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Hr. 91 28. Jahrgang. 1. KcilM des Lmiick" Knlim WsdlM Zs«ll>lde«d> 22. Jfril 191L Kongreß der belgischen Sozialdemokratie Brüssel  , 19. April.  (Eigenbericht.) (Schluß.) In der Montag?sitzlMg erstattet Genossin Maria TillemanS einen Bericht über den Stand der Arbeiterinnenbewegung in Belgien  . Die vlämische Frauenbewegung, die ebenfalls ihre eigene Sekretärin und ihr Frauenblatt hat, ist der wallonischen voraus. Es wäre nötig, daß die Partei an der Erziehung der Frauen arbeite, ehe etwa die Katholiken mit einem Frauenwahlrecht herausrücken. Genossin Tilleorans tritt dafür ein, daß die Frauen einerseits für die Gewerkschaften herangezogen werden, andererseits den politischen Parteiorganisationen beitreten, wo für ihre allgemeine Aufklärung gesorgt werden kann. Sie erinnert daran, daß der vorjährige Kongreß sich für die Schaffung eines speziellen Sekretariats für die weiblichen Mitglieder der Partei ausgesprochen habe. Bis jetzt sei aber nichts für die Verwirklichung der Sache geschehen. Sie schlägt vor, daß eine Kommission ernannt werde, die sich mit der Bs- schaffung der nötigen Fonds befaßt. A n s e e l e schlägt vor, Genossin Tillemans(die schon früher Mitglied des Generalrats war, letztes Mal aber durch einen Zufall ausgeschaltet war) in den Gene'ralrat als Vertreterin der Frauen zu wählen. De Brouckdre unterschreibt völlig die Darlegungen der Genossin. Nur in dem Punkt: Schaffung eines speziellen Sekretariats für Frauen, müsse er widersprechen. Da eine Gewerkschaftskommission existiere wozu eine separate Vertretung für die Arbeiterinnen? Genossin Tillemans hält De Broucköre entgegen, daß Frauen besser zu Frauen sprechen, Frauenangelegenheiten am besten von ihnen telbst erörtert werden, und beharrt' darauf, daß die Partei ihren Antrag ausführe. Im Namen der vlämischen Frauenföderation spricht Genossin De Meulebrouck in vlämischer Sprache. Sie berichtet von der wachsenden Aktivität der arbeitenden Frauen Flanders  ; Gent   zum Beispiel verzeichnet 699 Mitglieder. Die vlämische Föderation um- faßt insgeiammt 1199 Frauen. Das Frauenblatt verzeichnet gleich- falls Fortschritte und wird demnächst mit einer Beilage für die Jugend erscheinen. Auch sie unterstützt die Forderung nach einem Frauensekrelariat. Der Kongreß entscheidet sich für die Wahl einer vom Generalrat zu ernennenden Kommission zur Beratung der An- gelegenheit. Der Kongreß geht nun an die Beratung über die Organisation des Wahlrechtskampfes,> wobei noch einmal die Tagesordnung Jocquemotte(Vor- beratung fiir einen Generalstreik) in die Debatte verflochten, aber schließlich, nachdem insbesondere De lp orte die bereits er- wähnten Argumente unterbreitet hat, endgültig fallen gelassen wird. Die Organisierung des Wahlrechtskampfes wird von zwei Ge­sichtspunkten aus erwogen: Soll der Generalrat die Kampagne allein leiten oder soll dies im Zusammenwirken mit der Gewerkschafts- kommission bezw. den Gewerkschaften geschehen. Außerdem liegt der Vorschlag de? Verbandes der Jugendorganisationen(lleimes Gardes) vor, für dieses Jahr von den der Partei angeschlossenen Mitgliedern einen Extrabeitrag von zehn Centimes für die Finanzierung des Wahlrechtskompfes einzuheben. Anscele ist dafür, daß der Wahlrechtskampf vom General- rat und von derGewerkschaftskom Mission organisiert wird. Die Gewerkschaften müssen als politisch Interessierte am politischen Kampf direkt teilnehmen. Parteisekretär Bandersmissen macht geltend, daß der Vorschlag derckeunos Gardos" der Generalrat möge allein die Leitung in die Hand nehmen, nicht die Mitwirkung von Genossenschaften und Gewerkschaften ausschließe. Aber man könne vom Kongreß aus weder die Gewerkschaftskommission noch den Verband der Genossen- schaften für alle etwaigen finanziellen Erfordernisse verpflichten. EineS stehe aber fest: daß politische Partei. Gewerkschaften und Genossenschaften vereint in die Schlacht ziehen. HuySmans   ist nicht dafür, daß man die Gewerkschaftskommisston direkt engagiere schon mit Rücksicht daraus, daß die angeschlossenen Mitglieder zwar Anhänger des Klassenkampfes, aber nicht schlechtweg Sozialisten sind. Wenn wir die Partei als solche hinter uns haben, bedürfen wir nicht der Mitwirkung der Gewerkschaftskommission. HuySmanS   beharrt auf der finanziellen Beihilfe der Arbeiter, denn kleines Feuilleton. Kinematograph und Medizin. Der Kinematograph hat auch sn den Bezirken der exakten Naturwissenschaften festen Fuß gefaßt und seine praktische Daseinsberechtigung erwiesen. Schon in den wenigen Jahren seiner Verwendung hat er der Medizin wertvolle Aufschlüsse über den Ablauf von verwickelten Vorgängen geliefert, die man bisher nur in ihrem Gesamteindruck, nicht aber in den Einzelheiten gekannt hatte. Das menschliche Auge addiert be- kanntlich schnell aufeinanderfolgende Betoegungsvorgänge zu einem einzigen Bewegungseindruck! der photographische Film aber nimmt die einzelnen Phasen der Bewegung nacheinander auf und gestattet also dem Forscher, diese zu analysieren. So kann man mittels des Kincmatographen die Bewegungen der Gelenke studieren, sowohl einfad>e Bewegungen wie auch zusammengesetzte Funktionen wie den Gang. In Verbindung mit der Wirksamkeit der Röntgen- strahlen, die den Körper durchdringen und ein scharfes Abbild der Knocben und schwächere von inneren Organen wie Lunge, Herz und Magen liefern, führt uns der Kinematograph den Prozeß der Verdauung vor Augen. Wie sehen, wie lange eine in den Magen eingebrachte Substanz dort verweilt, nach welcher Zeit sie durch den Pförtner ihn verläßt, um in den Zwölffingerdarm zu gelangen; wir sehen das Herz sich rhythmisch kontrahieren, das Zwerchfell bei der Atmung auf und ab gehen, den Darm sich peristalrisch bewegen. Auch die Welt des Unendlich-Kleinen, wo Objekte von einem Tausendstel Millimeter als Riesen gelten, eröffnet uns der Film. Reizvolle Bilder gehen an uns vorüber von den primitivsten Formen des Kampfes ums Dasein, wo ein weißes Blutkörperchen(Leukozyt) mit amöbenhaften Bewegungen an ein Bakterium herankriecht, dieses umfließt und so vertilgt. Endlich auch die molekülaren Be- wcgungen der unbelebten Materie, die durch Ultramikroskopie (Dunkelfeldbeleuchtung) sichtbor werden. Für all diese Erschei- nungen ist der Film ein sicheres Depot. Was dies für experimen- tellcs Weiterarbeiten, noch mehr aber für den Unterricht bedeutet, liegt auf der Hand. Auch für die breiten Schichten der Gebildeten haben diese Er- rungenschaften ihre Bedeutung. Der Popularisierung der Natur- Wissenschaften und in letzter Linie der Pertiefung der Volkshygiene muß der Kinematograph mehr und mehr dienstbar gemacht werden. Dafür geeignete Films sollen, so plädiert Professor Kutner, der Leiter des Kaiserin-Friedrich-Hauses für ärztliche Fortbildung in Berlin   in seiner Zeitschrift, an Kinematographentheater und an Vereine, Schulen leihweise abgegeben werden. Die älteste Maschine. Wahrscheinlich ist der Mensch schon in einer sehr frühen Zeit zur Erfindung und Anwendung von Maschinen gelangt, wenn man diesen Begriff im allgemeinsten Sinne fassen will. AIS   älteste Maschine in diesem Verstand ist das ein- fache Mittel zur Erzeugung von Feuer bezeichnet worden, wie eS der Urmensch besaß und noch heute von einigen wenigen Natur- Völkern gebraucht wird. AlS die� grundlegenden Maschinen sind dann namentlich der Hebel, der Keil, die schiefe Ebene, die Rolle und die Schraube zu betrachten, die in ihren Anfängen wohl gleichfalls sehr früh in ihrer Nützlichkeit erkannt worden sind. Unzweifelhaft können diese einfachen Borrichtungen, J wenn der Kampf für das Kommunal- und Provinzialwahlrecht leichter ' sein wird, so wird es für die Erlangung des Wahlrechts für die Kammer der allergrößten Anstrengungen bedürfen. Seine Anregung, eine Petition einzuleiten, stößt auf den Widerspruch des Kongresses. In der Debatte sprechen noch: Jccguemotte für die Organisation des Generalstreiks, B a e ck im Namen der Metallarbeiter die bereits ihre Zustimmung gegeben haben für die Erhebung des 19 Centimes-Beitrages. Baeck weist in warmen Worten auf das besondere Interesse der Gewerkschaften an der Erringung eines ge- rechten Wahlrechtes hin. Es wird ihm zugerufen, er möge sich an die Bergarbeiter wenden.... Baeck: Allerdings sind es die Bergarbeiter, für die besondere Gesetze gemacht wurden, die sich für das Wahlrecht einsetzen und der Gewerkschaftskommission beitreten sollten. Mehr noch: sie sollten sich mehr mit sozialistischem Geist durchtränken. Jocquemotte verlangt unter ungeheurem Protest namentliche A b st i m m u n g über die Erhebung des ExtrabeitrageS von 19 Cent. Die namentliche Abstimmung ergibt: 138 Gruppen für und gegen den Antrag bei IS Stimmenthaltungen. Die Leitung der Wahlrechtskampagne ist dem Generalrat überantwortet. Gemeinderat Genosse Bint bringt ein ausführliches Referat über das sozialistische Kommunalprogramm. Die dabei auf- geworfenen theoretischen Fragen(so insbesondere die Anwendung des Prinzips der integralen Proportionalvertretung für die Stadtratswahlen, über die geteilte Meinungen vor- herrschen) werden der Kommission zugewiesen, die über die Statutenänderung des Generalrates beraten wird. Auf Wunsch D e l s i n n e s(Wagenmacher) wird in diese Beratungen eine Revision des Parteiprogramms überhaupt einbezogen werden. An dem gedruckt vorliegenden Bericht über die Parka- m e n t s w a h l e n ist als charakteristisch hervorzuheben die Fest- stellung, daß die Partei sich gegen die Bündnispolitik bei Wahlen wendet und Kartelle nur für Ausnahmefälle zulässig findet. Der Berichterstatter Abg. Fürnemont betont am Kongreß die wachsende Tendenz zum selbständigen Vorgehen, da« die Pro- paganda für die Parteiziele begünstigt. Die Föderationen können autonom entscheiden, Ivo die besonderen Um- stände Wahlabmachuugen notwendig erscheinen lassen. An- genommen wird folgende Resolution De BroucköreS: Der Kongreß konstatiert, daß gegenwärtig für die Parlamentswahlen von 1912 die Gesamtmeinung der Partei dem bündnislosen Kampfe immer günstiger wird. Er verpflichtet die Föderationen, die in Anwendung ihrer statutenmäßigen Autonomie lokaler Ber- Hältnisse halber zum Kartell greifen zu müssen glauben, die Juxta- Position(gemeinsame Liste, mit Freiheit für die eigenen Kandidaten zu stinimen) anzuwenden, die die Autonomie der Partei und die Pro- paganda ihres vollständigen Programms besser sichert. Der An- trag wird ein st im m ig angenommen. Bertrand schließt den Parteitag mit dem stürmisch akkla- mierten Wort: Und nun in den Kampf für daS ollgemeine Wahl- recht und gegen die klerikale Regierung l Nachzutragen ist, daß die Frage der vlämischen Universität nicht, wie irrtümlich gemeldet, zur Verhandlung auf die Tagesordnung des Kongresses gesetzt war, sondern auf einem außerordentlichen Kongreß zur Verhandlung kommen wird. Genckts- Leitung. Haftpflicht der Großen Berliner   Motor-Ontnibusgesellschaft für das Verschulden ihrer Chauffeure. Bei einem Beförderungsvertrage haftet der Eigentümer des betreffenden Transportmittels für das Verschulden seiner An- gestellten genau so wie für eigenes Verschulden. Auf Grund dieser Bestimmung des Bürgerlichen Gesetzbuches hat die Klägerin dieses Reckitsstrettes die Große Berliner   Motor-Omnibusgescllschaft aus einem Unfall in Anspruch genommen, den sie im August 1997 als Fahrgast in der Oranienstraße erlitten hat. Bei nassem Wetter und Schlüpfrigkeit der asphaltierten Straßen kommt es vielfach vor, daß die schweren, dem Verkehr dienenden Motoromnibusie bei der geringsten Schwenkung mit ihren Hinterrädern ins Rutschen geraten. Anläßlich eines solchen Vorkommnisses ist die Klägerin dadurch verunglückt, daß der die zum Teil von der Natur selbst dargeboten werden, als Maschinen bezeichnet werden. Etwas anderes ist das erste Einsetzen einer eigentlichen Jngenieurkunst, als deren großer Pionier ziemlich auS- schließlich Archiinedcs gegolten hat. Der Hebel und seine Wirkungen waren schon lange vor ihm bekannt, er aber erfand die Hebelgesetze und schuf damit das Fundament zu weiterem gewaltigenjFortschritt. Fast vergessen neben ihm ist einer seiner Zeitgenossen, namens Chesibius, von dem eine auS Bronze verfertigte Pumpe herstammen soll, die sich im Britischen   Museum befindet und von Ellington in einem Vortrag vor dem Londoner   Institut der Maschinen- ingenieure als das älteste Exemplar einer eigentlichen Maschinen- konstruktion bezeichnet worden ist. Chesibius war ein einfacher Barbier in Alexandria   und lebte im dritten Jahrhundert v. Chr. UcbrigenS hatte auch ArchimedeS eine Art von Pumpe erfunden, bei der eine Schraube zur Hebung des Wassers benutzt wurde. Die Pumpe von Chesibius scheint aber ihre Zwecke bester erfüllt zu haben als die von ArchimedeS  , da ähnliche Pumpen, wie Aus- grabungen bewiesen haben, zur späteren Römerzeit vielfach in An- Wendung gewesen sind. Die Lebensdauer ber Ehelichen und der Unehelichen. Daß die Säuglingssterblichkeit unter den unehelid) geborenen Kindern be- deutend stärker wütet als unter den ehelich geborenen, ist eine be» kannte Tatsache. Von je 199 Lebendgeborenen starben im Jahre 1998 in Deutschland   im ersten Lebensjahre bei den Ehelichen 16,8, bei den Unehelichen dagegen 28,5. Aber die Benachteiligung der Kinder der Liebe" hört mit dem Säuglingsaltcr nicht auf, wie Untersuchungen von Prof. Othmar Spann   in Bonn   ergeben haben, die dieser auf Grund der Musterungslisten der Stadt Frankfurt   a. M. angestellt hat. Danach waren in den den unter- suchten militärischen Musterungsjahren entsprechenden 12 Geburts» jahrgängen 1879 1881 2683 Knaben unehelich geboren. Von diesen 2683 kamen, unter Berücksichtigung gewisser das Bild fälschender Umstände, nur 487 zur Stellung, was ungefähr gleichbedeutend mit Erreichung des zwanzigsten Jahres ist. Das sind auf 1999: 181,5. Nimmt man an, daß etwa 15 Proz. der Unehelichen legitimiert wurden, �also in dieser Aufstellung nicht mehr erscheinen, so erhöht sich der Satz auf 213,6 pro Mille. Von den ehelich Geborenen ge- langten 4669 wirklich zur Stellung, d. h. auf je 1999: 669,5. Bringt man von dieser Summe wiederum die später legitimierten Unehe- lichcn in Abzug, so ergibt sich bei den Ehelichen ein Promillesatz von 649,1 derer, die das zwanzigste Lebensjahr erreichen, gegen 213,6 bei den Unehelichen, also fast genau der dreifache Betrag. Diese Be- rechnungen werden auch insofern von den Tatsachen bestätigt, wie Dr. Spann in demZentralblatt für Vormundschaftswesen, Jugendgerichte usw." mitteilt, als in der Frankfurter   StellungS- bevölkerung sich nur 3,39 Proz. Uneheliche befinden gegenüber 12 Proz. unehelich Geborener unter den überhaupt Geborenen. Diese Zahlen beleuchten recht deutlich das traurige Schicksal der armen vaterlosen Kinder; sie bilden eine schwere Anklage gegen unsere heutige Gesellschaftsordnung. Humor und Satire, William II  . Herr Bonn   schwang sich grimm aufs Manegeroß, Und ritt eine forsche Attacke: Omnibus, den sie gegen Lösung eines Fahrscheins benutzte, be» dem Versuche, um einen Kohlenwagen herumzufahren, weiter- rutschte, an einen Laternenpfahl anfuhr und gegen ein HauS schlug. Die von ihrem Ehemann erhobenen Ansprüche sind in einem Vorprozesse abgewiesen worden, weil nach ihrer Behaup- tung die Schäden in der der Klägerin selbst entstandenen Erwerbs- einbüße bestehe. Und zwar hat die Klägerin behauptet, daß sie doppelt eigenen Erwerb gehabt habe, dem sie jetzt nicht mehr nach- gehen könne. Sie habe aus der von ihr betriebenen Hosen- fabrikation jährlich 1999 M. verdient und 1999 M. jährlich durch ein Pensionat. In der nunmehr erhobenen Klage sind ihre Ansprüche vom Landgericht Berlin   dem Grunde nach als gerechtfertigt anerkannt worden. Das Kammergericht zu Berlin   hat die Entsckieidung des Landgerichts gebilligt. In den Entscheidungsgründen dazu erflärt das Kammergericht, daß die beklagte Omnibusgesellschaft zu haften habe, wenn den Führer des betreffenden Motoromnibusses ein Per- schulden treffe. Ein solches Verschulden des Wagenführers fei als dargetan anzusehen. Wie die Zeugen bekunden, sei der Führer trotz der schlüpfrigen Straße in gewöhnlicher Geschwindigkeit um den Kohlenwagen herumgefahren. Wenn er das getan habe, trotz- dem er sich sagen mußte, daß der Omnibus bei der Nässe der Straße gleiten werde, so liege darin eine sein Verschulden be- gründende Fahrlässigkeit. Das sei deshalb um so mehr der Fall, weil er bereits drei Wochen lang den Omnibus geführt habe und das Gleiten der Hinterräder schon mehrfach miterlebt haben müsse. Für dieses Verschulden ihres Angestellten aber hafte die beklagte Gesellschaft wie für eigenes Verschulden(Z 278 B. G. B.). Die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Kammergerichts eingelegte Revision ist vom Reichsgericht zurückgewiesen worden. (Alt.-Z. VII. 596/19. Urteil vom 20. April 1911.) Vom Spandauer   Schöffengericht. Am 11. Februar er. veranstaltete der sozialdemokratische Wahl­verein für Falkenhagen und Umgegend im Nicolaisd)en Lokal sein Stiftungsfest. Nicolai kam um eine Erlaubnis zur Abhaltung der Veranstaltung nicht ein, da es sich um eine geschlossene Ge- sellschaft handelte. Neun Tage vor dem Vergnügen wußte auch die Polizei bereits von der bevorstehenden Veranstaltung durch eine in ihren Besitz gelangte Eintrittskarte. Sie traf aber nicht etwa Anstalten, dem Wirt Verhaltungsmaßregeln zu geben, um eine Uebertretung zu verhindern, was doch die erste Pflicht� der Polizei ist, sondern wartete bis zwei Tage nach dem Vergnügen und ließ dann im ganzen Dorf recherchieren, ob auch dem Wahl- verein Fernstehende das Vergnügen besucht hätten. Da erwischte sie zu ihrer Freude drei Mädchen, die dem Wahlverein nicht an» gehörten und denen am Abend des Vergnügens in einem Neben- zimmer Eintrittskarten verkauft worden waren. Flugs bekam Nicolai ein Strafmandat über 15 M., weil er eine öffentliche Tanzlustbarkeit nicht angemeldet hatte. Dieser erhob Einspruch und machte vor dem Schöffengericht durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt Theodor Liebknecht   geltend, daß er an dem frag. lichen Abend dem Wahlverein sein Lokal zur Verfügung gestellt habe, und dieser auch verantwortlich für dasselbe sei. Er habe, so gut es sein Geschäft erlaubte, auch die Kontrolle mit versehen. Wenn die drei Mädchen auch erst an dem Abend des Vergnügens ihre Karten erhalten hätten, so wäre er dafür nicht verantwort- lich. Befremdend sei das Verhalten der Polizei, in welchem man nur eine Schikane erblicken könne. Das Gericht sprach den Be» schuldigten frei, da ein sicherer Beweis dafür, ob das Vergnügen öffentlich gewesen sei oder nicht, nicht erbracht war; auch dafür nicht, daß Nicolai sein Lokal zu einem öffentlichen Vergnügen hergegeben hatte. Es konnte nicht von ihm verlangt werden, daß er während des ganzen Abends die Kontrolle ausübe, da er auch sein Geschäft versehen müsse. Dann sei es aber auch gerichts- bekannt, daß bei derartigen Vergnügungen nur die Hälfte ein- geladen wird, während die anderen ihre Karten erst an dem Abend des Vergnügens lösen, damit sei aber die Veranstaltung noch keine öffentliche., Wegen Unterschlagung amtlicher Gelder verurteilt« am Donnerstag die Strafkammer zu Erfurt   den Polizeikommisfar Töenniges in Erfurt   zu zwei Jahren Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust. Töenniges kam mit feinem Gehalt nicht aus, weil er sich verschiedene Liebschaften hielt, die ihm viel Geld kosteten, obwohl er verheiratet war. Deshalb vergriff er sich au ihm aw, vertrauten amtlichen Geldern._ Dem nörgelnden kritischen Schwarzsehertroß Verdrosch er gehörig die Jockel Bei Scherl, unserm August, ließ er, husch, husch, Die Peitsche der Züchtigung pfeifen, Ein Richard der Dritte, direkt aus dem Busch, Und hoppste durch Holzpapier-Reifen. Da wächst kein Gras mehr, wo Ferdinand haut! Die Folgen waren barbarisch: Die armen Gepeitschten erklärten ihn laut Für(lache nicht. Plebs I) literarisch! Sie flehten ihn an, nicht weiterznhaun, Sie lobten sein schneidiges Reiten Und priesen den närrischen ZirkuSclown Als William Shakespeare   den Zweiten. Nun hatte sein Herz, was es lange begehrt! Und als sie's ihm schriftlich gegeben, Da sprang er herunter vom schwitzenden Pferd Und schonte ihr Schwarzseherleben. Stolz schritt er nach Hause voll rüstiger Kraft, In Zukunftsprojekte versunken. Und hat dort mit Shakespeare Duzbrüderschaft Am klopfenden Tische getrunken. Seitdem spricht er immer von S h a k« s p e a r««td ich*1! Doch wird er in sieben, acht Tagen (Nicht, Spiegelberg Bonn, wir kennen Dich?) Nur»Ich und Shakespeare  " noch sagen... _ Michel. Nottzen. DaS deutsche Einheitsband. ES gibt kein« Dummheit und Verrücktheit, die nicht von der nationalen deutschen Studentenschaft als heiligste deutsche   Sache proklamiert wird. Der Kampf für die Einführung der Lateinschrift hat die nationalen Studentengeister bis zum Furor erhitzt. Das deutsche   Volk soll in seinen heiligsten Gütern bedroht sein. Köstlich ist in der studentischen Resolution die Stelle: Die deutsche Schrift ist da? einzige sichtbare Band und neben der Sprache das eigentlichste äußere Wahrzeichen, das alle deutschen   Stämme verbindet. Wir ineinen, die nationale Phrase und der chauvinistische Humbug sei ein noch viel sichtbareres Wahrzeichen. Ferngespräche im Eisenbahn zuge. In Strat- ford on Avon, dem Geburtsorte Shakespeares, wurde eine Erfindung erprobt, die eS gestattet, eine telephonische Verbindung zwischen dem fahrenden Zuge und einer Station außerhalb herzustellen. ES ge- lang, von der Station aus sich mit dein Zuge drahtlos zu unterhalten. Dänemarks   Einwohnerzahl. Nach dem jetzt vor- liegenden genauen Ergebnis der allgemeinen Volkszählung in Däne- mark beträgt die Einwohnerzahl des Landes 2 756 873 Personen. In den letzten 5 Jahre hat die Bevölkerung um 168 999 Seelen zu- genommen. Kopenhagen   zählt zusammen mtt der Vorstadt FredrikS- borg 550 502 Einwohner.