Ir.llO. 28. JaWkg.2. SeilM des.lormiitts" Kerlimr DsIksdlÄ.IrtHnj, 12. Pili 191tStadtverordneten'VtriapmlUDg.IS. Sitzung vom Donnerstag, den 11. War«nachmittags S Uhr.Der Vorsteher Michelet eröffnet die Sitzung um 5% Uhr.Zunächst findet die feierliche Einführung und Verpflichtungder neuen Stadträte Hamburger und Dr. Franz statt.Es sind sodann verschiedene Ersatzwahlen zu bollziehen.Gewählt wird in die Nrmendireltion an Stelle des verstorbenenStadtverordneten Dr. Mitow(Fr. Fr.) Stadtv. Dr. Lazarus(Fr. Fr.) mit 54 Stimmen gegen 34, welche auf Dr. Zadel(Soz.)fallen.An Stelle des verstorbenen Stadtv. Borgmann(Soz.)werden durch Zuruf gewählt: in die Tiefbaudeputation Stadtv.Leid, in die Deputation für das Turn- und Badewesen Dr.B e r n st e i n, in die Kanalisationsdeputation M a n n. in die Ver-lehrsdeputation Glocke.Die Erneuerung der Akkumulatorenbatterie im Rudolf-Virchow-Krankenhaus, die eine Ausgabe von 29 840 M.erforderlich macht, wird auf Antrag des niedergesetzten Ausschussesgenehmigt, zugleich aber eine Resolution beschlossen, in derdie Erwartung ausgesprochen wird, daß der Auftrag nur einerlang bewährten Firma übertragen wird, und daß vor Beseitigungder alten Batterie die Schadenersatzansprüche gegenüber der FirmaBoese u. Co. völlig sichergestellt werden.Ueber den Ankauf von Ländereien zurErweiterung des Wasserwerks Lichtenbergund über die Herstellung eines Eisenbahnanschlusses fürdas Werk hat der Vdagistrat zwei Verträge mit dem Ritterguts-besitzer Röder vereinbart, die er zur Genehmigung borlegt. AnKosten entstehen zusammen 538 625 M.Stadtv. Dr. Weist(Soz.): Wir müssen hier Ausschussberatungbeantragen. Ob es durchaus unumgänglich ist. dass uns solcheDaumenschrauben aufgesetzt werden wie in diesen Verträgen, istdoch noch näher zu untersuchen. Herr Röder, der das Terrainseit langer Zeit besitzt, hätte unS in seiner Gewinnhascherei amliebsten die ganze Zuwachssteuer aufgebürdet; jetzt will er sich aller-dings mit der Hälfte begnügen. Der Vertrag wegen des Eisen-bahnanschlusses ist mit dem einfachen gesunden Menschenverstandallein gar nicht zu verstehen; ich bitte dringend, dass in den Aus-schuss auch Juristen gewählt werden, damit in dem Vertrage auchdie Interessen Berlins gebührend berücksichtigt werden.Stadtv. Sonncnfeld(A. L.): Ich befürworte ebenfalls Aus-fchussberatung. Auch mir ist selbst bei wiederholter Lektüre derVerträge das Verständnis dafür nicht aufgegangen. Einige Be-stimmungen sind geradezu ungeheuerlich; sie möchten vielleicht aufeinen unsicheren Kantonisten als Kontrahenten zutreffen, aber nichtauf die Stadt Berlin.Stadtv. Dr. Paul(N. L.) schließt sich diesen Bedenken unddem Antrage auf Ausschussberatung an.Die Vorlage wird einem Ausschusse überwiesen.Im Krankcnhause Moabit sollen an Stelle der im Etat vorgesehenen zwei Röntgcnschwestern zwei Röntgcngehilfinnc» ein-gestellt werden.Stadtv. Dr. Wehl(Soz.): Tie Röntgengchilfinnen verfügenüber eine gewiß vorzügliche Fähigkeit in der Bedienung und Hand-habung der Apparate, haben aber naturgemäß kein Verständnisfür Behandlung und Pflege von Kranken. Die Viktoriaschwestcrn,die im Krankenhaus Friedrichshain als Röntgenschwestern tätigfind, verfügen auch über krankenpflegerische Fähigkeiten. Unterilmständen können also durch die beabsichtigte Massnahme dieKranken gewissen Beschwerden und Unbequemlichkeiten ausgesetztwerden. Ich hoffe, daß immer da, wo die Röntgengehilfinnen sichbetätigen, mindestens der Arzt und krankenpflcgerische Personenzugegen sind.Bürgermeister Dr. Reickc: Die Wünsche de? Vorredners werdenjedenfalls berücksichtigt werden können.Die Vorlage wird angenommen.Die Versammlung wird auch im Jahre 1911 währendter Monate Juli und August Ferien machen.Von der erfolgten Genehmigung der Erhebung von Steuernzur Deckung der Gemcindcbedürfnisse für 1911 nimmt die Ver-sammlung Kenntnis.Ein städtisches Grundstück von 653 Quadratmeter an derGotzskowskdstrasie und an der Spree soll für 120 000 M. frei vonStrassenanliegerbeiträgen an den Privatier Max Pflug aus Halen-see und die Grundstückserwerbsgesellschaft m. b. H. Jndustrie.palastkleines feuilleton.Die Aufgaben der Museen. Die Broschüre des MalersBinnen gegen die Bevorzugung der französischen Malerei inDeutschland hat die«Franks. Ztg.* zu einer Rundfrage bei deutschenMuseumsdireklorcn veranlasst. Denn die sollten ja bor allem mitSchuld haben an der Bevorzugung des Auslandes. Unter denAntworten interessiert besonders die von dem Direktor des KölnerWallraf-Richartz-MuseumS Alfred H a g e l st a n g c, der temperamentvoll proklamiert:„Unsere Galerien sollen die EntwickelungSgeschichte der Malereiillustrieren, und wir verwahren uns auf das allerenlschiedenste gegenden Versuch, fie wieder zu UnterstützungSinstiluten hilfsbedürftigerKünstler herabzuwürdigen. Wenn die Herren Malerdirektorenseinerzeit bei ihren Ankäufen lediglich Oualitätsrücksichten hättenwalten lassen, dann stünde es heute besser um unsere Galerien.Wenn diese Herren zur rechten Zeit die Augen aufgetan hätten.dann brauchten wir heute nicht unsere Taschen zu öffnen. Ingresund Delacroix, Corot und Courbet, Manet nnd Renoir kosteten weitweniger als"die Werke so manches deutschen Akademiegewaltigen.Auch ein Protest von taufenden deutscher Künstler wird dieseNamen ans der Kunstgeschichte des 19. Jahrhundert? nicht aus.zulöschen vermögen. In jeder modernen Galerie, die eS ernstnimmt mit ihren Zielen und Aufgaben, muffen sie vertreten sein.Und wenn wir heute die Vertretung diefer Meisternamen mitschweren Geldopfern erkaufen müssen, so fällt die Schuld dafür zwrück auf die Kurzsichligkeit jener deutschen Maler, die in densechziger und siebziger Jahren die Geschicke unserer Galerien geleitethaben.*Zweifellos hat Herr Hagelstange recht. Museen sollten nichtVersorgungsaiistalten sein. Aber sie sollten auch durch eine geeigneteOrganisation den grossen Kunsthändlern die Stange zu halten ver-suchen.(Bei der letzten Vodeaffäre kam es doch zutage, daß derBerliner Generalgewaltige seinen Münchener Kollegen zuerst ein-gelullt und dann überboten hatte). Die Franzosen, um die»»an sichreisst, haben ftüher vielfach ihre Sachen billig hergeben müssen.Manche haben gedarbt. Und heute werden für ihre Werke, dank derSpekulation der Kunstkaufleute horrende Preise bezahlt. Die Kunsthat heutzutage ihren Beruf verfehlt, wenn der Kunsthandel sie nichtausbeuten und zur Mode erHeven kann.Die Kleidung im alten Griechenland. Ueber die„Tracht in dergriechischen Kunst* hielt in der Mailänder Gesellschaft«Athen undRom" Professor Löwh von der Universität Rom einen intereffantenVortrag. Wie kleideten sich die Griechen und vor allein dieGriechinnen? Ganz herrlich, wenn man nach den auf unsere Zeitgekommenen Skulpturen urteilen darf. In der griechischen Kunstersüllt das Gewand eine bewundernswerte ästhetisch« Funktion: eSist kein Zubehör, sondern ein wichtiger Teil des Gesamtkunstwerkes.Und wir können aus den Bildwerken schliessen, wie sich die BürgerMtd die Mädchen und Frauen von Athen kleideten. Bei dem modernen„Spree" verkauft werden. Der jetzige Pächter hat an die Versamm-lung eine Zuschrift gerichtet mit dem Ersuchen, das Geschäft nichtzu machen.Stadtv. Gericke(Fr. Fr.)': Wr können diese Vorlage nichtannehmen. Es spielen hier Dinge mit, die in der Oeffentlichkeitbesser nicht besprochen werden; ausserdem muß der Preis bemängeltwerden.Die Vorlage geht an einen Ausschuß.Tie Festräume des Rathauses werden zur Veranstaltung einerFestlichkeit am 17. Junizum Besten beS Vereins„Arbeiterintkenwohl"dem Oberbürgermeister kostenlos überlassen.Zur Beschlussfassung stehen hieraus die Vorlagen betreffenddie Festsetzung von Fluchtlinien für1. die Durchlegung der Eharlottenstrasse vomEnckeplatz nach der Lindenstrasse,2. eine neue Straße von der Ecke der Linden- und Holl-mannsträsse nach der Ecke der Eitschiner- und Alten Jakob-st r a tz e.3. die Durchlegung der Lank Witzstrasse nach derIorckstrasse mit Ueberbrückung der Spree.Stadtv. Löser(A. L.): Wir beantragen Niedersetzung einesAusschusses, da es noch einer näheren Begründung der Magistrats-Vorschläge bedarf. Das Projekt Hollmannstrasse— Alte Jakobstrassesoll7 Millionen kosten;es ließe sich aber eine andere Art der Durchlegung denken, wobeinur das fiskalische Grundstück Lindenstr. i in Frage kommenwürde.Die Vorlagen gehen an einen Ausschuß von 15 Mitgliedern.Der Platz bor dem Rathause wird auch in diesemSommer dem Ratskellerpächter Falkenbcrg zu R e st a u r a t i o n s-zwecken überlassen.Der Ankauf des Grundstücks P a r o ch i a l st r. 7 für22 000 M. zur späteren Strasscnverbreiterung wird beschlossen.Den Teilnehmern an der 13. V e r e i n s v e r s a m m l u n gdeS Vereins deutscher Straßenbahn- und Klein-bahnverwaltungen, der vom 10. bis 17. September imReichStagsgebäude tagen wird, soll ein Empfang in den Fest-räumen des Rathauses angeboten werden. Ein Betrag von 8000 M.wird dafür zur Verfügung gestellt.Zur Erinnerung an die vor 100 Jahren erfolgte Eröffnung deSersten deutsche» Turnplatzes in der Hasenheidesoll am 17. und 18. Juni 1911 dort und auf dem Tempelhofer Feldeeine Jahnfeier veranstaltet werden, an der die deutsche Turner-schaft und zahlreiche Sportvereine, sowie auch die Schulen Groß-Berlins teilnehmen werden. Die Kosten dieser„vaterländischenGedenkfeier" sind aus 25 000 M. veranschlagt, wovon Berlin demKomitee 10 000 M. beisteuern soll.Stadtv. Dr. Zadel(Soz.): Wir lehnen die Vorlage ab. Nicht,weil wir wenig Sympathie für die Turnsache hätten; ich braucheja nur auf die Arbeiterturnvereine hinznweifen. Auch nicht etwadeswegen, weil wir wenig Svmpathie mit dem alten Jahn haben;im Gegenteil, der würde, lebte er heute, uns wohl näher stehenals der preußischen Regierung, die alles getan hat, um Jahn unddie deutsche Turnerei niederzuhalten,die ihn eingesteckt und die Turnvereine aufgelöst hat,genau wie heute die Regierung die Urbeiterturnvereine auflöst.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir lehnen die Vor-läge ab, weil uns nicht die Garantie geboten wird, daß in dieserFeier zum Ausdruck kommt, was eine solche Hundertjahrfeier fürJahn bedeuten sollte, weil wir glauben, dass dabei derByzantinismus und der Hurrapatriotismusin alter Weise seine Auferstehung feiern wird. Aber auch Siesollten sich die. Sache zwei- und dreimal überlegen, bevor Sie IhreZustimmung geben. Wer ist das„Komitee*? Vielleicht bloss derOberpräsident? Wenn die Turner feiern wollen, dann könnenSchauturnen usw. veranstaltet werden; die kosten doch kein Geld.Wozu also die 25 000 M.? Soll vielleicht eine Denkschrift verteiltwerden, soll bielleicht ein Festgelage veranstaltet werden? Wir er-fahren von alledem nichtsl Wir sind knapp bei Geld; wir müssenKulturaufgaben zurückstellen; warum da10 000 M. zum Fenster hinauswerfen?Ist überhaupt ein Magistratsmitglied diesem fragwürdigen Komiteeangehörig?(Beifall bei den Sozialdemokraten.)Gewand bestimmt der Schneider die Form: die Linien des Gewandessind schon festgelegt, wenn die Person, für die eS bestimmt ist, eS an-zieht; nicht die Trägerin, sondern das Gewand bestimmt die Figur. Beider griechischen Kleidung aber war gerade das Gegenteil der Fall.Es hatte weder Besatz, noch Stickereien, und seine Schönheit lageinzig und allein in seinen plastischen Eigenschaften. Das Gewandwar einfach ein rechteckiges Stück Stoff, das nicht nach einer be-stimmten Mustervorlage zugeschnitten war, sondern die Formen derPerson, die eS einhüllte, annahm. Wenn es eine schöne Frau um-gab, wurde eS ein wunderbares Gewand. Heute kann auch einehätzliche Frau ein prächtiges Gewand tragen. Die Kleider waren injenen glücklichen Tagen einfach, aber was konnte die Trägerin nichtalles aus ihnen machen, wenn sie sie zu tragen verstand! Das Peplonwar ein Stück Wolle, das man sich selbst am Webstuhl angefertigthatte; eS paßte sich in der Länge oder Höhe der Figur der Trägerman und war zweimal so breit als sie. DaS war das ganze Gewand l Zwei Nadeln dienten zum Festhalten der Säume des einwenig über die Schultern geworfenen PeplonS. Ein klassischesModell dieser reizenden Toilette findet man in einer der im Museumzu Neapel befindlichen Frauengestalten aus Herkulanum. DasPeplon legte sich dicht an den Körper der Trägerin und ließ alleFormen hervortreten: da eS an der rechten Seite ganz offen war,konnte man einen Teil der Formen sogar in nsUnn bewundern.Im Laufe der Zeiten hat sich dieses primitive Kostüm natürlich ver-vollkommnet: das ist ja da» traurige Schicksal allerschönen und einfachen Dinge aus Erden. Hinzu kam der Gürtel,der die Hüften hervortreten' lassen sollte und in schon raffinierterWeise das Kleid raffte,'hinzu kam ferner die Naht, und die Endblößung der rechten Seite schrumpfte immer mehr zusammen. EinBeispiel für diese Wandlung der Mode findet man in einer Niobide.Und bald kam eine neue Mode: der Chiton, ein sehr duftiges undleichtes Gewand aus Wolle oder auch aus Leinen; dieses Gewandwar sicherlich aus dem Orient nach Gricchenland gekommen. Eswar in der Form eine Art offenen Zylinders: die Person stecktesich hinein, hestelte sich das Gewand an den Schullern zu,band einen Gürtel um— was aber nicht durchaus er-forderlich war— und die Toilette war fertig. Aber die Frauentrugen den Chiton wenig: er war ihnen zu dünn und ließ dieKörperformen etwas zu sehr durchschimmern. In dieser Not kam manauf den Mantel: der Chiton als Untergewand, der Mantel darüber.So zeigt sich uns eine bekannte Venusstatue, während die göttlicheMinerva des Phidias dem Peplon treu bleibt. Die Schönheit unddie Grazie, die die Bildhauer Erincheulands allen diesen Gewändernzu geben wußten, sind wunderbar. Das Gewand paßt sich immerin ganz eigenartiger Weise dem Charakter der Gestalt an: dasPeplon charakterisiert die Matronen und die Jungfrauen, währendder Chiton vornehmlich die Schönheit der Leuu» hervortreten läßt.Notizen.— HanS Hhans Roman«Im Namen des Gesetzes�.der voriges Jahr im Unterhaltungsblatt erschien, liegt jetzt in Buch-Stadtschulrat Dr. Fischer: Der Vorredner geht von unzu-treffenden Voraussetzungen aus. Nicht die Regierung, sondern diedeutsche Turnerschaft plant die Veranstaltung; sie hat sich nur andie Regierung gewendet, damit die Schulen usw. leichter sich andieser Feier beteiligen können. Auch ein Vertreter unserer Stadt,Stadtschülrat Michaelis, ist im Ausschuß. Was die Summe an-langt, so werden dazu nicht bloß Berlin und die Vorortgemeindenbeitragen, sondern auch sämtliche beteiligten Turnvereine undSportvereine. Allerdings ist die Herausgabe einer Festschrift ge-plant, aber nicht beeinflußt von der Regierung, sondern ProfessorHeyne- Charlottenburg hat die Abfassung übernommen. Es handeltsich um Turnspiele, um einen Festzug und eine kurze Feier amJahndenkmal. Dazu gehört allerdings Geld; schon um die Vor-richtungen zur Ordnung auf dem Tempelhofer Felde zu treffen,wird ein gewisses Terrain abgegrenzt werden müssen.Stadtv. Cassel(A. L.): An einer würdigen Feier dieses Jahn»zentennariums kann sich auch Berlin sehr wohl beteiligen. Daßeine solche Feier mit Kosten verknüpft ist, bedarf keiner Aus-führung. Daß sie würdig vor sich gehen wird, haben wir nach denuns gewordenen Erklärungen allen Grund anzunehmen. Heutewird die Rücksicht auf unsere Finanzen von einer Seite heran-geholt, die sich sonst doch darum nicht übertriebene Sorgen macht.Bei einem Etat von 300 Millionen Mark werden unsere Finanz-Verhältnisse durch 10 000 M. nicht ins Wanken gebracht.Stadtv. Dr. Zadel: Die Feier geht also aus von der DeutschenTurnerschaft. Woher kommt es dann, daß die Arbciterturnvereinevon dieser Feier nichts erfahren? Es ist eben nicht eine Feier imSinne Jahns, gegen die Regierung, sondern eine Feier der reaktiv-nüren Kreise; darum hat man dieArbeiterturnvereine ausgeschlossen.Das ist gerade das Gegenteil von dem, was der alte Jahn wollte.Daß gerade wir hier sparen wollen, während wir doch über die100 Proz. hinausgehen wollen, meint Herr Cassel. So liegt dieSache nicht; wir wollten über die 100 Proz. hinausgehen, um anden notwendigen Ausgaben, z. B. auch für Arbeiterlöhne, nichtsparen zu müssen. Hier, wo Sie das Geld wirklich zum Fensterhinauswerfen wollen, haben Sie nicht daS Recht, solche Argumentegeltend zu machen.Stadtv. Cassel: Ich habe nicht gesagt, die Herren wollten hiersparen. Wir haben niemals wirklich notwendige Ausgaben ab-gelehnt.Die 10 000 M. werden bewilligt.Mit der Annahme des Angebots des Herrn p. Dirksen he-züglich derDurchlegung der Margarethenstraßeerklärt sich die Versammlung ohne Debatte einverstanden. Gegenden Eigentümer des Grundstücks Potsdamer Straße 18 sollim Enteignungswege vorgegangen werden.Zum Schluß berichtet Stadtv. Hoffmann(Soz.) über die AuZ-'schußvcrhandlungen zur Vorlage wegen Verlängerung des Ver-träges mit der„Normalzeit" ß>. m. b. H. über den Betriebund die Unterhaltung desöffentlichen Uhrcnwescns.Mit der Verlängerung des Vertrages vom 1. Juli 1911 auf zweiJahre gegen Zahlung einer ermäßigten jährlichen Entschädigungvon 21 685 M. hat sich der Magistratsausschuh einverstanden er-klärt, stellt aber die Bedingung, daß von der„Normalzeit" alleUraniasäulen mit zwei weiteren Zifferblättern zu versehen sind.Der Magistrat hoffe, daß innerhalb der zwei Jahre sämtlichestädtischen Uhren in allen Verwaltungen eine einheitliche direkteRegelung erhalten. Der Ausschuß erachte eS für notwendig, daßzwei weitere Zifferblätter an jeder Säule schon jetzt angebrachtwerden.Die Versammlung tritt den Ausschußvorschlägen ohne De-batte bei.Schluß gegen 7 Uhr._13. Generalversammlung der Maler, Fadiierer,Anstreicher» Wucher und Meißbinder Deutschlands.München, 10. Mai 1911.Nicht weniger als 60 Delegierte haben sich zum PunktErwrrbslosenunterstützungin die Rednerliste eingetragen. Davon kamen aber nur 23 zumWort, da die Diskussion durch einen Schlußantrag abgebrochenwurde. Der größte Teil der Diskussionsredner wandte sich mitmehr oder weniger Leidenschaft gegen die Einführung der Ar-anSgabe unter dem Titel„Die Verführten* vor(PanVerlag. Berlin).— Vorträge. Für die Humboldt-Akademie sprichtSonnabend, 13. Mai, 8 Uhr, im Dorotheenstädtischen Realgymnasium(Georgenstraße 80/31) Dozent Jens Lützen über: Die deutsch-antarktische Exp e d i ti o n 1911 unter Leitung von Filchncr.Eintritt frei.— 30 000 M a r k K o n v e n t i o n a l st r a f e. Der Tenorist KarlBurrian, der seinen Vertrag mit dem sächsischen Hoftheater inDresden eigenhändig aufhob, wurde vom König von Sachsen aufZahlung der kontraktlich ausbedungenen Konventionalstrafe von30 000 M. verklagt. Das Prager Landgericht hat ihn denn auchdazu verurteilt. Seine letzte Spritztour wird dem Don Juan-Tenoristen etwas teuer zu stehen kommen. Aber unmoralisch bleibtdiese Konventionalstrafe trotzdem.— Eine längstgelöstePreisaufgabe schreibt zumzweiten Male die Kant-Gesellschast aus. Sie lautet:„Welche? sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seitHegels und HerbartS Zeiten in Deutschland gemacht hat?* AlsPreise sind 1500 und 1000 M. ausgesetzt. Alles nähere durchDr. A. Liebert, Berlin IV. 15, Fasanenstraße 48.— Die Lösunglautet ebenso kurz wie bündig: jede Metaphysik ist wissenscbaftlichunhaltbar und die wirklichen Fortschritte der Metaphysik könntendaher nur in ihrer Selbstauflösung bestehen.— Ein Volkstheater in Mailand. Im MailänderVolkshanse ist ein Volkstheater eingeweiht worden, daS den besitz«losen Klassen den Genuß musikalischer und dramatischer Kunstwerkeermöglichen soll. Der ersten Veraustaltuiig wohnten 5000.Zuhörerbei. Aufgeführt wurde ein großes Orchesterkonzert, an dem80 Künstler vom Theater der„Scala* mitwirkten. Die Stadt-Verwaltung hat sich bereit erklärt, das Volkstheater zu unterstützen,nachdem sie sich von feinem Wirken überzeugt hat.— Grecos Sehfehler. Die physiologische BeschaffenheitdeS Künstlers kommt natürlich in seinen Schöpfungen zun» Ausdruck.Insbesondere beim Maler werden Abweichungen von der normalenArt zu sehen sich ausprägen. Das ist längst bekannt. Jetzt ist einsolcher Fall auch bei dem griechisch-spanischen Maler Greco nach-gewiesen worden, der neuerdings wieder„entdeckt* und ü. In haussaspekuliert wurde._ Man hat schon immer ven Eindruck gehabt, daßbei seiner Komposition und Formgebung Anormalitäten mitgewirkthaben. Wie Dr. Äug. Goldschmidt nun in den„SüddeutschenMonatsheften* dartut, sind diese Sonderbarkeiten bedingt durch einenSehfchler, den er als weitsichtigen Astigmatismus definiert. Wennman ein bestimmtes Bild von»Greco(die Himmelfahrt Christi imMadrider Prado-Museum) mit korrigierenden Augengläsern betrachtet,verschwindet das Unproportionierte und Manierierte daraus.— Da»mit ist freilich nicht bewiesen, daß das Ungewöhnliche nicht seinekünstlerische Berechtigung habe.