Pittsburg . Di« slawischen Arbeiter revoltierten gegen ständige Lohnabzüge und gemeine Behandlung, und die Stellen der Streikenden wurden prompt von Leuten eingenommen, die meist früher durch die Slawen aus der Beschäftigung in dem Stahlwerk verdrängt worden waren. Es kam zu einer Reihe von Zusammenstößen, und bei einer solchen Gelegenheit wurde ein Vorarbeiter oder Meister der Firma, Michael Quinn, so böse mitgenommen, daß er nicht lange danach starb. Natürlich tobte nun sogleich ein Entrüstungs« stürm gegen die fremdländischen Arbeiter loS und Toth wurde mit zwei anderen Streikenden des Mordes angeklagt und auch richtig für überführt erklärt. Daß dieser Jurhspruch nur ein Ausfluß brutalsten Klassenhasses gegen die Arbeiter war, stand bei der Natur des zutage geförderten Beweismaterials von vorn« herein fest. Trotzdem wurde dieserWahrspruch' von dem Richter» tum, das dort die Macht hat und) auf kapitalistisches Geheiß auch immer bereit ist, Geschworenenverdikte beiseite zu schieben, flott akzeptiert, und sämtliche drei Angeklagte wurden zum Tode ver» urteilt. Eine Veröffentlichung desVorwärts", der Wochen» ausgabt derNew Forker Volkszeitung', lenkte zuerst die Aufmerk» samkeit der weiteren Oeffentlichkeit auf den geplanten dreifachen Justizmord, und bald wurde nun Geld für einen neuen Prozeß ge» sammelt, denn ohne Geld, und zwar recht viel bareS Geld, kann kein Mensch bei der amerikanischen Gechtigkeit auf Erfolge hoffen. In diesem Falle war jedoch der erwähnteGnadenakt" deS Gouverneurs von Pennsylvanien alles, was im Interesse der verurteilten drei Männer zu erreichen war. Daß sich ihnen die Tore deS Zuchthauses doch noch einmal öffneten, ist das Verdienst ihrer Kameraden und Landsleute da draußen sowie wieder der sozialistischen Presse. Vor mehreren Jahren gelang eS denn auch, zwei von ihnen dem Zuchthause zu entreißen. Nur für Andrew Toth schien es keine Rettung zu geben. ES glückte nicht, die eidliche Bekundung eine« amerikanischen Gendarmen Münter", der gesehen haben wollte, wie Toth den Vor- mann mit einer Schaufel bearbeitete, zu erschüttern, bis dann schließlich die erlösende Kunde von der Totenbett-Beichte aus Ungarn kam. Selbst dann ließ fich der unheilige Bureau» kratiSmuS noch mehrere Monate Zeit, ehe er mit Andrew Toth daS Opfer einer der schändlichsten Untaten der Klaffenjustiz fahren ließ. Von einer noch so kargen Entschädigung für die unschuldig erlittenen Qualen zweier Jahrzehnte ganz zu schweigen von der Schmach und namenlosen Marter deS Todesurteils, das seinerzeit über deS Schuldlosen Haupt schwebte ist gar nicht die Rede, handelt es sich dochnur" um einen dieserHunnen", um einen ausländischen Proletarier._ Halt Kollege! MS in der vorigen Rocht in Lyon zwei Geheimpolizisten mehrere ftandalierende Apachen verhasten wollten, eilten zwei um» formierte Schutzleute ihren ziviltragenden Kollegen zur Hilfe. Die Uniformierten glaubten anfangs, daß es fich um eine Verbrecher- bände handle und gaben, trotz der Zurufe der Geheimpolizisten. mehrere Schüsse ab. Einer der Geheimpolizisten wurde lebensgefährlich verletzt, während ein Apache nur leichtere Verletzungen davontrug. Die beiden uniformierten Schutzleute wurden in Haft genommen. Da find die Beamten des Herrn v. I a g o w besser instruiert. Die haben in unangenehmen Situationen einfach nur den Stock Knüppel darf man nicht sagen l hoch gehoben undHalt Kollege I' gerufen. Keiner von ihnen wurde totgeschlagen, sondern nur ei» armer alter Arbeiter._ Ein russischer General als Mädchenhändler. Ein Stück echt russischer Kulturgeschichte ist vor dem K i e w e r Gericht aufgerollt worden. Eine Gesellschaft von elf Personen der angesehensten Kreise, unter ihnen e i n General, ein Rechtsanwalt und ein Groß» grundbesitzer, hatte sich wegen Mädchenhandels zu ver- antworten. Schon seit vielen Jahren hatte die saubere Gesellschaft es verstanden. Mädchen aus den vornehmsten Kreisen an sich zu locken und sie an die Freuden- Häuser des Auslandes, auch überseeischer Länder zu verkaufen. Ein großer Teil derWare", unter der sich 14- und 15 jährige Kinder bekannter Familien be» fanden, ging nach Rumänien und Griechenland . Sturmschäden auf der Ostsee . Infolge Schneesturmes find in der vergangenen Nacht an der pommerschen Küste bei Leba zwei Segler gestrandet, der SeglerMiranda" aus Hamburg , der von Stade mit Holzladung nach Königsberg bestimmt war. und ein unbekannte» holländisches Segelschiff mit Zement beladen, ebenfalls noch Königsberg be- stimmt. Bon dem deutschen Segler ist der Kapitän er» trunken, drei Mann der Besatzung sind gerettet, von dem holländischen find sechs Mann der Besatzung gerettet. Ebenfalls auf der Höhe von Leba wurde heute morgen ein Schiff in sinken» dem Zu st and gesehen. Ferner ist in der vergangenen Rächt ein Dreimaster bei Hei steine st gestrandet. In Leba selbst ist ein großer Teil der Düne weggerissen und das Kurhau» schwer beschädigt._ Kleine Notizen. Schwerer Straßenbahnunfall. Ein folgenschwerer Zusammenstoß zweier Straßenbahnwagen ereignete sich im Rheinlande zioischen den Orten Winz und Linden. Ein den steilen Winzer Berg herunterkommender Wagen stieß mit voller Wucht auf einen unten am Fuße deS BergeS haltenden Wagen. Eine große An» zahl von Personen wurde verletzt, darunter viele schwer. Ein betrügerischer Spekulant. In Bremen wurde der Junior» chef der bekannten Baumwollftrma Gebr. Plate, Albert Plate, wegen mehrerer Betrugsfälle verhaftet. Gegen die Firma wurde Konkursversahren eröffnet. Der Umgang der ungedeckten Verpflichtungen läßt fich noch nicht über» sehen, da auch Bücherfälschungen vorliegen sollen. Auch eine Berkehrsstatistit. Wie au« einer dieser Tage der« öffenUichlen englischen Statistik hervorgeht, find im Jahre 1919 in England 665 Personen infolge von Wagenunfällen ge» tötet worden, gegen 645 im Vorjahr. Durch Wagen mit Motor» betrieb sind 673 tödliche Unfälle verursacht worden gegen 598 im Jahre 1999. Hiervon worden 97 Unfälle durch Autobuffe und 112 durch Straßenbahnwagen hervorgerufen. Einen tödlichen Ausgang nahmen 13622 Unfälle gegen.13 725 im Vorjahre. Bon der Pest auf Java. Nach amtlichen Mitteilungen sind auf Java von Anfang Februar bis zum 2. April 195 Erkrankungen an der Pest vorgekommen. Bon den Erkrankten sind 75 ge« starben und 13 geheilt. Am 2. April sind dreizehn Er» krankungen und sieben Todesfälle vorgekommen. Die Seuche ist auf die Bergdistrikte von Penangoengan und Karangl« beschränkt.___ Marktpreise von Berlin am 3. April lvll. nach Ermittelung de» Königlichen Polizeipräsidiums. Marlthallenpreise.(Kleinbandel.) 100 Kilogramm Erbsen, gelbe, zum Kochen 30.0050,00. Speisebobnen, weihe 30,00-50.00. Linsen 20.00-60.00. Kartosscln 5,00-9.00. l Kilo. gramm Rindfleisch, von der Keule 1,602,30. Rindfleisch, Bauchflessch 1,20 bis 1,70. Schweinefleisch 1,201.90. Kalbfleisch 1,502,40. Hammelfleisch 1,402,20. Butter 2,203,00. 60 Stück Eier 3,004,40. 1 Kilogramm Karpfen 1,20-2,40. Aale 1,60-3,00. Zander 1.403,60. Hecht« 1,30 bis 2.80. Barsche 0.80-2,00. Schleie 1,40-3,40. Bleie 0,80-1,60. 60 Stück Krebse 400-28,00._ Verantwortlicher Redakteur: Albert Wachs, Berlin . Für den Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck».Verlag-Vorwärts Buchdruckerei Verlagsanftalt Paul Singer u-Eo, VccltoSW»