Nr. 99. 28. Jahrgang.
2. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Die Bäcker vor dem Einigungsamt.
Am Donnerstag vormittag begannen die Verhandlungen der Bäcker vor dem Einigungsamt des Gewerbegerichts unter dem Vorsitz des Magistratsrats Schult. Als Vertrauensmänner der Arbeiter saßen die Genossen Körsten und Ritter, als Vertrauensmänner der Arbeitgeber die Herren Rahardt und Mischte im Einigungsamt. Der Andrang von Zuhörern war so start, daß der Verhandlungssaal im Gewerbegerichtsgebäude kaum ausreichte, um ihre Zahl zu fassen. Heshold begründete die Forderungen der Arbeiter. Bei der Lohnbewegung im Jahre 1907 handelte es sich in der Hauptsache um die Erringung eines wöchentlichen Ruhetages und die Beseitigung des Kost- und Logiszwanges. Eine Lohnerhöhung wurde nicht gefordert. Die inzwischen eingetretene bedeutende Verteuerung der Lebensverhältnisse rechtfertigt die jetzt aufgestellte Forderung eines tröchentlichen Mindestlohnes von 27 M., für Aushilfen 5 M. pro Tag, für Tagesfonditoren 6 M. pro Tag, aber für Sonnabend und Sonntag je 8 M. Ferner wird gefordert die 10ftündige Arbeitszeit, die in größeren Betrieben durch eine einstündige Pause unterbrochen werden soll. Den Arbeitern soll jede Woche ein Ruhetag gewährt werden. Diese bereits 1907 aufgestellte Forderung ist von einem großen Teil der Meister anerkannt. Von den etwa 6000 in Groß- Berlin beschäftigten Bäckergesellen haben 2800 den Ruhetag durch tarifliche Vereinbarung. Es handelt sich jetzt darum, daß der Ruhetag allgemein durchgeführt und der Kost- und Logiszwang beseitigt werde. Das läßt sich bei gutem Willen leicht machen. Die Meister, die den Ruhetag gewähren, find mit dieser Einrichtung sehr zufrieden. Es wird ferner ein paritätischer Arbeitsnachweis gefordert, sowie die Durchführung fanitärer Forderungen. Als ben prinzipiellen Teil der Forderungen bezeichnete Heshold den paritätischen Arbeitsnachweis, den Ruhetag, sowie die Beseitigung des Koft- und Logiszwanges. Das sind die Hauptpunkte der ganzen Verhandlung, die zuerst erledigt werden müssen. Wenn hierüber eine Einigung zustande kommt, dann wird die Verständi gung über die Lohnforderung und die sanitären Fragen teine Schwierigkeit machen. Ebenfalls von großer Wichtigkeit ist es, daß für den Fall eines Vertragsabschlusses hinreichende Garantien für die Durchführung des Vertrages durch die Meister gegeben werden, damit sich nicht wiederholt, was 1906 geschah, wo die Innungen den damals abgeschlossenen Vertrag nicht beachteten und derselbe dadurch hinfällig wurde.
Obermeister Schmidt erklärte, die Bewilligung der aufgestellten Forderungen bedeute für die Meister eine Mehrbelastung von 40-50 Broz. und werde viele Gristenzen zugrunde richten. Es treffe nicht zu, daß 2800 Gesellen den Ruhetag haben. Ein großer Teil der Meister, die 1907 unter dem Druck des Boykotts den Ruhetag bewilligten, tönnten ihn nicht halten. Die Gesellen arbeiten am Ruhetage gegen besondere Bezahlung. Der 11stündige Arbeits
freitag, 28. April 1911.
tag brauche nicht verkürzt werden, denn er werde ja durch Pausen Obermeister Schmidt erklärte hierauf, die Meister hätten die bon einer, in manchen Betrieben von 2-3 Stunden unterbrochen. ehrliche Absicht, einen unparteiischen Arbeitsnachweis einzuführen. ( Diese Angabe rief lebhaften Widerspruch bei den als Zuhörer an- Die Leitung solle eine Kommission von 6 Meistern und 6 Gesellen wesenden Gesellen hervor.) Der Inhaber eines Großbetriebes habe haben. Diese brauchten nicht den Gesellenausschüssen angehören, erklärt, wenn die Forderungen angenommen werden, müsse er den die Meister würden die Gesellenvertreter anerkennen, die von den Betrieb schließen, denn er könne die Mehrbelastung nicht tragen. Gesellen bestimmt werden. Den Vorsiz könne abwechselnd ein Der Ruhetag fönne nicht durchgeführt werden, wenn er nicht durch Meister und ein Geselle führen. Wenn die paritätische KomGesez festgelegt werde. Der Arbeitsnachweis müsse in den Händen mission sich über einen Streitfall nicht einigen fönne, dann solle der Innung bleiben, doch solle auch den Gesellen eine Vertretung ein Mitglied des Gewerbegerichts oder der Gewerbedeputation entin der Arbeitsnachweistommission zugestanden werden. Für die scheiden. Beibehaltung des Kost- und Logiszwanges hätten die Meister kein Interesse, es müsse ihnen aber gestattet sein, Soft und Logis zu geben, wenn der Geselle es wünscht. In allernädyster Zeit werde die Zwangsinnung in Berlin in Kraft treten. Sie werde ihre Mit glieder zur Durchführung der Vereinbarungen verpflichten und glaube, dadurch die geforderte Garantie geben zu können. Auf Vorschlag des Vorsitzenden Schult wurden zunächst die von Hehschold als den prinzipiellen Teil der Forderungen bes zeichneten Punkte verhandelt. Als erster Verhandlungsgegenstand kam der Arbeitsnachweis an die Reihe.
Altmeister Müller erklärte, der Arbeitsnachweis folle so eingerichtet werden, wie es die Innungen 1906 versprochen haben: Es solle ein Arbeitsnachweis der Innung bleiben, der unter Aufficht einer aus Meistern und Gesellen zusammengesetzten Kommission stehe... Nach einer späteren Ausführung des Meisters Rappsal sollen aber nur Mitglieder des Gesellenausschusses der Kommission als Gesellenvertreter angehören und ein Meister soll den Vorsitz führen.
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Schneider und Hebschold erklärten diesen Vorschlag der Meister für unannehmbar. Das sei kein paritätischer Arbeitsnachweis, sondern dieselbe Einrichtung, die 1906 zum Bruch des Vertrages führte, weil auch damals entgegen den Vertragsbestim mungen der Arbeitsnachweis nur im Interesse der Meister gehands habt und der durch Vertrag beseitigte Kost- und Logiszwang durch die Art der Arbeitsvermittelung tatsächlich wieder eingeführt wurde. Nach dem jetzigen Vorschlage der Meister würde es dabei bleiben, daß nur die Innungen Einfluß auf den Arbeitsnachweis haben. Die Mitglieder des Gesellenausschusses müßten zu oft schon durch den Wechsel der Arbeitsstelle aus dem Ausschuß scheiden: Außerdem könne jeder, der sich den Meistern mißliebig gemacht habe, durch Entlassung aus dem Ausschuß und aus der Kommission entfernt werden. Es gebe auch viele Betriebe, deren Inhaber selbst nach Einführung der Zwangsinnung nicht Innungsmitglieder werden brauchen. Dadurch bliebe auch ein großer Teil der Arbeitnehmer von der Teilnahme an der Verwaltung des Arbeitsnachweises ausgeschlossen. Ein paritätischer Arbeitsnachweis müsse so eingerichtet sein, daß die Arbeitnehmer allein zu bestimmen haben, wen sie als Vertreter in die Verwaltung senden, ohne Rücksicht darauf, ob die Betreffenden dem Gesellenausschuß angehören oder bei einem Innungsmeister arbeiten. Der Vorsiz müsse in den Händen eines Unparteiischen liegen.
Maizeitung 1911
Nach dieser Erklärung des Obermeisters Schmidt konnte man annehmen, daß eine Vereinbarung über die Gestaltung des Arbeits. nachweises keine Schwierigkeiten machen werde. Doch es tam anders.
Um 1 Uhr zog sich das Einigungsamt zur Beratung zurück. Wiederholt wurden Sonderbesprechungen bald mit den Vertretern der einen, bald mit denen der anderen Partei gepflogen. Um 7 Uhr verkündete der Vorsitzende, daß der Punkt Arbeitsnachweis noch nicht erledigt ist und die weitere Verhandlung auf Sonnabend 9 Uhr bertagt wird.
Anscheinend teilen die übrigen Meistervertreter nicht den Standpunkt des Herrn Schmidt, oder seine Erklärung ist nicht als eine Zubilligung wirklicher Parität aufzufassen, so daß die Arbeitervertreter den Vorschlägen der Meister nicht zustimmen können, die anscheinend immer noch an dem Innungs- Arbeitsnachweis mit Scheinparität festhalten.
Eingegangene Druckschriften.
erschienen. Aus dem Inhalt des Heftes heben wir hervor: Krieg und Bon der Neuen Zeit" ist soeben das 30. Heft des 29. Jahrgangs Frieden. Betrachtungen zur Maifeier. Von Karl Kautsky. - Die Produk tivität des ländlichen Kleinbetriebes. Von M. Nachimson. Die Lage der Landarbeiter. Bon Karl Marchionini( Königsberg ). Replit. Bon Emile Bandervelde. Die wirtschaftliche und soziale Lage des Krankenpflegepersonals in Deutschland . Bon Emil Dittmer.- Literarische Rundchan
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Ernst Lint. Religionsgeschichtliche Streifzüge. V. Von Heinrich Cunow . Feuilleton der Neuen Zeit Nr. 39: Bom Gedächtnis. Von
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