Nr. UL 28. Aahkgavz.4. KcilU des Jermätls" Kerlim KolMlitt.Zotmwld, 13. Pal 1911.Partei- Hngele�cnbeiten»Zur Lokalliste!In Gosen hat daS Lokal„Lindenhof" den Besitzer gewechselt.Der jetzige Inhaber Herr Basnitzle stellt das Lokal ebenfalls zu denbekannten Bedingungen zur Verfsigung.In Blossin bei Friedersdorf isl das Lokal von Gärtner streng zumeiden, da der Inhaber trotz früherer Versprechungen sein Lokalstrikte verweigert.In Grosi-Doelen lKreis Ruppin-Templin) steht uns der Gasthofvon Albert Schäfer zu allen Veranstaltungen zur Verfügung. Vereineund Ausflügler werden besonders daraus aufmerksam gemocht._ Die Lokalkommission." Zweiter Wahlkreis fFriedrichstadt). Zahlmorgen fürBuchdruckerei-Nachtarbeiter: Sonntag, den 14. Mai er.,bei Jul. Meyer. Oranienftr. 103. Tagesordnung: 1. Geschäftliches.2. Berichte der Betriebs-Vertrauensleute. 3. Vortrag des Genosse»Dr. Grumach: Zur Frage der Landarbeiter-Agitation.Der Vorstand.Wannsce. Heute Sonnabend, abends ll$ Uhr, im Restaurant.Fürstenhof": Wahlvereinsversammlung.Teltow. Am Dienstag, den 13. d. Mts., abends S'/s Uhr. imLokale deS Genossen W. Bonow, Berliner Str. 16: RegelmäßigeMitgliederversammlung des Wahlvereins. Tagesordnung: VortragDer Vorstand.Köpenick. Sonntag stüh: Flugblattverbreitung von den be-kannten Stellen aus._ Der Vorstand.Berliner Nachrichten.Im Krankenhause.Wenn draußen im Feld das erste Lerchentrillern beginntund es in den Zweigen zu knospen und grünen anhebt, dannkommt auch für die Insassen der Krankenhäuser einewohligere Zeit. Nach grauen Herbstnebeln und hartenWintertagen wird die Luft wieder gesünder und die Spazier-gänge im Garten beginnen. Und das will gerade für dieseUnglücklichen viel besagen. Die frische, würzige Frühlings-luft vermag bei manchem kranken Menschenkind eher einebefriedigende Wirkung auszulösen als alle medizinischenKunstgriffe und Medikamente dieses tun können. Ist es dochselbst das Leben, das allenthalben aus dem Schofle der Erdedringt und besonders in den Blütenhainen und Blumen-gärten seinen herzkräftigen Odem in berauschender Füllespendet.Zu Tausenden liegen die von zerstörender KrankheitHeimgesuchten in den großen Berliner Krankenhäusern.Unsere kapitalistische Zeit wirft nach den ihr innewohnendenungesunden, ja menschheitsfeindlichen Regeln täglich ganzeScharen Degenerierter aus ihren Betrieben. Wie der Krater-schlund speit sie ihre Opfer aus und die Anstalten reichennicht aus. um alle die Blessierten aufzunehmen. Und wo esnicht der offensichtliche Unfall ist, da ist es meist jenes heim-tückische, schleichende Wesen, das man Proletarierkrankheitnennt und das den Lebensodem des Arbeitsmenschen langsamaber sicher vernichtet. Und alles, ganz gleich, ob es nur auskurze Zeit oder aber auf Wochen und Monate lang zum Aus-harren in den Stuben und Sälen gezwungen ist. alles hofftauf Genesung— auf Genesung zumeist durch die wunderbareKraft des Lenzes. Und auch die Aerzte hoffen es. Sie, dieauf die Fortschritte der Wissenschaft nicht wenig stolz sind, sienehmen den Frühling als helfende Kraft gerne zum will-kommenen Bundesgenossen im Kampfe gegen die alten Feindeder Menschheit.In inanches Krankenzimmer drang lange Wochen keinfrischer Luftzug und dumpf und traurig lastete es auf Körperund Gemüt. Wohl kamen die Besucher und gingen, doch eswar in ewigem gleichmäßigem Einerlei. Doch seit zu Osterndie ersten Kätzchen und Frühlingsblumen mitgebracht wur-den, regen sich die freundlichen Hände draußen und regel-mäßig zur Besuchszeit werden von liebender Hand dieSträußchen auf den kleinen Tischen zu Häupten der Pa-tienten erneuert. Wohl gibt es viele, die der Genesung ent-gegcnhoffen, die fremd in der großen Stadt sind und nachdenen kein liebend Herz fragt, aber auch sie ersehen aus denFrühlingszeichen anderer, daß die Lenzeszeit da ist und daßAllmutter Sonne Wunder wirken kann... Und mancherwird auch ungeduldig um diese Zeit. Die Pflicht zum Schaffenfür seine Lieben regt sich. Sind doch dem Proletarier zumeistnur wenige Monate des Jahres hierfür vergönnt. Wiemöchte er gern die Arme rühren, um Brot zu suchen fürFrau und Kind und sich des Sonntags im duftenden Wald-grün zu sonnen. Und mancher möchte mit der Liebsten übersFeld gehen und was des Lenzes Drängen der Wünsche nochmehr reift. Gemach, gemach, auch diese Zeit wird kommen.Herz und Liebe, Mai und Vogelsang, alles steht bereit, dochfür den einzelnen in sehr ungleichem Maße...Eine Bermißtensuche, die der P o l i z e i aufgetragen worden war,hat wieder eimal ein sehr merkwürdiges Ergebnis gehabt. InSchöneberg hatte ein Schneider T., ein 6öjähriger, nicht mehrarbeitsfähiger Mann, der deutliche Zeichen von Geistesschwäche auf-wies, am 30. März stüh um Vzv Uhr feine Wohnung verlaflen. umspazieren zu gehen. Als er den ganzen Tag wegblieb und zu seinenbesorgten Angehörigen auch am Abend noch nicht zurückkehrte, begabnoch um 10 Uhr sein Sohn sich zum nächsten Polizei-bureau. um den Vater als vermißt zu melden. Ihm ant-wortete ein Beamter, man könne T. doch nicht sofort alsvermißt ansehen, erst müsse man noch abwarten, ob er nichtselber sich wieder einfinden werde. Da der alte Mann auch in derNacht nicht heimkam, so meldete der Sohn daS am Morgen auf dem-selben Polizeibureau, und ein anderer Beamter, der jetzt anwesendwar. notierte eS. T. kam auch am nächsten Tage nicht und bliebverschwunden. Der Sohn gab am dritten Tage auf dem Polizei-bureau die Kennzeichen des Vermißten genau an. und er überreichtedann auch noch eine Photographie, doch die Polizei konnte auf seinevon Zeit zu Zeit wiederholten Nachfragen immer nur anWorten, daßder Vater noch nicht ermittelt sei. Endlich am 3. Mai kam zu FrauT. ein Schutzmann und meldete. eS sei geglückt, T. imFriedrichshain-KrankenhauS zu ermitteln, wo er freilichschon am 13. April leider gestorben sei. Der Sohnging sofort zum Krankenhaus, und hier erkannte er an den ihmvorgelegten Kleidern des Verstorbenen, daß eS sich in der Tat umseinen Vater handelte. Im Aufnahmebureau erfuhr er, daß T. am80. März das Obdach der Stadt Berlin aufgesucht hatte und fünfTage später von dort nach dem Friedrichshain- Krankenhausgebracht worden war. Der Beamte des Aufnahmebureaus erzählte.T. habe angegeben, daß er schon seit September nicht mehr!.......Mit feiner Frau zusammenlebe, und habe den Wunsch geäußert, un- 1 nahmenbekannt zu bleiben. Daß T. getrennt von seiner Frau gelebthätte, ist unrichtig; er hat bis zum letzten Tage bei ihr gewohnt.Es scheint, daß man im Krankenhaus den Geisteszustand des altenMannes nicht erkannt und seine Angaben unbesehen hingenommenhat. Ob er im Krankenhaus zunächst seine Personalien verschwiegenoder ob daS Aufnahmebureau seine Angehörigen nicht benachrichtigenzu sollen gemeint hat, das entzieht sich unserer Kenntnis. Nur dassteht fest, daß am 3. Mai, als die Angehörigen endlich von seinemVerbleib erfuhren und sich im Krankenhause einfanden, die Per-sonalien des Verstorbenen dem Aufnahme-bureau bereits bekannt waren. Fragen muß man.warum die Polizei erst so spät in die Lage gekommenist, der Fanrilie den Vermißten als gefunden zu melden.Sie wußte seine Personalien, sie war über seine besonderenKennzeichen unterrichtet, sie hatte auch seine Photographie. Mansollte meinen, daß T.. als er am 5. April vom FriedrichZhain-Krankenhaus aufgenommen worden war, hier in kürzester Fristals der Vermißte hätte erkannt werden müssen. Aber er lag anzwei Wochen im Krankenhaus, er starb schließlich dort und wurdeauf Kosten der Stadt als Armer beerdigt— und noch immer erfuhrendie Angehörigen nichts über seinen Verbleib, noch immer mußte erihnen als unermittelt gelten. Was mag wohl zwischen dem 13. Aprilund dem 3. Mai sich ereignet haben, daß nun erst die Erwitte-lung plötzlich gelang, jetzt, wo der Vermißte längstunter der Erde lag!? DaS alles ist wirklich so rätselhaft, daßdas Verlangen der Angehörigen nach einer Aufklärung sehr berechtigterscheint.In der Frage der Bereimgnng von Schöneberg mitWilmersdorf haben sich die beiden Leiter der Verwaltung,Herr Oberbürgermeister Habermann und der erste Bürgermeister Dominikus vor einigen Tagen auf folgenden Stand'Punkt geeinigt:„Aus sachlichen Gründen halten wir im Interesse beiderGemeinden eine Vereinigung von Schöneberg und Wilmersdorf nach wie vor für wünschenswert, glauben jedoch, daßnach dem Stande der Verhandlungen zurzeit eine Vereinigung nicht erreichbar sein wird, und halten esdeshalb, um das freundnachbarliche Verhältnis beider Ge-meinden nicht durch einen einseitigen Abbruch der Verhand-lungen der Gefahr einer Trübung auszusetzen, für richtig.die Fortführung der Verhandlungen bis auf weiteres zu ver-tagen."Der Magistrat von Schöneberg hat gestern im obigenSinne beschlossen.Zu dem Duell in der Jungfernheide wird mitgeteilt: DieLeiche des gefallenen Leutnants a. D. Wilhelm b. Gaffron undOberstradan ist auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft vomAmtsgericht Berlin-Mitte beschlagnahmt und vom Paul Gerhardt-Stift nach dem Schauhause gebracht worden. Dort soll sie ob-duziert werden.Eine alte Schwindlerin, die schon im Herbst borigen JahresBerlin und die Bororte unsicher machte, tritt jetzt von neuem auf.Es ist eine Frauensperson, die es auf achtlose Dienstmädchen ab-gesehen hat. Nachdem sie sich Namen und Wohnung der Dienst-Herrschaft ausgekundschaftet hat, folgte sie den Mädchen bei Ein-käufen, spricht sie auf der Straße an und schwindelt ihnen vor, daßsie soeben Seidenstoffe bei der Hausfrau abgeliefert habe. Diesehabe augenblicklich nicht genug Kleingeld gehabt, um sie bezahlen.zu können, und habe sie angewiesen, sich den Betrag von demMädchen geben zu laffen. Auf diese Weise hat die Gaunerin, dieetwa 26 Jahre alt, nur klein und untersetzt ist und jetzt einen gelb-lich grauen Mantel trägt, Mädchen bis zu 13 M. abgenommen.Platindiebe sind im Zentrum der Stadt aufgetreten. In einerJuwelengroßhandlung erbeuteten sie für ungefähr 1200 M.Platin-draht, der 3 Millimeter stark und mit Iridium besetzt ist.Strasienbahnunfälle. Am Donnerstag mittag gegen 12 Uhrversuchte der 35jährige Radfahrer Pels an der Ecke der Birken-und Putlitzstraße mit seinem Zweirad die Straßenbahngleise un-mittelbar vor dem herannahenden Motorwagen 2340 der Linie 7zu passieren, wurde jedoch vom Vorderperron ergriffen und soheftig zu Boden geschleudert, daß er einen Schädelbruch erlitt. DerVerletzte mußte nach dem Krankenhaus Moabit übergeführt werden.— Am selben Tage geriet gegen 2 Uhr nachmittags der vierjährigeHans Schneppe, Kurfürstenstraße 15/16 bei seinen Eltern wohn-hast, vor dem Hause Kurfürstenstraße 16 unter den Schutzrahmendes Motorwagens 84 der Linie A. Das Kind hatte versucht, un-mittelbar vor dem in schneller Fahrt befindlichen Waggon dieSchienen zu kreuzen. Mit Hilfe von Passauten wurde das Fahr-zeug angehoben und der Kleine, der eine Quetschung am rechtenBein, am rechten Auge und Hautabschürfungen davongetragenhatte, hervorgezogen. Nach Anlegung eines Notverbandes konnteder Knabe in die elterliche Wohnung gebracht werden.— Am Don.nerstag abend gegen 7 Uhr wollte ein Fräulein Gertrud Reinervor dem Hause Motzsirahe 74 den Damm überschreiten, bemerktejedoch nicht, daß der Motorwagen 1825 der Linie 51 herannahte.Fräulein R. wurde umgestoßen und kam neben dem Wagen zuliegen. Die Verunglückte trug bei ihrem Sturz eine starke Kopf-wunde davon, so daß sie nach Anlegung eines Notverbandes nachdem Elisabethkrankcnhaus übergeführt werden mutzte.— Ein leich-tcrer Unfall trug sich gegen 7 Uhr abends vor dem Hause Müller-straße 53 zu. Dort wurde Herr Paul Bawitz, Müllerstraße 60wohnhaft, von dem Motorwagen 1962 der Linie 28E, dessen Warnungssignale er nicht beachtet hatte, umgerissen und erlitt eineleichte Kopfwunde.—'Der so oft gerügten Unsitte, den Straßen-dämm kurz vor in Fahrt befindlichen Straßenbahnwagen zukreuzen, fiel am Donnerstag der Radfahrer Ernst Waldhorn,Dankelmannstraße 17, zum Opfer. Der Fahrer fuhr auf derCharlottenburger Brücke in schnellem Tempo vor dem Motor-wagen 280 der Linie T zwischen den Schienen, bremste plötzlichstark ab und wurde so vom Vorderperron des Straßenbahnwaggonsersaßt. W. kam zu Fall und trug starke Hautabschürfungen amKopf davon, so daß er auf der nahegelegenen Unfallstation ver-Kunden werden mußte.Das Unglück in der Soldiner Straße, bei dem das Kind einesBriefträgers in die Panke fiel und ertrank, hat sich nach uns heutegemachten Mitteilungen von Augenzeugen anders abgespielt alswir gestern auf Grund einer Zeitungskorrespondenz berichteten. DaSin die Panke gefallene Kind ist von einem Herrn Kleinschmidtherausgeholt und über den dort stehenden Zaun einer Frau über-geben worden. Dieser Frau lief der HilfSweichcnsteller Papenfußnach, indem er ihr sagte, daß sie daS aus dem Wasser gezogeneKind verkehrt ans den Armen halte. Der mit seinem Herrn in derNähe sich befindliche Hund, ein Box. sprang den der Frau nach-eilenden Papenfuß im Rücken an, hat ihn aber nicht erheblichverletzt.Die polnischen Räuber» die jahraus jahrein hier in Berlindurchreisenden Landsleuten auflauerten, um sie auszuplündern, sindauch jetzt wieder an der Arbeit. Gestern war ein polnischer Arbeiter,der sich auf der Durchreise nach Rußland befand, auf dem SchlesischenBahnhof so unvorsichiig. sich zwei LandSleuten gegenüber zu rühmen,daß er über 400 M. bei sich habe. Die beiden schlössen nun gleichFreundschaft mit ihm und schleppten ihn so lange von einer Kneipein die andere, bis er an Bier und Schnaps genug hatte. Dannsie ihn unter die Arme, führte» ihn nach demlParochial-Kirchhof in der Friedenstraße und setzten sich dort mitihm auf eine Bank. Als er. eingenickt war, stahlen sie demLandsmann daS Portemonnaie mit einigen 90 Mark auS derTasche. DaS andere Geld konnten sie nicht finden, weil er eS indie Weste eingenäht hatte. Zwei andere Kerle, die die Bierreisenoch mitgeniacht hatten, warteten unterdessen, um unter Umständenmit eingreifen zu können. Als jetzt die Fledderer mit der Beuteverschwinden wollten, sahen sie sich plötzlich Kriminalbeamten gegen-über, die der Gesellschaft heimlich gefolgt waren. Diesen gelanges, zwei Mann von der Bande, die Arbeiter Hermann LewandowSkiund Franz Kudalva, festzunehmen, während die beiden anderen ent-kamen, z_Hub der frauenbewegung»Kindersklaven in Europa resp. Deutschland.In einer öffentlichen Volksversammlung, die von der„Deutschen Gesellschaft für Mutter- und Kindesrecht" in den„Arminhallen" einberufen worden war, sprach Henriette Arendtüber„Kindersklaven in Europ a".Sie gab einen kurzen Ueberblick über die Findelhäuser mitihren Drehladen, das erste derselben wurde 787 unter Jnnocenz III.in Mailand begründet, von dort aus verpflanzten sie sich nachItalien, Frankreich und später auch nach Deutschland, und diebesten solcher Findelhäuser habe Rußland, Spanien und Frank-reich aufzuweisen gehabt. 1338 sei in Siena sogar von hoherHerrschaft für die von ihren Angehörigen zahlreich ins Leben ge-setzten Kinderlein ein Familienfindclhaus eingerichtet worden.Daß es sich bei dem Vortrage Henriette Arendts in der Haupt-fache um den Schutz der unehelichen Kinder und ihrer meist Unglück-lichen Mütter handelt, lag klar zutage, und so kam sie denn auch inkurzen Sätzen auf das moderne Elend der Kinder der Liebe, oderwie sie in Frankreich heißen, der Kinder des Vaterlandes, oder,Wie man in Italien sagt, der Kinder der Madonna, zu sprechen.Gerade im Zeitalter des Kindes, welch» Benennung geradezuals Hohn bezeichnet werden müsse, hätten es die Kindlein amschlechtesten. Allerdings nicht die Kinder, die ehelich geboren, ofteiner übergroßen Verzärtelung anheimfielen, sondern die Aermstender Armen, die Vater- und nur zu oft auch Muttervcrlassenen.Das Schlimmste aber sei, daß es einen wohlorganisiertenKinderhandel gebe, den zu bekämpfen die Referentin sichals Ziel gesetzt habe. Daß ein Mädchenhandel bestehe, wisse dieWelt, sie habe Front dagegen gemacht. Der Kinderhandel bestehegenau so, spiele sich direkt unter unseren Augen ab. Und trotz derVormundschaftsgerichte, trotz der Kinderrettungsgesellschaften, trotzder Waisenräte sei dieses Kirrderelend vorhanden und erwiesen,aber es werde ignoriert, wenigstens bis heute, durch die Behörden.In Deutschland seien die Merkmale des Kinderhandels deut-lich erkennbar in den sogenannten Adoptionsannoncen usw., usw..wei sie alltäglich oft zu Dutzenden in den bekanntesten größtenZeitungen und Zeitschriften(Bürgerliche! Die Redaktion.) ständen.Die Referentin ist jahrelang diesen Annoncen auf der Spur ge-Wesen und hat ihr furchtbares Material über Kinderweh Haupt-sächlich daraus entnommen, sie hat selbst solche Scheinannoncenveröffentlicht, und es würde ihr unbeanstandet gelungen sein,Tausende von unglücklichen Kindern zu verschachern, ohne daß ihrirgendwie oder irgendwer da hindernd in den Weg getreten seinwürde. Also der Beweis für den in. Deutschland getriebenenKinderhandel fei da. Kinder würden, sagte Schwester Arendt, imgroßen und ganzen zu vier verschiedenen Zwecken gehandelt: 1. Umsie zu Engeln zu machen, quasi als Befreiung für die unehelicheMutter. 2. Verkaufe oder verschenke man Kinder, um sie los zusein, keine Verantwortung weiter dafür zu haben. Dem erstenbesten Gauner oder jeder Gaunerin werden sie überlassen.3. Existiere ein Kinderhandel zu Unzuchtszwecken, eS sei ihr voneinwandfreier Seite mitgeteilt worden, daß Kinder von fünfJahren an, man schaudert, in Bordelle geliefert würden, trotzdemsolche Kinder einen gesetzlichen Vormund hätten. 4. Kauft undverkauft man Kinder zu gewerblichen Zwecken, man macht sie zuGauklern, zu Bettlern, verunstaltet sie zu Krüppeln usw., usw.ES gebe in Leipzig, Berlin und anderen deutschen StädtenInstitute, die 2— 3000 solcher armer Würmer pro Jahr zu ver-schicken imstande seien. Daß deutsche Kinder ins Ausland kämen,stehe fest.(Eine Augenzeugin bestätigte, daß sie solche in Fez,Marokko und Tunis angetroffen.) Ein Bettler habe hier an derWeidendammer Brücke durch so ein armes Bettelkind Tagesein-nahmen bis zu 20 Ml Zwar verbiete der§ 361 Ziffer 4 daSVermieten solcher Kinder. Aber wo ist die Kontrolle? Daß offiziellnoch Kinderauktionen vorkämen, habe der„V o r w ä c t s" erst noch1909 nachgewiesen. DaS sei charakteristisch! Anstatt daß diechristlichen Missionare Heidcnkinder bekehrten, sollten sie sich lieberum die unehelichen deutschen Kindlein bekümmern. Die Fürsorgefür diese armen Wesen dürfe nicht der Privatfürsorge überlassenbleiben, sondern der Staat habe endlich hier einzusetzen. DasFrauenstimmrecht könne, wenn es endlich errungen, auch auf diesemGebiete Wunder wirken. Ein unermeßlicher Volksschatz gehe so all-jährlich in grauenhaftester Weise verloren. Das weiße Sklaven-tum der Kinder müsse ein für allemal beseitigt werden. SoHenriette Arendt. Was sie in weiten Zügen über den allgemeineneuropäischen Kinderhandel brachte, soll hier nicht weiter ausgeführtwerden, es überbot alles aus Deutschland Erwähnte noch bei weitem.Die nachfolgende Diskussion, in der fast nur sozialdemokratischeRedner, ein Vertreter der Kindcrschutzkommission, Genosse Wolbeck-Manasse, Genosse Redakteur Dovidsohn und andere zu Wortekamen, schien den bürgerlichen Leiterinnen der Versammlung gar,nicht zu gefallen. Besonders als Genosse Davidsohn mit demeinzig vernünftigen, praktischen Vorschlag kam, die deutschen Zci.tungen, die sich nicht scheuten, solche Schandinserate zu begünstigen.die geradezu den Kinderhandel zur Blüte führen, zu meiden, zumwenigstens gegen ein solch verseuchtes Jnseratenwesen als Leserund Abonnent der Blätter Front zu machen, wandte Frau AdeleSchreiber-Krieger sich gegen sozialdemokratische Schlagwörter, mitdenen man auf die Masse einzuwirken suche. DaS Eintreten derdeutschen sozialdemokratischen Reichstags- und Landtags- undStadtabgeordneten sowie der sozialistischen Blätter wird doch Wohlvorläufig noch mehr Gutes für die unglücklichen Würmchen deutscherUnkultur versprechen, als die Arbeit der„Deutschen Gesellschaftfür Mutter- und Kindesrecht". deren gute Absichten wir sicher nichtin Frage ziehen, aber ihre bürgerlichen Vertreterinnen könnennun einmal nicht aus ihrer Haut heraus. Das bedingen die gesell-schaftlichen Verhältnisse.,Versammlungen— Veranstaltungen.Berein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Mittwoch,den 17. Mai, abends 8V& Uhr, im„Englischen Garten",Alexandcrstraße 27c, Vortrag von Frau Wally Zcpler über:„Sozialismus und Individualismus". Gäste, Männer undFrauen willkommen.— Am Himmelfahrstagc: Ausflug nachWlhelmshagen. Besuch des Grabes von Klara Müller.Näheres, wird noK bekanntgegeben.