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Gemeinsamkeit bA- Aktion führte». ES lag nach allem nicht ferne, baß auch der fiampf gegen die Schulvorlage eine solche Ge meinsamkeit irgendwie zutage fördern würde. In der Tat haben die liberale und sozialistische Fraktion geineinsame Beraluugen ge- pflogen nnd insbesondere Vandervelde hat die Taktik eines gemeinsamen Abwehrkampfes gegen das Schulprojckt mit großer Wärme verleidigt und durch eine in diesem Sinne gehaltene programmatische Nede in einem von den Liberalen veranstalteten Meeting sozusagen durch die Tat demonstriert. Die Tagesordnung, die Bandervelde als Berichterstatter über den PunktWahlkampf und Schutvorlage' dem Kongreß vorlegte, empfiehlt denn auch die Taktik eines ge« ineinsamen Vorgehens und ZusammenmarschierenS mit den Liberalen zum Zwecke einer wirksamen und siegreichen Abwehr des klerikalen Anschlages. Wenn aber der Parteitag einig in dem Einen war: daß um jeden Preis die Gcsetzwerdung des Schulprojekts verhindert werden »nilß, so fehlte es andrerseits doch nicht an Stimmen, die der An- ficht Ausdruck gaben, daß in einer solchen gemeinsamen Aktion mit einer bürgerlichen Partei Gefahren für die Autonomie der Partei liegen, die zur Trübung der Reinheit ihrer Kampssormen führen können. D e Broucköre und Mehsmans verwiesen dabei auf die vom letzten Kongreß angenommene Tagesordnung, die verlangt, daß die Arbeiterpartei bei allen ihren Kämpfen ihren Klassen- kampfcharakter zum Ausdruck zu bringen hat, gleichwie alles, was sie von dem Ziel und der Tätigkeit aller bürgerlichen Parteien scheidet und unterscheidet. Setzt aber eine Kampsgen�üienschast mit dem auS einem prinzipiellen Gegner zum politischen �BundeSgenosien gewordenen bürgerlichen Feind nicht voraus, daV; man zumindest während der Dauer dieses Bündnisses die angriffe und Feindseligkeiten ruhen läßt? Dies wareu die Bedenken, die de Broucköre und feine Freunde dem Kongreß zu erwägen gaben und die sie veranlaßten, für die Tagesordnung VanderveldeS Ab­änderungen beziehungsweise Amendicrungen vorzuschlagen. Nach der anderen Richtung hat die Diskussion über diesen Gegenstand auch gezeigt, daß nicht alle? den OplimismuS VanderveldeS in bczug auf die Schlagkraft und Zuverlässigkeit der Liberalen teilt und manche Genossen von einem auf die eigenen Kräfte der Arbeiterschaft gestellten Kampf gegen das Schulprojekt einen nicht minder sicheren Gewinn erwarten, der den Vorteil hätte, noch durch moralische Werte erhöht zu sein. UebrigenS soll von dieser Diskussion. deren Niveau ebenso erfreulich war wie der gemütlich-kameradschaft« liche Ton der Redner beider Tendenzen, noch in anderem Zu- fammenhang gesprochen werden. Der Kongxeß fand an den Osterfeiertagen im Brüsseler.Maison du Peuple' statt. Vertreten waren 412 Gruppen durch 561 Delegierte. Auf Borschlag VanderveldeS wird einer der Senioren der Partei, LoniS Bertrand zum Vorsitzenden gewählt. Auf der Tribüne sitzen der Parteivorstand und die Vertreter der regionalen Föde rationen. In seiner Eröffnungsrede erinnert Bertrand an den ersten Kongreß der belgischen Partei vor eben 26 Jahren. Hundert Delegierte waren damals da. die kaum 4 Dutzend schwache Gruppen vertraten. Heute zählt die Partei 1106 Vereinigungen, die eine Zahl von 200606 Mitgliedern repräsentieren. Als Blarter besaß die Partei bloß den vlännschenVooruit*. der fünfmal wöchentlich erschien, und noch zwei Wochenblätter. Heute verfügt die Partei über acht Tageblätter und 66 Blätter, die 14tägig, wöchentlich oder monatlich erscheinen. Im gleichen Maß sei der politische Einfluß der Partei gewachsen und die Arbeiterschaft hat ihre Vertretung in der Kammer, im Senat, in den Gemeinde- und Provinzvertretungen, und aller Fortschritt aus politischem und sozialem Gebiet ist ihr Werk. Die Arbeiterschaft hat im Kampfe gegen die bürgerlichen Parteien den Gedanken der gesetzlichen Siegelung der Arbeit und eine Anzahl. freilich unvollkommener Arbeiterschutzgesede durchgesetzt. Und die Sozialdemokratie selbst bietet dem aufstrebenden Arbeiter immer mehr geistige und moralische Mittel, sich zu entwickeln und der Gesamtheit zu dienen. Er schließt mit der Hoffnung, daß der Kampf der Arbeiterschaft gegen das P l u r a I w a h l r e ch t und das S ch u l- g e f e tz zum Sieg führen möge. Der Kongreß tritt in die Tagesordnung ein: Diskussion über die D e r i ch t e. Der parlamentarische Bericht bringt zunächst Beschwerden über das Fehlen der sozialistischen   Deputierten bei wichtigen Ab- stimmungen in der Kammer, wie z. B. letzthin bei einer Abstimmung über einen Artikel deS Gesetze« für die Lergarbeiterpensiouen. Ein Genosse regte da eine Mißbilligung gegen die liberalen Abgeordneten an, von denen gleich 22, die Hälfte der Partei, fehlten. Diese Taten der Liberalen ständen nicht im Einklang mit den Worten einer Partei, die mit der Arbeiterschaft in den Kampf gegen die Regierung eintreten will.... Der Präsident vermerkte, daß eS den» Kongreß nicht zustehe, an die Deputierten einer anderen Partei ein Tadels- Votum zu richten. Beachtenswerte Ausführungen macht ein Lüttichcr Delegierter. Leblanc, über die unersprießliche Form der parlamentarischen Arbeit. Er wünscht, daß von seiten der Sozialisten mit etwas Methode voraegangen werde und die Redner nach Vereinbarung das Wort ergreifen. Der Berichterstatter, Deputierter W auterS, be» klagt gleich ihm das Uebel, dem nur zu steuern sei. wenn das Prinzip oer Arbeitsteilung und Disziplin in der Arbeit der Fraktion sich durchsetzen. ES müssen aber auch die Wählermassen dahin erzogen werden. die Tüchtigkeit ihreS Vertreters nicht nach der Länge und der Häufigkeit der Reden abzumessen, dann werden Reden, die nur Wiederholungen sein können, verschwinden und nützlicherer interner Arbeit weichen. B a e k stellt die Frage derPairage", gegen die sich die sozialistische Meinung schon öfters erhoben hat, zur Diskussion. Im belgischen Parlament ist es Sitte, daß Abgeordnete, die verhindert sind, an einem Votum teilzunehmen, mit einem Mitglied der gegnerischen Partei eine Vereinbarung treffen, damit dieses sich der Stimme enthalte. Diese Vereinbarungen, die für ge« gebene Fälle von Vorteil sein können, haben sich aber zu einem un« erhörten Mißbrauch entwickelt, zumal diePairage' �aus den nichtig- sten Gründen geübt wird. Back verlangt ein diesbezügliches Verbot des Parteitags. Vandervelde hält dafür, daß man nicht zu einem direkten Verbot schreiten soll, weil auch die Sozialisten dadurch zu Schaden kommen könnten. ES möge dem Kongreß ein Protest gegen die mißbräuchliche Anwendung genügen. Andere Redner, insbesondere Deputierter D elporte, lehnen die Patrage' auch auö prinzipiellen Gründen ab. Die Auf- forderuiig zur.Pairage' sei eine Gefälligkeit, und wenn man von einem Gegner diesen Dienst verlangt, sei man zur Reziprozität verpflichtet ein Einwand, dessen Berechtigung Vandervelde  allerdings bestreitet. Der Antrag B a« k auf Verbot der.Pairage' wird mit großer Majorität angenommen, desgleichen der Vorschlag Leblancs. der auf eine wirksame Orgainfation der parlamen- tarischen Arbeit zielt._- Hus Induftrie und FtandeL Ein feudaler Reinfall. Die uradeligen Namen der Fürsten Fürflenberg. Hohenlohe  . Senckel v. DonnerSniarck und anderer bedeuten für den modernen roßkapitaliSmuS ein Programm. Die Mehrzahl der agrarischen Granden hat in Deutschland   schon längst mit der wirtschaftlichen Entwickelung seinen Frieden gemacht und einen großen Teil ihreS Vermögens m der Industrie angelegt. Da» Passage- Kaufhaus in der nördlichen Friedrichstraße ist ein Stück verwirklichte Finanz» Politik der Fürsten Fürstenberg und Hohenlohe  . Da haben sie aller- dingS weniger Freude gehabt als an anderen Transaktionen. ES sind jetzt rund zwei Jahre her, daß der mächtige WarenhouSbau als Sammel- Hans für Dewilgeschäste, eröffnet wurde. Der offizielle Gründer deS im MufeumSstil und deswegen außerordentlich teuer gebauten Hause« war die Terrain- und Baugesellschaft, in der die Interessen der fürstlichen Herren stark vertreten ivaren. DaS Bank- hauS Ncubnrger. damals noch mit fürstlichem Vertraue!, beehrt heute ist'S bankrott betrieb die finanziellen Vorgeschäfte. Die bekannte Firma Marvewitz gab den Grund und Boden her. Sie «rhielt rund vier Millionen Marl   dafür.~~ Die Baufinna Boswau u. Kiictuer übewahm den Bauauftrag. Die Hauptanteileigner dieses Bau Unternehmens waren die Deutsche Bank, resp. ihre bergisch-märkische Tochtergesellschaft und die Darmstädter Bank. Die mit übernommene Verpflichtung der Bau- Terraingesellschaft, 7'/, Millionen Mark Bau gelber heranzuschoffen, zumal in der damals'sehr gespannten Geld' läge, war das Sprungbrett, auf dem die Deutsche Bank in ihr die Macht gewann, eine Verschmelzung mit der Baufirnia Voswau u. Änailer durchzuführen. Fürstenberg wurde samt seinem Aktien« besitz an Bau- und Terrainaktien dem Bankier Neuburger untreu, die Deutsche Bank übernahm die Führung. Nach inancherlei Laborieren starb das D-elailgeschäfiskaufhaus endgültig. Das Aushängeschild, das für den Bau bei? Hauses notwendig ivar. lourde ja auch nicht mehr gebraucht. Zur reckten Zeit zankten sich die Brüder Wertheim  . Damir war ein neuer Name gefunden, der die im Warenhause steckenden Werte er- halten konnte. Es ist seitdem aber anders geworden. Die Gewinne der W. Wertheim G. m. b. H. blieben aus und die Terrain- und Baugesellschaft, mit anderen Worten die Palästinabank der Fürsten  - interessenten muß fortgesetzt Geld zuschießen. Die Deutsche Bank hat sich als klage Geldgcvenn für die von ihr übernommenen Schuld« venckireibungen der Ternain- und Baugesellschaft von den Fürsten selbstschuldnerische Bürgschaften geben lasten. Wertheim   ist schon seit dem Juni vorigen Jahres nicht mehr der wirkliche Inhaber des nach ihm benannten Kaufhauses, dafür hat es aber allein 1916 5,6 Mill. Mark Kredit gebraucht und damit momentan einen Gesamtkredit allein bei den fürstlichen Freunden von rund 14 Millionen erreicht. Die auf dem Grundstücke lasiende« Hypotheken übersteigen schon be- trächtlich den Werl des Grund und Bodens und des ganzen Bau- Werks, sogar dann noch, wenn man die Feuerkasieneinschätzung zu Grunde legt. Das schadet ober alles nichts. Die Geschäfte der Warenhausfirma Wolf Wertheim gehen fröhlich weiter. Ueberall ist man fleißig am bauen. Es wird solange gehen, als die Fürsten  Kredit geben, und wenn e» nicht mehr gehl, nun dann haben wir einen Bankrott und dazu noch einen gründlichen Krach mehr. JiUQ der Frauenbewegung. DaS Fra»e«wahlrecht i« französischer Beleuchtung. Ueber die politische Gleichberechtigung von Mann und Frau ver- öffentlicht Fernand M a z a d e in den»Document  « du ProgröZ' eine Enquete und fügt hinzu: Wer produziert, muß auch die Bedingungen seiner Produktton diskutieren dürfen, und es ist unbillig und unlogisch, den sieben Millionen Frauen, die durch ihre Arbeit jährlich für mehr als drei Milliarden zum Nationalreichtum beitrogen, das Recht zu weigern, diejenigen zu wählen, die in der Gesetzgebung die Bedingungen dieser Arbeit regeln. Die Frauen, die Steuern bezahlen, müssen das Budget kontrollieren dürfen.' Marcel P r ö v o st schreibt: .In keinem Lande der Welt ist die Majorität der Frauen feministisch gefinnt, einhunderlundzwanzig Jahre nach der ftan  - zöfischen Revolution. AIS Verächterinnen deS politischen RechtS begeben die Frauen denselben Irrtum wie die Wähler, die fich ihres Wahlrechts ent- halten, die aus Abscheu vor den Kleinigkeiten der herrschenden Politik darauf verzichten, zu wählen. Dos heißt ins Wasser springen, um dem Regen zu entgehen. denn jede Stimmenthaltung aus Verachtung vermehrt die Kraft der Verachteten.' Maurice Barr.« sagt: »Wenn die Frauen daZ Stimmrecht haben, werden fie eS ebenso gut verdient haben wie drei Viertel der Männer.' Er steht kein ernstliches Hindernis für das allgemeine Wahlrecht der Frauen. Alfred Fouillön denkt, daß die Frauen zu poli» tischer Kompetenz gelangen werden. DeSchanel und Clarelie sprechen fich kategorischer für da» Frauenstimmrecht auS. Paul Biollet äußert als Historiker, daß da« Frauenstimmrecht kein» Neuerung ist. ES führt uns einfach auf alte Gebräuche zurück. In den ersten Jahrhunderten deS Mittelalters sprachen Frauen Recht, andere regierten. Frauen waren Bürgermeister. SchiedS- richter und nahmen teil an politischen Versammlungen. Im Jahre 1315 tagte Mahaut, Gräfin von A r t o i s mit den Pairs. 1373 wohnten zwei Pairessen den Parlamentssitzungen bei. 1456 war Mlle. D o r v a l Mitglied der provinzialen Staaten von Limousin. 1363 vereinigten sich die Frauen aus dem Bolle von FerrierS mit den Männern, um die Deputierten für die General- staaten von Tours zu ernennen. Im Jahre 1566 und 1576 nahmen sie teil an verschiedenen Versammlungen für die Wahl der General- staaten. 1612 zur Abfassung der Gemeindecharte usw. Laut Dekret vom 25. Oktober 1793 schlössen sich die Witwen, die Familienmütter waren, den Familienvorständen und Vormündern an, um die Ernennung des Gemeindelehrers zu bewerkstelligen. Ein Dekret vom 16. Juni 1793 bewilligte den Frauen dasselbe Recht wie den Männern in bezug auf Abstimmung der Frage der Ver- teilung von Gemeindegütern. Paul Biollet kommt zu dem Schluß: Wenn die Natur der Frau sich seit hundert und etlichen Jahren nicht sehr schlimm verändert hat, wenn ihre Intelligenz nicht geringer wurde, so ist es nur natürlich, ihr die Rechte zu- zuerkennen, die Papst Jnnocenz IV. ihr im 13. Jahrhundert zu- gestanden und die sie im Jahre 1793 noch nicht völlig eingebüßt hatte. Jedoch hoffe ich. daß man die Grenze politischer Reife nicht auf das 14. Lebensjahr verlegt, wie Jnnocenz IV. es tat.' Ch. Dumas, der sozialistische Abgeordnete, gibt seine Meinung in folgender Erklärung ab: Wenn man will, daß die Frau aufhöre die ewige Sklavin der Unwissenheit zu sein, so muß mau sie teilnehmen lassen an dem tieferen Leben der Nation und der Städte'... Im Anfang des dreizehnleu Jahrhunderts stand das politische Recht der Frau höher als bei uns im zwanzigsten Jahrhundert l Während damals der Papst Jnnocenz IV. die Teilnahme der Frauen an der Polittk anerkannt hat, nimmt der deutsche Kaiser be- kanntlich eine gegenteilige Stellung ein und stützt dadurch die Reaktton in ihrem Bestreben der polittschen Entrechtung der Frau. Die Frauen haben am 19. März gezeigt, wie sie über die kulturwidrigen Bestrebungen denken. Aber der Protest der Frauen, der fich bei der nächsten ReichstagSwahl bemerkbar machen wird, soll unserer blau-schwarzen Reaktion noch ganz anders in die Ohren klingen. Leseabende. Bohnsdorf  . Heute abend gl/, Uhr inVilla Kahl': Vortrag der Genossin Fried län der- Berlin über:.Warum müssen sich die Frauen politisch organisieren'. Steglitz  . Freitag, den 21. April, abends 8'/, Uhr. bei Heizmann, Flora«, Ecke Düntherstraße: Vortrag der Genossin S. W i s s e l l über:Die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Organisation'. Vereinsangelegenheiten. Eerirkw- Teilung. Der Kampf gegen Bilder. Auch in der Osterwoche ist die Liste derjenigen Händler, gegen die wegen Verbreitens unzüchtiger Bilder und Scherzartikel ge- richtsjeitig Anklage erhoben wurde, nicht unwesentlich vermehrt worden. U.<i. ist gegen den.Hauptvertreiber der sogenannten Pariser Solou-Poftkarte" im objektiven Verjähren vorgegangen worden. TaS Gericht erkannte auf Einziehung der rn großer Menge beschlagnahmten Postkarten, die als Reproduktionen von Bilderii des Pariser Salon  »«ine weite Verbreitung fanden. In derselben Sitzung dir Strafkammer wurde die Einziehung von 5666 Postkarten der sogenanntenPfarrcr-Serie" verfügt. In diesem Falle wurde der Verbreiter zu 166 M. Geldstrafe ver- urteilt. Ferner nahm das Gericht Veranlassung, über 34 Por- zellanfiguren, Scherzfiguren, Aschbecher u. dergl. die Einziehung zu verhänge». Die beiden Kaufleute, die diese Artikel feilhielten, wurden zu je 36 M. Geldstrafe verurteilt. Endlich wurden in Düsseldorf   auf Grund eines rechtskräftigen Urteils einer Berliner  Strafkammer 5566 Exemplare der PostkarteKeine Fleischnot" beschlagnahmt._____ Ein gewerbsmässiger Geldschrankknacker, der sich durch einen mit großer Kaltblütigkeit verübten Trick i la Hennig der Festnahme auf frischer Tat entzogen hatte, wurde gestern von der 7. Strafkammer des Landgerichts 1 auf längere Zeit unschädlich gemacht. Wegen versuchten schweren Diebstahls im strafschärfenden Rückfalle mußte sich derReisende' Hermann Scharnowsky verantworten. Der Angeklagte ist der Berliner  Kriminalpolizei seit dielen Jahren als gewerbsmäßiger Geld- schrankeinbrecher bekannt. Vor mehreren Jahren wurde er nach Verübung eines großen Einbruchs plötzlich geisteskrank und er- reichte damit auch, daß er auf Grund des§ 51 freigesprochen wurde. Er wurde damals als gemeingefährlicher Geisteskranker der Irrenanstalt Herzberge überwiesen, wo er fünf Jahre lang interniert wurde. Da ihn�wohl allmählich die Ueberzeugung gc- kommen war, daß er seine Situation nur verschlechtert hatte, wurde er plötzlich wieder gesund. Borher hatte er schon einmal einen Ausbruchsversuch aus einer anderen Irrenanstalt unternommen. Am 6. Februar d. I.. einem Sonntage, gegen 7 Uhr abends. bemerkte die in einem Hause der Leipziger Straße als Haus. bälterin beschäftigte Frau Amlang einen Mann, der sich an der Tür der Bureauräume des Justizrats Lippmann-Wulff in ver- dächtiger Weise zu schaffen machte. Sie hatte die GeisteSgegen- wart, eine VerbindungStur schnell abzuschließen, so daß der Ver- dächtige in der Falle saß. Frau A. alarmierte sofort die Polizei und bald erschienen drei Schutzleute und ein Kriminalbeamter, um den Einbrecher zu verhaften. Auf der Treppe kam ihnen ein Mann in Hemdsärmeln entgegen, der den Schutzleuten zurief, daß die Einbrecher noch oben wären. Die Beamten ließen den Mann ruhig seines Weges gehen, in der Meinung, daß eS ein Hausbewohner oder eine in dem Hause beschäftigte Person sei. Später mutzten sie zu ihrem Leidwesen erfahren, daß eS der Einbrecher selbst ge- Wesen war, der sie in dieser Weise düpiert hatte. Der Frau A. wurde dann das Verbrecheralbum vorgelegt, auS welchem sie den Angeklagten Scharnowsky als den Täter wiedererkannte. Alö diesem die am Tatorte vorgefundenen Einbrechcrwerkzeuge, dar- unter eine Bohrmaschine und sog.Knabberer', welche zum Auf- reißen der Stahlwände der Geldschränke dienen, gezeigt wurden. behauptete er, daß er diese Werkzeug« zwar kenn«, aber mit dem Diebstahl nichts zu tun habe. Die Werkzeuge gehörten einem gewissen Hauch, der als Geldschrankeinbrecher bekannt sei. Mit dieser An­gabe hatte Sch. aber Pech, denn eS ergab sich bald, daß dieser Hauch im Zuchthause sah. also gar nicht als Täter in Frage kommen konnte. Außerdem wurde Sch. auch von der Frau A. mit aller Bestimmtheit wiedererkannt. Der aus dem Zuchthause vor« geführte Hauch, der von dem Angeklagten der Tat beschuldigt wurde, erklärte vor Gericht, daß er zweifellos angeklagt und ver- urteilt worden wäre und er es als ein wahres Glück betrachte, daß er im Zuchthause gesessen habe. Der Angeklagte wurde für völlig überführt angesehen und dem Antrage de» Staatsanwalts gemäß zu 3 Jahre« Zuchthaus und den üblichen Nebenstrafen ver- urteilt._ Umfangreiche HauSdicbftiihle hat der ehemalige Diener des Unterstaatssekretärs Stemrich. Herr» schaftlicher Diener Robert Höritz, der gestern unter der Anklage de» wiederholten Diebstahls vor der 3. Strafkammer des Land- gericht» l stand, ausgeführt. Höritz   war vom 1. April 1916 an bei dem Unterstaatssekretär Stemrich rm Hause Alsenstraße 16 ange- stellt und genoß al» Diener ein großes Vertrauen. Mitte Dezember v. I. verreiste der Unterstaatssekretär und übergab dem Angeklagten u. a. auch die Schlüssel zum Büfett, in welchem die silbernen Bestecks und das silberne Tafclgerät aufbewahrt wurden. Am 15. Februar d. I. sah sich der Koch Zaim genötigt, den Angeklagten wegen seines ausschweifenden Lebens zu entlassen, und nun stellte eS sich heraus, daß Höritz die Gelegenheit benutzt hatte, um unter den Silbersachen seines Herrn einefürchterliche Musterung' zu halten. Es fehlten zwei Dutzend silberne Messer und Gabeln� 9 silberne Teelöffel, ein silbernes Salatbesteck, ein Fischbesteck und andere Sachen. Der Angeklagte hat alle diese Dinge teils ver- kauft, teil» versetzt. Höritz hat sich aber hiermit nicht begnügt, sondern auch noch andere Diebstähle im Hause Alsenstraße 16 aus- geführt. So wurde dem dort wohnenden Hofjuwelier Werner ein Perserteppich im Werte von 566 M. vom Boden gestohlen, der Kommerzienrat Selberg hatte den Verlust von 36 Flaschen Sekt zu beklagen. Auch in diesen Fällen mußte der Angeklagte die Täterschaft zugeben. Das Gericht verurteilte ihn zu 1 Jahr Gefängnis._ Der Prozeh gegen den Raturheilkundigen Paul MistelSky dsr sich vor der 6. Strafkammer des Landgerichts I   wegen Betruges in mehreren Fällen verantworten sollte, ist in letzter Stunde einer Vertagung anheimgefallen, da von einem der Prozeßbeteiliaten ein Attest eingegangen ist. nach welchem dessen Erscheinen wegen Krankheit unmöglich ist. Em neuer Termin ist noch nicht wieder angesetzt.___ Hus aller Alelt. Me die?unker das Land verfeucheit Mit frommem Augenaufschlag versichern unsere Agrarier, daß nur die Sorge um die Gesundheit des deutschen Volke« sie zwinge. die Sperrung der Grenzen gegen die Einfuhr au«- ländischen Viehes zu verlangew Die dadurch bedingte Steige- rung der Fleischpreise sei eine unangenehme Begleiterscheinung, die aber im Interesse der Gesundheit mit in Kauf genommen werden müsse. Wie besorgt unsere Agrarier um die Erhaltung der Gesund- heit de« Volke« find, erhellen folgende Meldungen: Walkenried  , 15. April. Schwarze Pocken. Auf der Domäne Wiedigshof sind dieser Tage die russisch- polnischen Arbeiter eingetroffen. Gestern starb ein Kind an schwarzen Pocken. B a a« d o r f. 15.«pr». Die schwarzen Pocken. linier Pockenverdacht erkrankte hier eine au« Galizien  stammende Arbeiterin. Sie wurde sofort auf Anordnung de« AmtSvorsteherS dem Krankenhause Cöthen überwiesen, wo der Ausbruch d e r P o ck e n durch den Kreisarzt festgestellt wurde. Staßfurt  . 15. April. Schwarze Pocken. Be, einem nach Forderstedt zur landwirtschaftlichen Arbeit gekommenen polnischen Mädchen sind die schwarzen Pocken fest- S«stellt worden. Da» Mädchen fand sofort Aufnahme rm hiesigen tranken Hause. Günzerode. 15. April. Pocken. Bei einem hier zu- gezogenen ausländisch. polnischen Saisonarbeiter sind die Pocken miSgebrochen. Sämtliche Vorsichtsmaßregeln sind getroffen. Der Erkranlte ist nach dem Krankenhaus in Lleicherode geschafft. Dieselben Herren, die nicht laut genug über die Gefährdung der Gesundheit durch den Genuß ausländischen Fleisches zetern können. importieren durch ihre Agenten Tausende ausländischer Arbeiter, die ohne eine genügende Kontrolle bei der Ueberschreiwng der Grenzen eine ungeheure gesundheitliche Gefahr darstellen. Aber die Junker haben die Macht und nützen sie rücksichtslos aus, bis eine andere stärkere Macht ihnen die Klinle der Gesetzgebung aus der Hand schlägt. Hoffentlich liegt dieser Tag tu«ich» allzu- ferner Zukunft.