Ar. 93. 28. Jahrgang. 1. KtilM des Jotnwte" Kttlim NckslilR Freitag, 3!. April 191!. ffsnzSiiicher Parteitag. 3. Tag. St. Quentin, 18. April. (Eig. Bsr.) Die heutige Verhandlung war mit einer Diskussion über das sozialistische Munizipalprogramm ausgefüllt. Sie wurde vom Referenten, dem Pariser Deputierten V e b e r eröffnet. Veber sieht in der direkten Regie eine Rückergreifung kapitalistischen Profits. Die Lohnerhöhung der Gemeindearbeiter wirkt auf die allgemeinen Arbeiterlöhne zurück. Der Redner fordert namentlich den Proporz für die Gemeindewahlen, die Wertznwachssteuer und die Konstituie- rung von Gemeindeverbänden. Verachten wir nicht im Namen des großen Prinzips die kleinen Profite, die wir in der Gemeindeverwaltung erringen können. Es ist gute sozialistische Arbeit, die wir dort voll- bringen können. Nicht nur in den großen, sondern auch in den kleinen Gemeinden. So z. B. wenn Seeleuten und Fischern Sckiiffe— also Arbeitsmittel— zur Verfügung gestellt werden. Wir müffen im Dienst der Arbeiterklasse einen Ansatz von Gemeineigen- tum schaffen. Wenn die Bewohner der Gemeinden die Sozialisten bei diesem Werke sehen werden, werden sie für uns leichter zugäng- lich sein. Der Redner schließt unter großem Beifall der Mehrheit mit einem Hoch auf die soziale Kommune. Der Hauptredner der Mehrheit ist Egar Milhaud, Professor der Genfer Universität. Er beginnt mit einem Vergleich der Situation der Regiearbeiter mit der der anderen Arbeiter und stellt auf Grund der Lohn- und Kapitalzinsziffern des Genfer Gaswerkes eine Berechnung an, wieviel die Produzenten in der sozialistischen Ge- sellschaft gewinnen würden. Die Heizer z. B. würden statt 7,20 Fr. täglich 2S Fr. erhalten. In seinen folgenden Ausführungen wendet sich der Redner gegen die Einwendungen der Gueödisten, die in der Praxis die Teilreformen selbst akzeptiert hätten. Ihr Theoretiker Deslinivres z. B. hat den Kapitalisten nach der Expropriation eine Verzinsung von 3 Proz. durch zwei Generationen gewähren wollen. Und ist nicht Jules G u e s d e s berühmte Rede von 1893 über die Gemeindeapotheke von Roubaix eine seiner Ruhmestaten? sGuesde ruft: Man hat aber in der kommunalen Apotheke keinen Sozialismus verkauft!) In Reggio Emilia hat die kommunale Apotheke eine Verbilligung der Arzneien um 80 Proz. herbeigeführt. Milhaud hält Guesde eine Rede vor. in der er den bürgerlichen De- putierten entgegengehalten habe, daß sich die Revolution alle Tage vollziehe und daß die Bourgeoisie sie selbst macht, ohne es zu merken.(Die Mehrheit applaudiert demonstrativ, aber auch die Guesdisteu.) Guesde erklärt, daß er nur gesagt habe, was er immer wieder sage— daß der Sozialismus ein natürlicher Sohn des Kapitalismus sei und daß er die soziale Entwickelnng nur be- schleunigen wolle. Milhaud beruft sich ferner auf Vandervelde und auf KautSky , der in der Einleitung seiner Agrarfrage zu- gebe, daß es heute neben den kapitalistischen Produktionsformen noch Reste früherer und Keime neuer, höherer Systeme gebe. Zu ihnen gehört der staatliche, kommunale und genossenschaftliche Betrieb. Kautskh ist gegen den kommunalen Agrarsozialismus wegen des Sinkens der Grundrente. Anders ist es in den Städten, wo die Grundrente wächst. In den Gemeinden, wo das allgemeine Wahlrecht herrscht, kann dieses Wachstum dem sozialen Fortschritt und der Kultur zugute kommen. Besonders ist durch die Sozialisierung des Grund und Bodens eine munizipale Wohnungs reform, die Besiegung des Wohnungswuchers und die Verringerung der fürchterlichen Sterblichkeit in den überfüllten und unsauberen Arbeiterbezirken ermöglicht. Der Redner weist auf die ungeheuere Wichtigkeit der Wohnungsfrage gerade für Frankreich hin und schildert die Erfolge der kommunalen Wohnungspolitik in Zürich und namentlich in Budapest an der Hand des statistischen Materials. Er wendet sich dann gegen das Argument Brackes, daß die Ver- Minderung der Existenzkosten die Herabdrückung der Löhne begünstige und der Verbilligung des Konsums der Bourgeoisie, die mehr konsumiere, zugule komme. Der Redner setzt das Wesen des „degressiven Tarifs" auseinander, den z. B. die Genfer Gemeinde für den ElektrizitätSbezug eingeführt hat, wobei der Preis mit der Zahl der Lampen progressiv abnimmt. Der Strommesser wird umsonst geliefert, was bei einem kleinen Haushalt Verhältnis mäßig außerordentlich viel ausniacht, ebenso wird die Installierung bis 80 Fr. nicht berechnet. So bleibt der Nutzen der Regie den Besitzlosen gesichert. Was Bracke einwendet, läuft auf das eherne Lohngesetz hmaus. Dieses aber ist längst aufgegeben, Marx selbst hat es entschieden bekämpft. Wenn die Kapitalisten die Monopole mißbrauchen wollen, so haben wir eine Waffe dagegen � die Gewerkschaften. Diese brauchen wir allerdings in der Tat, um dem Proletariat die Borteile der Rationalisierung und Munizipa lisierung zu sichern. Delory hat gemeint, wir wollten unser Erst geburtsrecht um ein Linsengericht verkaufen. Wir wollen aber die Erstgeburt und das Linsengericht. Der Redner hebt weiter die Be deutung der Arbeiterausschüsse hervor, die von den Ge- meinden in wachsender Zahl für die Regieunternehmungen ins Leben gerufen werden. Er verweist auf die EntWickelung dieser Ein- richtung in Deutschland und im Detail auf die Erfolge in Basel , wo die Mehrheit in jedem Arbeiterausschutz genügt, um die Zulassung des Gewerkschaftsvertreters zu erlangen. Dort ist auch der Kampf zegen das geplante Streikverbot für die öffentlichen Dienste siegreich durchgeführt worden. Von besonderer Wichtigkeit ist aber die Zu- lassung von Arbeitervertretern nicht nur, wo spezielle Arbeiter- interessen ins Spiel kommen, sondern zur Leitung des Betriebes e l b st. Hier ist Frankreich in der Welt vorangegangen. Im Verwaltungsrat der departementalen Trambahn der Cöte dDr find unter neun Mitgliedern zwei Vertreter der Beamten und Unterbeamten.(Zwischenruf: Kollaboration der Klaffen! Widerspruch.) C a m e l i n a t, der Direktor der Münze unter der Kommune, stellt unter Beifall fest, daß die Kommrme in allen öffentlichen Dienstzweigen Arbeitervertreter zugezogen bat.) Namentlich in den Händen der sozialistischen Partei kann die Regie eine große Bedeutung in der sozialen EntWickelung erlangen und neue Keime einer höheren Gesellschaftsform ins Leben rufen. Sie erhält einen besonderen Wert in einer Epoche, wo die kapita- listischen Monopole überhand nehmen. Karl Marx hatte noch eine Gesellschaft der freien Konkurrenz im Auge, in der der Kampf nur zwischen dem produzierenden Arbeiter und dem industriellen AuS- beuter ausgefochten wurde, eine Wirtschaft, die eine Tendenz zum Sinken der Preise hatte. Sobald das kapitalistische Monopol kommt, gehen die Preise in die Höhe. Der Arbeiter wird nun auch als Kon- sument ausgebeutet und mit ihm der in der freien Konkurrenz stehende Kapitalist. Auch die Demokraten und Radikalen greifen unter diesen Umständen zur kommunalen Regie, um die Kollektivität der Konsumenten zu schützen. Sagen Sie meinet- wegen, daß in der Regie noch kapitalistischer Parasitismus steckt, aber sagen Sie nicht, daß sie mit dem kapitalistischen Monopol auf einer Stufe stehe I Die Kartelle nehmen überall zu, auch in Frank- reich, wo sie aus Furcht vor dem Strafgesetz unter der Oberfläche bleiben. Das Leben wird immer teurer. Und die Massen fragen uns: Könnt Ihr nichts gegen unsere doppelte Ausbeutung tun? Die Regie kann verbilligen, den Konsum der Massen steigern, ihnen selbst Luxus, wie das elektrische Licht in Genf , zugänglich machen. Wenn wir den Massen gegenüber den kapitalistischen Monopolisten die Regie mit ihrem Arbeiterparlament, der Teilnahme der Arbeiter an der Leitung und mit ihrer Verbilligung des Lebens für die Gemeinschaft zeigen, werden sie besser verstehen, daß der Sozialis- muS die endgültige Lösung bringt.(Stürmischer Beifall, der den Charakter einer Ovation der ParteitagSmehrheit für den Redner annimmt.) Nachmittagssitzung. DaS Wort ergreift Compbre-Morel. Was man Kommunal- sozialismus nennt, ist gemeiniglich eine gute Gemeinde- Verwaltung, aber durchaus kein Sozialismus. Wenn wir aus der kommunalen Regie ein Prinzip machen, das wir überall anwenden wollen, z. B. auch auf das Theater, können wir üble Erfahrungen machen. Hätte die Regie einen sozialistischen Charakter, müßten wir sie in der Tat überall zur Geltung bringen. Aber sie hat ihn eben nicht. ES gibt weder eilten MunizipalsozialismuS, noch einen Agrarsozialismus, sondern nur einenSozialismus schlechtweg. Die Munizipalisierung kann eventuell kommerziellen Profit, aber nicht den aus der Produktion stammenden Profit be- seitigen. Durch Schulkantinen, Wöchnerinnenunterstützung usw. nützen wir den Arbeitern sicher, aber das ist kollektive Philanthropie und kein Sozialismus. Die Vorbereitung des Sozialismus voll zieht sich auch ohne Regie— in der kapitalistischen Konzentration. Immer wenn wir gegen gewisse Abirrungen auftreten, stellt man uns als Anhänger des„Alles oder nichts" hin, als Gegner der Reformen. Aber in drei Vierteln aller Fälle wgren wir es, die diese Reformen begonnen haben. Versuchen Sie nur in den kleinen Gemeinden, wo Sie die Macht haben, die direkte Regie, Sie werden die Folgen bei den Wahlen sehen. Unsere Genossen in den GemeindeverwalMngen haben noch keine Erfahrung in den Budgetftagen und Sie wollen ihnen diese neue Sorge aufladen. Als Propagandamittel ist die Rchie akzeptabel, machen Sie aber keine Verpflichtung aus ihr— sie ist für uns unannehmbar. Wir find bereit, einen großen Teil des hier Gehörten zu unterschreiben und wollen die direkte Regie überall einführen, wo sie möglich ist. Alle Reformen find gut: die Hauptsache aber bleibt der Sozialismus, der etwas anderes ist, als die„neue Doktrin", als welche man hier Milhauds Darlegungen begrüßt hat. �Lebhafter Beifall.) Poisson: Wir wollen ja kein für alle Gemeinden obligatorisches Programm, sonder« einen Katalog, aus dem die Genossen ihrem Budget entsprechend schöpfen können. In den Gemeinden erziehen wir Verwalter, die wir nach der Eroberung der politischen Gewalt brauchen werden. Auf das Wort Munizipalsozialismus kommt es uns nicht an. Die englische Arbeiterpartei, die in ihrem Programm den Klassenkampf ausschließt, ist gleichwohl in die Internationale aufgenommen worden, weil ihr Handeln Klassenkampf ist. Wahl- kleines feuiUeton WaS der KricgSruhm kostet. Ueber die gewaltigen Opfer die eine Nation dafür aufbringen mutz, um ihren Namen mit kriegerischem Ruhm zu verknüpfen, stellt der Friedensfreund d'EstournelleS de Constant im„Jndependent" Betrachtungen an. Er führt darin aus, daß die Regierungen im allgemeinen höchst schlecht über die wahren Konsequenzen der von ihnen geführten Kriege unterrichtet find.„So weiß man noch heute nur sehr unvollkommen. welchen Verlust an Menschenleben Frankreich die Revolution und das erste Kaiserreich gekostet hat. Die Angaben schwanken zwischen zwei und sünf Millionen, aber es ist völlig unmöglich, auf irgend eine Weise auch nut annähernd genaue §ablen zu gewinnen. Die Armeen Napoleons durchzogen daS ganze urova und lictzen auf ollen Schlachtfeldern furchtbare Massen von Toten zurück. Allein der spanische Krieg forderte 473 000 Opfer. Die Verluste des russischen Krieges, bei dem die„große Arince" täglich dezimiert murde. beziffern sich allein auf russischem Boden au 380 000 Menschen. Dazu kommen aber die zahllosen Un- alücklichen. die am Wegrand starben. Ueber die Feld züae auf französischem Boden, über Waterloo weiß man o?»„. Im Jahre 1813 hob das kaiserliche nichts Positives. i/uu uuo Frankreich allein für diese Armee 1300000 Mann aus. Die Rekruten waren meist junge Leute und von so schwacher körperlicher Kon« stilution, daß die Hälfte dieser Soldaten 1814 unter''—— machte von diesen Hekatomben wenig Aushebens. n- �... n__ J- 1_ n/�ntlinmrtPn lrntr0Ht«A unterging J" Napoleon Dresden , bei' der berühmten achtstündigen Entrevue mit Metternich wagte der österreichische Staatsmann die Frage:„Was werden Sie tun, wenn diese Jünglinge geopfert sind?" Und Napoleon antwortete:„Ich gebe keinen Deut für das Leben einer Million Menschen" Und zu Narbonne äußerte er:„Der russische fteldzug hat mir 300000 Mann geraubt, und unter den Toten be- fanden sich zudem noch viele Deutsche ." Der Geist der Eroberung ist lange Zeit hindurch die einzige Triebfeder für militärische Ex- peditionen gewesen, und man hat die unnützen und unvermeidlichen Grausamkeilen, die' sie notwendig begleiten, ignoriert, hat die Massen nicht aufgeklärt unter dem Borwand, das Prestige der Regierungen nicht zu verringern. Krankenlektüre. ES gibt kaum eine Zeit, schreibt der„Kunst- wart", die den Menschen so empfänglich für gute Lektüre findet, wie d,e Wochen der Genesung nach einer schweren Krankheit. Auch wäh- rend der leichten KrankhcitSzustände. die bei dem heutigen Versiche- rungswesen selbst die Minderbemittelten in Scharen in die Krankenhäuser führen, find die Leute geneigt, ihr Jntereffe von den Alltagssorgen des Berufslebens höheren Dingen zuzuwenden. Sind nun unsere Kranken- Häuser gerüstet, diese» Verlangen nach geistiger.Therapie" zu befriedigen? Politik ist auch kein Sozialismus!.(Beifall, an dem.auch die Guesdisten demonstrativ teilnehmen.) Constans (Bürgermeister von Montluyon) verweist auf die inanziellen Schwierigkeiten in den Gemeinden, die ihre Einnahmen zu zwei Dritteln aus dem Oktroi beziehen. Er zählt die unter ihm durchgeführten Reformen auf, die er aber nicht als Sozialismus ansieht. Vaillant: Ich gehöre keiner Tendenz an— ich kenn« keine Tendenz, seitdem die Einigkeit besteht.(Der ganze Kongreß applaudiert.) Vermeiden wir Konflikte Worte und Formeln halber. DaS ist eine französische Krankheit. Bei den deutschen Sozialisten wird man nicht wegen eines Wortes jemand beschuldigen, daß er einen eigenen Weg abseits gehen wolle. Auch bei den Revisionisten ist keiner, der einen speziellen Sozialismus machen will. Was wir filchen müssen, ist, wie wir in den Gemeinden und im Staat unsere Forderungen zur Geltung bringen können. Anderswo streitet man nicht um Worte. In Deutschland erscheint die„Kom- munale Praxis" mit dem Untertitel:„Organ für Kom- mnnalsozialismus". Dieses Blatt will aber nicht den Sozialismus in der Gemeinde kantonieren. Als vor zwei Jahren auf dem Preutzentag daS Munizipalprogramm verhandelt wurde, schrieb der„Vorwärts" von der direkten Regie, daß es Forderungen gebe, die schon in der heutigen Gesellschaft verwirklicht werden können. In Bremen wurde aus dem Parteitag kein Programm— man hat in Deutschland nicht den Programm- fetischismuS wie in Frankreich — sondern nur eine Resolution in demselben Geiste beschlossen: Wir müssen den Besitzlosen in den Gemeinden, die wir verwalten, nicht nur eine intellektuelle und moralische, sondern auch eine materielle Satisfaktion geben.(Großer Beifall.) In England haben die fortgeschrittenen Lokalverwyltungen Einrichtungen im Interesse der Arbeiterklasse geschaffen. Die Munizipalisierung der öffentlichen Dienste hat eine Bedeutung auch für die Evolution des Kapitalismus. Seit Jahren ist die Aera der sinkenden Preise infolge der Schutzzölle und Trusts durch eine Aera bft steigenden Preise, der Lebensmittelteuerung abgelöst worden. Zu dieser sozusagen organisierten Verteuerung kommt noch die Spekulation. Die Munizipalisierung kann ein Mittel der EntWickelung der Produktivkräfte werden, die durch die Trusts aufgehalten worden ist. Ungünstige Wirkungen auf die Löhne sind nur möglich, wenn die Organisation der Arbeiter schlecht ist. Wir wollen auch die Kommune der DutvIIs(Vormundschaft) des Staates entziehen. Lassen wir die Formeln! Und suchen wir die Mittel, daS Prole- tariat kampffähig zu machen.(Stürmischer Beifall des ganzen Parteitages.) Guesde: Es war mir eine Freude Vaillant zu hören. Er hat daS Problem vereinfacht. Wir können zwischen dem munizipalen und dem anderen Kamps keinen Unterschied machen. Wir dürfen das Proletariat nicht glauben machen, daß die Eroberung des Stadt- Hauses den Kampf gegen den Staat ersetzen könne. Wenn wir die Lebensmittel verbilligen, haben wir nur die Lage der organisierten. wahrhaften Arbeiter verbessert. Unsere Arbeit in den Stadt- Häusern zielt darauf hin, unsere Wehrhaftigkeit im Kampf gegen die bürgerliche Gesellschaft, um die politische Macht zu stärken. In der neuen Aera des Kapitalismus wird nicht nur der Produzent, sondern durch die Kartelle auch der Konsument angegriffen. Aber wir dürfen uns bei seiner Verteidigung nicht aufhalten, sondern müssen den Kampf um die Befreiung der Produzenten zu Ende kämpfen— einig, wie wir es bei aller Verschiedenheit unserer theoretischen Anschauungen sind.(Beifall auf allen Seiten.) Vaillant legt folgende Resolution vor: „Die Erforschung der Organisation der munizipalen Arbeiten und Dienste, die zugleich der Gemeinde, den von ihr beschäftigten Arbeitern und der Arbeiterklasse den größten Nutzen bringt, ist eine» der ersten Elemente der Aktion der Sozialisten und ihrer Vertreter in der Gemeinde. Unter den gegenwärtigen Umständen und immer, wenn eS möglich ist, kann diese Organisation durch die Munizipalisierung der Gemeindearbeiten und-dienste unter der Anteilnahme der ge« werkschaftlich und politisch organisierten Arbeiterklasse an der Leitung am besten verwirklicht werden. Die dort beschäftigten Arbeiter sollen neben ihrem Anteil an der Leitung die möglichst besten Bedingungen der Arbeit, der Ruhe- zeit, der Hygiene und der Sicherheit, sowie das volle KoalittonS- recht haben. Die dermaßen an die Stelle der Privatmonopole der kapita« listischen Kartelle und Trusts gesetzte Organisation soll die Kon- trolle der proletarischen Konsumenten und Nutznießer«suchen und organisieren. Die munizipalen Dienste können und sollen unter diesen Be« dingungen zunächst zum Nutzen der arbeitenden und armen Bevölkerung etabliert werden, für die sie. soweit sie entgeltlich sind, höchstens zum GestehungSpreis zur Verfügung sein sollen. Und sofern sie durch die Inanspruchnahme seitens der anderen Klassen der Bevölke- rung Gewinne bringen, sollen diese Gewinne zur Ausdehnung Die Antwort muß betrüben. Die Bücherei, die den Patienten zur Verfügung steht, ist in den meisten Fällen durchaus minderwertig. Von einer bewußten Auswahl bester, oder doch guter Bücher ist keine Rede. Meist findet man eine sehr geringe Anzahl von mittelmäßigen Romanen, die von irgendeinem Gönner, der seinen Bücherschrank vom Schund säuberte, gestiftet wurden. Daneben eine Reihe von alten Journalen, Witzblättern, illustrierten Wochen- und Monatsschriften, die die Aerzte nicht zuhause herumliegen lassen wollen. Nicht minder trostlos sieht es in den Wartezimmern der Aerzte(und Rechtsanwälte) aus. Auch hier werden dem Patienten, der bei dem langen, oft unruhevollen Warten geradezu zum Lesen gezwungen ist, alte Bäderprospckte, illustrierte.Prachtwerke", zerschliffene AlbumS und abgegriffene Bände irgendeiner.Unterhaltungsbibliothek" oder gar RcklamealbumS zu- gemutet. Und doch ist eine kleine gediegene Bücherei, etwa aus den billigen Sammlungen zusammengestellt, um wenig Geld zu beschaffen. Die „Regiekosten" könnte jedenfalls das Einkommen des Herrn Doktors noch tragen. Falls er nicht den Einfluß des seelischen gustandes seiner Patienten auf ihren körperlichen sehr unterschätzt, wird er sogar diese Ausgabe nicht als„unnütz" im engsten Berufsintereffe ansehen dürfen. Die Auswahl wird nicht allzugroße Schwierigkeiten bereiten: Ein gesunder Humor wird den Borzug verdienen, doch nicht allein herrschen dürfen. Humor und Satire« Von einer Hofbühne. Theaterzettel mit Ansprachen. Maja-Poia Jndianer-Oper aus Wild-West aus dem Nachlaß von MacKinleh. Ich mache da? Publikum besonders darauf aufmerksam, daß wir mit der Aufführung dieser Oper eine nationale Tat vollbringen, in- sosern sich der amerikanische Gesandte für dieses Werk weit stärker interessiert, als für alle Werke von Schillings, Pfitzner und Sieg- sried Wagner zusammengenommen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Einstudierung von Maja-Poia zur Verbesserung unseres Handelsvertrages mir Amerika mächtig beitragen wird. DaS Publikum hat durch wiederholten Beifall bei offener Szene dahin zu wirken, daß diese Premiere der schönste Augenblick unseres Lebens werde. Der Intendant. Nabopolassar. Assyrisches Ballett mit Ausstattung für 150 000 M., die der Landtag zu bewilligen hat. Anfang 6 Uhr.— Ende: nicht zu erleben. Hochgeehrtes Publikum 1 Dieses Ballett wird an Stelle des .Rosenkavaliers' gegeben, vor dem es den Mangel eines Bettes aus der Bühne und einer Feldmarschallin im Negligs voraus hat. ES erfüllt die höchsten Anforderungen der Kunst dadurch. daß nach dem sachverständigen Gutachten der Kreisshnode nichts Anstößiges darin vorkommt. Sollte sich irgend ein Parkett» besucher während � der Aufführung langweilen und dieser Stimmung durch Gähnen oder durch Aufhetzung eines Abgeordnete» Ausdruck geben, so werde ich nicht verfehlen, sofort meine Entlassung einzureichen, auf die Gefahr hin, daß dieses mein Anliegen von meinem allergnädigsten Herrn entschieden abgelehnt wird, was ein laute» Bravo meiner sämtlichen Untergebenen zur Folge haben würde. In dieses Bravo hat die Kritik noch lauter einzustimmen. Der Intendant. _(.Lustige Blätter".) Notizen. — Gegen Bonns Verrossung der Literatur ist eine Versammlung einberufen worden,„um gegen die unerhörte Zirkusmache im Namen der Kunst zu protestieren". Herr Botin wird, wie wir ihn kennen, dieS als eine erwünschte Reklame für sich betrachten. Vielleicht wird er sogar hoch zu Roß dabei erscheinen und eine Attacke zu seinem und des bekannten Bonnschen deutschen Volkes Ruhme reuen. — Die Goethebünde beschäftigten sich auf ihrem Xl. in Bremen » abgehaltenen Delegiertentage init der Schundliteratur. Sie wollen sich an dem Kampfe beteiligen, glauben aber, daß es mit polizeilichen Maßnahmen nicht getan ist.(Es wurde mlch auf den in der Traktätchen- und Soldatenliteratur angehäuften religiös- patriotischen Schund hingewiesen.) Man will deshalb versuchen, eine von guten Schriftstellern verfaßte Goethebücherei zu schaffen und auf dem Wege der Kolportage verbreiten. — Bülow und Bethmann Hollweg . In einem Artikel über den französischen Politiker Ribot schreibt der große Stilkünstler Horden in der Osternummer der„Neuen freien Pressa" von dem Franzosen: Er ist kein für die Galerie unter erkünsteltem Lächeln schwitzender Heiterlmg, kein Feierl, chkeitSkrämer. dessen Leichenbitter« miene die Grazien abschreckt." Müxchen kennt seine Pappenheimers » �"sundsen im Südpolareis. Amundscns Schiff Ä' tKZ Bu-"°s-A.res eingetroffen und hat die Kunde ge- f r antarktische Festland erreichte und be- abstchtigte. mit 8 Begleitern und 115 Hunden nach dem Pole hin Sudpol jetzt der Winter beginnt, unternimmt Wlntertour. während nur im Polarsommer Vor- n m? toutb«n- Die„Fram" wird im Oktober ins Evvmeer zurückkehren, um die Expedäivn wieder aufzunehmen,
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