6ewcH?rcbaftlicbc6. Berlin und Nmgegend. Die Regelung des Abschlagslohnes im Putzergewerbe. Eine Bewegung zur Neuregelung des Abschlagslohnes im Putzergewerbe wurde am Sonntag durch eine auherordentliche Mit- gliä)erversammlung der Sektion der Putzer des Bauarbeiterver- bandes eingeleitet. Die Versammlung füllte den großen Saal von Dräsel in der Neuen Friedrichstraße bis auf den letzten Stehplatz. Der Sektionsvorsitzende Neumann berichtete zunächst über das Ergebnis der am 21. März ausgeführten Bautenkontrolle, die ge- zeigt hat, daß es mit der Arbeitsgelegenheit im Putzergewerbe jetzt ebenso gut bestellt ist, wie um dieselbe Zeit im vorigen Fahre. Die Zahl der Bauten, wo an diesem Tage Putzarbeit verrichtet wurde, war 209, und die der beschäftigten Putzer war 2412. Mit Außen- putzarbeit waren auf 186 Bauten 1267 Putzer, mit Jnnenputzarbeit auf 154 Bauten 1265 beschäftigt. Auf den meisten der Bauten war noch für 2 bis 6 Wochen Arbeit. Ferner wurden 361 Bauten vor- gefunden, bei denen der Termin für den Beginn der Putzarbeit fest- gestellt werden konnte, und weitere 16 ebenfalls zum Putzen fertige Bauten, die jedoch teils wegen Subhastation, teils aus anderen Gründen stilllagen, so daß man nicht voraussagen konnte, wann mit der Arbeit begonnen werden kann. Von den beschäftigten Putzern hatten auf 18 Bauten 116 Außenputzer, sowie auf 15 Bauten 96 Jnnenputzer einen Abschlagslohn von 9 M. und 22 Putzer bei einem Unternehmer hatten 16 M. Abschlagslohn, während der all- gemein festgesetzte Abschlagslohn 8 M. beträgt. Die Putzer sind sich nun dahin einig geworden, zu fordern, daß der Abschlagslohn all- gemein auf 9 M. festgesetzt wird. Die Versammlung beschloß nun, am Dienstag, den 13. April, auf allen Baustellen, wo dies bisher noch nicht geschehen ist, die Forderung auf 9 M. Abschlagslohn zu stellen, und überall dort, wo diese Forderung nicht bewilligt wird, die Arbeit einzustellen. Gleidjzeitig soll auf allen Bauten, wo die Preisabschlüsse so niedrige sind, daß die 9 M. nach Aufmaß nicht verdient werden, eine Aenderung der Verträge vorgenommen werden.— In der regen Diskussion äußerten einzelne Redner die Meinung, daß es notwendiger sei, eine gründliche Regelung der Akkordpreise zu fordern, oder allgemein zu verlangen, daß die Träger aus dem Akkordvertrag ausgeschaltet und wieder direkt vom Unternehmer entlohnt werden. Die vorgeschlagene Resolution wurde jedoch schließlich mit allen gegen nur sieben Stimmen an- genommen. Der Zweigvereinsvorsitzende Hanke machte noch darauf aufmerksam, daß nun ohne Zweifel die Putzerträger ebenfalls 9 M. den Tag verlangen werden. Die Versammlung sah es als selbswerständlich an, daß den Trägern dieser Lohn dann auch zuteil werden muß; man erwartet jedoch von ihnen, daß sie sich mehr als bisher Mann für Mann der Organisation an- schließen, die ja für sie jetzt ebenfalls der Deutsche Bauarbeiter- verband ist. Uebrigens findet am Donnerstag eine öffentliche Putzerträgerversammlung statt, die zu der Forderung Stellung nehmen wird._ � abends 20 Pf. Zuschlag, bei Nachtarbeit 100 Proz., bei Sonnbags- arbeit 56 Proz. Zuschlag bezahlt werden. In gemischten Be- trieben soll die alte Arbeitszeit bestehen bleiben. Diese Vorschläge wurden nach einer ausgedehnten Diskussion und in geheimer Abstimmung mit 288 gegen 266 Stimmen ab- gelehnt. Als dann die Diskussion über die nun einzuschlagende Taktik einsetzte, wurde der Vorschlag laut, eine zweite Abstimmung in dieser wichtigen Frage des Tarifvertrages vorzunehmen. Der Vertreter der Klebersektion erklärte zur Geschäftsordnung, daß eine Generalversammlung Stellung zu der Frage nehmen müsse; er verlangte, daß den Klebern Gelegenheit gegeben werde, in dieser Frage mitzusprechen, denn die Wichtigkeit der erledigten Tages- ordnung hätten viele, die der Versammlung fernblieben, nicht er- kannt. Der Antrag, in den nächsten Tagen eine Generalversamm- lung zur Stellungnahme in der Frage des Tarifvertrages einzu- berufen, wurde mit großer Majorität angenommen. Streik der Handelsgärtnergehilfen. Die Mehrzahl der in den Handelsgärtnereien von Groß- Berlin beschäftigten Gehilfen haben am Sonnabend in den Be- trieben, die nicht bewilligten, die Arbeit niedergelegt. 8 Tage vor- her hatten 43 Gehilfen in der Firma A. Koschel, Lichtenberg , den Streik begonnen. Insgesamt stehen zurzeit 252 Gehilfen im Streik. Die Forderungen bewilligt haben bisher 39 Betriebe mit 136 Ge- Hilfen. Zuzug von Gärtnergehilfen fehlt vollständig. Der Ver- walter des Arbeitgeberstellennachweises hat gerade zu Beginn des Streiks Konkurs gemacht, so daß dort Gehilfen nicht mehr ver- mittelt werden. Die Gärtnereibesitzer suchen nun mehrfach Hilfe bei einem Arbeitsnachweis in der Jäger st raße. Den von dort gesandten Arbeitern zahlt man u. a. in der Firma G ü n- ther, Friedrichsfelde , Treskowallee anstandslos 24 M., also denselben Lohn, den man den gelernten Gärtncrgehil- fen nicht zahlen will. Die Gärtnerei Grille, Weißensee, versucht den Betrieb mit Schulkindern aufrecht zu erhalten. In anderen Betrieben tritt jetzt die ganze Familie vom Großvater bis zum jüngsten Abc-Schützen zur Arbeit an. Auch einige Blumen- geschäftsinhaber arbeiten als Streikbrecher. Alle diese Kräfte können natürlich die Betriebe nicht aufrecht erhalten, so daß bald weitere Bewilligungen kommen müssen. Zur Lohnbewegung der Bäcker nahm am Montag die Freie Vereinigung der Bäckermeister für Berlin und Umgegend Stellung. Der Standpunkt, den der Vor- sitzende und andere Redner zum Ausdruck brachten, ist in der Hauptsache der: Die Freie Vereinigung wünscht, daß über die Forderungen der Gesellen verhandelt wird, daß aber gewisse Härten der Forderungen abgeschwächt werden. Es soll ein Tärif geschaffen werden, der nicht nur für die Freie Vereinigung, sondern für alle Bäckermeister Berlins gilt, denn es kann von den Bäckermeistern in den Arbeitervierteln, die ohnehin schlechter gestellt sind als die Meister in wohlhabenden Stadtgegenden, nicht verlangt werden, daß sie den Gesellen mehr zahlen als die bessergestellten Meister. Aus diesen Gründen wünscht die Freie Vereinigung, daß sie und die Innungen gemeinsam mit der Organisation der Gesellen ver- handeln, damit eine Einigung zustande kommt, die alle Beteiligten ehrlich zu halten haben. Ein in diesem Sinne gehaltenes Schreiben der Freien Vereinigung an den Obermeister S ch m i d t ist gar nicht beantwortet worden. Daraus wird geschlossen, daß die Innungen nicht willens sind, die Verhandlungen mit der Freien Vereinigung gemeinsam zu führen. Sollten die Innungen mit den Gesellen überhaupt nicht verhandeln, so wird die Freie Vereinigung allein dies tun. Die Grundlage der Verhandlungen müsse der bis jetzt geltend« Tarif bilden. Die scharf betont— unter allen freie Vereinigung will— das wurde Imständen ein« ehrliche Vereinbarung mit den Gesellen zustande bringen.— Folgende Resolution wurde angenommen: Auf das Schreiben des Herrn Franz Schneider vom 4. April »nd die Resolution der Bäckergesellen von demselben Tage be- chließen die Mitglieder der Freien Vereinigungen von Berlin end Rixdorf: 1. Die Vereinigungen lehnen keinen Beamten ab. der dem Bäckergewerbe zur Schlichtung der Differenzen zwischen Meister und Gesellen von feiten des Berliner EinigungSamteS zur Ver- fügung gestellt wird. 2. Die Versammelten schlagen mindestens zwei Mitglieder aus der Berliner und ein Mitglied aus der Rixdorfer Freien Vereinigung zu den Verhandlungen vor. 3. Wird der Vorschlag seitens der Meister vom Zweckver- band und auch seitens der Gesellen nicht anerkannt, so über- nehmen die Vereinigungen keine Garantie für Uebereinkünfte, die ohne ihre Mitwirkung gemacht werden. 4. Die Versammlung verlangt von der Gesellenorganisation «ine Bestätigung über den Eingmig ihres Beschlusses. Die Tarifbewegung der Tapezierer. In einer Mitgliederversammlung des Verbandes der Tape- zierer, die am Sonntagvormittag in den„Konkordiasälen" stattfand, erstattete Z i tz e w i tz Bericht über die jüngsten VerHand- lungen mit den Unternehmern. Das Resultat dieser Verhandlungen wurde zuerst in einer Vertrauensmännersitzung vorgelegt, die vor Beginn der Mitgliederversammlung zusammentrat. In dieser Sitzung einigte man sich nicht auf erne bestimmte Empfehlung an die versammelte Gehilfenschast, sondern wollte es dieser überlassen, Stellung zu dem Tarifvertrag zu nehmen, wie er jetzt vorlag und von der Ortsverwaltung zur Annahme empfohlen wurde. Diese Haltung der Ortsverwaltung begegnete vielem heftigen Widerspruch in der Versammlung. Scharfe Angriffe gegen die eingeschlagene Taktik in dieser Tarifbewegung erfolgten von verschiedenen Seiten. Man wies die Zugeständnisse der Unternehmer als zu geringfügig zurück und verlangte, daß die alten Forderungen aufrechterhalten würden. Für die Annähme des Tarifvertrages erklärten sich einige anwesende Vertreter der Klebersektion. Für die Kleber würde der alte Tarif, der ihnen 75 Pf. Stundenloljn sichert, verlängert werden. wozu noch das Zugeständnis käme, daß jeder Klebermeister ver- pflichtet wäre, den Arbeitsnachweis zu benutzen. Der Versammlung lagen Abmachungen vor über einen vier- jährigen, wie auch über einen fünfjährigen Tarifvertrag, wie ihn die Unternehmer wünschten. Aus den Kommissionsberatun- gen gingen die folgenden Vorschläge hervor: Bei einer Tarifdauer von vier Jahren soll der Durchschnittslohn pro Stunde 73 Pf. in den ersten beiden Jahren, und 75 Pf. in den letzten beiden Jahren betragen, zuerst bei der Arbeitszeit von 56. und in der zweiten Hälfte der Tarifdauer bei 49 Stunden pro Woche. Bei einer Tarif- dauer von fünf Jahren soll der Stundenlohn 77 Pf. in dem letzten Jahre betragen. Für die Näherinnen soll der Durchschnittslohn zuerst 46 Pf., dann 42 Pf. und im fünften Jahre 44 Pf. betragen. Die Akkordlöhne würden nach dem Uebereinkommen im Laufe einer vierjährigen Tarifdauer um 11 Proz., im Laufe einer fünfjährigen um 13 Proz. steigen, beginnend mit der Steigerung von 5 Proz. Alle bestehenden Löhne würden eine entsprechende Erhöhung wie die angeführten Durchschnittslöhne, zuerst um 3 Pf., dann wieder um L Pf. und— bei einer Dauer des Tarifs von fünf Jahren— noch- malS um 2 Pf. erfahren. Für lleberstunden sollen bis 16 Uhr Bon der Spandauer Polizeiverwaltung erhalten wir folgende Zuschrift: Auf Grund des§ 11 des PrcßgesetzeS ersuche ich um Auf- nähme folgender tatsächlicher Berichtigung zum Artikel„Der Ab- wehrstreik der Hafenarbeiter bei der Firma Thomas" in Nr. 81 vom 5. April 1911. Es ist unrichtig, daß die Zustände in dem Massenquartier von Heyn, Tiestverder 7s, jeder Beschreibung spotten. Die unterge- brachten Personen erhalten nicht Holzpritschen mit Stroh, das zum Teil verfault ist, sondern Bettstellen mit Strohsack pp. und Decken. DaS Stroh wird ordnungsmäßig aufgefrischt. Die Bettbe- i,'üge werden zirka alle 5 Wochen gewechselt. Nicht 26 Mann, sondern jeder einzelne erhält ein Handtuch, das wöchentlich ge- wechselt wird. Die Fürsorge der Polizei fehlt nicht, denn das Massenquartier wird sehr häufig bei Tag und bei Nacht revidiert, wodurch auch den Insassen Gelegenheit gegeben wird, bei dem Beamten etwaige Beschwerden anzubringen. Die Polizeiverord- nung über das Schlafftellenwesen hängt aus. Es ist unzutreffend, daß steckbrieflich verfolgte Personen dort sich aufhalten. Name unleserlich. Wir müssen es unserem Berichterstatter überlassen, sich zu dieser Berichtigung zu äußern. Deutsches Reich . Der Streik bei der Sch.chau-Werft. Die Werstarbeiterbewegung im Jahre 1916 hatte die Nordsee - Werften umfaßt, und von der Ostsee die in Stettin und Rostock . Es sind dadurch die Lohn- und Arbeitsverhältnisse nicht nur nennenswert materiell verbessert worden, es ist auch ein« Rege- lung früherer, vollkommen anarchischer Arbeitszustände erreicht und die Anerkennung der Organisation durchgesetzt worden. Diese wich- tigen Grundlagen für die ferneren Verbesserungen der Arbeitsver- Hältnisse auf den deutschen Seeschifsswerften fehlen für Danzig und Elbing noch vollständig. Die Firma F. Schichau hat als Privatbetrieb zwei Wersten , eine in Elbing und eine in Danzig . Die Danziger Zweigniederlassung ist errichtät Wörden, weil der für den Stapellauf notwendige Tiefgang in Elbing nicht gegeben werden kann. Daher ist der Betrieb derart geteilt, daß in Elbing Torpedoboote(gleich dutzendweise für alle Nationen) hergestellt werden, sowie Kessel, Schiffsmaschinen und Lokomobilen, während in Danzig der Schiffsrumpfbau für größere und größte Handels- und Kriegsfahrzeuge bis zum schwersten Panzerschiff gebaut werden. Die Danziger Arbeiter haben nun gleich nach Abschluß der großen Werftarbeiterbewcguna den Weg zur Organisation gefun- den, und sie haben sich um Regelung der Arbeitsverhältnisse mit mehr als bescheidenen Forderungen an die Betriebsleitung ge- wandt. Diese Forderungen sind im wesentlichen das, was die an- deren Wersten bereits bewilligt haben: 9% Stunden Arbeitszeit, früherer Feierabend an den Tagen vor den großen Festen. Besser- bezahlung der Ueberstrmden. Mindest- und Einstellungslöhne, Rege- lung der Akkordarbeit und einige Nebenforderungen. Ganz besonders die Mindestlöhne sind es. die wegen ihrer nie- drigen Sätze Verwunderung erregen dürften. Für 6 Branchen ungelernter Arbeiter werden 36 Pf. Stundenlohn, für 7 Branchen angelernter Arbeiter 33 Pf., für 9 Branchen gelernter Arbeiter 35 Pf. und für zwei qualifizierte Arbeiter 38 Pf., für Kupfer- schmiede 44 Pf. verlangt. Und um diese Löhne muß gestreikt werden. Da» aber bei dem Multi-Millionär Kommerzienrat Ziese und im Jahre 1911! Die Arbeiter der kaiserlichen Werft in Danzig haben längst den Neunstundentag, sie haben um 26—56 Proz. höhere Löhne und sind trotzdem bei den heutigen Lebensverhältnissen, das beweisen die Reichstagsverhandlungen, noch lange nicht auf Rosen gebettet. Der Streik ist als ein Akt der Verzweiflung der beteiligten Arbeiter anzusehen. Und wie verhält sich die Firma? Als am Mittwoch eine Ver- sammlung von mehr als 1666 Personen beschloß, die Forderungen durch den Arbeiterausschuß an die Firma einzureichen und um Verhandlungen zu ersuchen, da holte der Betriebsleiter Herr C a r l s s o h n, Schwiegersohn des Herrn Ziese, sich 7 Mann zu- sammen,� die nicht in der Versammlung waren, und fragte, yb sie den Ausschuß beauftragt hätten. Das mußte von den sieben Mann verneint werden, worauf Herr Carlssohn erklärte, da eS eine Unwahrheit sei, daß der Arbeiterausschuß beauftragt sei, die For- derungen einzureichen, gebe er diese zurück. Die Organisationsvertreter hatten sich ebenfall» in einem Höf- lichen Schreiben an die Firma gewandt, haben aber bis heute noch keine Antwort erhalten. Die Folge war eine zweite, noch besser besuchte Versammlung, die den Streik beschlossen hat. Rur die im Rumpfschiffbau direkt beschäftigten Arbeiter sollten abstimmen. Diese haben mit 661 gegen 3 Stimmen den Streik beschlossen. Bezeichnend für die Situation ist die Teilnahme aller vier Organiiationsrichtungen am Streik, freie Gewerkschaften. Hirsch- Dunckersche. polnische und christliche. Danzig , 16. April. (Privattelegramm deS„Vorwärts'.) Die Arbeitseinstellung im Schiffsrumpfbau bei Schichau-Danzig ist vollständig. Zur Kontrolle meldeten sich frühmorgens 773 organi- sierte Streikende. Die Lohnbewtgung der Damenschneider in Düsseldorf hat mit einem vollen Erfolge der Arbeiter geendet. Die Forderungen: 9Z4stündige Arbeitszeit — bisher 16 Stunden— und 75 Pfennig Stundenlohn für selbständige Damenschneider wurden von den Firmen anerkannt. Die Arbeit wurde wieder aufgenommen. Der Streik der Maler und Anstreicher in Koblenz hat im Laufe der letzten Woche noch eine weitere Ausdehnung erfahren, so daß die Arbeit jetzt fast allgemein ruhk. Die Unternehmer haben bereits mehrere Versammlungen abgehalten, ohne daß irgendein Entschluß in die Oeffentlichkeit gelangt wäre.— Die Streikenden, von denen bereits eine Anzahl abgereist ist, sind fest entschlossen, den Kampf mit aller Energie weiterzuführen. Bleibt der Zuzug wie bisher aus, so werden die Unternehmer unter Führung der einzigen Großfirma am Orte mit zirka 96 Gehilfen sich schon noch zu der Ansicht aufschwingen müssen, daß man die Arbeiter auf die Dauer nicht vermissen und zur Beilegung des Streiks doch mit ihnen verhandeln muß. Ter Herrenstandpunkt ist bereits jetzt schon den meisten Geschäften recht teuer zu stehen gekommen. Beendete Lohnbewegung der Hamburger Strafteubahner. Wie vor einiger Zeit schon mitgeteilt, sind in den letzten Wochen die Hamburger Straßenbahner in großen Massen der Organisation beigecreten, nachdem die arbeiterloalitionSfeindliche Direktion eine Anzahl Verbandsmitglieder auf das Slraßenpflaster geworfen hatte. Als in einer einzigen Nachtversammlung über 666 Straßenbahner dem Transportarbeiterverbande beitraten, versuchte die Direktion es mit dem Zuckerbrot, indem sie den Schaffnern, Motorführern und anderen Kategorien eine Zulage von ganzen fünf Mark gewährte und einige Diensthärten beseitigte. Stolz verkündeten die Sach- walter der Aktionäre, daß diese.Verbesserung' der wirtschaftlichen Lage der Angestellten schon beschlossene Sache gewesen wäre und nicht auf die Straßenbabnerbewegung zurückzuführen sei. Ein starker Bruchteil der Straßenbahner verlangte weitere Zugeständnisse, Frei- gäbe des Koalitionsrechtes usw. Um nun die wirkliche Stimmung der Straßenbahner kennen zu lernen, hatte die Berbandsleitung in der Nacht zum Sonnabend abermals eine Versammlung einberufen, die von 1266 Personen besucht war, während 4666 Angestellte in Betracht kommen. Unter diesen Umständen legte die Verbands» leitung eine Resolution vor, welche ausdrückt, daß jetzt nicht der ge« eignete Zeitpunkt sei, den entscheidenden Kampf um die aufgestellten Forderungen aufzunehmen. Räch erregter Debatte wurde die Re- Solution mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Verwaltung ,r« klärte hierauf, daß unter diesen Umständen weitere Schritte in dies« Versammlung nicht getan werden könnten. Achtung, Schuhmacher! Bei der Firma H. Dinkelacker, Schuhfabrik in Sindelfingen (Württemberg ) ist ein Streik ausgebrochen. Die Firma verlangte, daß die Arbeiter für die Schuh- machermeister in Stuttgart , wo sich die Arbeiter feit acht Tagen im Ausstand befinden, Streikarbeit anfertigen sollen. Als die Arbeiter das verweigerten, wurde ein Arbeiter sofort entlassen, worauf die anderen die Arbeit sofort niederlegten. Es kommen 36 Personen in Betracht.— Zuzug ist streng fernzuhalten. Versammlungen. Schiffer-Bersammlung. Die politische Aufklärung greift auch unter den Schiffern immer weiter aus. Wie auf allen anderen Erwerbsgebieten, haben auch in der Binnenschiffahrt wirtschaftliche Einflüsse ganz gewal- tige Umwälzungen hervorgerufen. Das Großkapital hat die Herr- schaft an sich gerissen, der Kleinschiffer ringt schwer um seine Existenz und Polizei und Gesetzgebung tragen noch das ihrige dazu bei, das Erwachen der Schiffer zu beschleunigen, sie für die sozia- listischen Ideen empfänglich zu machen. Daran können selbst die „schwimmenden Kirchen" nichts mehr ändern— der Schiffer sieht ein, daß ihm damit nicht geholfen ist, sondern nur eine wirksame politische Betätigung ihm sein Los erträglicher machen kann. Wie sehr dies zutrifft, zeigte wieder eine öffentliche Schiffer« Versammlung, die am Sonntag in„Kellers Konzerthaus' stattfand. Man hätte erwarten können, daß bei dem wundervollen Frühlingstag der Besuch ein sehr schwacher sein würde. Weit ge- fehlt. Schon lange, ehe die Versammlung begann, mußten Tische und Stühle entfernt werden und auch dann saßen und standen die Schiffer beängstigend eingekeUt. Landtagsabgeordneter K. Liebknecht hatte dann ein über» aus aufmerksames, dankbares Publikum, als er eingehend und miß gründlicher Sachkenntnis über das Thema:„Schiffahrtsabgaben— Vorschleuserecht— Strafmandate und Polizeischikane" referierte. Mit scharfen Worten kennzeichnete er die wüste und verlogene Kampfesweise der reaktionären Sippe, und die lebhafte Zustim« mung, die aus der Mitte der Versammlung laut wurde, ließ er» kennen, daß Genosse Liebknecht den Schiffern aus dem Herzen sprach. Mit der flammenden Aufforderung, sich der Sozialdemo- kratie anzuschließen, um einer wirklich freiheitlichen Entwickelung den Weg zu bahnen, schloß Genosse Liebknecht seine Rede unter dem stürmischen Beifall der Versammlung. In der Diskussion ergänzte Genosse Schwedler noch da» Referat. Nachdem noch einige Schiffer gesprochen hatten, nah« Otto Wels das Wort zu einer zündenden Ansprache, die bei den Schiffern begeisterten Anklang fand. Schiffer Ä r u n e r t brachte folgenden Antrag ein. der auch einstimmig angenommen wurde: 1. Die Versammelten zu befragen, ob sie eventuell gesonnen wären, einer Berufsvereinigung beizutreten, welche im Smne des Referenten wirken soll, um allen angeführten jetzigen und ferneren Schikanen energisch entgegenzutreten; 2. wenn ja: eine Kommission zu wählen, welch« in ven nächsten Tagen zusammentritt, um diese Berufsvereinigung zu gründen. Nachdem diese Kommission gewählt war. schloß der Vorfitzend« die Versammlung mit einem Hoch auf die Sozialdemokrat»«. Hetzt« fiacbricbtcn. Eine türkische Trnppenabteilung vernichtet. London , 16. April. (W. T. B.) Wie das Reutersche Bureau auS Perim meldet, berichten Eingeborene, die aus dem Innern dort angekommen sind, daß eine türkische Truppenabteilung von 1866 Mann durch eine Kriegslist ihrer Geqner vernichtet worden sei. Sladeri soll vor zwölf Togen genommen worden sew. Von den dort liegenden drei türkischen Regimentern sollen nur fünfzehn Mann entkommen sein. Nur El Taig und Sana würden noch von den Türken gehalten._ Deutsche Freiballons in Frankreich . Toul , 16. April. (W. T. B.) Zwei deutsche Freiballons „Essen " und„Prinzessin Viktoria' sind gestern abend in der Nähe von Toul gelandet. Die Ballons werden nach Saarbrücken verladen, die sieben Insassen der Ballon» kehrten heute vormittag nach Deutschland zurück.— Auch in der Nähe von Nancy ,st ein mit drei Insassen bemannter deutscher Ballon niedergegangen, dessen Passagiere heute früh wieder abgereist sind. Großer Brand in München München , 16. April. (B. H. ) DaS Großfcuer im bayrischen Hof ist das größte Brandunglück das seit langer Zeit in München zu verzeichnen war. Auf den Großfeueralarm hin eilte aus allen Teilen der Stadt die Feuerwehr herbei, ebenfalls die Sanitäts- kolonne, Polizei und eine halbe Kompagnie d«S Jnfanterie-Leib- regimentS. Der große Promenadenplatz war im Augenblick von einer ungeheuren Menschenmenge dicht besetzt. Die Feuerwehr arbeitete sofort mit 12 Schlauchleitungen an der Bekämpfung der hoch cmporschlagcnden Flammen. Nach zweistündiger Tätigkeit gelang es. das Feuer zu bewältigen. Der Brandschaden dürfte nach vorläufiger Schätzung 466 666 M. übersteigen. Die Ursache des Brandes� ist bis zur Stunde unbekannt. Bei den Löscharbcitcn wurde ein Feuerwehrmann verletzt. verantw. Redakteur: Albert Wach», Berlin . Jn/eratenteilv««mtw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u. Vc r!ag: Vorwärts Luchör. u«erlagSanftalt Paul Singer t Co.. Berlin SW. Hierzu 3 Beilage» n. UuterhaltungSdl.
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