den VoltSverem Such m diesen Orlen SN der Arbeit sehen. Tan-sende von Mitgliedern verliert der Volksverein, T a u s e n d ewerden ihm künstlich ferngehalten, weil leitendeMänner für die so dringend notwendige wirtschaftliche, soziale,staatsbürgerliche und apologetische Aufklärung, für die so wichtigesoziale und geistige Hebung des gesamten Volkes in bedauernS-werter Kurzsichtigkeit kein Interesse zeigen und keinen Opfersinnbetätigen. Das gilt für Bezirke abseits des Weltverkehrs, aberauch für solche mit regem industriellen Leben. Und trotzdem hierund da noch diese verhängnisvolle Gleichgültigkeit sogar inführenden Kreisen!"/ Wer sind diese maßgebenden Kreise, die nicht nur„maß-'gebend" für die katholischen Angelegenheiten sind, sondern auchsolche Autorität besitzen, daß sich durch sie„Tausende" vom Volks-verein fernhalten lassen? Nach der ganzen Aeußerung des KölnerBlattes können das nur Bischöfe und Erzbischöfe sein. Nun izwar bekannt, daß Fürstbischof Kopp von Breslau und mehrerebayerische Mitglieder des Episkopats von dem Treiben des katholi-schen Volksvereins nicht sonderlich erbaut sind; aber daß auch dieErzbischöfe und Bischöfe des Rheinlandes und Westfalens zu denengehören, die in„bedauernswerter Kurzsichtigkeit"don der„so zialen und geistigen Hebung" des Volkesnichts wissen wollen, ist bisher nicht in weitere 5kreise gedrungen.Vielleicht versteht sich die„Köln. Volksztg.", trotz ihrer feigen Furchtvor dem Episkopat, dazu, diese Oberhirtcn näher zu bezeichnen.Uebrigens geht auch aus dieser Aeutzerung des Kölner Blatteswieder hervor, daß die eigentliche Leitung des Zentrums in denHänden des hohen Klerus liegt; bezeichnet doch in dem obigen ZitatdaS Blatt selbst die Bischöfe als„leiteLde Männer" und„führende Kreise",,_ uDie Marokkogefahr.Der offiziöse„Pester Lloyd" veröffentlicht einen vondiplomatischer Seite herstammenden Artikel über Marokko.Bei der engen Beziehung der österreichischen zur deutschenRegierung darf nian vermuten, daß die darin vertretenenAnsichten auch die der deutschen Regierung sind, und das umso mehr, als auch das Wolffsche Telegraphenbureau denArtikel weiterverbreitet. Es heißt darin:Die französischen Politiker dürfen es nicht als Feindseligkeitbetrachten, wenn ihre steten Berufungen auf die korcemajeure nicht allenthalben die erwünschte Auf.nähme finden. Die unzweideutigen Verwahrungen Eruppi»gegen jede Erobernngsabsicht verdienen gewiß Beachtung, imAugenblicke wird aber ihre Wirkung durch verschiedene Ereignissegeschmälert, die in scheinbarem Zusammenhang stehen. Man un-terschätzt in Paris am wenigsten die Schwierigkeiten, dieeventuell aus der internationalen Erörterung einerlangwierigen Okkupation erwachsen dürften, undman wird deshalb trachten, ihr vorzubeugen.Was speziell die Stellungnahme Oesterreich-Un»?arns betrifft, so bedingen unsere Interessen, obzwar beträcht-ich, kein Heraustreten in die erste Linie. Oesterreich-Ungarn istin keiner Richtung gebunden und könnte im Vollbesitz seinerHandlungsfreiheit für seine Interessen und die Wahrung derauch durch seine Unterschrift besiegelten Rechtsnormen eintreten.Diese Aeußerungen sind eine deutliche Warnung andie französische Adresse, eine dauernde Okkupation zu versuchen.Von einer bedenklichen Spannung aber zeigte die füreine offiziöse Auslassung ziemlich scharfe Behandlung desMißtrauens in die französischen offiziellen Erklärungen.Auch deis zeigt wieder, daß das Marokkoabenteuer sehr leichtzu einer neuen Kriegsgefahr werden kann.Man wird jedenfalls alle Aufmerksamkeit anzuwendenhaben, um das Treiben der deutschen Kotonialhetzer zu über-wachen und rechtzeitig dahin zu wirken, daß der Konflikt nichtzur gewaltsamen Lösung treibt.Zentrum und Reichsversicherungsordnuug!Die„Germania" ruft zu einer Massenversammlung der katho-lischen Arbeitervereine und der katholischen Vereine erwerbstätigerFrauen und Mädchen Berlins zum nächsten Donnerstag nach demSaale des LehrervereinShauseS auf. Die Versammlung soll gegen-über den„hetzerischen Massenflugblättern, mit denen ganz Berlin inder letzten Woche geradezu überschüttet wurde", über die Reichs-Versicherung„die Wahrheit feststellen". UnS kann'S recht fein,wenn über das Ausnahmegesetz gegen die Arbeiterklassewirklich die Wahrheit in der Versammlung verbreitet würde.Bei dem Ausschluß der Oeffentlichkeit und nach den in Zentrums-blättern bislang abgelegten Proben ist aber leider zu erwarten, daßdie Versammlung der Verhüllung der Wahrheit dienen soll.minder grausame Völkerkriege durch Zölle und Sperren, dann tobensie in inneren Fehden: Die Straßen röten sich vom Blut wehrloserBürger, frecher Uebermut sperrt Tausenden Raum und Werkzeugeder Arbeit, Rechte und Freiheiten werden zertreten. GerichtSsäleund Gefängnisse, Arbeitshäuser und Prügelheime. Kasernen, indenen die Leiber entseelt, und Kirchen, in denen die Geister ent-törpert werden, das sind ihre Kriegsschauplätze.Blickt in die Fratzen dieser Krieger, wo gelvahrt ihr Größe,Begeisterung, oder auch nur ein gutes Gewissen? Sie säen Todund ernten Verwesung. In oll ihrem Glanz, in all ihrer Macht,in all ihrem Reichtum irren sie doch scheu, wie von der Weltacht Ge-bannte und Verfluchte, unstät durch ihre Zeit, die für sie zum ewigenGrabe wird. Sie haben nichts, wofür sie kämpfendürfen. Sic kennen ja nur Unterdrückung und Erniedrigung.Sie wissen nichts von der Unsterblichkeit des Kämpferglücks, das desendlichen Sieges gewiß ist. Ihr zittert vor euren eigenen Geschossenund Sprengstoffen, vor euren eigenen Klassengenossen und nochmehr vor denen, die ihr beraubt. Wir aber reichen, mit unbewehr-ten Händen, unbekümmert um alle Schrecken stählerner Waffenund blutiger Gesetze die brüderlichen Hände über alle Grenzenund rufen, ob man uns tausendfach als Hochverräter schmähen undverfolgen mag, alle zu Hilfe, die mit uns bereit sind, in festlichemKampf«in neues Leben aufzubauen; und fast find wir weichmütig,euch übermächtige, uns bedrohende Feinde zu bedauern, daß ihrnichts verspüren könnt von der Fülle unserer Sehnsucht, Tapferkeitund Zuversicht.Der erste Mai ist unser Fest ans eigenem Recht.Keine Kirche lockert dem Pöbel die Zügel für kurze Rauschstunden,kein König läßt seinen Untertanen aus Marktbrunnen rotenWein fließen und den Hungernden zu stumpfer Völlerei Ochsenbraten. Die Viasse, die unser ernstes, verfolgtes und gefährdetesFest feiert, ist nicht mehr euer geduldiges, armseliges, feiges Volk,dem ihr die Glieder und Gedanken nach Willkür verstümmelt, unddas ihr mit huldvollen Vergnüglichkesten begnadet, nachdem eS euchsein Menschentum geopfert hat. Wir wollen kei n Recht, daswirnicht selber erobert, keine Freiheit, die wir nichtselber gefügt, keine Freude, die wir nicht selbergespendet, und auch kein Fest, das wir nicht selberunö gewonnen.Dazu erziehen wir dies n e u e V o l k, daß jeder sich selber auerziehen wisse, daß jeder verstünde, keinem Dasein Wert und Würdezu verleihen, sein Schicksal klug und tapfer zu lenken: jeder ein-zelne, in sich gereift und gehämmert, ein Kämpfer für sich und docheis frei sich fugendes Glied in der Gesamtheit— festlichen Kampf!Kurt EiSgex.kleines feuilleton.,JRini9 Oedipo«" i« AmphUheater von Fiesole. Nun Häven«ich die Florentiner«König Oedipus" wiedererweckt; in freier NaturEine Probe für Verdächtigungstaktik leistet sich die„Germania" inderselben Nummer. Die Verschweigung der auf Erdrosselungen derSelbstverwallung hinauslaufenden Vorschläge der ReichsversicherungS-ordnung: selbst der Zentralverband der deutschen Industriellen istehrlich genug, diese rund anzuerkennen. Die„Germania" behauptetstatt einer sachlichen Aufklärung:„Die Hauptbeschwerde richtet sich dagegen, daß die Sozial-demokratie fortan die Verwaltung der Krankenkassen nicht mehrals eine Parteidomäne zur Versorgung von„Genossen" behaltensoll, die zwar für derartige Posten ungeeignet sind, sich aber alsAgitatoren der Sozialdemokratie„verdient" gemacht haben."Dem fügt das Zentrumsblatt zu:„Der Vorwärts möge nur einmal wieder nachlesen und ab-drucken, was der„Genosse" Görcke von den„Krankenkassenonkel-anwärtern" in seiner Broschüre über die sozialdemokratischen Ver-bälrnisse in der roten Garnison Charlottenbnrg vor einigenJahren geschrieben hat. Oder sollen wir noch einmal diese Dwgebesprechen?"Wir können die„Germania" nur dringend ersuchen, das zu tun,dann aber die Wahrheit über„diese Dinge' nicht, wie vor zehnJahren, zu verschweigen. UcbrigenS ein nettes Eingeständnis, daßdas Zentrum zur Rechtfertigung seiner Zustimmung zu dem AuS-nahmegesetz nur alte, längst widerlegte Kamellen anzuführen weiß.Wirkung des Fleischwuchers.Der eben erschienene Bericht der Nürnberger Schlachthofdirektionverzeichnet für daS Jahr 1910 einen wesentlichen Rückgang desFleischverbrauches. Dieser ist bei einem Gesamtverbrauch von16 845 950 Kilo um 268 318 Kilo gesunken. Dabei ist zu beachten,daß ein ähnlicher Rückgang schon in den vorausgegangenen Jahreneingetreten ist. Der Fleischverbrauch pro Kopf der Bevölkerung istim vorigen Jahre von 52,67 auf 50.65 Kilo herabgegangen. 1904betrug er noch 61,64, im Jahre 1896 79,81 Kilo pro Kopf. JederNürnberger ißt also jetzt jährlich rund 11 Kilo Fleisch weniger alsvor 7 Jahren und rund 29 Kilo weniger als vor 15 Iahren. Beieiner fllnstöpfigen Familie macht das 55 resp. 145 Kilo aus. ImArbeiterhaushalt geht natürlich der Minderverbrauch an Fleisch weitüber diesen Durchschnitt hinaus, denn die Wohlhabenden und Reichenwerden ihren Fleischkonsum schwerlich nennenswert eingeschränkthaben. DaS ist der Segen unserer agrarischen Wirtschaftspolitik.Rittergüter für ausgediente Unteroffiziere.Der Militarismus treibt immer seltsamere Blüten. DieKorrespondenz„Heer und Politik" meldet:„Da für die Aufrechterhaltung eines geeigneten Ersatzes vonUnteroffizieren im Heere eine Versorgung dieser Unteroffiziereeine notwendige und unabweisbare Pflicht des Staates ist, undda auf der anderen Seite schon ein erheblicher Mangel anStellen für Militäranwärter vorhanden ist, so erscheint die An-siedelung von ausgedienten Unteroffizierenauf dem Lande aus mehreren Gründen als eine sehr wün-schenswerte Lösung dieser Frage. Es ist darum beabsichtigt, dieUnteroffiziere dadurch zu versorgen, daß man sie erst in die Lagesetzt, sich eigene kleine Rentengüter zu erstehen, durchdie ihre Zukunft mindestens ebenso gesichert ist wie durch eineAnstellung.Nach§ 21 des MannschaftSversorgungsgesetzes vom 31. Mai1906 erhalten Unteroffiziere bei der Entlassung aus dem Militär-dienst auf ihren Antrag an Stelle des Zivilversorgungsscheineseine einmalige Geldabfindung von 1500 M. Diese Summe, dieauf 2000 M. zu erhöhen wäre, würde dann das Kapital bilden,mit dem der Unterofjizier die Anzahlung bei Kauf des Renten-gutes leisten kann.Es ist beabsichtigt, den Unteroffizieren Rentengüter von einerGröße von rund 10 Hektar zu überlassen, bei denen die Anzahlungungefähr 4000 M. beträgt. Bei geringem eigenen Vermögen wärealso die Anzahlung leicht zu leisten. Es könnte aber auch die ge-ringere Anzahlung durch eine erhöhte Amortisationsquote aus-geglichen werden.Die Regierung beabsichtigt, den Unteroffizieren die Bezah-lung des Restkaufgeldes und die Verzinsung des Restkapitalssehr zu erleichtern, damit sie ein ruhiges und angenehme? Lebenführen können. Aus diesem Grunde soll die bei Ankauf vonkleinen Bauerngütern übliche Zahlung von 4 Proz. auf 2X Proz.anfangs ermäßigt werden. Späterhin, wenn der Hausstand schonfest gegründet ist, wäre eine kleine Erhöhung dieses Prozent-satzeS zur Durchführung der Amortisation notwendig."Von dieser Absicht der Regierung ist in den weitesten Kreisennoch nichts bekannt. Wenn die Militärverwaltung den aus-gedienten Unteroffizieren höhere Beträge bezahlen will, ist dazudie Einwilligung deS Reichstags erforderlich. Vermutlich steckt dieAnsiedelungsgesellschaft hinter diesem Plane, deren seitherigeunter strahlender Sonne, inmitten der malerischen Bergketten Tos«kanas hat in dem einstigen Amphitheater von Fiesole die erste Frei-lichtaufführung der Sophokleischen Tragödie stattgefunden— ein>roßes Ereignis für das kleine Fiesole und für das ganze Florenz.Eommaso Salvinis begabter Sohn Gustavs verkörpene den Heldendes Dramas. Das ganze Milieu, die antiken, dem Erd-boden wieder entrissenen Thermenreste, die neunzehn halb-vergrasten mächtigen Ouaderreihen des römischen Amphi-theaterS, die wunderbar sanften Berglinien deS Apenninatmen inmitten der lachenden Schönhüt des Lenzes eine wahrhaftklassische Stimmung. Der Hauch klassischen Altertums und der Atemantiken Lebensgefühls ging'von dem Ganzen auS und übertraf alleMöglichkeiten der klügsten intellektuellen Rekonstruktion. Selbsthier im Freien drang jedes Wort bis zu den letzten Ouaderreihen.und diese Verkörperung der Oedipus-Tragödie hatte al» mächtigenBundesgenossen noch die TemperamentSverwandtschaft allerüdlichen Völker. Da gewannen die großen Erzählungenund die ergreifenden Anrufungen jene Lebendigkeit, um diewir kühleren nordischen Völker so schwer und oft so vergeb-lich ringen müssen. Auch der Chor, wenn auch ungeschickt gestaltetund nur durch einzelne Sprecher vertreten, wurde in diesen, Raumunentbehrlicher und fördernder Teil der Handlung. Hier verstandman, wie viele», daS uns als„klassisch" abgerückt erscheint, beisolcher Interpretation volle ursprüngliche Lebendigkeit erhält unddoch frei bleibt von jeder Anwandlung eine« platten Realismus.Und inmitten der großen Linien der freien Natur tretenauch die großen Linien des Schicksals und der Charakleremit monunieiitaler Größe hervor. Als Oedipus den berühmtenAnruf an die Sonne zum Himmel emporschleudute, an die Sonne,die hier wirklich in unbekümmertem Glanz auf den unschuldigSchmachbedeckten herableuchtete, da stieg für uns das Schicksal desVerfluchten zu erschütternder tragischer Wirkung empor. Mag dieAuftührung im übrigen auch manche Schwächen gezeigt haben: siehat gelehrt, daß edles Pathos und volle Lebendigkeit Hand in Handgehen können. Romanischem Geiste bleibt Sophokles kein fremder„Klassiker", hier wird er zum Sprecher deS VolkSgeisteS.Körperschönheit und Industrie. Der italienische Soziologe AchilleLoria weist in der„Nnova Antologia" aus die großen Unterschiedehin, die zwischen der Körpergestalt der Arbeiter von heute und derder Handwerker und Arbeiter von ehemals zu konstatieren find;während der Handwerker von einst sich durch männliche Schönheitauszeichnete, ist der Arbeiter unserer Tage gewöhnlich ein häßlicher.verkümmerter oder jedenfalls nicht besonders schön gestalteter Mensch.Loria meint, daß die Schuld an dieser Degeneration des Körpersunsere fieberhast arbeitende Industrie trage, die dem niodernenMenschen, ganz gleich ob es ein Kind oder ein Erwachsener sei, unab-lässig eine freudlos», einförmige, seelenlose Arbeit auferlege. DerIndustriearbeiter zeige deshalb auch unebenmäßige Züge, die manz. B. bei dem Landmann nicht finde, weil dieser einer abwechselungS'reicheren und daher auch nicht so sehr entstellenden Arbeit ergebenTätigkeit ein einziges getvaitiges Fiasko bed'euie?. Ob Levic, die12 Jahre in der Großstadt beim Militär gedient haben, sich dazueignen, auf«ine weltferne polnische Klitsche verpflanzt zu werden.ist denn doch noch sehr die Frage, und deshalb erscheint es nochkeineswegs sicher, daß der Reichstag einem solch abenteuerlichenPlane zustimmen wird.._Ein nationalliberaler Staatsmann.Wie unser Parteiblatt in Hannover, der„Volkswille"berichtet, hat der nationalliberale Abgeordnete für den Reichstags-Wahlkreis Hameln-Springe, Herr Hausmann, eine Abordnungdes Vorstandes der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Hamelnempfangen und auf deren Protest gegen die in der Reichstags«kommission beschlossene weitere Verhunzung der ReichsversicherungS-ordnung erklärt:Er bedaure eS sehr, daß diese Aussprache nicht ein halbesJahr früher stattgefunden hätte, feine Stellungnahmewäre dann vielleicht in manchen Dingen eineandere gewesen. Herr HauSmann hat auch zugegeben,daß die wüste Hetze gegen die angeblich sozialdemokratischeMißwirtschaft übertrieben sei; auS seinem, dem 9. hannoverschenWahlkreise, wäre ihm überhaupt nichts Derartigeszu Ohren gekommen. Herr HauSmann hat dann der Ab«ordnung versprochen, in mehreren Sachen für eine Verbesserungeinzutreten, wie bei der Mutterschaftsversichernng usw. Ueber dieHauptsache, das Zertrümmern de? Selbstverwaltungsrechts, hatsich Herr HauSmann natürlich auSgeschwiegen; er will seine Stellungdavon abhängig machen, wie das Material, daS man als Beweis fürdie angebliche Mißwirtschaft im Plenum vorbringen will, ausfallenwird I Herr Hausmann hat auch der Abordnung gegenüber erklärt,daß seiner persönlichen Ueberzeugung nach die ReichsversicherungS-ordnung überhaupt nicht von dem alten Reichstag fertiggestelltwerden dürfe, sondern daß diese Materie vor daS Forum einerneuen Volksvertretung gehöre. Mit Recht ist ihm daraus von denArbeitervertretern der Abordnung erklärt worden, daß es in seinerHand läge, innerbalb seiner Fraktion dahin zu wirken, daß diesesich nicht zum Mitschuldigen machen soll und vielleicht daS Gesetzdurch eine erneute Vergewaltigung der Minderheit durch den Bruchder Geschäftsordnung zur Verabschiedung zu bringen, sonderndafür zu sorgen, daß daS Gesetz in dem alten Reichstage nichtzustande käme.—Nach diesem Berichte deS„VolkSwillen" muß Herr HauSmanneiner jener kuriosen Politiker sein, wie man sie in ihrer ganzenSchönheit nur in der nationalliberalen Partei findet. Er ist selbstMitglied der ReichSversicherungSlommission, aber trotzdem über dieGründe der Ortskrankenkassen gegen die beschlossenen Bestimmungennicht im geringsten unterrichtet. Ferner hat er über daS Selbstver-waltungSrecht der Kassen keine eigene Meinung und hält den jetzigenReichstag überhaupt nicht ldasür geeignet, die Materie gesetzlich zuregeln, stimmt aber, wennS verlangt wird, dennoch im entgegen«gesetzten Sinne mit seiner Fraktion. Echt nationalliberal IDer Zentralverband Deutscher Industrieller und diePrivatbeamtenversicherung.Die Delegiertenversammlnng des Zentralverbandes DeutscherIndustrieller nahm im weiteren Verlauf ihrer Verhandlungen, überdie wir bereits berichtet haben, zum Versicherungsgesetz fürdie Privatbeamten Stellung.Der erste Referent, Professor Dr. Moldenhaner(Köln)äußerte fich mißbilligend über die Stellungnahme deS Hauptausschusses der Privatangestelltenverbände und bedauerte, daß dieRegierung mit der Industrie nicht so enge Fühlung genommen hat,wie mit dieser Vertreterschaft von Interessenten. Die Industriehabe sich mit wenigen Ausnahmen gegen die vorgeschlagene Formde« Gesetzes erklärt. Zu beanstanden sei hauptsächlich, daßder Entwurf den Versicherungszwang auf Personen ausdehnt,welche durch Selbsthilfe für ihre Zukunft Sorge tragenkönnen. DaS Reich zahle nach der vorgeschlagenen Fassung nichteinen Pfennig Zuschuß. dafür haben aber die Versichertennicht einmal eine Teilnahme an der Verwaltung. ES drängesich die Frage auf, ob nicht der Ausbau der Invaliden-Versicherung besser wäre. Die Bedenken der Regierungdagegen könnten nicht austecht erhalten werden. Wenn die Re-gierung fürchtet, auf diesem Wege die Wünsche der Angestellten hin«sichtlich der Höhe der Versicherung nicht befriedigen zu können, somuß dagegen gesagt werden: es kommt nicht auf die Wünsch« derInteressenten, sondern darauf an, was den Gesamtinteresscnfrommt. Die Frage der sogenannten LerufSinvalidität ist nichtso schwierig zu lösen, denn eS sei nur eine geringer Unterschied zwischendem Begriff der allgemeinen Invalidität und dem vorgeschlagenen derset. Sin für das Schöne begeisterter Weltreisender, der in den ver-schiedensten Ländern der Erde die wahre Frauenschönheit gesuchthabe, erzählte Loria, daß er die Vollkon, mene Schönheit nur inScanno, einem fern von der Eisenbahn und vom Welt-verkehr gelegenen, primitiven, sozusagen noch jungfräu-lichen Abruzzenörtchen, gesunden habe; hier leuchtetenden entzücklen Augen des Schönheitssuchers auf SSritt undTritt bezaubernde griechische Profile mit tiefschwarzen Augen ent«gegen. Aber wie lange nocb, und die Schönheiten von Scannowerden sich auch in triviale AlltagSgefichter gewandelt haben I Manwird auch in dem weltverlorenen Abruzzenflecken die alles zernagendeund nivellierende Industrie kennen lernen, und dann wird eS raschvorbei sein mit den klassischen griechischen Profilen. DaS ist durch-auS kein Phantafiegebilde. sondern durch Tatsachen erhärteteWahrheit! Die Frauen von Burano waren einst Wundervon Schönheit, verloren aber noch und nach alle Reize,als sie nach Einführung der Spitzenindustrie hart arbeilenmußte». Und dann noch ein Beispiel:„In einer Stadt Piemonls",schreibt Loria,„und in einer anderen, zwischen Mailand und Turingelegenen Stadt war die weibliche Jugend, bevor die industriellenEtablissements a»S dem Boden wuchsen, außerordentlich schön undso kräftig und üppig, daß die beiden Hauptstädte von dort vieleihrer Ammen bezogen; nach der Errichtung der Fabriken aberwurden die Frauen so ausgemergelt und kraftlos, daß man tiefstesMitleid empfindet, wenn man sie zu sehen bekommt."DaS Ausspucken ist verbeten! Eine köstliche Szene ereignete fichdieser Tage in P e t e r S b u r g. Auf einer der kürzlich eröffnetenKunstausssellnngen war u. a. das Bild des berüchtigten Mitarbeitersder offiziösen„Nowoje Wremja", deS Schriftsteller« Mensckikoff, aus-gestellt, das die abstoßenden Züge diese« literarischen Spitzels undHetzer« in formvollendeter Weise wiedergab. Da der Künstler dieGefühle, die dieses Bild auslösen mußte, sehr gut kannte, hatte erdas Bild, entgegen dem üblichen Brauch, mit Glas versehen. DaSPublikum gab indes seinen Gefühlen in anderer Weise Ausdruck, unddas Bild erwies sich bald von oben bis unten bespuckt. Daraufbrachte die Administratlou an dem Bilde ein Plakat an. aus welchemstand:»ES wird gebeten, nicht zu spucken l"Notizen.-- Die Große Berliner Kunstausstellung wurdeam Sonnobendnachmittag eröffnet. Sie umfaßt 2520 Nummernund enthält u. a. eine historische Ausstellung Berliner Kunst von1880 bis 1850. Wie der Präsident Langhammer inch« EröffiumgS»rede besonder« betonte, ist hie Ausstellung wesentlich deutsch, vonAusländern ist nur Schweizer Künstlern Raum gewährt,