We Herr Cassel durch elne unvesonuene Bemerkung provoziert hatte.Vergebens bemühten sich die Herren Gyßling, Fischbeck und Dr. Wald-stein, die freisinnige Gegnerschaft gegen ein gleiches und allgemeinesKommunalwahlrecht halb zu leugnen, halb zu beschönigen.—Liebknecht und S t r ö b e l gingen den gequälten Ausredenrücksichtslos zu Leibe.Dabei kam es zu einem lustigen Zwischenakt. Infolge der Ab-Wesenheit des Schluhmachers Arnim-Züsedom stellte Herr v. Pappen-heim in eigener Person einen Schlugantrag. Da die Abstimmungunentschieden blieb, ließ Herr von Kröcher durch Hammelsprung aus-zählen, was übrigens gegen die Geschäftsordnung verstößt, die beiSchlußanträgen Gegenproben und Auszählung nicht zuläßt! Die Aus-zählung ergab die Beschlußunfähigkeit des Hauses. Herr v. Kröchervertagte das Haus auf— fünf Minuten. Dabei vergaß er abereine Tagesordnung festzusetzen, so daß Genosse Hoffmann bei Er-Öffnung der neuen Sitzung zur großen Heiterkeit des HausesVorschlug, um überhaupt einen Beratungsgegenstand zu haben,den freisinnigen Wahlrechtsantrag auf die Tagesordnung zu setzen.Doch ließ es der Antragsteller auf Zureden des allzu fixen Präst-deuten bei der Anregung bewenden.Im weiteren Verlaufe der Debatte wies Liebknecht nocheinmal die Kläglichkeit des ganzen Zweckverbandsgebildes an derHand der Resolution nach, dem Verbände den Ausgleich der Schul-lasten zuzuweisen,, die heute in Groß- Berlin bei seiner soüberaus gegensätzlichen sozialen Struktur die ungeheuerlichstenUnzuträglichkeiten hervorrufen. Aber die unsoziale Mehrheit,die diesmal gerade der Freisinn mit bilden half, wollte auch nichteinmal davon etwas wissen. Der Zweckverband blieb, was er ist:ein allen wahrhaften Kulturforderungen Hohn sprechendes Verlegen-heitsgesetz, de! Vorläufer der Spreepräfettur.Nach Erledigung einiger Petitionen erfolgte die Vertagung.Am Mittwoch wird das FeuerbestattungSgesetz'zurBeratung gelangen._Gegen die Konsumvereine!In der Handels- und Gewerbekommissionwurde der konservative Antrag über eine weitere Be»steuerung der Konsumvereine beraten, der derKommission vom Plenum überwiesen worden war. Der An-trag wurde nach längerer Debatte angenommen; da-gegen wurde der fortschrittliche Antrag, auch landwirtschaft-liche Genossenschaften zu besteuern, abgelehnt. In derDebatte tat ein frommer Zentrumsmann den christlichen Aus-spruch, daß die Konsumvereine„eigentlich nicht mehr zeit-gemäht seien,„weil die Bedürfnisse fast überall durch dieLadengeschäfte befriedigt werden könnten."Der deutsch-schwedische Handelsvertrag.Die schwedische ReichstagSkommission für den schwedisch-deuffchenHandelsvertrag hat heute, wie au« Stockholm gemeldet wird, ihrenBericht erstattet, in welchem es heißt, die schwedischen Zugeständnisseseien bedeutend. Es sei offenbar, daß sie geeignet seien, in derHauptsache Deutschland die Beibehaltung des schwedischen Markteszu garantieren, wie sie auch volllonimeu die Opfer aus-wiegen, die von deutscher Seite für die Aufrechterhaltung un-gestörter Handelsbeziehungen zwischen beiden Vertragsmächtengebracht worden seien. Indessen sei auch für Schwedendie Erhaltueg ungestörter Handelsbeziehungen von so wichtigen,Interesse, daß mit Rücksicht darauf von dem Umstände abgesehenwerden könne, daß berechtigte schwedische Forderungen in dem neuenVertrag nicht in voller Ausdehnung beachtet worden seien. DieKommission empfahl dem Reichstage die Genehmigung des neuenVertrags. �In der heutigen Sitzung des Bundesrats wurde der Borlagebetreffend den Handels« und Schiffahrtsvertrag zwischen demDeutschen Reiche und Schweden und der Vorlage betreffend die Be-schlösse des LandeSauSschusseS zu dem Entwürfe des Landeshaus-Haltsetats von Elsaß-Lothringen für das Rechnungsjahr 1911 dieZustimmung erteilt._' Klerikale Gleichberechtigung.Die„Kölnische Volkszeitung" nimmt das Zentrumgegen den Verdacht in Schutz, als ob es fähig wäre, seine politischeMachtstellung zu einer Günstlingswirtschaft, zu einer Bevorzugungseiner Partxiangehörigen auszunutzen. Worauf eS dem Zentrum ankomme. sei die Gleichberechtigung, sei die Gewähr, daß öffentlicheBeamte aus ihrer Zugehörigkeit zum Zentrum keinen Nachteil zu be-fürchten hätten:„Wir verlangen für die Anhänger des Zenttumsnur Gleichberechtigung, aber keine Bevorzugung. Eskommt uns gar nicht in den Sinn, durch Hoffnung auf materielleBorteil« dem Zentrum Zuzug zu gewinnen. Dadurch würden wirder Partei einen schlechten Dienst erweisen. Wir wollen nur, daßdiejenigen, die sonst sich al« ZentrumSmänncr fühlen, e» auch ohneBesorgnis vor beruflichem Nachteil zeigen dürfen. Nicht Günst-lingswirtschaft erstreben wir. sondern im Gegenteil Beseitigungalles dessen, was nach unberechtigter Be-günstigung aussieht. Wenn das Zentrun, in den Stadt-Vertretungen größeren Einfluß gewinnt, so erwächst daraus fürseine jungen Akademiker durchaus nicht irgendwelche Hoffnung aufBevorzugung, sondern eS vermindert sich für sie höchstens dieGefahr der Zurücksetzung. Wo das Zentrum in derWacht ist, haben andere Richtungen kaum jeGrund, sich über mangelnde Berücksichtigungzu beklagen."Das schreibt ein Blatt derselben Partei, die in Bayern, wo dasZentrum die Macht in Händen hat. auf ihrem jüngsten Parteitagdie Regierung auffordert, leinen Sozialdemokraten alsBeamten, Angestellten oder Arbeiter in Staats-betrieben zu dulden, die von der bayerischen Regierungverlangt, daß in Staatsbetrieben keine Agitation für dieSozialdemokratie und die freien Gewerk-fchaften geduldet werde, während natürlich fürultramontane Organisationen nach Herzenslust agitiert werdendarf. Das schreibt ein Blatt derjenigen Partei. diein Preutzen dem Landwirtschaftsminisler Beifall klatscht,wenn er verkündet, daß er Sozialdemokraten und frei-gewerkschaftliche Organisationen nicht in derForst Verwaltung dulde.Es ist eitel Heuchelei, wenn das Zentrum nach der Entrechtungder Arbeiterschaft in der Krankenkassenverwaltung noch von Gleich-berechtigung zu reden wagt. Das Zentrum fordert die Gleich-berechtigung. solange es selber unter der Minderberechtigung zuleiden hat; und es verweigert die Gleichberechligung, sobald es zurMacht und zur Teilnahme an der staatlichen Futterkrippe gelangt ist.Freisinnig-uationalliberale Techtelmcchtelcien inWestfalen.Zwischen der uationalliberalen Partei und den Freisinnigenfinden, wie uns aus Bochum gemeldet wird, am 20. d. M. in HagenWahleinigungsverhandlungen statt, die für den gesamten rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk berechnet sind. Die Freisinnigen fordernvon den Nationalliberalcn Wahlunterstützung in Hagen. Siedrohen, sonst überall die Nationalliberalen durch Aufstellung eigenerKandidaten zu schwächen. Dadurch würde es- in verschiedenen Kreisen.u. a. in Bochum, sehr fraglich sein, ob die Nationalliberalen in dieStichwahl kommen. Au« diesem Grunde ist auch die Aufstellungeiner eigenen freisinnigen Kandidatur für den Wahlkreis BochumSjolgt. �.ft o?« inuSchwefe.Wahlen.Zürich, 16. Mai.(Etg. Ber.) JmKankonLuzern fandengestern zum erstenmal die Kantonsratswahlen nach dem.Proporz statt. Der KantonSvat zählte bisher 143 Mitglieder,die sich mit 87 auf die Katholiken, 49 auf die Liberalen und 7 aufdie Sozialdemokraten verteilten. Infolge der Vermehrung derBevölkerung erhöhte sich die Mitgliedcrzahl auf 157, die sich nachden gestrigen Wahlen mit 88 aus die Konservativen, 82 auf dieLiberalen und 7 auf die Sozialdemokraten verteilen, entsprechendder Stimmenzahl von 13 300, 14 450 und 2000. Die Vertretungunserer Partei, die in 7 von den 19 Wahlkreisen 32 Kandidatenaufgestellt hatte, bleibt also unverändert und bis auf ein Mandatfällt die ganze Vermehrung der Kantonsratsmitglieder auf dieliberale Partei, die in heftigster Weise die Einführung der Pro-portionalwahl bekämpft hatte.Unsere Partei hatte auch für die Regierung in der Pexson desGenossen Payer einen Kandidaten aufgestellt, der 2000 Stimmenerhielt gegen 14 000 bis 18 000 Stimmen, die auf die Libevalenund Konservativen(Katholiken) fielen, von denen aber nur die dreider letzteren gewählt wurden, während die beiden Liberalen nocheinen zloeiten Wahlgang passieren müssen, da sie das absoluteMehr nicht erreichten.In B a s e l wurden bei völliger Stimmenthaltung unserer Ge-nassen die beiden Freisinnigen in die Negierung gewählt, währendin der Stadt Chur von den acht Wahlen in den Kantonsrat nureine zustande kam, so daß ein Witter Wahlgang notwendig ist, indem dann die relative Mehrheit entscheidet.fratihmch.Die Mißwirtschast in den Ministerien.Paris, 16. Atai. In dem Bericht des Rechnungshofes für 1908Wirdan der Geldgebarung verschiedener Ministerieneine überaus scharfe Kritik geübt. U. a. wird der Mißbrauchlebhaft gerügt, den einzelne Ministerien dadurch begingen, daß sieihren Beamten sogenannte Missionen im Auslande an-vertrauten, um ihre Bezüge dadurch zu erhöhen. Als Beispieldafür wird angeführt, daß ein Angestellter des Arbeitsamts eineMission zum Studium der Sp i elwa r e ne rz eugu n g' inSichamerika veranstaltete, die 14 000 Frank verschlang. Fernerwird hervorgehoben, daß von mehreren Kolonien gleichzeitigzwei, ja drei Gouverneure bezahlt wurden; einer, der dasAmt versah, einer, der sich in Frankreich auf Urlaub befand, undein dritter, dessen Ernennung bevorstand..'Sngfenck.Die Obcrhausfrage.London, 16. Mai. Im Unterhause wurde die dritteLesung der Parlamentsbill mit 362 gegen 241 Stimmenangenommen. Am Schluß der Debatte erklärte der Staats-sekretär des Innern C h u r ch i l l: Im Namen des Fortschritts undder Einigkeit fordern wir die Annahme der Bill und werden siesicher auch erreichen.Das Oberhaus verhandelte gestern in zweiter Lesung überden Neform-Gesetzentwurf des Lord Land« down e. ViscountM o r l e h unterzog ihn einer scharfen Kritik. Mit besonderemInteresse wird die Haltung derjenigen Peers beobachtet,, die nachden Bestimmungen der Vorlage in das reformierte Oberhaus viel-leicht nicht wählbar sein werden. Mehrere unionistische PeerSsprachen gegen die Vorlage. Andere erklärten sich bereit, sie unter-stützen zu wollen, mit der Begründung, daß eine AenderMg derZusammensetzung des Oberhauses notwendig sei.Marokko.Auf dem Wege nach FeS�Pari«, 16. Mai. Offiziös wird gemeldet,, daß die Kolonnen,B r u l a r d und G o u r a u d nicht den über den Zegvttapaß führen-den kürzeren Weg nach FeS nehmen, da er für Artillerie un-passierbar sei. General Moinier sei deshalb ermächtigt worden.den Weg längs des SebuflusseS zu wählen. Demgemäß werde dieVorhut der Kolonnen, falls sie nicht noch durch Gefechte aufgehaltenwerden, frühestens am Sonnabend oder Söngtag vordenMauernvonFes eintreffen.ßlexiko.Erfolge der Aufständischen.Mexiko, 16. Mai. Die Aufständischen nahmen den60 Weilen nordöstlich von Mexiko gelegenen Ort Pächuca, derin einem der reichsten Bergwerksdistrikte liegt, ohne Widerstand.Der Gouverneur ist geflüchtet. Eine Telephonistip machte dieseMitteilung nach der Hauptstadt und fügte hinzu, die Aufständischenhätten die Regierungsgebäude mit Dynamit in dieLuft gesprengt, die Gefangenen seien aus dem Gefängnisbefreit worden; die Geschäftshäuser seien nicht geplündert, nur dieNationalbank und die Hidalgo-Bank seien beraubt worden.Ein blutiges Gemetzel.New Vork, 16. Mai. Der Berichterstatter des„World" inTorreon kabelt: Ich war Augenzeuge eines furchtbarenGemetzels in Sombrerete. 1700 Ausständische stürmten, auf-gebracht über Grausamkeiten, die BimdeSsoldaien an Landbewohnern begangen hatten, Sombrerete und metzelten fünf-hundert Bundessoldaten und Einwohner nieder,die sich weigerten, Hochrufe auf M a d c r o auszubringen.Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen.London, 16. Mai. Wie dem Reuterschen Bureau über NewUork aus El Paso gemeldet wird, hat der Unterhändler dermexikanischen Regierung, Carabajal, den Auftrag er-halten, die Frieden sp er Handlungen wieder aufzu-nehmen.Hiis der Partei.Genosse Stadthagenist soweit wieder genesen, daß er heute, Dienstag, das Kranken-Haus verlassen und sich in den Reichstag begeben konnte.-yGegen die M arokkohändel der französischen und deutschenKapitakistengruppen schlägt die„Leipziger BolkSztg."unter HintveiS auf die aus diesen Händeln drohende Kriegsgefahreine gemeinsame Protestaktion des französischenund deutschen Proletariats vor. Sie schreibt:„Die französische-Parket hat Protest erhoben gegen die Er-obcrungsgelüste, und je mehr die Pläne der deutschen Regierunges zum Konflikt zu treiben, klar tverden, wird die deutsche Sozial-dcmokratie dagegen Front machen. Doch meinen wir, daß es da-mit nicht sein Bekvenden haben fall, sondern daß ein gemeinsamesdemonstratives Vorgehen der deutschen und der französischenProletarier notwendig ist.Es müßte dies unverzüglich geschehen, es müßten unverzüglichdie Vertreter der beiden Parteien sich über eine gemeinsame Aktionschlüssig werden.Die Erfahrung, lehrt, daß. wenn einmal der Konflikt bereitsklare Formen angenommen bat, die Dinge sich überstürzen unddie' Völker über Nach: urplötzlich vor verhängnisvolle Entschei-dung gestellt werden können. Deshalb gilt es, beizeiten hübenwie drüben die Macht des Proletariats zu mobilisieren, utQ derDsugsW Löst W einem ÄMW rn Dir&eifen. �Eine solche gdMemfame Altion des ProleiariM Frankre'nKund Deutschlands ist zweifellos das wirksamste M'/ltel, einer Kat-a-strophe vorzubeugen. Die Form ließe sich sehr liefst finden."Arbeiter als Minister. Die ,4? u m a n i/t e" berichtet voneinem Besuch australischer, aus der Arbeiterklo/x hervorgegangenerMinister auf ihrer Redaktion. Diese Vertrat der australischenRegierung begeben sich nach London, um. a«. der demnächst statt.findenden..Reichskonferenz." teilzunehmen, g.us.der das VerhältnisEnglands zu seinen Kolonien behandelt wenden soll. Die VertreterAustraliens sind: der Ministerpräsident Fisher, ein ehemaligerBergarbeiter, der Minister für auswärtig- AngelegenheitenBacheloo, ein ehemaliger Mechaniker,.-und der Minister für..dienationale Verteidigung", d. h. Krie�sminister Vcarce, ein ehe-maliger Tischler. Die Arbeitsr-Mi, ister. die von dem Fraktimis-fekretar der englischen Arbeiterpartei, dem UnterhausmitglicdeMacdonald, begleitet waren, über/iiachten der..Humanite", wo sievom Genossen Ianres empfangen wurden, die Zusicherung, daßdie australischen Arbeiter für. ihre europäischen Brüder Gefühleengster Solidarität hegen.Rcichstagskandidatur. E/ne von 4000 Personen besuchte öfftnt-liche Versammlung der sozialdemokratischen Partei in Königs-b e r g t. P. bestimmte e/,f Vorschlag der aus 300 Personen be-stehenden Vertrauensm innerVersammlung den Genossen Rechts-amvalt Hugo Haa-fe einstimmig wieder zum Reichstags-kandidaten von Köni<�berg.Genosse Haas«>at den Kreis bereits vom Jahre 1897 bis zumJahre 1906 im Reichstage vertreten.'PolizeUichee, Omchtstehes ukw.Preßprozess.e. Wegen geringfügiger; formeller BeleidigungendcS Vorsitzenden der polnischen BerwfSvereinigung, Sosinski,war Genosse, Ca s p a r i als Verantwortlicher unseres polnischenParteiblatteL, der Kattmoitzer„Gazeta Robotnicza" vomBochumer Schöffengericht zu 300 M. Geldstrafe verurteilt worden.Die Boch�imer Strafkammer als Berufungsinstanz erniedrigte dieStrafe<im 11. Mai auf 100 M.Seit einiger Zeit weht in Stettin ein ziemlich scharferWind. Während die Redakrenre unseres Parteiblattes früher in fastalle-n Fällen, in denen sie auf die Anklagebank mußten, mit Geld-strnfe davonkamen, erkennt das Gericht jetzt fast ausschließlich aufschwere Gefängnisstrafen. Erst kürzlich wurde Genosse Heise wegenBeleidigung eines Hafenpolizisten zu 3 Monaten Gefängnis ver-urteilt, und am Montag erhielt er 5 Wochen Gefängnis, weil ereinem Bahnmeister Unregelmäßigkeiten vorgeworfen hatte.Hus Industrie und Kandel.Die Aktiengesettschaften das wichtigste Werkzeugdes Kapitalismus.Im„Plutus" wendet sich Professor Dr. G. v. Gaevernitz gegenden Vorwurf, er sei mit Bernstein der Ansicht, die zunehmende Ver-teilung des Aktienbesitzes Hedeute rkne„Demokratisierung der Herr-schaft über das Kapital". Er zitziert dabei Darlegungen aus einemvon ihm stammenden Aussatz über„Gesellschaftssteuer". Darinheißt eS:„Die Aktiengesellschaft'fst kein„demokratisches" Institut. ImGegenteil, sie bedeutet ei'.ch außerordentliche Machterweiterung der„leitenden Köpfe", die ihre Arme durch Zuhilfenahme fremdenGeldes ins Ungemesse�e verlängern. Je zählreicher) wechselnderund unyrgaistsierter die Aktionäre, desto hilfloser sind sie jenenausgeliefert. Dabei fallen die Interessen beider nur zu leicht aus-einander. Es dro�t bald die Gefahr der Ausraubüug, bald die derunwirtschaftlicher, Aufspeicherung durch Ausschüttung zu hoher oderzu niederer Dividenden, bald die Gefähr der Unterordnung desUnternehmen� stüter fremde Interessen, bald die. der Äursumm-pulation zuauusten des Börsenspiels der Eingeweihten. Wie ofthaben iySbesllndere amerikanische Pluto traten zuerst die Gesell-schaft durch wertlose Einbringungen ausgeraubt,. sodann bei nochhohem Kurse die?lktisn in blanko verkauft, um sie, wenn derKurs ins Bodenlose gestürzt war, für ein Nichts zurückzukaufen,bei jeder Operation Millionen einheimsend, Mitgiften für euro-pciische Schwiegersöhne. Diese Gefahren sind so groß, daß meinerMeinung nach eine rein ökonomische Konstruktion der Aktiengesell-s-chaft überhaupt zum Scheitern verurteilt ist. Alles kommt daraufan, in welchem Maße das Gefühl der Verantwortlichkeit die Ver-waltuna fremder Gelder begleitet. Gewiß beruht die leidlicheGesundheit unseres deutschen Aktienwesens in letzter Linie aufjenem Stück„Korrektheit", das wir von unseren weltanschauungs-mäßig disziplinierten Vätern geerbt haben. Aber wie dem immerfei, diese Gefahren sind in den Kauf zu nehmen. Denn die Aktien-gesellschaft ermöglicht uns den kapitalistischen und technischen Fort-schritt im großen, wie schon ohne Aktiengesellschaft keine Eisen-bahnen gebaut worden wären. Sie allein sammelt in einemkapitalarmcn Lande die Mittel, zum industriellen Großbetrieb. DieAktiengesellschaft ermöglicht es dort, wo keine kleinkapitalistischenVorgänger den Weg ausgetreten haben,„neue Industrien" aus demBoden zu stampfen. Sie ist die Waffe der. Spätgekommenen.. Wennwir heute— wirtschaftlich und damit politisch— mit Riesenschrittenhinter Großbritannien hereilen, so ist dies nicht zuletzt ein Erfolgder Aktiengesellschaft gegenüber dem Einzelunternehmen. Nichtals ob unter allen Umständen der Wirtschaftspolitik die Aufgabeder Reichtumsvermehrung gesetzt wäre. Einem wcltbeherrschendenVolke empfahlen Carlyle und Rusiin, die Fragen der Güterver-teilung und des Güterverbrauchs in den Vordergrund zu rücken.Aehnlich darf ein Kleinstaat empfinden, den die Eifersucht derStarken zwar sichert, aber von der Weltgeschichte abdrängt. Andersdas Deutschland von heute. Ihm ist Reichtumsvermehrung Pflicht— Pflicht im Dienste kultureller, vor allem politischer Zielsetzung.Von der Lösung dieser Aufgabe hängt der Entscheid darüber ab,ob Deutschland im 20. Jahrhundert seine Stellung unter den leiten-den Mächten der Welt behaupten oder zu einer Macht drittenRanges von begrenzt europäischer Bedeutung herabsinken wird.In der Tat, aus Gründen der gegenwärtigen Weltlage sind wirgenötigt, die kapitalistischen Entwickelungstendenzen, für die deutscheGegenwart wenigstens, zu bejahen, obgleich wir für ihr Gebrechenkeineswegs blind sind und noch weniger sie für eine ewige Kate-gorie der Volkswirtschaft halten. Auf wirtschaftlichem Gebiete sinddie großen und einheitlich geleiteten Kapitalzusammenballungenheute das, was auf maritimem die Drcadnoughts. Das wichtigsteWerkzeug des modernen Kapitalismus aber ist die Aktiengesellschaft,"Gaevernitz sieht demnach in den Aktiengesellschaften einen Vor-teil, fast könnte man sagen„ein notwendiges Uebel". Daß siesozial ein Uebel bedeuten, übersieht er nicht, aber da er die kapita-listische Grundlage der Gesellschaft nicht antasten will, mutz erauch die ausgeprägteste Form der Kavitalshcrrschaft akzeptieren,weil eS der beste Hebel der Gewinnmacherei ist. Die Aktiengesell-schaft ist kein Instrument der Demokratisierung, sondern desKapitalsabsolutismus._Deutschlands Außenhandel. Der Wert des deutschen Speziak-Kandels im reinen Warenverkehr belief sich im April d. I. auf7ö6,2 Millionen Mark in der Einfuhr und aus 601,4 Millionen Markin der Ausfuhr, im abgelaufene» Jahresteil auf 3038,9 MillionenMark in der Einfuhr gegciv 2954,1 Millionen Mark, in der Ausfuhrauf 2544,8 Millionen Mark gegen 2359,9 Millionen Mark im Vor»jähre. Außerdem erreichte die Einsuhr von Gold und Silber imApril d. I. einen Wert von 20.6 Millionen Mark, im abgelaufenenJähreSIeu einen solchen von 79,9 gegen 1S2L Millionen Mark imBorjahre, die gleichzeitige Ausfuhr von Gold und Silber Werte von12,7 und 27,3 gegen 73, ö Millionen Mark im Vorjahre.Der Ocltrust ungesetzlich. DaS Urteil des obersten Gerichts indem von den Bundesbehörden gegen.die Standard Oil Co. an-gestrengton Prozeß ist am Montag verkistidet worden. Es lautet zu-Ungunsten der Gesellschaft und ordnet deren Auflösung an.— Aberdie Sache ist nicht allzu ausregend. Auch diesem Messer ohne Klingefehlt das Heft. Das Urteil gibt d/n, Trust nämlich 0 Movaie Frist,um sich den Shernianngesetzen anpassen zu könne». Er wird sichfchw so anpassen, daß alles blM w,e es r- ist,