Einzelbild herunterladen
 

Nr. M. 28. Jahrgang. 1. KtilM Ks.Amöck" Fnlim AckÄM Sonntag, 7. Mai M. l�eickstag. 163. Sitzung. Sonnabend, den 6. Mai, mittags 12 Uhr. Lm Bundesratstisch: Dr. Delbrück. Die Beratung der Reichsverficherungsordnung wird fortgesetzt bei§ 69, der die Kosten des Versicherungsamtes dem Bundesstaat auferlegt, falls es aber bei einer gemeindlichen Behörde errichtet ist, dem Gemeindeverband. Abg. Giißling(Sßp.) begründet einen Antrag, die Kosten der Versicherungsämter den B u n d e s st a a t e n zu übertragen, nicht den Gemeinden. Man könne die Gemeinden nicht mit der Begründung mit diesen Kosten belasten, weil durch die Versicherung der Armen- etat der Gemeinden entlastet werde; bisher habe sich das nicht gezeigt. Ein Regierungskommissar bestreitet, daß die Gemeinden durch die Bestimmungen der Vorlage neu belastet werden und bittet um Ablehnung der gestellten Anträge. Abg. Hildenbrand sSoz.) begründet einen Antrag Albrecht und Genossen, der dasselbe der langt, wie der freifinnige Antrag. Die finanzielle Deckung der Kosten der Versicherungsämter wollte auch die Kommission den Bundesstaaten auferlegen; aber der Vertreter von Sachsen hat, wie der Kommissionsbericht zeigt, sich mit Händen und Füßen da- gegen gewehrt. Die Versicherten haben bei der großen Bedeutung der Versicherungsämter ein starkes Interesse daran, daß sie als staatliche Behörden ausgestattet werden. Daß dies durch- führbar ist, beweist das Beispiel Württembergs. Was dort durch- führbar ist, wäre auch in Preußen durchführbar, wenn eine andere Landesvertretung dort verhanden wäre. In der ersten Lesung siegte in der Kommission auch die Vernunft. Aber zwischen der ersten und zweiten Lesung gabdaS Zentrum den preußischen Konservariven nach und nun ist der Paragraph so gestaltet, daß er heißt:.Die Kosten des VersicherungSamts trägt der Bundes- staat; wenn er daS aber nicht will, legt er sie den Gemeinden auf". Als Folge wird eintreten, daß man in Preußen die Städte mit den Kosten belasten wird, in den ostelbischen Bezirken aber wird man die Versicherungsämter den Landratsämtern an- gliedern und die Kosten dem Staat auferlegen. So haben die preußischen Konservativen es auch bei diesem Gesetz verstanden, ihre Geldbeutelinteressen zu wahren. Eine so verschiedene Gestaltung der Versicherungsämter sollte der Reichstag nicht mitmachen, sondern er sollte den Kommissionsbeschluß erster Lesung wiederherstellen. was unser Antrag bezweckt. Auch Sachsen sollte sich einer solchen Regelung im Interesse der Arbeiter nicht entgegensetzen.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Abg. Trimborn(Z.) befürwortet einen Kompromißantrag der bürgerlichen Parteien, wenigsten? die Lasten der Bezüge der Ver- sicherungsvertreter dem Staate aufzuerlegen und bestreitet, daß der Paragraph eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Zustande bedeute. Abg. Gyßling(Vp.): Es handelt sich durchaus nicht nur um eine Kodifikation des bisherigen ZustandeS, denn die neuen Ver- sicherungsämter haben doch diel weitergehendere Aufgaben als die bisherigen Bersicherungskörper, daher werden die Kosten viel größer werden.(Sehr richtig I links.) Abg. Horn(natl.) spricht für den Kompromißantrag. Abg. Hildenbraod(Soz.): Auch ich muß entschieden bestreiten, daß es sich nur um die Aufrechterhaltung des seitherigen ZustandeS handelt, denn die Kosten der Gemeinden werden erheblich st eigen. Versprechungen der Regierung werden bekanntlich von den Verwaltungsorganen nicht beachtet, darum müssen wir eine gesetzliche Festlegung verlangen. Es ist bedauerlich, daß das Zentrum hier mcht ebenso fest bleibt. wie bei der Finanzreform, wo es sich um alle Unannehmbarkeits- erklärungen der Regierung nicht gekümmert hat. Die Regierung würde dann auf ihrem Unannehmbar kaum bestehen bleiben, denn sie hat selbst das größte Interesse an dem Zustandekommen des Gesetzes.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Unter Ablehnung der sonstigen Anträge wird der Kompromiß- antra g und der so veränderte Paragraph angenommen. Die folgenden Paragraphen werden debattelos angenommen. Zu§ 128, der Ne Rechtshilfe betrifft, beantragen die Abgg. kleines feuilleton. Arbeitermöbel. Es gibt nichts Komischeres als einen plötzlich reich gewordenen Bourgeois, der nun alles daran setzt, den ihm ge- wordenen Goldregen jedermann in die Ohren zu schreien. Das erste. waS er tut. ist. daß er sich neu einrichtet, hochherrschaftlich. nach der letzten Mode. Am liebsten möchte er eS so haben, wie die ganz reiche» Leute, die Bankdirektoren oder gar die hochedlen Schloß- Herren. So füllt sich denn der Bürgerprotz seine Zimmer mit Möbeln, die aussehen, als hätten schon lange Ahnenreihen zwischen ihnen gehaust, Raubritter und Sonnenkönige. Warum sollte er auch nicht, gibt eS doch alle diese Dinge bequem zu kaufen, links um die Ecke oder auch rechts. Gönnen wir dem Bürgerprotz sein Ver- gnügen. Der zum Bewußtsein seiner Eigenart erwachte Proletarier lächelt über solche Anbetung abgesetzter Klassen. Er weiß, daß es töricht wäre und schwach, gleich dem Bourgeois nun seinerseits dem Bürger absehen zu wollen, wie er sich räuspert und spuckt. Er weiß, daß er eS seiner Würde schuldig ist, die lahmen Krücken einer verlogenen Pseudokultur siehe» zu lassen, um aus eigener Kraft sich und seiner politischen Schicht mit allem, was sichtbar ist, einen Ausdruck zu schaffen. Wie eS eine Architektur der Könige gegeben hat, so mutz es einmal eine Architektur des Volkes geben. Freilich. daS will erstritten sein. Heute waltet auch in diesen Dingen noch die Hörigleit von denen, die zwar sterben, aber doch noch da sind. So kommt es, daß der Arbeiter, selbst wenn er den reinsten und stärksten Willen hat. sich nicht davor bewahren kann: die charalterlosen Möbel eines degenerierten Bürgertum» in sein Haus zu Und obendrein in einer elenden, die Lüge noch lächer- lich«c machenden Qualität Gibt e« kein Mittel, den Arbeiter von dem nachäffenden Schund zu befreien! Solche Befreiung könnte zu- gleich die Versklavung durch bestimmte, wucherische Methoden des Abzahlungsgeschäftes brechen. Versuche solcher Art sind wohl schon des öfteren gemacht worden, auch nicht immer ohne einigen Erfolg. Wiederum in diesen Tagen soll ein Vorstoß gegen den Schund und die Lüge für die Qualität und den Charakter unternommen werden. Die Kommission für Vorbild- liche Arbeiterwohnungen hat nach einjähriger Arbeit ihre Absichten nunmehr soweit gefördert, daß die erste Musterwohnung gezeigt werden kann: Möbel, die sich völlig fernhalten von allem Unsinn und aller Lächerlichkeit derGuten Stube", der Muschelrenaissance, des hochfeinen, massiven Nußbaum und der übrigen Laster eines nach dem Herrschastlichen schielendenMobilars". Alles was in dieser Wohnung zu sehen sein wird, ist brauchbar, aus gutem Material ordentlich gearbeitet und den Lebensgewohnheiten, dem Charakter des Proletariers angepaßt. Diese zwei Zimmer und Küche sind in allem was sie enthalten, in ihrem ganzen räumlichen Ausdruck ein Dokument für das Wolle» des Voltes, daS nicht mehr das in sein HauS nehmen will, was die Profitgier ihm diktiert, vielmehr das, was eS sich selber schafft. Diese Möbel werden am Freitag, den 12. Mai, abends'von S v Uhr in den bekannten Räumen deS Gewerkschaftshauses jeder- A l b r e ch t und Genossen anzufügen:Bei Beweisaufnahme ist den Parteien Gelegenheit zur Teilnahme zu geben". Abg. Busold(Soz.): Auch diesen unseren Antrag hat die Kommission in der ersten Lesung angenommen und erst nachher wieder gestrichen. Die bis- herigen praktischen Erfahrungen beweisen, wie dringend notwendig die Teilnahme der Parteien an der Beweisaufnahme ist.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Becker(Z.): Ich bitte, den Antrag abzulehnen. Was er will, soll beim letzten Buch nachgeholt werden. Abg. Hoch(Soz.): DaS ist uns in der Kommission auch gesagt worden, aber es ist nachher nicht geschehen; hier ist auch die richtige Stelle zur An- nähme dieser Bestimmung. Abg. Becker(Z.): Hier handelt es sich um die polizeilichen Ver- nehmungen, auf die viele Praktiker nicht großen Wert legen. Wert- voll dagegen ist die Teilnahme der Parteien da, wo das Beweis- Material beim Versicherungs- und Oberversicherungsamt ge- sammelt wird. Abg. Hoch(Soz.): Der Vorredner sagt, den polizeilichen Vernehmungen ist nicht viel Wert beizulegen, weil diese Personen nicht sachverständig sind. Gerade deshalb aber ist die Anwesenheit der Beteiligten notwendig, damit sie nachholen können, was ein unfähiger Polizei- b e a in t e r versäumt hat. Berichterstatter Abg. Dröscher(k.): Nach Ansicht der Kommission soll das ganze Verfahren einheitlich ini 6. Buch geregelt werden. Der K 1555 soll sich auf alle Beweisaufnahmen beziehen, gleichviel vor welcher Behörde sie stattfinden. Allerdings bezieht sich dieser Paragraph bisher nur auf die Unfallversicherung und muß daher auch noch für die I n v a l i d e n v e r s i ch e r u n g Geltung erhalten; das soll noch nachgeholt werden. Abg. Hoch(Soz.): In der Annahme, daß loyal im Sinne dieser Erklärung ge- handelt werden wird, ziehe ich unfern Antrag zurück. Zu§ 136, der zu zahnärztlicher Hilfe auch Zahn t e ch n i k e r in gewissen Fällen zuläßt, begründet Abg. Dr. Fleischer(Z.) einen Antrag, durch welchen die oberste Verwaltungsbehörde befugt werden soll, Zahntechniker in weiterem Umfange zuzulassen. Abg. Hausmann(natl.) tritt gleichfalls für den Antrag ein. Der Antrag wird angenommen. Z 157 bestimmt, daß Beamte, die der Dienstgewalt einer staat- lichen oder gemeindlichen Behörde unterstchen, von den Straf- bestimmungen für unbefugte Offenbarung von Geschäfts- und Be- triebSgeheimnissen ausgenommen werden, eS soll für sie statt dessen bei den für sie geltenden Vorschriften bleiben. Die Abgeordneten A I b r e ch t u. Gen.(Soz.) beantragen, diesen § 157 zu streichen. Abg. Molkenbuhr(Soz.): Es kommt vielfach vor, daß Beamte im Vorstand von Kranken- lassen sitzen. Diese sollen nun von den Strafbestimmungen der vorhergehenden Paragraphen ausgenomnien sein, weil sie be- reits dem Disziplinarverfahren unterstehen. Dadurch haben aber die Versicherten Kassenvorständen, die aus Beamten bestehen, gegenüber nicht dieselbe Sicherheit wie anderen Kassenvorständen gegenüber, weil wir nicht wissen, ob alle hier vorgesehenen Verbote auch disziplina- risch belangt werden können. Der Paragraph verstößt also gegen den Grundsatz, daß alle Personen vor dem Gesetze gleich sind.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Berichterstatter Dröscher(k.): Die Kommission hat sich von dem anderen Grundsatz leiten lassen: as bis in iäsm, es soll niemand wegen desselben Vergehens zweimal bestraft werden. Die Beamten unterstehen eben bereits dem Disziplinarrecht und mußten daher von den hier vorgesehenen Strafen ausgenommen werden. z 157 wird hierauf gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen. § 161 bestimmt, daß das Oberversicherungsamt den Ortslohn festsetzt nach Anhörung der Gemeindebehörden und der Vorstände der beteiligten Krankenkassen. Die Äbgg. Alb recht u. Gen.(Soz.) beantragen zuzufügen: der Ausschüsse der Gewerbegerichte und, wo solche nicht vor- Händen sind, der Vertreter der beteiligten gewerkschaftlichen Organi- sationen". Abg. Brey(Soz.): Die Krankenversicherung ist doch in erster Linie im Interesse mann zugänglich sein. An demselben Abend 8'/z Uhr wird im großen Saale des Gewerkschastshauses ein öffentlicher Lichtbilder- Vortrag stattfinden, der über daS Prinzipielle und Praktische dieses Kulturproblems Auskunft geben soll. Die Musterwohnung selbst soll während der nächsten Monate Mittwoch und Sonnabend von 6 bis 9 Uhr und Sonntag von 122 Uhr dem freien Zutritt geöffnet sein. Pariser Theater. Aus Paris wird uns geschrieben: E§ ist ein merkwürdiges, aber am Ende doch nicht ganz zufällige? Zusammen- treffen, daß zwei dramatische Autoren Paul Bourget in seinem unlängst an dieser Stelle besprochenenTribüne" und Paul Hyacinthe L o y s o n in dem nun im Odeon zur einmaligen Auf- führung vor geladenen Zuschauern aufgeführten A p o st e l" zu gleicher Zeit unabhängig voneinander denselben Stoff behandelt haben. Auch Loyson ein Sohn des einst durch seinen Bruch mit der KiiFie berühmt gewordenen Abbös stellt den Konflikt zwischen Vaterliebe und sittlicher Pflicht dar, der im Gewissen eines republikanischen antiklerikalen Ministers aus der Entdeckung ver- brecherischer Handlungen seines Sohnes erwächst. Im Gegensatz zu Bourget läßt er aber das Siltengesetz über das Gefühl siegen. Sein Held macht die Schuld des Sohnes der Welt offenbar. Der Autor hat ihm diese Entscheidung allerdings nicht allzu schwer gemacht, indem er den Jungen als einen ausgepichten Schuft zeichnete. Aber von einigen psychologischen Klobigkeiten und Schwerfälligkeiten abgesehen, ist der Apostel " nicht nur ein ungewöhnlich starkes, im straffen zweiten Akt.mit fortreißendem dramatischen Temperament geführtes Theaterstück, sondern auch eine mutige Tat. Loyson weist auf die Gefahr deS ethischen Materialismus hin, die einem Geschlecht droht, das keine neuen sittlichen Bindungen an die Stelle der Religion zu setzen hat, und legt da- mit unleugbar den Finger auf eine Wunde der bürgerlichen Republik . Loyson sucht eine neue Religion in einer Wahrheits- und Pflichtmoral, die er dem zum Nihilismus ausartenden Materialismus entgegensetzt. Es ist ein glücklicher Gedanke, daß er den Entschluß des Vaters aus der Empörung über den Versuch des Sohnes, die Schande auf einen unschuldigen Toten abzuwälzen, hervorgehen läßt. Der sittliche Jniperativ Loysons bejaht hier die Persönlichkeits- idee. Daß diese in einer Gesellschaft der Ausbeutung und Klaffen- Herrschaft eine Illusion bleiben muß, übersieht Loyson mit seinem Helden allerdings. Die skrupellosen Genüßlinge der republikanischen Gesellschaft, die er mit so schönem Mut darstellt, müssen die Regel und die großen Charaktere Ausnahmen und Zufälle bleiben. Die weltliche" Moral hängt so lange in der Luft, als sie nicht bewußt sozialistische Moral geworden ist. O. P. Die Karriere des sprechenden HundeS. Don, der redselige Vier« füßler aus der Letzlinger Heide , ist zu einer europäischen Berühmt- heit geworden. Er hat vor kurzem sein erstes öffentlicbeS Engagement im Berliner Wintergarten beendet.' Infolgedessen ist der Hund zu einer gesuchten Varietö-Attraktion geworden; schon im Wintergarten hat der einstige Jagdhund eineGage" von 12 060 M. bezogen, und mit einer noch weit höheren Gage ist Don für den Monat Mai dem Etablissement Ronacher in Wien ver- der Versicherten geschaffen. Deshalb müssen auf die Fest- setzung des Ortslohnes vor allem auch die Arbeiter und die mit den Arbeiterverhältnissen vertrauten Einfluß haben. Die Gemeinde- behörden sind in Preußen nicht so zusammengesetzt, daß die Arbeiter darin vertreten sind. Nach den Vorschlägen der Kommission würden die Ortslöhne vom grünen Tisch aus festgesetzt werden, ohne daß die Verhältnisse der Arbeiter genügend Berücksichtigung finden. Dem soll unser Antrag vorbeugen. Eine Ablehnung unseres Antrages würde bedeuten, daß Sie die Rechte der Arbeiter minder hoch einschätzen als die Rechte der Be- sitzenden.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Der Antrag A l b r e ch t wird abgelehnt. Zu§ 162 be« antragen die Abgg. Alb recht und Genossen(Soz.), daß als Orts- lohn für männliche Personen über 21 Jahren nicht weniger als 3 Mark und für weibliche Personen über 21 Jahren nicht weniger als 2 Mark festgesetzt werden darf. Abg. Brey(Soz.): Nach dem Kommissionsbeschluß soll der Ortslohn einheitlich nach dem Durchschnitt für den Bezirk jedes Versicherungsamts festgesetzt werden. Nach diesem Ortslohn wird die Krankenbeihilfe bemessen und daß diese ausreichend ist, ist für den Erkrankten von un- geheurer Wichtigkeit. Hier zu sparen bedeutet eine Versündigung an unserem besten Wert, an der Arbeitskraft des Volkes. Die vor- geschlagene Regelung des Ortslohns schafft nun Krankenbeihilfe in verschiedenen Bezirken, die ganz unzureichend sind. Es kommen Ortslöhne von 1 M. pro Tag vor und wir werden erleben, daß in solchen Gegenden 47, 48 bis 50 Pf. Krankenbeihilfe gewährt werden. Das wäre eine Ber- höhnung der Kranken, zumal im Winter die Beihilfe unter Um- ständen auf 25 Proz. sinken kann. Das wäre eine Karikatur auf eine wirkliche Kraukcnbeihilfe.(Sehr wahr I bei den Sozialdemo- kraten.) Daher schlagen wir vor, Mindestsätze festzulegen. Die Mehrheit und die Regierung übt ja unseren Verbesserungsanträgen gegenüber passive Resistenz, man könnte von einer epidemischen Mundsperre auf ihrer Seite sprechen.(Heiterkeit.) Ich bitte dringend, unserem Antrage zuzustimmen.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.) Abg. Molkenbuhr(Soz.): Wenn man die Klagen der Agrarier über die hohen Löhne der Landarbeiter höit, sollte man meinen, die Landarbeiter bekommen wirklich sehr hohe Bezüge. Aber tatsächlich sind in Ostpreußen bei 143 000 Krankentagen durchschnittlich 43 Pf. pro Kranken- tag als Unterstützung bezahlt worden, der ortsübliche Tagelohn beträgt dort also nur 96 Pf. Noch schlimmer ist es in Schlesien , wo nur 47 Pf. Unter- stützung pro Krankentag gezahlt sind. ES gibt eine ganze Reihe kleiner Orte, in denen der ortsübliche Tagelohn nur 1 M. beträgt. Die Herren Agrarier klagen, daß sie zu solchen Sätzen keine Arbeiter finden; wenn eS sich etwa darum handelt, Beiträge zur Kranken- Versicherung zu zahlen, dann haben die Landarbeiter plötzlich so gut wie gar keine Löhne, dann wird der ganze Lohn wegdiskutiert.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Zu der Geringfügigkeit der Sätze kommt noch, daß bei Krankenhausbehandlung des Versicherten die Familie nur die Hälfte der Unterstützung, also in Ostpreußen nur 24, in Schlesien nur 23'/2 Pfennig pro Werk- tag erhält, und das vorliegende Gesetz bleibt in ffeinen Leistungen hinter den gegenwärtigen Bezügen noch in mancher Beziehung zurück. Wie sind denn nun die Löhne der Landarbeiter in Wirklichkeit? Wenn man von dem, was Sie(nach rechts) bei den Zolldebatten uns darüber erzählt haben, noch reichlich die Hälfte ab- zieht, bleibt noch so viel übrig, daß die von uns beantragten Mindestsätze des Ortslohnes gerechtfertigt erscheinen. Wir bitten deshalb, unseren Antrag anzunehmen.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.) Der Antrag Alb recht wird abgelehnt. K 169 gestattet dem Reichskanzler, unter Zustinimung deS Bundes- ratS mit folchen Staaten, die eine der Reichsversicherungsordnung entsprechende Fürsorge durchgeführt haben, Vereinbarungen zur Fürsorge für die Arbeiter unter Wahrung der Gegenseitigkeit zu treffen. Die Abgg. Albrecht und Genossen(Soz.) beantragen, daß für Angehörige der Staaten, in denen deutsche Reichsangehörige in bezug auf die Arbeiterversicherung nicht ungünstiger ge» pflichtet. Aus England und Amerika haben sich große Manager an Dons Impresario gewandt, die für einen Monat Gagen bis zu 40600 M. boten. Diese Anträge sind aber bisher abgelehnt worden, da das jetzt so wertvoll gewordene Tier nicht den Zufälligkeiten einer Seereise ausgesetzt werden soll. Don wird überhaupt jetzt behütet wie die empfindsamste Primadonna. Er hat seinen eigenen Tierarzt bei sich, ganz wie Caruso seinen Kehlkopfspezialisten, und während seines Engagements in Berlin ist Don Tag für Tag von seinem Impresario im Auto nach dem Grunewald geführt worden, damit er sich dort tüchtig auslaufen kann. Wie alle Herren in glänzenden Verhältnissen, so leidet nämlich auch Don an der Neigung zur Korpulenz. Kuchen, der bekanntlich auch im Sprachschatz Dons eine große Nolle spielt, wird ihm so selten als möglich gereicht; der neue Varietestar lernt eben jetzt auch alle Freuden und Leiden der Be- rühmtheit kennen. Seine Reise nach Wien legte Don nicht etwa im Hunde-Coupö zurück, sondern in einem Abteil 1. Klasse, das eigens für ihn und seine menschliche Begleitung reserviert war. Sein wertvolles Leben ist übrigens bei Lloyds mit einer gewaltigen Summe, man spricht von 256 666 Mark, versichert. Ein? deutsche Gesellschaft wollte bei dem immerhin schon hohen Alter Dons das Geschäft nicht machen. Ueber die sogenannten besten Jahre ist der Hund nämlich schon hinaus. Liest sich dieser Bericht nicht als ein zur Aufhetzung der darbenden und notleidenden Menschen erfundener Hohn eines Satirikers? Und doch entspricht er nur den Tatsachen und wird als Korrespondenz in den bürgerlichen Blättern nur als amüsante Plauderei genossen. Notizen. DasThea'kertnderKöniggrätzerSttaße. Die Direktoren des Berliner Theaters, Carl Meinhard und Rudolf B-«Mner, haben vom 1. September 1911 bis zum 31. August 1921 du» ehemalige Hebbeltheater gepachtet, das sie unter dem Namen Theater in der Königgrätzer Straße zugleich mit dem Berliner Theater führen werden. M u s i k ch r o n i k. In der kgl. Oper werden in der Zeit vom 18. Mai bis 16. Juni sämtliche Opern WagnerS in chrono- logischer Reihenfolge aufgeführt. Uebertragbare Sonderabonnements werden am 11. Mai von 35 Uhr nachmittags ausgegeben. Der Name. Max Reinhardt inszeniert diesen Sommer für das Münchener Kllnstlertheater zwei Operetten von Offenbach . Er bekommt dafür und für die Erlaubnis, daß sein Name als Leiter genannt wird. 36 006 M. Die internationale HhgieneauSstellung wurde am Sonnabend m Dresden eröffnet. - Auch ein Titel. In derTägl. Rundschau' lesen wir: Vor kurzem brachten wir die Nachricht, daß in Dahlewitz (Kreis Teltow) der königliche Hofhundepfleger Joseph Reichelt zum Schöffen gewählt worden sei. Wir werden jetzt gebeten, mitzuteilen, daß der Herr nichtHof-Hundepfleger". sondern königlicher.Hof-Händcpflea«' »st oder, wie er sich auf gut deutsch nennt:.Hostnanicurist",