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Reichstag nicht Rechnung tragen. Es liegt gar keine Veranlassung vor, den Nkademikerdünkel zu begünstigen. Abg. Dr. Mugdim(®p.): Der mahgevende Grund der Konr Mission war: die Leute wollen nicht versichert sein, also soll man ilsnen die Bersicherung nicht ausdrängen. Von einer Begünstigung akademischen Standesdünkels kann leine Rede sein. lBeisall bei der Mehrheit.) Der Antrag Potthoff wird abgelehnt. Die große Majorität der Freisinnigen stimmt mit der Mehrheit. § 1230 enthält die L o h n k l a s s e n. Klasse I reicht bis zu 360 Mark .. II S60. III 850 IV.. 1160.. V umsaht die Versicherieu mit einem Jahres arbeitsverdienst von mehr als 1160 M. Abg. M-lkenbuhr lSoz.): Wir beantragen, zwar die vier ersten Lohnklassen zu lassen, wie RegierungZcntwurs und Konimissionsfassung sie vorschlagen, aber statt fünf a ch t L o h n k l a s s e n zu schaffen. Nach unserem Vor- schlag soll Klasse V reichen von 1160 bis zu 1650 M. VI 1550., 1950 VH 1950.. 2550.. VIII die Versicherten mit einem Jahresarbeitsverdienst v.über 2550, umfassen. Allgemein ist der Wunsch verbreitet, höhere Lohnklassen zu schaffen, deren Angehörige für höhere Beiträge höhere Leistungen empfangen. Eben erst ist uns eine Petition in diesem Sinne zu gegangen. Die finanziellen Schwierigkeiten sind keineswegs unüber- windlich. fLebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. P o t t h o s f sBp.) beantragt namens eines Teils seiner Fraktion lHört 1 hört I) zwei neue Lohnklassen zu schaffen. Nach dem Antrag soll Klasse V von 11501500, die VI. von 15002000 reichen, die VIL die Versicherten über 2000 M. umfassen. Beide Anträge werden abgelehnt, der Antrag Albrecht gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Autrag Potthoff gegen Sozialdemokraten und einige Freisinnige. § 1231 bestimmt u. a., dah als Jahresverdienst der 300fache Betrag des Ortslohns zu gelten hat, soweit da» Oberversicherungs amt für einzelne Berufszweige nichts anderes bestinimt. Abg. Bufold<Soz.) begründet einen Antrag, statt des OrtslohneS den 300 fachen Betrag des durchschnittlichen Tagesverdienst zu setzen. Die Besfimmung der Vorlag« kommt lediglich dem Grobgrundbesitz zugute: ihn zu berücksichtigen ist an keiner Stelle des Gesetzes vergessen. Man könnte dc.o Gesetz geradezu nennen Gesetz zur Begünstigung des Großgrundbesitzes. lZustimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Arbeiter und seine Familie haben ein Interesse an einer hohen Versicherung, aber aus Rücksicht auf den Grohgrundbesitzer, der einen Teil der Beiträge zahlen muh, hält»ran die Versicherung des bei ihm beschäftigten Arbeiters niedrig, niedriger wie für den Arbeiter beim Klein- bauern. Dieses Unrecht soll unser Antrag beseitigen. lBravo I bei den Sozialdemokraten.) Der Antrag wird abgelehnt. § 1233 bestimmt Renten, Witwengeld und Waisenaussteuer als Gegenstand der Versicherung. Abg. Zietsch(So,.): begründet einen Antrag,.und Krankenpflege' zuzufügen. ES ist Sar keine Frage, dah der I n v a l i d e n r e n t n e r die Arzt» und lrzneikosten auS seiner kärglichen Rente nicht bezahlen kann. Schon im Interesse der öffentlichen Gesundheit ist eS nötig, dem etwa an einer ansteckenden Krankheit erkrankten Jnvalidenrentner beizuspringen. Ihn an die Armenpflege zu verweisen, ist ein Unrecht. sSehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Gegen unser» Antrag hat man an- geführt, er werde eine Erhöhung der Beiträge nötig machen. ES kann sich nur um eine sehr geringe Erhöhung handeln, und für diese übernehmen meine Freunde die Verantwortung. DaS Gesetz weist so viel Lücken auf, dah eS nur ein Sammelsurium verpaßter Gelegenhelten ist. Eine dieser Gelegenheiten nicht zu verpassen, dazu soll unser Antrag dienen.(Bravo I bei den Sozialdnnokraten.) Der Antrag wird abgelehnt. Zu 8 1210 verlangt ein Antrag A l b r e ch t(Soz.), dah jemand erst als invalide gilt, wenn er nicht mehr die Hälfte(statt ein Drittel, wie die Borlage will) dessen erwerben kann, was gesunde Personen zu verdienen pflegen. Abg. Brühae(Soz.): Unser Antrag wird ja zweifellos eine Beitragserhöhung not- wendig machen, aber er liegt so sehr im Interesse der kranken und invaliden Arbeiter, dah wir für diese Erhöhung der Beiträge die Verantwortung gern übernehmen.(Zustiimnung bei den Sozial- demokraten.) Abg. Giesberts(Z.) fürchtet, dah bei Entziehung der Rente keine Rücksicht auf das Lebensalter und die Alterserscheinungen ge- nommen ivird, da der Paragraph die Worte enthält:.ohne Rücksicht auf da» Lebensalter". Ministerialdirektor EaSpar versichert, dah dah ReichSverficherungS- amt auf das Alter bei Verfahren auf Entziehung der Rente wie bisher Rücksicht nehmen werde. Abg. Sachse(Soz.): Unser Antrag liegt namentlich im Interesse der halbinva- liden Bergarbeiter, die in anderen Berufen eine Be- schästigung nicht finden können. Daher bitte ich, ihn anzunehmen. Abg. Hoch(Soz.): Die von Herrn Giesberts angeregte Frage haben meine Freunde in der Kommission schon angeregt: einen Antrag haben wir nicht gestellt, weil der Ministerialdirektor in der Kommission dieselbe Er- klärung abgab wie jetzt. Der sozialdemokratische Antrag wird abgelehnt. 8 1212 setzt das 70. Jahr als Grenze für das Recht zum Bezug Von Altersrente fest. Ein Antrag A l b r e ch t(Soz.) und ebenso ein Antrag A b l a h (vp.) will statt de» 70. das 05. Lebensjahr setzen. Abg. Dr. Mugdan(vp.): Einstimmig hat der Reichstag früher die Forderung erhoben, die Altersgrenze auf �daS 65. Jahr herabzusetzen. Mau sagt, die Mehrbelastung würde für die Industrie zufolge dieses Antrages zwanzig Millionen Mark betragen oder 11 Prozent. Nun sagen wir 10 Prozent. Die Hälfte davon tragen die Versicherten, für die Arbeitgeber bleibt also eine Mehrbelastung von'/m Proz. übrig, und das wird die Industrie wohl tragen können. Die Mehrbelastung des Reiches würde neun Millionen Mark betragen. Diese könnten leicht aufgebracht werden, z. B. durch eine E r b a n f a l l st e u e r.(Zuruf rechts: Kotierungs­steuer.) Die KotieruligSsteuer wäre eine ganz unsinnige Steuer.(Lebhafte gustimmiina links.) Die Erbanfallsteuer würde erheblich mehr bringen wie 9 Millionen, und wir hätten dann auch die notwendigen Mittel für erhöhten Wöchnerinnen- und Kinderschutz. (Lebhaftes Bravo I links.) Abg. Faber(Soz.): Der Vorredner hat schon auf die wiederholten Beschlüsse des Reichstages in dieser Richtung hingewiesen. Man wies auf die DeckungSsrage hin. Früher haben Mitglieder der Rechten darauf hingewiesen, daß die Deckung durch eine Einkommensteuer herbeigeführt werden kann. Die Gelegenheit zur Herabsetzung der Altersgrenze darf bei der Reform, die durch die RcichSversicherungS- ordnung durchgeführt werden soll, nicht versäumt werden; einen solchen Wortbruch würden die Wähler nicht verstehen. Die Kom- Mission hat idem.Rein" der Regierung nachgegeben. Aber das ist nicht nötig, die Regierung hat oftmals schon zuerst Rein gesagt und nachher s i ch d o ch g e f ü S t. An den Kosten darf man diese not wendige Reform nicht scheitern lassen. Meine Freunde verlangen hier namentliche Abstimmung, um zu wissen, wer hier sein Wort gegen die Armen und Aermsten nicht einlösen will (Bravo�I bei den Sozialdemokraten.) Eigentlich müßte die AUerSl grenze auf 60 Jahre herabgesetzt werden.(Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.) Wir bescheiden uns mit der Grenze von 65 Jahren, um Ihnen die Zustimmung zu erleichtern.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär Delbrück : Es handelt sich um die Frage, ob bei der Reichsversicherungsordnung mit ihren zahlreichen neuen Wohl- taten und Lasten auch noch die Herabsetzung der Altersgrenze au� 65 Jahre eingeführt werden soll. Wir halten sie gegenüber den andern Reformen für nicht so dringend(Hört! hört! links), denn für den industriellen Arbeiter kommt imnier mehr die höhere Invaliden- rente in Betracht, bevor er in den Genuß der Altersrente kommt. Durch die Herabsetzung der Altersrente würde der Reichszuschutz um 8,85 Millionen Mark jährlich wachsen(Zustimmung bei den Sozial demokraten. DaS ist waS Rechtes) und die Versicherungsträger hätten jährlich 45 Millionen Mark mehr aufzubringen.(Hört! hörtl rechts.) 9 Millionen Mark machen auch für das Reich etwas aus, daS wird Ihnen mein Kollege vom Reichsschatzamt noch auseinander setzen. Dazu kämen noch 45 Millionen, die Arbeitgeber und Versicherten aufzubringen hätten. Diese haben aber nach der Reichsversicherungsord nung bereits 108 Millionen mehr jährlich aufzubringen als früher, und dazu treten noch eine Reihe anderer Leistungen, wie die Versicherung der Lehrlinge ohne Entgelt. Nun soll noch auf Ihren Wunsch die Privatbeamtenversicherung kommen, und deshalb mußten die Verbündeten Regierungen sagen, eS muß eine Grenze innegehalten werden. Die Vertreter der einzelnen Bundes- staateil haben erklärt, ihre Zustimmung zu dem Entwurf würden fie abhängig machen davon, daß keine Mehrbelastung über den Entwurf hinaus beschlossen würde. ES tauchten viele Wunsche in der Kom- misfion auf und nach monatelanger Beratung habe ich erklärt, ich hoffe, daß die Verbündeten Regierungen die Zusatzkinder- rente für Invaliden mit Kindern unter 15 Jahren bel willigen werden, und daS Zugeständnis würde mehr wert sein. als die Herabsetzung der Altersgrenze auf 65 Jahre.(Lebhaste Zu ftlmmung rechts und im Zentrum.) Nachdem der Antrag nochmals eingebracht war, bin ich noch einmal mit mir zu Rate gegangen und habe auch dem Reichskanzler erneut Vortrag gehalten und Hobe daraufhin zu erklären, daß die Verbündeten Regierungen der Herab setzung der Altersgrenze nicht zustimmen können und daß durch die Annahme dieses Antrages die RcichsverficherungSordming für die Ber kündeten Regierungen unannehmbar würde.(Lebhaftes Hört I hört I links.) Reichsschatzsekretär Mermuth : Die Annahme deS Antrages würde nicht vereinbar sein mit dem WirtschaftSprogramm. das die Regierung im Verein mit den führenden arteten aufgestellt hat.(Lebhafte Zustimmung rechts.) Das Reich kann diese neun Millionen Mark mehr nicht tragen. Man darf doch Finanzfragen nicht so en bsxatoUo betrachten. Wenn wir die Mehrbelastung deS Reiches durch die Reichs Versicherungsordnung zusammenrechnen, so stellt sie einen Kapitals- wert von drei Milliarden Mark dar.'(Lachen links.) Mit Wünschen allein ist es nicht getan, sonst könnte man die Alters zrenze auch ruhig auf da» 60. Lebensjahr heruntersetzen, sagte ein Redner der Linken in der Kommission, und daS unterschreibe ich Bei der Beratung deS Gesetzes über die Friedenspräsenz haben gerade die Herren von der äußersten Linken ansgefiihrt, wie schwer das Reich einige Millionen aufbringen kann. Jetzt werden sie freilich sagen, der Moloch verbraucht alle», so daß für die Sozialpolitik nicht» übrig bleibt.(Sehr richtig I bei den Sozial demokraten.) Nein. daS ist nicht richtig, die Ausgaben für die Sozialpolitik übersteigen die für da« Heer.(Zustimmung rechts.) Und die Sozialpolitik darf doch auch nicht ohne Rücksicht auf die anderen Anforderungen des Reiche» und auf eine Leistungsfähigkeit betrachtet werden. Die Annahme de» Antrages würde uns in die kaum überwundene Finanzkrise zurückbringen, und das können die der- Anbeten Regierungen nicbt mitmachen.(Lebhafter Beifall rechts.) Abg. Schickert(k.): Der Abg. Mugdan wird wohl wissen, welchen Redner der Linken in der Kommission der Staatssekretär oeben zitiert hat.(HeiterkeitS recht» und Rufe: Mugdan !) Wir haben den Wunsch der Herabsetzung der Altersgrenze schon lange. müssen ihn aber angesichts der gegenwärtigen Lage zurück- teilen. Daß die Herren von der äußersten Linken dafür timmen, begreife ich, denn Sie erreichen dadurch Ihr Ziel, die ReichSversicheruneSordnung zum Scheitern zu bringen und können sich dabei noch ein volksfreundliches Ansehen geben.(Lebhafte Zwischenrufe links.) Sie schneiden in Ihrem Antrag nicht einmal die DeckungSftage an.(Zuruf: Die Erbanfall st euer!) Die ist noch nicht einmal vorgelegt, geschweige bewilligt. Wir lassen uns nicht durch Wahlrückstchten leiten, sondern wir treiben sachliche Politik und lehnen deshalb den Antrag ab.(Bravo ! recht«.) Abg. Dr. Stresemann(natl.): Ich gebe dem Staatssekretär zu. daß die theoretische Anerkennung der Berechtigung eine« Wunsches noch nicht von vornherein die Zustimmung zu 'einer Erfüllung bedingt, sondem daß er im Rahmen de» ganzen betrachtet werden muß. Wenn wir die Altersgrenze herabsetzen, so nehmen wir eine große Berantworrung gerade dem Mittelstand gegenüber aus uns. der dadurch nicht un- erheblich belastet wird. Wenn wir trotzdem zu der Zustimmung kommen, so wird man trotzdem anerkennen müssen, baß uns nur sach-- liche Gründe leiten. Die Kapitalisierungsrechnmig des Herrn Schatz- ekretärs muß ich zurückweisen. Was würde er wohl sagen, wenn ich ausführte, ein Minister kostet uns ei» Kapital von einer Million Mark.(Große Heiterkeit links.) ES handett sich eben hier um S% oder rund 9 Millionen mehr nehme das gewiß nicht leicht. Aber Ausgabe neue Steuern nötig würden, so willigung für eine selb st verständliche habe im Laufe dieser Berainngen gegen Ick dieier für da» Reich. wenn wegen die würden wir ihre Be- Pflicht halten. Ich viele Anträge stimmen müssen, deren sachliche Lerechligung ich anerkennen mußte(Lebh. Hört! hört! bei den Sozialdemokraten), weil ich mir sagte, die finanzielle Leistungsfähigkeit hat eine Grenze. Für diesen Antrag aber wird d i e Mehrheit meiner politiichen Freunde stimmen; diese Frage endlich zu erledigen, ist uns Herzenssache, und gegen- über einem einmütigen Mehrheitsbeschluß de« Reichstages würde die Regierung die Zustimmung sicher nicht versagen.(Lebhafte» Bravo l Ministerialdirektor Caspar bestreitet, oftmals von stürmischem iderspruch unterbrochen, die finanzielle Ausführbarkeit der Herabsetzung der Altersgrenze. Abg. Becker-ArnSbna<Z.): Die christlich-nationale Arbeiter schafr wünscht ganz gewiß die Herabsetzung der Alter»- grenze; sie ist aber einstimmig einschließlich der Parteigenossen >eS Abg. Stresemann der Ansicht, daß, wenn Herabsetzung der Altersgrenze und KindeSrente nicht gleichzeitig zu erreichen sind, die KindeSrente vorzuziehen sei. Wenn gleichzeitig beiden Hasen nach» gelaufen wird, besteht Gefahr, daß man keinen Hasen in die Küche iringt. Es ist weit dringender. Invaliden in den mittleren Jahren. die vielleicht eine große Kiuderschar haben, durch Kinderzuschußreuten zu unterstützen, als den 65jährigeli, die noch nicht Invaliden sind. eine Altersrente zu gewähre». Herr Dr. S t r e s e m a n n hat neue Steuern in Anregung gebracht. Wie steht es mit der Dividenden st euer»(Sehr gut! im Zentrum.) Der Bund der Industriellen , dem Herr Dr. Stresemann sehr nahe steht, hat ich lehr entschieden gegen jede weiter« Belastung der Industrie ausgesprochen. Warum macht Herr Dr. Stresemann nicht dort Stimmung für die Herabsetzung der Altersgrenze? Die indct dort gewiß jubelnde» Beifall.(Stürmisch« Heiterkeit.) Und dann locrden ja auch die Verbündctcn Regierungen»ichls mehr dagegen haben, denn fie werden nicht industriefeindlicher fe;n wollen, als die Industrie selbst. In der Kommission hat nur ein einziger Freisinniger für die Herabsetzung der Altersgrenze gestimmt.(Hörtl hört!) Wen'» wtereffiert, der erkundigt sich vielleicht bei Herrn Horm an n privatim nach dem Namen.(Große Heiterkeit.) Man mutz politisches Augenmaß besitzen und nicht um des Unerreichbaren halber das Erreichbare gefährden. So hält man eS auch im gewerkschaftlichen Kampfe.(Präsident Graf Schwerin bittet den Redner, nicht zuweit abzuschweifen.) Angesichts des unbedingten Nein I der Verbündeten Regierungen ist die Herabsetzung der Altersgrenze unerreichbar. Darum stimmen wir für die Kvmmissionsbeschlüffe.(Ironisches Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Diejeniger aber, die trotzdem auf dieser Herab« setzung bestehen, setzen sich dem Verdacht aus, unsachliche, partei­politische Tendenzen damit zu verfolgen.(Lebh. anhaltender Beifall bei Konservativen und Zentruni.) Abg. Molkenbuhr(Soz.): Wenn ich der Rede des Abg. Becker bedeutenden Wert beilegen würde, so würde ich die Gelegenheit benutzen, die widerspruchsvolle Haltung des Zentrums zu beleuchten.(Sehr gut! bei den Sozial« demokraten.) Ich ziehe es aber vor, mich mit der Haltung der Verbündeten Regierungen zu beschäftigen. Die Re- gierungsvertretsr haben für ihre Ablehnung Gründe angeführt, die mit dem Inhalt der ganzen Vorlage in Widerspruch liehen, und erwecken damit den Verdacht, daß fie die Vorlage in ihren Einzel- beiten nicht kennen.(Sehr gutl bei den Sozialdemokraten.) Ganz eigenartig und ja auch schon von anderen Rednern zerpflückt ist das Verfahren mit der Kapitalisation der erwachsenden Mehr- kosten. Ich persönlich bin durchaus der Meinung, daß die Frage der Altersgrenze von verhältnismäßig geringer Bedeutung wäre, wenn wirklich jeder Invalide eine Invalidenrente bezöge. Das ist aber keineswegs der Fall.(Sehr wahr! bei den Sozialdemo- kraten.) Durch bürgerliche Blätter ging neulich eine Notiz, wonach ein Blinder irgendwo in einer Gemeinde mit allerlei Dienstleistungen beschäftigt würde. U. a. auch als Nachtwächter. Da er aber als Blinder den Ausbruch eines Feuers nicht bemerken kann, so begleitet ihn seine Tochter; er besorgt nur das Blasen.(Lebhaftes Hört! hört! und Heiterkeit.) Insgesamt bezieht nun der Mann aus allen seinen.Aemtern" über 860 Mark. Also, so erklärt man, ist er nicht invalide; man hütet sich natürlich sehr wohl, den Lohn, den eigentlich die Tochter beziehen müßte, in Abrechnung zu bringen, obwohl der Mann ohne Hilfe der Tochter ja gar nicht sein Nachtwächteramt versehen könnte. E« kann also gar keine Rede davon sein, daß jeder Invalide wirk« lich Invalidenrente erhält. Unter diesen Umständen ist allerdings die Herabsetzung der Altersgrenze dringend notwendig.(Lebhaftes Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Das 65. Jahr ist auch anderswo, in Frankreich und England, als Altersgrenze vorgesehen. Der Kollege Becker meint: Die christlich« nationale Arbeiterschaft legt gar keinen so hohen Wert auf die Herabsetzung der Altersgrenze oder stellt mindestens diese Forderung nicht in den Vordergrund. Er mache doch einmal die Probe. Er lasse abstimmen in der Arbeiterschaft. Die große Mehrheit, die überwältigende Mehrheit nicht bloß der gesamten Arbeiterschaft, sondern auch d« christlich- nationalen Arbeiterschaft, ja auch der katholischen Arbeiterschaft allein wird sich für die Herabsetzung der Altersgrenze und für de» hohen Wert er- klären, der wir dieser Forderung leihen.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Frhr. v. Gamp-Massaunen(Rp): Die Rede deS Kollegen Becker war augenscheinlich den Sozialdemokraten sehr unangenehm. (Widerspruch beiden Sozialdemokraten und Zuruf: Ganz im Gegen- teil!) Wir aber haben uns über diese Kundgebung eines verständige« Ardeiterführer» gefreut und daher haben wir dies« Rede besonderen Beifal ge- zollt.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Den hat Beck« verdient!) Redner wendet sich gegen den Antrag auf Herabsetzung d« Altersgrenze. Früher find wir für diese Herabsetzung ein- getreten; aber seitdem sind die anderweitigen sozialen Lasten so sehr gestiegen, daß sich zurzeit diese Forderung nicht durchführen läßt. Mit dem Herzen sind wir für die Herabsetzung der Altersgrenze; aber die harte Notwendigkeit verbietet un», der Stimme des Herzens zu folgen.(Bravo I recht«.) Abg. Dr. Potthoff(Vp.): He« Beck« stellt sich un» al» Der- treter von Millionen christlicher Arbeiter vor und bescheinigt sich selbst den Besitz staalSmännischer Einsicht(Heiterkeit links); der Wert seiner Rede wird ab« genügend charakterisiert durch die freudige Zustimmung, die sie bei Herrn v. Gamp als dem Vertreter der Srbeitgeberinteressen gefunden hat. Die Rede de» Herrn Becker zeigt wieder einmal, daß auf die christlichen Arbeiterführer vom Schlage de» Herrn Becker kein Verlaß ist. Die Arbeitgeber können um so mehr die Mehrbelastung wagen, al« sie ja 56 Millionen dadurch sparen, daß bei der Krankenversicherung nicht die Hälftelung der Beiträge beschlossen worden ist. Die Arbeiter ihrerseits sind bereit, die Mehrbelastung zu tragen, um die Herab- setzung der Altersgrenze zu ermöglichen. Wäre die Reichsvcrfiche> rnngSordnung in der Gestalt auS der Kommission herausgekommen, die sie in der zweiten Kommissionslesung erhalten hatte. als das Zentrum noch nicht auf Wunsch der Regierung und d« Rechten die scheußlichste» Bestimmungen akzeptiert hatte(Lebhaftes Sehr wahr! links), so brauchte man vielleicht diesem einen Punkte nicht solche Bedeutung beizulegen. An da».Unannehmbar" de« Bundesrate » braucht man sich nicht zu stoßen. Der Bundesrat hat schon manch- mal nachgegeben; z. B. auch, was ja nur zu billigen ist. in Sachen der Heizerzulage. Lasse sich der Reichstag also nicht ab- schrecken, unserem Antrag zuzustimmen!(Lebh. Bravo! links.) Präs. Graf Schwerin rügt eine Redewendung de» Abg. Potthoff gegen den Abg. Becker-ArnSberg. Abg. Bruhn(Antif.) spricht sich für die Herabsetzung der Altersgrenze aus. So gut. wie man 65jährige Beamte pensioniert, muß man auch 65jährigen Arbeitern die Altersrente gewähren. Abg. Gothein(Vp.): Der Bezug der Altersrente befreit nicht. wie der der Invalidenrente, von der Beitragspflicht: also ist die Behaupwng falsch, daß die Herabsetzung der Altersgrenze außer dem Plus an Ausgaben auch ein Minu» an Einnahmen bedeute. Gegenüber der famoien Kapitalisierungsrechiiung des SchatzfekretärS will ick doch feststellen, daß die Militär- und MarincauSgabe» kapitalisiert 48 Milliarden ausmachen. Da sieht man erst, wie ver- schwindend die Ausgaben für die Sozialpolitik sind.(Sehr richtig! link«.) Durch den Bundesrat sollten wir uns nicht einschüchtern lassen, nur dem Mutigen gehört die Welt. Wir müssen Rückgrat zeigen auch gegenüber dem Bundesrat.(Bravo I links.) Abg. Dr. Arniug(natl) erklärt sich als Arzt für die Herabsetzung der Altersgrenze. Abg. Dr. Südrkum(Soz.): Die Verlegenheit des Zentrums ist gewiß nicht gering. In der Kommission wurde unser Antrag von keiner bürgerlichen Partei unter st ützt; jetzt aber ist er von anderen Parteien aufgenommen, und da ist die Situation de» Zentrums ander» wie »n der Kommission. DaS Zentrum kann sich jetzt nur noch auf da» .Unannehmbar" der Regierung berufen. (Sehr richtig I im Zentrum.) Dies.Uuannehmbar' ist lediglich ein Bluff, daß die Regierung daran wirklich die Vorlage scheitern läßt, glanbt doch niemand.(Sehr richtig! link«) Was will die Reg.ernng denn tun. Mag sie doch den Reichstag auflösen.(Sehr gutl l'nkS.) Herr Becker zweifelte an dem guten Herzen der Herren, für welche der Abg. Stresemann sprach. Auch wir haben Zweifel daran, aber üb« Motive stimmen wir nicht ab. Uebrigen» habe ,ch hier einen An- wag auf Herabsetzung der Altersgrenze auf da» 65. Jahr vor mir. unterzeichnet von Herren Gfamp, Arendt. Höfel(lebhaftes Hört! hörtl link«) und noch mehr Herren, die heute gegen den Antrag stimmen wollen. Sie wollen also die ernzige Gelegenheit. die Forderung zu verwirklichen, vorüber lassen. Das wirft doch auf die Motive, aus denen diese He«en Anträge stellen, ein eigen» tümlicheS Licht.(Sehr gutl links.) Herr Arnina wie» mit Recht auf die ärztliche Seite der Frage Hrn. Auch heute müsse» dief« Leute unterstützt w«den. teilwetfe durch ihre Familie.