Nr. 115.
28. Jahrg.
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Telegramm Adreffe:
,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Einfuhricheine und Roggenpreife.
Die Roggenpreise zeigen seit kurzer Zeit wieder eine bedenkliche Steigerung. Als die Ergebnisse der Welternte bon 1910 sich übersehen ließen, stellte sich der Preis in Berlin in den Monaten vom 1. September bis Jahresschluß auf 145 bis 148 M. Schon damals rechnete man indessen mit einem Steigen des Preises vor der neuen Ernte, denn der Börsenpreis für im Mai zu liefernden Roggen stellte sich erheblich höher, als der Preis für Loco- Ware( d. h. für fofort lieferbaren Roggen). Am 1. Oktober z. B. wurde für Loco- Ware 146 M. gezahlt, für Mailieferung 160 M. Im ersten Quartal des laufenden Jahres schwankte dann der Preis für Loco- Ware zwischen 146 und 150 M. pro Tonne, während für Mailieferung 155 bis 158 m. gezahlt wurde.
Von Mitte April macht sich eine scharfe Steigerung bemerkbar: am 12. April( vor Ostern) lautete die Notiz auf 150 und bis Ende des Monats wurde der Preis auf 160 M. getrieben; jekt schwankt er um 170 M.
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Donnerstag, den 18. Mai 1911.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
Roggen ausgeführt, weil das ein profitables und risikofreies 1908 10,74 min., 1909 11,35 mill., 1910 10,51 min. Aber Geschäft ist. Ein Beispiel mag das erläutern: Gefeßt, der während früher die Ausfuhr von Roggen ganz minimal Preis für deutschen Roggen frei Stettin sei 150 M. und war, wurden in der Zeit vom 1. August bis 31. März in die Frachtspesen von Stettin bis Stockholm stellen sich auf den drei letzten Jahren ausgeführt: 1908 bis 1909 rund 3 M. pro Tonne; dann wird es lohnen, diesen Roggen nach 653 700 Tonnen, 1909 bis 1910 484 600 Tonnen, 1910 bis Stockholm zu verfrachten, selbst wenn dort der Preis sich auf 1911 634 200 Tonnen. 110 m. pro Tonne stellt. Die Kalkulation ist: der Roggen kostet dem deutschen Exporteur frei Stockholm 153 M.; der schwedische Importeur zahlt nur 110 m., aber das Stettiner Bollamt stellt einen„ Einfuhrschein" aus, lautend auf 50 M. pro Tonne, der deutsche Exporteur erhält also in Wirklichkeit 160 M., verdient an der Tonne Roggen glatt sieben Mart. Bei einer Schiffsladung von mehreren Hundert Tonnen jedenfalls ein profitables Geschäft. Erst wenn die Differenz zwischen dem Preise an deutschen und fremden Pläßen unter Berücksichtigung der Fracht volle 50 M. beträgt, hört dieser Export auf.
In der Tat wird denn auch beständig deutscher Roggen in dieser Weise verschleudert, indem die Exporteure an fremden Pläßen dieſen Preis unterbieten.
In neuester Zeit ist dann noch eine besondere Manipulation in Schwung gekommen: die Ausfuhr von Roggen in Verbindung mit dem Import von Kleie. Da nämlich leie zollfrei eingeführt wird, hat sich folgendes Geschäft entwickelt: jenseits der russischen Grenze, in Polen , sind Mühlen errichtet worden, die ausschließlich Roggen aus den Provinzen Posen und Westpreußen vermahlen. Die Mühlenbesikeres sind zum Teil Deutsche erhalten den Roggen billig, weil ia das Reich die Ausfuhrprämie in Form des Einfuhrscheines zahlt. Das vermahlene Mehl bleibt jenseits der Grenze, die Kleie geht zurück nach Deutschland . Der Preis dieser Kleie zuzüglich der Ausfuhrprämie beträgt trop der Frachten so viel, wie der Roggenpreis ausmachte, das Mehl kostet gar nichts.
Eine Folge der künstlich geförderten Ausfuhr ist, daß in Deutschland selbst in den Jahren reichlicher Ernten niemals Vorräte in größerem Maße aufgeftapelt werden. Ein Umstand, der jedenfalls den patriotischen Helden zu denken geben sollte, denn er führt dazu, daß im Falle eines Krieges Hungersnot droht.
Daß dieser künstlich erzeugte Mangel an Roggen obendrein von Spekulanten aller Art ausgenügt wird, versteht fich am Rande. Vor allem kommt da der Maitermin in Betracht. Wie wir gesehen, wurde zu Anfang des Jahres Roggen für Mailieferung mit 155 bis 158 m. gehandelt. Die Verkäufer, die zu diesem Preis verkauft haben, müssen ießt Ware herbeischaffen oder die Differenz zahlen. Da am Berliner Markte jetzt der Preis für Loco- Ware bereits 170 Mart ist, so haben die Verkäufer bereits eine Differenz von 12 bis 15 M. zu decken und das schlimmste ist, daß selbst zu diesem Preise effektive Ware nicht zu haben ist. Die Händler, die wirklich Roggen auf Lager haben, halten ihn zurück, weil sie darauf rechnen, den Preis noch weiter treiben zu können. Diese Lage machen sich auch die Großgrundbesizer und die agrarischen Verkaufsgenossenschaften zunuze, indem sie ebenfalls den Roggen zurückhalten, auf ein weiteres Steigen der Preise spekulieren. Inzwischen liegen aber die Mühlen still, weil kein Roggen vorhanden ist, und deshalb schmelzen auch die Mehlvorräte zusammen, Müller und Bäcker schröpfen die Konsumenten.
So sehen die Folgen dieses infamen Wuchersystems aus, von dem Herr v. Bethmann Hollweg erklärt, daß es fich vollauf bewährt hat". Für Agrarier und Händler ist allerdings dieses System der Einfuhrscheine profitabel. Wie lange aber werden die Konsumenten diese Stockschläge auf den Magen noch in Geduld ertragen.
Der neue Köllerkurs.
Aus Schleswig wird uns geschrieben:
Um die dänischgesinnte Bevölkerung Nordschleswigs zu guten, vorschriftsmäßigen Preußen zu machen, haben die Behörden dieser Proving in den letzten Wochen wieder einen schärferen Ton angeschlagen. Die Methode Mathias v. Stöllers, die schon einmal abs gewirtschaftet hatte, hat wieder die Oberhand gewonnen. Von den behördlichen Gewaltmaßregeln der letzten Wochen seien folgende verzeichnet: In Fol wurden zwei dänische Dienstmädchen ausgewiesen, weil sie an einem Bazar teilgenommen hatten, der im dänischen Versammlungshause abgehalten wurde. Ottosen aus Dänemark wurde ausgewiesen, weil sie in einer Eine Frau Versammlung einen Vortrag rein hygienischen Inhalts gehalten hatte. Die Ausweisung soll erfolgt sein, weil eine Verordnung bestehen soll, nach der auswärtige Redner zum Reden die Erlaubnis der Regierung haben müssen, diese aber nicht eingeholt worden sei. Nun schreiben aber§ 5 und 12 des Reichsvereinsgesetzes die anmeldung von Versammlungen nur für öffentliche Versammlungen vor. Im vorliegenden Falle war die Versammlung jedoch teine öffentliche.
Als Ursache dieser Preistreiberei wurden Befürchtungen in bezug auf die kommende Ernte geltend gemacht. Nun kann man über den Ernteausfall im April höchstens dann Prophezeiungen wagen, wenn ein sehr schlechter Winter borausgegangen ist, wenn Kahlfröste" die von der Schneedecke nicht geschützten Wintersaaten zerstört haben. Davon war aber in diesem Jahre keine Rede. Im Gegenteil, die Saaten find gut durch den Winter gekommen, die Nachtfröste im April waren auch nicht besonders schlimm und haben den Getreidesaaten kaum irgendwo Schaden zugefügt. Geklagt wird einzig stellenweise über den Mäusefraß": der gelinde Winter bewirkte, daß hier und da die Feldmäuse sich stark vermehrt und die Saaten geschädigt haben, so daß Felder umgepflügt werden müssen. Im allgemeinen scheinen aber die Umpflanzungen nicht besonders erheblich zu sein, besonders im Osten, dem Hauptproduktionsgebiet für Roggen. Auf der anderen Seite war die Witterung für die Bestellung der Sommersaaten sehr günstig: die Pflüge kamen rechtzeitig ins Feld, es fehlte weder an Regen noch an Wärme. Jedenfalls liegen bisher normale Verhältnisse vor und gerade des- Eine weitere Folge ist, daß speziell in der Zeit vor der halb ist jede Prophezeiung über die kommende Ernte neuen Ernte regelmäßig Mangel an Roggen sich einstellen müßig; es fann ebenso gut ein sehr fruchtbares Jahr, wie ein muß. Hier wirken speziell folgende Umstände ein: die Hungerjahr werden. Bon geradezu überwältigender Komit Ernte reift in Deutschland früher als in den Roggengebieten ist es deshalb, wenn man im Börsenblatt liest: 15. Mai, Rußlands , außerdem kommt russischer Roggen zum Teil auch die Stimmung am heutigen Markt war schwankend. Bu spät auf den Markt. Das letztere ist erklärlich, wenn man Beginn erfuhren die Preise eine Ermäßigung infolge bedenkt, daß die russischen Landstraßen zumeist in trostlosem des hier eingetretenen Regens und der niedri- Bustande sind und im Herbst, wenn sie vom Regen aufgegeren ausländischen Notierungen."" Des hier eingetretenen weicht, mit Lastwagen überhaupt nicht zu passieren sind. DesRegen" ist gut! Wenn es auf den Berliner Asphalt trippelt, halb muß der Bauer mit der Lieferung warten, bis Frost haben die Börsianer„ Stimmung" à la baisse, wenn nicht eingetreten ist. Dann kommt das Getreide an die russischen à la hausse. Dieweil aber auf dem Asphalt kein Märkte, aber da auch die Flüsse zugefroren sind, kann es nicht Noggen wächst und in Ostpreußen , Bommern , Posen, Schle- weiter, in die Häfen, verfrachtet werden. So erklärt sich, daß fien die Witterung ganz anders sein kann, als es die Bör- in der ersten Hälfte des Erntejahres die Zufuhr von Roggen fianer beim Gang nach der Burgstraße spüren, ist diese nach Westeuropa fich in mäßigen Grenzen hält und erst im " Stimmung" im Busammenhang mit dem hier eingetretenen März und April lebhafter wird. Deshalb wird im Herbst und ausweisen tann, weil sie preußische Untertanen sind, durch AusDie Schifanierung dänischgesinnter Personen, die man nicht Regen" einer der faulsten von allen faulen Börsenwitzen. Winter deutscher Roggen nach Skandinavien , der Schweiz , weisung ihrer aus Dänemark stammenden Dienstboten: eine ErSchlauere Leute machen daher lieber die Stimmung" ab- Belgien und Holland ausgeführt, er beherrscht bis zu einem findung des weiland Möllerschen Systems, ist gleichfalls zu neuem weisung ihrer aus Dänemark stammenden Dienstboten: eine Erhängig von Wetterberichten aus Rußland . Indessen ist es gewissen Grade den Markt. Dieses ausgeführte Storn fehlt eben erstanden. In Braendstrup wurden zwei Dienstmädchen auch damit nicht weit her, denn um die Situation genau zu dann aber im Mai, Juni und Juli auf den deutschen Märkten, ausgewiesen, weil ihr Dienstherr im Dorfe Unter. beurteilen, müßte man wenigstens aus verschiedenen Teilen die Nachfrage wird dringend, der Preis schnellt in die Höhe. schriften für einen Antrag gesammelt hatte, der Rußlands glaubwürdige Berichte haben und die gibt es nicht. Bemerkenswert ist, daß die russischen Exporteure jetzt auch den Kreistag aufforderte, in den Kleinbahn. Die Saatenstandsberichte Rußlands aber find längst zum Ge- beginnen, diese Marktlage auszunügen: fie halten im März wirtschaften der Kreisbahnen nur alkoholfreie spött geworden, weil sie einfach im Finanzministerium fabri- und April mit der Ware zurück, um die künstlich geschaffene ziert werden und nicht den Stand der Saaten, wohl aber Leere des deutschen Marktes auszunützen. Die russische Redie augenblicklichen Wünsche des Ministeriums widerspiegeln: gierung kommt ihnen darin entgegen, indem sie die Banken steht Rußland vor einer Anleihe, sind die Saaten wunder- veranlaßt, möglichst hohe Darlehen gegen Verpfändung der schön, wünscht der Minister einen hohen Wechselkurs, der Getreidelager zu gewähren. Im vergangenen Jahre ist allervon hohen Getreidepreisen abhängt, so find die Saaten mise- dings diese Manipulation mißglüdt: im April begann der rabel. Mit einem Worte: über die Ernteaussichten in den Weizenpreis zu finken, weil die Lager in Europa überfüllt beiden Hauptproduktionsgebieten des Roggens läßt sich zur- waren; dadurch wurde auch der verpfändete Weizen in Rußzeit noch gar nichts sagen und was in den Börsenberichten land entwertet, die Banken wurden unruhig, fündigten die darüber steht, ist nur Borwand. Darlehen, und die Händler mußten nun Hals über Stopf soDagegen gibt es einen Faktor, der zurzeit entscheidend wohl Weizen als Roggen verkaufen und der Preis wurde ist für die Preisgestaltung, das ist der tatsächliche Vor- dadurch auch in Deutschland im Mai gedrückt. Darauf hat ratan Getreide. Bei Weizen kommt dabei die Lage des dann der Finanzminister angeordnet, daß in diesem Jahre Weltmarktes in Betracht. Weil nämlich in London , Liver- die Staatsbank sich in ganz hervorragendem Maße an diesem pool, Amsterdam und Antwerpen stets größere Weizenmengen Lombardgeschäfte beteiligt und durchhält; der Erfolg ist, daß lagern, die in kurzer Zeit auf den deutschen Markt geworfen seit dem Steigen der Preise in Deutschland russischer Roggen werden können, so haben die Händler damit zu rechnen. Ueber diese Vorräte ist man auch stets ziemlich gut informiert, da an diesen Stapelpläßen eine zuverlässige Statistik geführt wird. Anders ist es mit Roggen. Hier fommen nur die Vorräte in Betracht, die in Deutschland und in Rußland lagern und über die besitzt man gar keine Berichte. Außerdem liegen aber die Dinge so, daß, wenn in Deutschland Mangel an Roggen fühlbar wird, stets eine ziemlich lange Beit vergeht, ehe von den russischen Stapelplätzen, die zum Teil sich im Binnenlande befinden( Jelez , Rybinsk , Roshaw usw.), Roggen herbeigeschafft werden kann.
Tatsache ist indessen, daß der deutsche Markt systematisch in künstlicher Weise von Roggen entblößt wird infolge des Systems der Einfuhr scheine.
Dieses System bildet ja einen unmittelbaren Anreiz zur Ausfuhr. Solange nämlich der Preis im Inlande nicht um den vollen Zollsap von 50 M. pro Tonne höher ist, als der Preis im Auslande zuzüglich Fracht, wird deutscher
wirtschaften der Kreisbahnen nur alkoholfreie besseren Verständnis sei hier mitgeteilt, daß der Landrat des Ste- Getränke zum Verkauf tommen zu lassen. Zum Getränke zum Bertauf tommen zu lassen. Zum besseren Verständnis sei hier mitgeteilt, daß der Landrat des reises Hadersleben ein energischer Gegner dieses Bestrebens ist. Das eine der ausgewiesenen Mädchen konnte aber im Lande Das eine der ausgewiesenen Mädchen konnte aber im Lande bereit erklärt hatte, bei einem anderen Bauern, natürlich einen bleiben, nachdem es sich auf Veranlassung des Gemeindevorstehers gesinnungstüchtigen, in Dienst zu treten.
durchaus nicht, wie man es ohne diese Lombardierung hätte erwarten müssen, auf den Markt drückt: die russischen Händler warten, bis sie noch höhere Preise diftieren fönnen. Deshalb lauten eben auch die Nachrichten über die Saaten aus Nußland jetzt so trübe!
So werden die Verbraucher in Deutschland zwischen zwei Feuer genommen: in der ersten Hälfte des Erntejahres wird Roggen aus Deutschland ausgeführt, weil die deutsche Regierung Ausfuhrprämien zahlt; so wird der Preis gesteigert; in der zweiten Hälfte des Erntejahres entsteht Mangel, aber der russische Roggen fommt nicht ins Land, weil die russische Regierung ihren Händlern hilft, die Lage auszunügen.
Das ist der Grund, warum trok der reichen Ernten der letzten Jahre der Roggenpreis im Laufe einiger Wochen vor 150 auf 170 M. emporschnellen konnte und vielleicht noch weiterhin steigen wird bis zur neuen Ernte.
Wie reich die Ernten der drei letzten Jahre waren, ergeben folgende Zahlen: Im Durchschnitt der Jahre 1891 bis 1910 wurden 8,98 Mill. Tonnen Roggen geerntet, dagegen
Am brutalsten und standalösesten aber geht die Regierung gegen die sogenannten Heimatlosen vor. Diese Heimatlosen sind die Kinder von Dänen aus dem Königreiche, die in Nordschleswig eingewandert sind und sich hier verheiratet haben. Die Regierung berweigert ihnen fast ausnahmslos die Niederlassungserlaubnis, und wenn sie sich trotzdem verheiraten, erhalten sie die Aufforde rung, sich von ihrer Frau zu trennen. Wenn sie das nicht wollen, werden sie aus dem Lande hinausschikaniert oder ausgewiesen. Das Hinausschikanieren geschieht dadurch, daß sie von einem Kreise in den anderen abgeschoben werden, bis sie schließlich dieser Heßerei fatt sind und nach Dänemark gehen, um dort ihr Brot zu suchen. Dänemark ist aber nach einem Vertrage von 1873 nicht verpflichtet, sie aufzunehmen, so daß sie im wahrsten Sinne des Wortes he i matlos sind. Die meisten dieser Heimatloser find Landarbeiter.
Der allerneueste Fall dieser Art ist der Fall Egholm. Mads Egholm wohnte in Scherrebek und war als fleißiger und nüchterner Arbeiter bekannt. Er ist in Nordschleswig geboren und nie aus Nordschleswig herausgekommen, aber er gehört zu den sogenannten Heimatlofen. Die Niederlassungserlaubnis wurde ihm verweigert, und als er trotzdem heiratete, ging die Heße gegen ihn los. Als die Abschiebungsversuche von einem Kreis in den anderen keinen Erfolg hatten, wurde er im April d. J. ausgewiesen. Egholm tehrte aber bald wieder über die Grenze zurüd. Jebt wurde eine Geldstrafe gegen ihn festgefeßt und er dann zum zweiten Male ausgewiesen. Er beschwerte sich und in seiner Beschwerde ersuchte er die Behörde, sie möge ihm ein Land angeben, wo er sich nieder