Immer mehr zeigt sich, daß bei der Durchführung derHilfsexpedition von der militärischen Seite aus ein bestimmtergeheimer Plan verfolgt wurde. Fast alle Meldungen, die überdie militärischen Aktionen der letzten Tage einliefen, bezogensich auf das Expeditionskorps, das im Schaujagebiete,d. h. von Casablanca und Rabat aus, operieren und von demkleinen Hafen Meddija aus unter dem Befehl des GeneralsMoinier den Vormarsch nach Fes antreten soll. Ein Teildieses Korps, das aus ungefähr 22 000 Mann bestehen wird,unter dem Major Brulard ist bis jetzt nur wenige Kilometer vonKnidra vorgerückt und ist immer noch zirka 90 Kilometer vonFes entfernt.Von dem anderen Hilfskorps, das im Mulujagebiete,an der algerisch-marokkanischen Grenze in ungefähr derselbenStärke zusammengezogen wird. war eS bisher merkwürdig still.Das Schaujakorps setzt sich zusammen aus Teilen derBesatzungen von Casablanca, in erster Linie aber aus Ab-tcilungen Kolonialinfanterie und Kolonialartillerie. DieseKolonialtruppen sind verschiedenen Garnisonen Frankreichs ent-nommen, sie werden in„petita paquets", in kleinen Verbändennach Rabat oder Casablanca verschifft und dort zu Marsch-regimentern zusammengestellt. Diese Art der Mobilisationwird den französischen Steuerzahlern sehr teuer zu stehenkommen. Die nach Afrika bestimmten Batterien undMaschinengewehrabteilungen mußten erst ihren Pferde- undMaultierbestand in Südfrankreich und Algerien ergänzen,die Schiffe mußten für den Transport der Tiere(auch fürKamele) hergerichtet werden u. dergl. mehr.Daß unter diesen Umständen die Komplettierung diesesSchaujakorps ziemliche Zeit in Anspruch nahm, liegt klar aufder Hand. Das gibt den französischen Militaristen Gelegen-heit, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Sieverlangen für die Zukunft eine ständig auf Kriegsfuß stehendeKolonialarmee. Dann aber fordern sie mit immer größeremNachdruck, daß das im Mulujagebiet konzentrierte Korps denVormarsch auf Fes antrete. Sie wissen ganz genau, daß diezwischen Fes und der algerisch- marokkanischen Grenzewohnenden Stämme dem französischen Vormarsch Widerstandentgegensetzen werden und daß damit der schönste Anlaßzu einer Okkupation gegeben ist. Dazu kommt danndie Möglichkeit. aus Algerien immer neue Truppen-Verstärkungen heranziehen zu können. Die Truppen desMulujakorps bestehen schon jetzt ausschließlich aus Kon-tingenten der algerischen Armee, sogar aus Tunis sind Ab-teilungen zum Einmarsch in Marokko herangezogen worden.In der Zwischenzeit ist dann auch das Korps im Schauja-gebiete komplettiert und marschfähig, so daß der„pönötratiouxaoiLgue" nichts mehr im Wege steht.Das ist der feine Plan, der immer mehr aus denSpalten des„Temps" und anderer militaristischer Blätterherausleuchtet. In der„Humanitü" wird er dagegen vonIaurös rund und nett als Hochverrat gekennzeichnet. InSpanien wird man immer mißtrauischer und das armespanische Volk wird über kurz oder lang mit neuen Opfernan Gut und Blut in Marokko rechnen müssen. Schon jetzthaben spanische Truppenabteilungen marokkanisches Gebietbesetzt. So wächst die kapitalistische Kolonialpolitik immermehr zu einer verderbenbringenden Lawine an, die ihre Ver-heerungen nicht auf ein einzelnes Land beschränkt.Und wie ist'S mit Deutschland? Wir haben diegegenwärtige Lage in Marokko etwas ausführlicher geschildert,weil man in deutschen regierenden Kreisen bei Nennung desNamens Marokko wieder nervös zu werden beginnt. Die kalt-feindselige Haltung der„Nordd. Allg. Ztg." in den letztenTagen gibt genug zu denken. Wenn auch die Tataren-nachricht von der Entsendung deutscher Kriegsschiffe inmarokkanische Gewässer offiziös dementiert wurde, so dürfenwir uns nicht verhehlen, daß die innerpolitische LageDeutschlands, vor allem die vor der Tür stehendenReichstagswahlen, nicht ohne Einfluß auf die aus-wärtige Politik sein können. Die„Post" und andere Scharf-macherblätter haben schon verschiedene Vorstöße nach dieserRichtung hin versucht.. Und selbst bei den liberalen Blätternhat Herr von Kiderlen-Wächter einen Stein im Brett, sprachdoch die„Freisinnige Zeitung" beim letzten Fremdenlegions-streit ihre Freude über dessen„energisches" Vorgehen aus.Beiläufig sei erwähnt, daß bei dem im Mulujagebiet konzentrierten Korps auch wieder starke Abteilungen der Fremden-legion stehen, woraus sich unter Umständen auch wiederKonfliktsmöglichkeiten mit Deutschland ergeben können.Von der hirnverbrannten Forderung der Alldeutschen undanderer an nationalen! Größenwahnsinn leidender Schreierwollen wir nicht viel Aufhebens machen. Aber immer undimmer wieder mutz betont werden, daß das deutsche Volkund vor allem die deutsche Arbeiterschaft um Marokkos willenmit Frankreich keinen Konflikt, am allerwenigsteneinen Krieg haben will. Unsere französischen Genossen werdenihren Kolonial-Kapitalisten und Militaristen schon scharf auf dieFinger sehen. Die deutschen Arbeiter müssen aber ihrerseitsdarüber klar sein, daß deutsche Interessen nur in ganz ge-ringem Umfange in Marokko in Frage kommen. Der deutscheHandel ist im Vergleich zum englischen und französischen nurgering, und die Profitinteressen einiger Bankiers und Groß-industriellen, die sich in Marokko engagiert haben, sind nochlange nicht gleichbedeutend mit den Interessen der ganzendeutschen Nation. Bei einem einigennaßen taktvollen undruhigen Auftreten kann die deutsche Diplomatie alle not-wendigen Garantien für die Freiheit des deutschen Handelserlangen. Die deutschen Arbeiter haben nicht denall ermindesten Anlaß, um Marokkos willen ihreHaut zu Martte zu tragen, am allerwenigsten um der„Sou-veränität" eines Despoten wie des Sultans von Marokkowillen, der fest in den goldenen Ketten sitzt, mit denen ihndas französische Kapital gefesselt hat. Wir haben alle Ursache.die Vorgänge in Marokko aufmerksam zu verfolgen, um denHerrschaften, die die nordafrikanischen Händel benutzen wollen.um sich aus der inneren politischen Klemme zu helfen, dassaubere Handwerk zu legen. Wir haben ihnen klarzu-machen, daß in Marokko keine Wahlparole zuholen ist. �Ei« Angriff auf Moinier?Madrid, 10. Mai. Heralbo meldet aus Tanger: Gestern bor«mittag gegen 10 Uhr stürzten sich Taufende von Ein«geborenen in geschlossenem Zuge auf das bei Belarofi, etwadrei Kilometer von Saleh errichtete Lager, wo sich GeneralMoinier befindet. Dieser übernahm den Oberbefehl über dieTruppe». Det Feind wurde durch Gewehr- und Artillenefcuerzurückgeworfen: er wiederholte jedoch dreimal seinenAngriff und zog sich erst dann nach dem Heiligtum von SidiLabe, io der Nähe von Saleh. zurück. Die französische Truppen-abieilung verließ sofort Saleh und eröffnete da? Feuer auf denFeind, der nach heftigem Widerstand mit einem Verlust von30 Toten und zahlreichen Verwundeten den Rückzug antretenmußte. Wie eS weiter in dem Telegramm heißt, wurde einePionierabteilung nach dem Lager von Belarofi entsandt, um ahn«liche Vorkommnisse zu verhüten. Schließlich besagt da» Telegramm,daß nach Meldungen aus El K n i t r a die vereinzelten Angriffeauf die französischen Posten und die Truppen, welche die Ver-proviantierungszüge begleiten, fortdauern.Ei« erfolgreicher Ausfall.Londo«, 9. Mai. Wie das Reutersche Bureau aus Tangermeldet, hat die Mahalla einen Ausfall aus Fes gemacht.die Aufständischen geschlagen und den festen PunktNajala Faradji genommen.Spauische Besorgnisse.Madrid, 10. Mai. Ministerpräsident CanalejaS erklärteeinem Berichterstatter: Wir haben freundschaftlich Einsprucherhoben, als Frankreich kürzlich mit Marokko ein Abkommen ab-geschlossen hatte, ohne unS zu verständigen. Ebenso haben wir beiFrankreich in überaus herzlichem Tone einige Vorstellungenüber seine militärische Mission in Marokko erhoben. Wir habenüber gewisse Fragen verschiedene Anschauungen, wasnicht erstaunlich ist; denn unsere Interessen find häufig entgegen-gesetzt; aber das schließt keineswegs Reibungen und Erbitterungin sich.BelchrMnog des Petitionsrechts derKommunen.Am 15. Februar 1910 hatte die Stadtverordnetenversammlungvon Königsberg i. Pr. beschlossen, eine Petition an die beidenHäuser des preußischen Landtages zu senden, in der um die Ab-änderung der Wahlrechtsvorlage der preußischen Re-gierung ersucht wurde. Der Antrag ging dahin, daß durchdie Aenderung der Lorlage das Klassensystem beseitigtwerden und das geheime Sti,nmrecht eingeführt werdenmöge, und daß eine den veränderten Bcvölkerungsverhält-nissen entsprechende Wahlkreiseinteilung zu schaffen sei. Inder Begründung wurde unter anderm darauf verwiesen, daß dieWahlrechtsvorlage durch Beibehaltung des Klassensystems, der bis-herigen Wahlkreiseinteilung und der öffentlichen Stimmabgabe inden großen Städten, namentlich in Königsberg den größten Teilder Bürgerschaft benachteilige und daß insbesonderedurch die öffentliche Stimmabgabe viele Bürger in der Wahlfreiheit beeinträchtigt würden.Der Magistrat trat am nächsten Tage dem Beschlüsse derStadtverordneten bei. und schon am folgenden Tage ging diePetition im Druck den beiden Häusern des Landtags zu.Sechs Tage später beanstandete der Oberbürger-meister auf Anordnung des RegierungSpräsi-deuten den Zu st immungsbeschluß deS Magistrats,weil diese Petition keine GemeindeangelegenSeit sei und derMagistrat durch seine Zustimmung zu dem angeblich auch von denStadtverordneten unbefugter Weise gefaßten Beschluß seine Be-fugnisse überschritten habe.Der Magistrat focht die Beanstandung durch die Klage an undmachte geltend, daß es sich doch um eine die Gemeinde stark be-rührende Angelegenheit handele.Der Bezirksausschuß wies dje Klage mit. folgender Begründungab: Die Stadtverordnetenversammlung könne, abgesehen von be-sonderen, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen, nurüber Gemeindeangelegenheiten beschließen. In diesemRahmen müsse sich auch ihr Petitionsrecht halten. Dasselbetreffe auch auf den Magistrat zu, wenn besondere Be-stimmungen für ihn auch nicht existierten. Er sei die Ortsobrigkeitund Gemeindeverwaltungsbehörde; deshalb gingen seine Befugnissein Sachen der Zuständigkeit nicht weiter, als die der Stadt-verordneten. Es frage sich deshalb, ob es sich bei dieser Petitionum eine Gemeindeangelegenheit handele. Gemeinde-angelegenheiten seien nur solche, bei denen die Gemeinde alskorporative Gemeinschaft beteiligt sei. Petitionenstädtischer Korporationen auch in Angelegenheiten der Staats-gesetzgebung könnten unter Umständen auch Gemeindeangelegenheitensein. Sie seien eS aber nur d a nn, wenn sie objektiv inder Besonderheit der Verhältnisse der örtlichenGemeinschaft ihren Ausgangspunkt und in derFörderung und im Schutze dieser Verhältnisseihr Ziel hätten. Natürlich müßten die Beziehungen zu denlokalen Verhältnissen tatsächlich und nicht nur dem Wortlautder Petition nach zutreffen. Wie sei eS nun hier? Was die Wahl-kreiseinteilung betreffe, so müsse ja zugegeben werden, daß einzelnegroße Stadtgemeinden benachteiligt sein könnten, da sichdie Bevölkerungsverhältnisse verschoben hätten. ES sei denk-bar. daß an der Aenderung eine einzelne Gemeindeein lokales Interesse habe. DaS erledige sich hier aberdadurch, daß auf jeden Fall die übrigen Punkteder als Einheit zu nehmenden Petition(die Ab-fchaffung des KlassensystemS und der öffent»liche n Stimmabgabe) nicht als solche angesehen werdenkönnten, an denen die Gemeinde als korporative Ge-in e i n s ch a f t ein Interesse habe. Der Magistrat sage zwar, daßgerade wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse der großen Stadt eingroßer Teil der Bürger nicht unabhängig genug sei. um öffenllichnach seiner Wahl zu stimmen. Eine Beziehung zu den besonderenörtlichen Verhältnissen sei aber nicht dargetan. Wirtschaftlichabhängige Personen befänden sich in jeder Stadt. Es läge alsonicht ein„besonderes örtliches Interesse" bor. Auch werde dieGemeinde nicht als Korporation berührt, sondern nur daseinzelne Gemeinde Mitglied. So liege es auch bei derKlasseneinteilung. Da diese Punkte aber wesentliche Bestandteile derPetition bildeten, so rechtfertige sich die Beanstandung deS Be-schlusseS, weil er die Befugnisse überschritt. Die Beanstandung habeauch noch nach Absendung der Petitton erfolgen können.Das OberverwaltungSgericht bat jetzt dieses Urteilals durchaus zutreffend bestätigt und die Berufung desMagistrats abgewiesen.Diese juristische Auslegung des Petitionsrechts der Kommunenist ebenso engherzig, wie widersinnigl Danachdürfen sich die Kommunen nur wegen lokaler Schmerzen undBenachteiligungen an die gesetzgebenden Körperschaften mit Petitionenwenden. Andere, allgemeine Nachteile, die nicht die KommuneX oder g) speziell, sondern gemeinsame Interessen zahlreicherKommunen betreffen, dürfen nicht zum Gegenstand von Petitionengemacht werden, auch wenn sie für die Gemeinden zehnmalwichtiger and einschneidender find!Eine echt sormaljuristische Silben stecherei, dieunseM Reaktionären natürlich höchft tziNkogsW«!» istipoUtifcbc OebcrlichtBerlin, den 10. Mai 1911.Die Krankenkassenorganisatio«.Aus dem Reichstag, 10. Mai. Der Kampf derSozialdemokraten gegen dieKassenzersplitterungwurde in der heutigen Sitzung unermüdlich, leider aber wiederohne Erfolg durchgeführt.' Dabei kam es zu einer scharfenAuseinandersetzung mit dem Berichterstatter Horn-Reuß(natl.) wegen einer irreführenden Darstellung in seinemBericht.Nachdem Genoffe Leber den sozialdemokratischen Antraggegen die Zulassung.besonderer Ortskrankenkassen neben denallgemeinen Ortskrankenkassen nachdrücklich, aber erfolglos be-gründet hatte, bekämpfte Genosse Hoch die Verschlechterungdes Regierungsentwurfs durch die Kommission, die dieMindest grenze für besondere Ortskassen von500 auf 250 Mitglieder herabgesetzt hat.Dabei wies er nach, daß der Berichterstatter fälsch-lich behauptet hatte, jene Verschlechterung sei durchdie Komnilssionsmehrheit kompensiert worden durch einenZusatz, der die Sicherung der dauernden LeistungS-fähigkeit der Kasse verlangt. Hoch wies nun nach.daß die Mehrheit jene Verschlechterung zunächst ohneKompensation vorgenommen hatte und daß der Zusatz erstauf Antrag der Sozialdemokraten in das Gesetz hinein-gekommen sei. Herr Horn reagierte zunächst überhauptnicht. Erst ein abermaliger Hinweis Molkenbuhrs auf jenenVorgang veranlaßte ihn zu einem Protest. Er schlug dabeiaber das wenig rühmliche Verfahren ein, diesen Protest imReferentenschlußwort zu einem anderen Paragraphen unterzubringen, als ihm nicht mehr geantwortet werden konnte.Eine ausgiebige Erörterung gab es dann noch bei derFrage der Betriebskrankenkassen und Jnnungs-krankenkassen. Genosse E m m e l wies für die Be«triebskassen und Genosse Brühne für die Jnnungskassennach, in wie schmachvoller Weise die Unternehmer dieseKassenorganisattonen ausnutzen, um die Arbeiter zu drangsa-lieren und ihnen die Bezüge zu kürzen. Für die Jnnungs-lassen legte sich dann der antisemittsche Bäckermeister Riese-berg mit einigen überaus dürfttgen Ausführungen ins Zeug,und unter der Führung dieses hervorragenden Sozialpolittkersstimmten die Blockparteien, einschließlich der Freisinnigen, alleVerbesserungsversuche der Sozialdemokraten nieder.Morgen Fortsetzung._Die Gesetzmaschine in Betrieb.Die Sekundärbahndebatte hat ausgetobt und unter dem Vorfitzdes zurückgekehrten Herrn v. Kröcher widmet sich das Dreiklassenhauserneut der erstklassigen Akkordarbeit seiner Gesetzmacherei, die zu-nächst wenigstens das eine Ergebnis hat, das preußische Parlamentum eine neue Kommission zu bereichern. Mittwoch setzte ma« einenAusschuß zur Entlastung des OberverwaltungS-g e r i ch t s ein, nachdem man die erste Lesung einer diesem Zweckdienenden Borlage absolviert hatte. Es soll eine RevisionS-summe eingeführt und daS Richterpersonal durch Hilfsrichterergänzt werden. Selten lvohl hat ein Gesetz, dos doch keiner Volks-freundlichkeit oder auch nur Modernität verdächtig ist,eine solche Aufnahme gefunden. Bedenken recht?. Bedenkenlinks. Bedenken in der Mitte und selbst der Polizeiministcr ent-schuldigt sich mit dem„Notgesetz".- Aber diese Entschuldigung ist inder Tat eine Selbstanklage. Wird doch damit der Ansang dazu ge-macht, dem Preußenvolk auch diesen letzten Schutz gegen behördlicheUngesetzlichkeit zu schmälern und wird doch in den Hilfsrichternein Richlertum von mindestens fraglicher Unabhängigkeit überdie Verwaltungsbehörden gesetzt. Genosse Dr. Liebknechtsprach deswegen für die Sozialdemokratie ein wohlbegründetes Un»annehmbar IEin Gesetz von lokaler Eednitung für Posen wird vonPoscnschen Abgeordneten durchgesprochen, geht an die Gemeinde-kommission und dann befürwortet der reuige Ostmarksünder v. Schorlemer eine Vorlage, die die Pflicht zum Besuchländlicher Fortbildungsschulen auf etliche Provinzenmehr ausdehnt. Posen, Westpreußen und SchleSwig-Holstein sindtrotz alter Regierungsversprechungen, an die der VolkspartcilcrErnst erinnert, nicht dabei. Aber man hat wichtigere Dinge fcier»licher versprochen, ein Königswort für die Wahlreform!... DerLandwirtschaftsminister hielt eS für nötig, die Nichteinführung desSonntagSunterrichts erst noch zu begründen; er tat das mit denVorrechten der Kirche auf den Sonntag I Ein hübsches Gegen»argument brachte der Konservative v. G e s ch e r: OhneSonntagsschule würden die jungen Landlente in die Kneipengehen, um Schnaps zu trinken. Den obligatorischenReligionsunterricht forderte diesmal nur das Zentrum. Dieübrigen Patrioten vertrauen getrost der fakultativen Schulverpfaffuitgund das können sie ruhig tun.Man überwies diese Vorlage der Kommission, die schon dieJugend der Pflichtfortbildungsschule mit 80 Minuten Religion proWoche zu beglücken beschloß, erledigte debattelos noch ein Gesetzüber die Aushebung der Tertialverhältnisse in der LandwirtschaftVorpommenS und vertagte sich dann auf heute Donnerstag, umAnträge und Petitionen zu erledigen.Schließung des elsaß-lothringischen Landesausschuffes.Seit mehreren Wochen führte die von den Herren Preiß undWetter!« geleitete klerikale Gruppe im elsaß-lothringischen Landes-ausschuß einen eigenartigen ObstrultionSfeldzug gegen die elsaß-lothringische Regierung, zu dem sich in letzter Zeit allerlei un-erquickliche lokale Skandalasfären gesellten, wie die alberneDuellkomödie des Metz er Polizeipräsidenten, des Herrn Baumbach v. Kraiberg. Da die Regierung bei diesen Kämpfenrecht schlecht abschnitt, hat sie den Verhandlungen durch einen Ge-waltakt ein Ende gemacht, indem sie den Landesausschuß auflöste.In der gestrigen Sitzung verlas der Staatssekretär Freiherr Zornv. Bulach nach einer kurzen Rede des Präsidenten Jaimez folgendekaiserliche Kabinettsorder:An Meinen Statthalter in Elsaß-Lothringen.Auf Ihren Bericht vom 6. d. Mts. bestimme Ich, daß die am1. Februar 1911 eröffnete Sitzuug des Landesausschusses fürElsaß-Lotbringen geschlossen wird.Gegeben zu Straßburg, den ö. Mai 1911.Wilhelm.Staatssekretär Freiherr Zorn V. Bulach erklärte sodann aufGrund dieser allerhöchsten Kabinettsorder und im Austrage desStatthalters die 88. Tagung des LandeSauSschusseS für geschlossen.Die Mitglieder der obenerwähnten Gruppe haben sofort gegendiese Parlamentsschließung Protest erhoben. Wie dem„Berk. Lokal-Anzeiger" telegraphisch aus Straßburg gemeldet wird, haben el-M30—35 Abgeordnete, meist Vertreter des oberen Elsaß und Lothringen?,folgende Resolution gefaßt:„Die zum Aoschied versammelten Mitglieder des Landes-anSschusseS find überzeugt, daß angesichts der Haltung der elsaß-lö&utgischfl} Regieawa, die der Vo�pertretuvg