untere Beamte, geheime Abstimmung bei den Gemeindewahlen, Ge« meindewahlrecht der Vollsschullehrer, Wegeordnung für die Rhein- Provinz , Umzugskosten der Volksschullehrer, Naturdenkmalspflege, Behandlung von Dissidentenkindern usw. Den Kommissionen find überwiesen worden die Gesetzentwürfe über Wegereinigung, zur Be- kämpfung deS LoSschwindelS, die Zweckverbandsgesetze, die Bus- führungsbestimmungen zum Zuwachssteuergesetz, daS Feuer- bestattungsgesetz, der Entwurf über die gewerblichen FortbildungS- schulen, der Entwurf über den Ankauf von Fischereiberechtigungen durch den Staat, die Wegeordnung für Ostpreußen , der Entwurf über die Regelung der Anliegerverhältnisse an Eisenbahnen sowie sechs Anträge und einige Rechnungssachen. Ferner liegen vier PetitionSberichte der PetilionSkommission vor. Im Reichstage find in zweiter Lesung vom Plenum zu beraten daS HauSarbeitsgesetz, die Novelle zur Gewerbeordnung, die Reichsversicherungsordnung mit dem Einführungsgesetz und dem HilfS- soilengesetz, der Entwurf über die elsaß -lothringische Verfafiungsstage, daS Schiffahrtsabgabengesetz, das Kurfuichergesetz, der Entwurf über den PatentauSführungSzwang, der Entwurf über den obersten Kolonial- gerichtshof, die Fernsprechgebührenordnung, der Entwurf über die UmzugSkosten der Kolonialbeamten. In dritter Lesung wären zu beraten das Arbeitskammergesetz und die kleine Strafgesetznovelle. Ferner ist die neue Strafprozeßordnung zum größten Teil noch in zweiter Beratung zu erledigen, der sich die dritte Lesung anschließen wird. Noch gar nicht beraten sind einige kleine Gesetze, wie der Entwurf über die Schiffsmeldungen im Auslande. Dem Reichstage zugehen sollen noch das Privatbeamtenversicherungsges etz und der deuffch-schwedische Handelsvertrag. Was wird hiervon noch im laufenden Jahre erledigt werden? Falsche Sparsamkeit der preußischen Eisenbahn- Verwaltung. In der Nacht vom 80. September auf den 1. Oktober v. I. war auf der südlichen Kölner Umgehungsbahn ein Güterzug auf einen anderen aufgefahren; zwei Zugbeamte wurden verletzt; der Material- schaden betrug 8300 M. Der Oberbahnasfistent a. D. SchiffcaS be- kündete als Sachverständiger, daß die Einrichtungen an der Unfall- stelle damals nur provisorisch gewesen seien; das Provisorium habe fast ein Jahr gedauert. Die nicht etatsmäßig Angestellten hatten auf 1000 Meter 17 Gleise mit den dazu gehörigen Weichen zu übersehen; der Fahrdienstleiter mußte außerdem vier Morseapparate, fünf Telephone und einen Blockapparat bedienen. Eine solche Arbeitszuweisung sei entweder auf ungenügender Instruktion durch den Dezernenten oder auf Sparsamkeit zurückzuführen; mindestens hätte noch ein Telegraphist dem Beamten zur Seite stehen müssen. Der Fahrdienstleiter wurde freigesprochen; der andere An- geklagte wurde zu ö M. Geldstrafe verurteilt. Zentrumsparade. In dem ZentrumZpresse wird zur Teilnahme an dem Parteitag de? Zentrums eingeladen, der bekanntlich offiziell den Titel.General- Versammlung der deutschen Katholiken" führt. DaS Paradespiel findet diesmal in Mainz vom S. bis 10. August statt und soll in Anbettacht der kommenden ReichStagswahlen besonders packend ge« stalttt werden. In dem Aufruf heißt es denn auch: .Daß der E r n st d e r S t u n d e, den kein EinficktSvoller sich verhehlen kann, den festen Zusammenschluß aller Katholiken, ja aller, die noch christlich denken und empfinden, erheischt, bedarf keiner näheren Begründung. Darum wollen wir uns erneuern in dem Gelöbnis, umern katholischen Glauben in keiner ganzen Rein- heit zu bewahren, zu betätigen und zu verteidigen. Wir wollen uns erneuern in dem Geiste des Gehorsams und der Treue gegen du» Apostolischen Stuhl und unsere Oberhirten. Wir wollen auch gemeinsam prüfen und beraten, was uns zu dm obliegt in der mannigfachen Not der gegenwärtigen Zeit zum Wohl der Kirche und zum Heil für unser Vaterland." Der schwarze Schrecken in der bayerischen Oberpfalz . Der Regierungsbezirk Oberpfalz war bisher eine der sichersten Hochburgen des Zentrums. Sämtliche Mandate sowohl für den Reichstag als für den Landtag sind in ZentrumSbesitz. Aber durch die letzten politischen Missetaten der Partei für Wahrheit, Freiheit und Recht ist selbst diese lammgeduldige Bevölkerung stutzig geworden. Da und dort fängt eS leise an zu rebellieren. Die Bevölkerung ver- hält sich nicht mehr so abweisend gegen unS. Ueberall zeigt sich. daß Interesse für unsere Partei vorhanden ist. DaS ist für die Zentrumsgeistlichkeit Grund genug, noch schärfer als bisher ihre fast unumschränkte Macht auszuüben, um zu ver- hindern, daß durch uns Aufklärung in jene Kreise ge- rragen wird. All die belannten Mittel: Saalabtreiberei, Mißbrauch der Kanzel und des BeichstuhlS. BrotloSmachung Anders- gesinnter usw. werden rücksichtslos und in verstärktem Maße an- gewendet. Dabei leihen auch die Behörden hilfreiche Hand, und so arbeiten Klerisei und Beamtentum einträchtig zusammen, um den wackeligen ZenttumSturm vor Anfechtungen zu bewahren. Am Sonntag fand in Weiden eine sozialdemokratische� Partei« lonferenz statt, die sich mit der Frage der Agitation und Stellung- nähme zu den kommenden ReichStagswahlen beschäftigte. Man hörte erbauliche Geschichten über den schwarzen Terroriomus in der Ober- Pfalz. Die ZentrumSpreffe und die Zentrums agitatoren arbeiten mit den gröbsten Lügen und Entstellungen und setzen� alle Hebel in Bewegung, um zu verhindern, daß die Sozialdemo- kraten stch dagegen verteidigen können. ES sei nur einiges aus dem reichhaltigen Material angesührt, daS von den Delegierten vorgebrach: wurde. Ein Wirt in einem oberpfälzischen Städtchen hatte im vorigen Jahre uns sein Lokal selbst angeboten. Als von diesem Angebot Gebrauch gemacht werden sollte, erklärte er:.Wenn ich Euch mein Lokal gebe, bin ich meines Lebens nicht mehr sicher". Man hat ihm u. a. auch gedroht, ihm die Postagentur zu nehmen, was seinen Ruin bedeuten würde. Die Sozialdemo- .'raten können in der ganzen Stadt kein Lokal bekommen; wenn sie zusammenkommen wollen, müssen sie nach auöwärtö gehen. In einem anderen Orte hat der Wirt gleichfalls sein Lokal zugesagt, eS aber hinterher verweigert mit der Bemerkung, er sei geschäftlich vernichtet, wenn er den Saal zur Verfügung stelle. Es stellte sich heraus, daß der Geistliche mit allerlei Ermahnungen und Drohungen gearbeitet hatte. Unzählig sind die Fälle, daß. wenn in einem Orte ein sozial- demokratisches Flugblatt verteilt wird, der Geistliche oder einer seiner Trabanten hinter den Verteilern einhergeht und eS wieder einsammelt, ehe die Leute eS lesen können. Während man u»S alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg legt, macht eS sich der Geistliche recht leicht mit dem Einberufe» von Bersamm- lungen. Er schickt, wenn eS ihm gefällt, den Polizeidiener herum und läßt zur Versammlung einladen, ohne sie anzumelden. Die Behörden lasten ihn ruhig gewähren. Ost begnügen sich die Geist- lichen nicht mehr damit, uns die Lokale abzutreiben, sondern sie suwon auch dort, wo Versammlungen zustande kommen, diese zu sprengen, wobei sie sich mitunter selbst an die Spitze der Spreng- koloniien stellen. Die halbwüchsige Jugend, die die Geistlichen in de» sog. Burschenvereinen saimneln,>vix&_ in der unverantwortlichsten Weise aufgehetzt und fanatisiert, wosür� ein Redner selbsterlebtc drastische Beispiele rnffiihrte. Er mußte von FeicrtagZschülern Reden hören wie:»Den Rotei� bringen wir noch um!" und»Den roten Lumpen schmeißen wir die Treppe ninter, daß er den Hals bricht." Die Verhetzung hat eS b-retts so weit gebracht, daß schon ein ziemlicher Grad von Mut dazu gehört, in jenen Gegenden die Stelle eines sozialdeinokratiichen Vertrauens- lnauneö zu übernehmen. Es wird alles aufgeltkciidet. um ihn nicht nur brotlos zu machen, sondern auch auS dem Orte hinauSzubriugen. »je Unternehmer werde» bearbeitet, derartige Personen zu entlassen; man steckt sich hinter die Hausbesitzer, den„Sozis" keine Dohmmg zu geben; ja, es kommen sogar Versuche vor, ihnen die Versorgung mit Nahrungsmitteln abzutreiben. So teilt ein Delegierter mit, daß er wegen seiner Tätigkeit in der ganzen Umgegend keine Milch mehr für seine Familie bekommen kann. Die Konferenz nahm folgende Resolution gegen den Zentrums- terror einstimmig an: „In der heutigen Konferenz wurde von allen Rednern in der glaubwürdigsten Weise versichert und durch die festgestellten Tat- fachen bestätigt, daß in vielen Orten der Oberpfalz von Geistlichen und Bürgermeistern durch Abtreibung der Säle und andere Mittel das Versmumlungsrecht außerordentlich beschränkt, in manchen Orten völlig illusorisch gemacht wird. Gegen diesen TerroriSmuS von im Dienste des Zentrums stehende» Geistlichen und Bürger- meistern erhebt die Konserenz den schärfsten Prolest und verpflichtet sich, dieser Vergewaltigung durch vermehrte Agitation in Wort und Schrift mit aller Energie entgegenzutreten." Rheinischer»ationalliberaler Parteitag. Die nationalliberale Partei der Rheinprovinz hält am 27. und 28. Mai in Saarbrücken einen Parteitag ab. Der sogenannte „Arbeitsplan" ist folgendermaßen festgesetzt: Sonnabend. 27. Mai, nachmittags 2 Uhr: Sitzung des Provinzialvorstandes; 4 Uhr: Ver- treterversammlung(nicht öffentlich); abends Sy, Uhr: KommerS.— Sonntag. 28. Mai, vormittags 11 Uhr: Parteitag<öffentlich), Redner: Reichstagsabgeordneter Basscrmann; nachmittags 2'/, Uhr: Gemeinsames Esten.— Montag, 29. Mai, vormittags, Ausflug nach den Spicherer Höhen und patriotische Feier. Das nennt man einen„Arbeitsplan", richtiger wäre Festplan, denn den weitaus größten Teil der Tagung nimmt, wie man steht, das„Feiern" in Anspruch. _ Unternehmer-Wortbruch im Kampf um de» Arbeitsnachweis. In Offenbach wurde mit Beginn des neuen Jahres der für den Landkreis bestehende staatliche Arbeitsnachweis mit dem in der Stadt selbst vorhandenen kommunalen Arbeitsnachweis vereinigt. Die freien Gewerkschaften erklärten sich bereit, auch ihrerseits diesen Arbeits- Nachweis zu benutzen und gaben infolgedesien ihre gut funktionierenden Branchenarbeitsnachweise auf. Voraussetzung dafür war natürlich völlige Parität, die auch vom Kreisamt zugestanden wurde. Dazu gehörte auch, daß von de» beiden Beamten deS Arbeitsnachweises einer von den freien Gewerkschaften vorgeschlagen und ernannt iverdcn sollte. Bei der Wahl des zweiten Beamten— der erste war schon von Arbeitgeberseite eingestellt— die vom Verwaltungs- ausschuß des Arbeitsnachweises vorgenommen wurde, stimmten die beiden Arbeitervertreter fiir die Kandidaten der Gewerkschaften, die beiden Arbeitgebervertreter jedoch für einen Gelben, während fich der von der Städleverwaltung eingesetzte Vorsitzende des Verwaltungs- ouSichusses in übel verstandener Unparteilichkeit der Stimme enthielt. Darauf entschied das vom Vorsitzenden gezogene Los für den Gelben. Da die Offenbacher Gewerkschaften nun durch ihr Kartell erklären ließen, daß sie an dem so gestalteten Arbeitsnachweis lein Jnlereste mehr hätten, lehnte die Offenbachcr Stadtverordnetenversammlung, die bekanntlich eine sozialdemokratische Mehrheit hat, die Bewilligung des Gehalts für den danach unnötig gewordenen zweiten Beamten ab. Die christlich organisierten Arbeiter, die sich bisher um den Arbeitsnachweis überhaupt nicht kümmerten, sahen sich nunmehr zu einer„Protest- bewegung' gegen den„sozialdemottatischen Terrorismus" veranlaßt und behaupteten in einer Resolution unwahrerweise, die freien Gewerkschaften wollten den Arbeitsnachweis dazu benutzen, nicht- organisierte Arbeiter brotlos zu machen. Wenn Kreisrat und Bürgermeisterei nicht den Weg zur Ber- ständigung mit den Gewerkschaften finden, wird der kommunale Arbeitsnachweis Offenbachs völlig in die Brüche gehen. Berichtigung. Die Leitung des vor einigen Monaten gegründeten „Deutschen Schifferbundes" ersucht uns um Mitteilung. folgender Resolution, die der geschäftsführende Ausschuß in einer Sitzung am 20. April angenommen hat: Der LandragSabgeordnete Dr. Liebknecht hat in der Sitzung vom 23. Februar d. I. ausgeführt: „In neuester Zeit— am 23. Januar 1S11 ist ein Reichsverband deutscher Schiffervereine gegründet worden, ein„nationaler Schifferbund". Zn dieser Gründung sind Mitglieder aller Parteien, nur nicht der Sozialdemokratie eingeladen worden. Man will mit diesem Bund den sozialdemottatischen Bestrebungen innerhalb der Schifferbevölkerung möglichst viele Schwierigkeiten bereiten. Ja, meine Herren, eö wird Ihnen das schwerlich gelingen." Diesen Ausführungen gegenüber sei zunächst festgestellt, daß Herr Dr. Krüger, dem die Vorbereitung der Delegiertenversammlung vom 28. Februar d. I. übertragen war, sich persönlich in den Reichstag begeben hat, um Herrn Abgeordneten Robert Schmidt- Berlin einzuladen. Da Herr Schmidt in, Reichstage nicht anwesend war. hat Herr Dr. Krüger ihm sofort einen handichristlichen Rohr- postbrief gesandt. Wir bedauern die Erklärungen de« Herrn Abgeordneten Dr. Liebknecht, die ja, wie sich aus dem oben Gesagten ergibt, nur durch oberflächliche Information zustande gekommen sind, uin so mehr, als wir uns grundsätzlich von jeder Parteipolitik fern halten und unsere Haltung lediglich durch das Bestreben dittiert wird, dem Privat- schifferstande in seinem schweren sozialen und wirtschaftlichen Ringen zu helfen und ihm seine Selbständigkeit zu wahren. Oertemicb-Ungarn . Der uugarische Wahlrech tslampf. Budapest , 25. April. Die Parteikonferenz der Justh- Partei faßte den Beschluß, eine ihr innerhalb oder außer- halb des Parlaments im Kampfe für das allgemeine, gleiche und geheime Stimmrecht angebotene Unterstützung mit Freuden anzunehmen. Allgemein faßt man diesen Beschluß so auf, daß zwischen der Justhpartoi und den Sozialisten ein gemeinsames Vorgehen in der Wahlrechtssrage in Aussicht genommen ist. Ein Pogrom in Gallzie». Lemberg , 2ö. April. AuS Kazow bei Nhnow ist die Nachricht von judenfeindliche u Ausschreitungen eingettoffcn. Militär wurde requiriert. Der Vertreter der Statthalterei ist nach Kazow abgereist. Nach Wiederherstellung der Ruhe ivnrde daS Militär ab- berufen, eine Gendarmerieabteilung bleibt am Orte zurück. 29 Personen, welche die Bauern aufgereizt hatten, wurden als Rädelsführer verhaftet. franfcmcb. Die Wiedereinstellung der Eisenbahner. Paris , 25. April. Tie Präsidenten und Direktoren der Bahngesellschaften hielte» gestern eine gemeinsame Versammlung ab zur Beratung der Forderung der Re- g i e r u n g, die Eisenbahnbediensteten wieder anzustellen. Der Berichterstatter erklärte, daß die Fassung eines endgültigen Beschlusses erst nach der Generalversammlung der Aktionäre möglich sei. Der Ministerpräsident und der Minister der öffentlichen Arbeiten hätten den Wunsch ausgesprochen, dem- nächst Vertreter der Bahngcsellfchaften zn empfangen. Diese würden dem Minister eine Erklärung über ihre Halttmg geben und darlegen, daß sie im Interesse der Sicherheit deS Publikums in ihrem Wohlwollen gegen die entlassenen Be- diensteten nicht soweit gehen könnten, wie die Re- gierung es wünsche. Sngianck. Die OberhauSreform. London , 25. April. Im Unterhaus schreitet die Debatte über die zweite Klausel der Parlamentsbill. die das Vetorecht der Lords in der allgemeinen Gesetzgebung einschänkt, nur langsam vorwärts, obwohl die Sitzungen ver- längert worden sind. Die Oppositton hat eine Reihe von Zusatzanttägen eingebracht, die Home Rule und verschiedene andere Maßnahmen von der Anwendung der Parlamentsbill ausschließen; aber die Regiernng erklärte, keine Aus- nahmen anzunehmen, und alle Zusatzanträge wurden abgelehnt. Türkei . Die Spaltung unter de» Jungtürke ». Konstantinopel , 24. April. Die für heute erwartete Wahl deS neuen Bureaus der jungtürkischen Kammer- Partei ist auf morgen verschoben worden. Die Anhänger T a l a a t S und D s ch a v i d S scheinen sich zu bemühen, die Wieder- wähl Talaats durchzusetzen. Dagegen erklären die Führer der Dissi- deuten, daß sie mehr denn je entschlossen seien, den Kampf zur Brechung der Oligarchie, welche bisher in ber Partei herrschte, weiterzuführen. ES bestätigt stch, daß die Bewegung durch einen Geheimbund geleitet wird, dessen Anhänger im Hause deS Obersten Sadik vereidigt worden sind. Das 5ttiegsgericht hat heute abend an die Zeitungen die Aus- forderung erlassen, aufhetzende Publikationen zu unterlassen, da durch die letzte Zeitungspolemik die Gemüter in Konstantinopel er- regt worden seien. Gerüchtweise verlautet, daß der frühere Groß- wesir Kiamil Pascha, welcher stch in Smyrna aufhält, hierher berufen worden sei. Man spricht auch von der Berufung des Prinzen Salah Sddin. Sicherem Vernehmen nach wurde Oberst Sadik, in bestem Hause die Mitglieder des GeheimbuudeS vereidigt wurden, vom Kriegsministerium aufgefordert, Konstantinopel zu ver- lassen und in seine Garnison Monastir zurückzukehren. Der Oberst soll diesem Befehl bisher nicht Folge geleistet haben. Marokko. DaS Borgehe» Frankreich ». Casablanea, 25. April. General M o i n i e r hat den Be- fehl erhalten, an die benachbarten Stämme Pro- klamationen zu erlassen, um ihnen den Vormarsch der scherifischen Kontingente und der französischen Truppen an- zuzeigen. Er soll erklären, Frankreich beabsichttge nicht, neue Landstrecken zu besetzen, sondern nur die Harka zu unter- stützen, damtt sie den bedrohten Fremdenkolonien er- folgreich Hilfe leisten und die Ordnung unter der Ober- Hoheit des Sultans wiederherstellen könne. Frankreich lverde sich der weiteren Brandschatzung und wetteren Gewalt- tätigkeiten, wie sie von der eingeborenen Behörde den Stämmen zugefügt worden seien, widersetzen. Wenn die Stämme den Aufstand beendeten, würden die französischen Truppen nicht weiter vorrücken; im entgegengesetzten Falle würden sie jedoch gezwungen sein, das Land zur Ruhe zu bringen und die Anstifter des AufstandeL schivcr zu besttafen. Die Stämme werden ferner aufgefordert werden, an Elmranr, General Montier oder an den Befehlshaber der fliegenden Kolonne Abgesandte zu schicken, die ermächtigt sind, tm Namen der.HM/ime PeMi.chtMgen, einzugehen. Ei» Gegeusalt»»? Langer, 26. April. Nach einer Meldung aus Rabat vom 24. d. MtS. sind dort Briefe aus Mekines eingetroffen, denen zu- folge Mulay el Zin, ein Bruder Mulay HasidS, dort zum Sultan proklamiert worden ist. Die Warenlager wurden von Zemmurs geplündert, wobei mehrere jüdische Kauf- leute erschlagen wurden. Die Situation in FeS. Tanger , 25. April. Aus FeS wird vom 18. April gemeldet, daß dieser Tag ruhig verlaufen ist. Eine große Menge von Lebensmitteln, Mehl, Vieh und Kohlen, find in die Stadl hineingekommen, ebenso 800 Hayama«. die dem Machfen ihre Hilfe anboten. Am 19. April griffen die Uled Djamaa in einer Stärke von 2000 Mann die Stadt im Norden an, wurden aber nach an- haltendem Gewehr- und Artilleriefeuer zurückgeschlagen. Die Truppen des Machfen hatten unbedeutende Verluste. Die euro - päischen Konsuln haben in gemeinsamer Beratung beschlossen, ihren Staatsangehörigen zu raten, FeS zu verlassen, sobald der Weg nach Tanger frei sein würde. Von der Mahalla Brömond sind Briefe vom 22. April eingetroffen. Es bestätigt sich, daß die ZemmurS in MelineS eingerückt sind und Mulay e l gin zum Sultan ausgerufen haben. Amerika. Ein Polizeiattentat gegen die GerwerkschaftSbewegung. Im Ottober vorigen Jahres fand ein mysteriöses Dynamit» attentat gegen das Redaktionsgebäude eines ScharfmacherblatteS, der„Timeü" von Los Angeles in Kalifornien statt. Im Anschluß daran begann eine Hetze gegen dieGewerkschaftSführer. die beschuldigt wurden, das Attentat, bei dem zwanzig Menschen unis Leben kamen, veranlaßt zu haben. So blödsinnig diese Be- schuldigung war, die korrupte Beamtenschaft war den Scharfmachern zu willen und leitete eine Untersuchung ein. Vor kurzem wurden die Führer des Eisenbahnarbeiterverbandes Me. M a n a r a und Otto Mc. M a n i g e l als Anstifter verhaftet. Die Polizeistrolche verbreiteten das Märchen, daß sie einer weitverbreiteten Ver- s ch w ü r u n g auf die Spur gekommen seien, deren Leiter, zu denen auch die Verhafteten gehören tollen, die Absicht hätten, dle Unter- nehmer mit allen Mitteln der Gewalt den Forderungen der Gcwerk« schaften gefügig zu machen. Gegenüber diesen hirnrissigen An- schuldigungen erklart G o m p e r S, der Präsident der Federation of Labor, daß die kalifornischen Polizisten ein Komplott gegen die Arbeiterschaft angezettelt haben. Die Art der Verhaftung der Arbeiterführer sei em S k a n d a l. Mc. Manigal sei in Detroit , wo der Detektiv ThomaS Recd ihn arretierte, zehn Tage lang in dessen Wohnung eingesperrt gehalten worden und dort der Inquisition smethode unterworfen worden, die unter der harmlosen Bezeichnung„der dritte Grad" bekannt sei, in Wahrheit aber auf die Tortur hinauslaufe. Das Gericht selbst hat nun diese Beschwerden anerkennen müssen und daS Vorgehen gegen die Arbeiterführer für ungesetz» lich erklärt. Demgemäß verfügte das Gericht die Ber - Haftung des H i l f s st a a t S a n tv a l t S D r e lo in Los Angeles . deS Anwalts der Baumeistervereinigung und des Chauffeur? Fox wegen Entführung M a c N a nl a r a S. Die Arbeiterunion er- wirkte einen Gerichtsbefehl gegen die Einsichtnahme in die beschlag- nahmten Bücher. Der Staatsanwalt hielt gleichwohl feine Anklage aufrecht. In der amerikanischen Arbeiterschaft haben diese Vorgänge, die Snen so recht die freche Klassenherrschaft dt» Kapital» vor Augen hreo. ungeheure Erregung hervergemfe»
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten