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gewissermaßen eine EtappeaufdemWegezumZukunftS- staat und zeigt, wie eine Expropriation der Kapitalisten möglich wäre. Die EntWickelung zur Bildung von Syndikaten ist in der kapitalistischen Gesellschaft nicht aufzuhalten, es wäre sinnlos, sich dagegen zu wehren. Wir müssen aber verlangen, daß die Aus- schreitungen solcher Syndikate den Arbeitern gegenüber verhindert werden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Eintritt des Staates bietet uns dafür keine Garantie. Der Staat hätte dann nicht das Syndikat in Händen, sondern die geriebenen Ge- schäftsleute, die an der Spitze des Syndikats stehen, würden mit der Bureaukratie in kurzer Zeit fertig werden.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das Ziel, das der Landtag der Re- gierung zuweist, muß vielmehr eine Emanzipation von den Scharfmachera sein, ein Abrücken von den Leuten, die heute die Arbeiter in der Montanindustrie so unwürdig beherrschen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Machen Sie aus Knechten im Staatsbetriebe freie Arbeiter, dann wird sich, wenn auch nicht die materielle Rentabilität so doch das moralische Ansehen der staat- Jichcn Bergwerke heben. Und das ist uns vielmehr wert als einige Millionen Ueberschuß.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Bei den ganzen Untersuchungen der Kommission sind am Ende wohl politische Motive ausschlaggebend gewesen. Sehr bemerkenswert ist ja da der plötzliche Umschwung der Konservativen in ihrer Haltung zum Syndikat. Man hat diese veränderte Hal- tung in Verbindung gebracht mit dem Einrücken der Konservativen in die Rheinprovinz , mit dem Ritt nach Köln . Die Großindustrie hat sich ja allmählich aus de.r nationalliberalen Partei hinüber- gezogen in die freikonservative, die allerdings nur im Hause und nicht im Lande besteht.(Zuruf bei den Freikonservativen.) Herr S p i n z i g, Sie sind in einer nationalliberalen Ver- fammlung aufgestellt.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Konservativen gehen nun darauf aus, den großen Geld- beute! der Großindustrie für ihre Zwecke dienstbar zu machen und darauf ist offenbar auch ihr Umschwung in der Be- urteilung der Syndikatspolitik zurückzuführen. Ebenso ist es auf politische Gründe zurückzuführen, daß Herr B r u st in der Kom- Mission gegen die mittleren Beamten auftrat, hier im Plenum aber für sie. Es ist natürlich für das Zentrum in Saarabien, wo bisher die Nationalliberalen tonangebend gewesen und wo das Zentrum ebenso behandelt wurde, wie wir ander- wärts, sehr wertvoll, sagen zu können, daß es im Gegensatz zu den Nationalliberalen für die Arbeiter und mittleren Beamten einge- treten sei. DaS ganze läuft also auf Wahlpolitik hinaus. Wir werden den Arbeitern klar machen, daß das Zentrum wie immer, weil es hinter verschlossenen Türen tätig ist, sich arbeiter- feindlich zeigt in der Oeffentlichkeit aber arbeiterfreundlich redet. Die ganze Untersuchung der Kommission hat zum Resultat gehabt, daß die Unrentabilität der staatlichen Bergwerke auf den Arbeitern sitzen bleibt. Dagegen protestieren wir energisch und verlangen, daß auch den staatlichen Bergarbeitern gegenüber Gerechtigkeit und Menschlichkeit geübt wird.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Spinzig(fk.): Ich habe schon bevor ich von den National- liberalen aufgestellt wurde, erklärt, daß ich mich den Freikonser« vativen anschließen würde. Im übrigen sind wir in der Unter- kommission nachdrücklich für die Arbeiter eingetreten. Den Ab- geordneten Leinert möchte ich darauf hinweisen, daß Deutschland in der praktischen Fürsorge für die Arbeiter von keinem Lande der Welt übertroffen wird. 810 Millionen werden jährlich vom Reiche für sozialpolitische Zwecke verausgabt. Die Sozialdemo- kraten kritisieren alles, tragen aber nicht zurBesserungbei.(Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Eine unparteiische Kommission der Bergarbeiter sollte eingesetzt werden, um alle Beschwerden über die Sicherheitsmänner zu prüfen. Abg. Jmbusch(Z.) bestreitet, daß der Abg. Brust aus Partei- politischen Gründen seine Haltung in der Frage der Vertrags- steiger geändert habe und polemisiert gegen den Abg. Leinert. Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen. Abg. Leinert(Soz.): Herr Jmbusch hat gesagt, ich hätte den Kommissionsbericht nicht gelesen oder wissentlich die Unwahrheit gesagt, wenn ich ausgeführt hätte, daß niemand für das Koalitions- recht und für höhere Löhne in der Kommission eingetreten sei. Das habe ich gar nicht gesagt. Herr Jmbusch hat sich etwas zurecht- gelegt, um gegen mich polemisieren zu können. Ich protestiere gegen diese ungeheuerliche Unterstellung. Präsident v. Kröcher: Herr Jmbusch hat Ihnen ja gar nicht wissentliche Unwahrheit vorgeworfen. Er hat von einem Ent- weder-Oder gesprochen. Es bleibt also immer noch die Möglichkeit, daß Sie den Bericht nicht gelesen haben.(Heiterkeit.) Die Denkschrift wird durch Kenntnisnahme für er- ledigt erklärt. Entschließungen der Budgetkommission, die die Regierung beauftragen, in eine Prüfung der Frage einzutreten, wie die Erträgnisse der staatlichen Bergwerke günstiger gestaltet Werden können, werden angenommen. Das Bullenhaltungsgesetz für die Rheinpro- dinz wird einer besonderen Kommission überwiesen. Nächste Sitzung: Mittwoch 11 Uhr. Interpellation DubrowSki ttnd kleinere Vorlagen. Schluß 5% Uhr. _ 14. Geiitraloersammlung dtsIenttalüttbandts derFeder- Ardeiter und-Arbeitkrinntn DkuWands. München , 20. Mai 1911. Die Beratung der StatntenSnderungsantriige nahm auch noch den letzten Verhandlungstag in Anspruch. Neugeregelt wurden die Streikunterstützung. Erwerbslosen- und Sterbeunter st ützung. Die Gemaßregeltenunterstützung wird in der Höhe der Streikunterstützung inklusive der Kinderunter- stützung derjenigen Veitragsklasse gewährt, der das Mitglied ange- hört und darf nur unter Zustimmung des Zentralvorstandes ge- zahlt werden. Wöchnerinnen erhalten vom Tage nach der Ent- bindung bis zu 6 Wochen die Krankenunterstützung. Die Anstellung eines fünften besoldeten Beamten im Jen- tralvorstanv tvtrd in namentlicher Abstimmung mit 35 gegen 17 Stimmen beschlossen. Der Sitz des Zentralvorstandcs bleibt wie bisher in Berlin und wurden die diesbezüglichen Anträge ab- gelebnt. Nach einer l�tägigen Debatte wurde die Spezialdebatte über die Statutenänderungen geschlossen. Das neue Statut tritt am 1. Juli in Kraft. Den Mitgliedern des Zentralvorstandes wird rückwirkend zum 1. Januar ein jähr- licher Wohnungsgeldzuschuß von 120 M. gewährt. Der Zentralvorstand wurde in seiner bisherigen Zusammen- setzung ein st immig wiedergewählt. Als fünfter besol- deter Beamter wurde durch Stimmzettel Knappe-Berlin ge- wählt. Der Sitz des Ausschusses bleibt wie bisher in München . Die nächste Generalversammlung findet in Berlin statt. 19. GevtralversMUllung der Kerglltbeiter Aeutschlands. Bochum . 19. Mai 1911. In der Woche vom 21. bis 27. Mai wird im hiesigen Viktoria- Hotel die 19. Generalversammlung des Verbandes der Bergarbeiter tagen. Der Geschäftsbericht deS Vorstandes für die Jahre 1909/10 enthält ein reiches Agitationsmaterial auch für die Allgemeinheit der Arbeiter. Mit der Entwickelung des Verbandes in den beiden Berichts- fahren, so schreibt der Vorstand, kann man nicht voll zufrieden sein, wenn auch immerhin ein Fortschritt zu verzeichnen ist. Am verantwortlicher Redakteur: Albert Wachs,' Berlin . Lür den Schlüsse der börlgen Berichtszeik, Ende 1908, hatte dör Verband 112 513 Mitglieder, am Schlüsse 1909 waren es 120 280 und am Schlüsse 1910: 123 437 Mitglieder. Relativ viel stärker haben sich die vorhandenen Zahlstellen in den beiden Berichtsjahren vermehrt. Im Jahre 1903 waren 737 Zahlstellen vorhanden, im Jahre 1909 756 und im Jahre 1910: 821. Daß die Steigerung der Mit- gliederzahl hinter den Wünschen und Erwartungen zurückbleibt, ist nicht im Mangel an Agitation zu suchen. Agitation ist in der Berichtszeit genügend getrieben worden. Zuerst setzte sie Anfang 1909 aus Anlaß des großen Grubenunglücks auf Zeche Radbod ein. Die Forderung war eine bessere Grubenkontrolle. Im Herbst 1909 wurde der Plan der rheinisch-westfälischen Grubenbesitzer bekannt, einen Zwangsarbeitsnachweis einzuführen. Auch diese Tatsache war geeignet, die Gemüter der Bergarbeiter in Rheinland- Westfalen aufs äußerste zu erregen. Die Erregung kam auch in einer großen Zahl von Versammlungen zum Ausdruck, aber die Bergarbeiter waren viel zu schwach organisiert, um die Unter- nehmer von ihrem Vorhaben abzuhalten. Der Zwangsarbeitsnach- weis kam mit dem 1. Januar 1910 zur Einführung. Der Agitation war weiter dienlich das Inkrafttreten der Sicherheitsmänner- Novellen zu den Berggesetzen Preußens und Sachsens sowie die infolgedessen stattgefundenen Wahlen der Sicherheitsmänner, und im Ruhrgebiet endlich die Wahlen der Knappfchaftsältesten. Diese Wahlen brachten dem Verbände allenthalben große Erfolge, die be- wiesen, daß er das größte Vertrauen bei den Bergarbeitern genießt. Aber sie vermochten die Masse der Bergarbeiter nicht derart auf- zurütteln, daß sie in genügenden Scharen die Notwendigkeit des festen Anschlusses an die Organisation erkennen. Ein Hemmschuh für die Entwickelung des Verbandes ist die große Fluktuation. Im Jahre 1910 z. B. sind 37 217 Mit- glieder neu aufgenommen worden, durch Uebertritte aus anderen Organisationen, Zuzug, Rückkunft vom Militär entstand noch ein weiterer Zuwachs von 13 768 Mitgliedern, trotzdem war nur ein wirklicher Gewinn von 3157 Mitgliedern zu verzeichnen. Sieht man von der Entwickelung des Verbandes nach der Mit- gliederstärke ab und betrachtet seine Entwickelung nach den Kassen- Verhältnissen, so ist das Resultat durchaus zufriedenstellend. Die Einnahme an reinen Mitgliederbeiträgen betrug im Jahre 1908: 1792 068,75 M.. im Jahre 1909: 1817 551,30 M. und im Jahre 1910: 2 122 877,66 M. Die Einnahmen aus reinen Mitglieder- beitrügen haben sich also um 18,4 Proz. gesteigert, während die Steigerung der Mitgliederziffer nur 9,7 Proz. ausmacht. DaS be- weist, daß der Nestanten weniger werden, die Stabilität und innere Festigung der einmal dauernd Gewonnenen Fortschritte macht. Die Gesamteinnahmen der Hauptkasse betrugen 5 573 508,23 Mark. Das Gesamtvermögen betrug am 31. Januar 1909: 2 816 944,04 M.. am 31. Januar 1911: 4 228 937,22 M. Unter den Ausgaben nennen wir 471 134,40 M. für Streik- u n t e r st ütz u n g, 73 900 M. Streikunterstützung an andere Verbände, 176 594,28 M. für Gemaßregeltenunter- st ü tz u n g, 63 758,30 M. für Arbeitslosenunter st ützung. 624 956,95 M. für Krankenunter st ützung. 164642,50 M. für Sterbegeld. Abgesehen von dem Streik der Mansfelder Bergleute fanden große Kämpfe nicht statt. Es fanden insgesamt statt: 22 Streiks und Aussperrungen, daran waren 13 736 Personen beteiligt. Er- reicht wurde für 2657 Personen eine Lohnerhöhung von wöchentlich 1413 M., eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung für 155 Personen von 930 Stunden. Die Bergarbeiter haben noch ein großes Stück Arbeit vor sich. ES gibt in Deutschland mindestens 750 000 organisationSfähigc Bergarbeiter, davon gehören nur 16,5 Proz. dem freien Verbände an. Die anderen drei Bergarbeiterorganisationcn haben zusammen noch nicht 16,5 Proz. der deutschen Bergarbeiter als Mitglieder. Möge die Generalversammlung dem Verbände neue Waffen liefern, um seinen erstrebten Zielen näher zu kommen. Bochum . 21. Mai 1911. Die Eröffnung und Konstitutierung der Generalversammlung g-staltete sich zu einer imposanten Kundgebung. Mehrere tausend Männer und Frauen saßen und standen im Riesensaale des Schützenhofs, in ihrer Mitte der Vorstand, die Delegierten und Gäste, 7 Kameraden aus Belgien , Elfers, der Vorsitzende der holländischen Bergarbeiterorganisation, U m b r e i t von der Generalkommission, zusammen etwa 150 Personen. Reichstags- abgeordneter H u e hielt, oft von lebhaften Zustimmungen unter- brachen, eine� packende Begrüßungsrede. Dann begrüßte Arbeiter- Sekretär Thören aus Bochum im Namen des Bochumer Gewerk- chaftskartells die Delegierten. Verbandsvorsitzender Sachse teilte mit, daß unter Berufung auf den famosen Sprachenpara- graphen des Reichsvereinsgcfctzes die Behörde das Reden in einer remden Sprache nicht gestattet. Aber wie immer wurde der Be- Hörde ein glänzendes Schnippchen geschlagen. Der bekannte Genosse Henri de Man ergriff im Namen seiner sechs Freunde in deut- ch e r Sprache das Wort. Die belgischen Genossen befinden sich n Deutschland auf einer Studienreise, um das Wesen und die Ein- richtungen der Zentralgewerkschaften zu studieren. Die belgischen Organisationen, die sich hauptsächlich auf lokaler Grundlage auf- bauen, machen nicht mehr die Fortschritte, die der wirtschaftlichen Entwickelung entsprechen. In Belgien ist keine Stabilität in den Organisationen. Zur Kampfzeit schwellen sie mächtig an, nach erledigten Kämpfen schrumpfen sie wieder zusammen. Deshalb macht sich jetzt immer stärker die Bewegung zur Zentralisation be- merkbar, damit die Arbeiter nicht mehr ihre Kräfte aufreiben in Putschen, sondern in planmäßiger, stabiler Organisationsarbeit das Errungene halten können. Der Redner schloß seine Aus- führungen mit den Worten: Französisch zu reden ist meinen Freun- den verboten, deshalb wollen sie französisch singen. Und unter dem brausenden Beifall der ganzen Versammlung brachten die Sieben in französischer Sprache die Internationale zum Vortrag. Ebenso großen Beifall löste es aus, als der Vorsitzende der hollän- dischen Bergarbeiter seine Rede in streng westfälisch-holländischem Plattdeutsch hielt. Nachdem noch U m b r e i t, der Vertreter der Generalkommission, gesprochen« konstituierte sich die Generalver- sammlung. 19. GevkraiverteNhttlg der Gksiulieiter md -Arbeitemnen Deutschlands . Im thüringischen Glasindustriegebiet, in dem kleinen Städtchen Ilmenau , tagt vom 22. 27. Mai die zehnte Generalvcrsamm- lung deS Zentralverbandes der Glasarbeiter. Der Tagung vor- aus gehen Branchenkonferenzen, in denen die Verhältnisse der einzelnen Berufe eingehend besprochen und entsprechende Maß- nahmen ergriffen w?rden sollen. Auf der Tagesordnung der Generalversammlung stehen 7 Punkte. Neben dem Geschäftsbericht sind davon die wichtigsten:Die Verschmelzungsfrage":Arbeiter- schutz in der Glasindustrie" undBeratung der Anträge". Bei der Verschmelzungsfrage handelt cS sich um die Schaffung einer Jen- tralorganisation der drei keramischen Arbeiterverbände, der Töpfer, Porzellan- und Glasarbeiter. Einzelne Mitglieder des Glas- arbeiterverbandes sprachen sich zwar für die Verschmelzung mit den Metallarbeitern oder Fabrikarbeitern aus, aber diese Wünsche dürften keinen allzugrotzen Widerhall bei der Generalversammlung finden. Bei Beratung des PunktesArbeiterschutz in der Glas- industrie" werden erneut die Forderungen der Glasarbeiter an die Gesetzgebung energisch erhoben werden. Die Glasarbeiter ver- langen vor allem eine Begrenzung der Arbeitszeit. Die Arbeitsschicht soll auf 8 Stunden beschränkt und in der Glas- Hütten das Arbeiten an Sonn- und Festtagen, mit Ausnahme der erforderlichen Unterhaltung des Feuers an den Oefcn. verboten werden. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat schon wiederholt die Wünsche der Glasarbeiter in Anträgen dem Reichstag unterbreitet, diefer nahm auch schon entsprechende Reso- Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts lutkonen Skk, aber bis heule ist noch nichts gekaff, Wa9 Z>«l st be­rechtigten Fordsrungen der Glasarbeiter entspricht. Insbesondere fehlt es auch noch an genügendem Arbeiterinnen- und Kinderschutz. Geschäftsbericht. Die Jahre 1909 und 1910, über die sich die Geschäftsperiode er« streckt, waren auch für die Glasindustrie wirtschaftlich ungünstig. Be- fonders dürfte die Flaschen industrie in keiner vorausgegangenen Wirtschaftsepoche so stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein wie in diesen Jahren. Die Arbeitslosigkeit war ganz bedeutend und die Furcht vor der Entlassung hielt die im Betrieb stehenden Kollegen ab. sich ernstlich mit der Verbesserung der Lebenshaltung zu beschäftigen. Fast alle Kämpfe, die der Verband führte,-i*.»- beten sich gegen beabsichtigte Verschlechterungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen, oder aber gegen fortgesetzte Entlassungen. In dem Krisenjahr 1909 konnten über die Hälfte der beabsichtigten Verschlechterungen nicht abgewehrt werden. Erreicht wurde in diesem Jahre lediglich für 24 Personen eine Lohnerhöhung um 105 M. pro Woche. Abgewehrt wurde eine Verlängerung der Arbeitszeit für 67 Personen um 201 Stunden wöchentlich und eine Lohnkürzung für 358 Personen um 393 M. pro Woche. Nicht abgewehrt konnten aber werden eine Lohnkürzung für 473 Per- souen um 727 M. pro Woche und eine Verlängerung der Arbeits, zeit für 20 Personen um 160 Stunden wöchentlich. DaS Ergeb- nis der Lohnkämpfe im Jahre 1910 ist bedeutend besser. ES wurde erreicht: eine Verkürzung der Arbeitszeit für 132 Per- sonen um 534 Stunden und eine Lohnerhöhung für 1454 Personen um 2217 M. pro Woche. Abgewehrt wurde eine Arbeitszeit- Verlängerung für 79 Personen um 366 Stunden und eine Lohn- kürzung für 58 Personen um 156 M. wöchentlich. Nicht abge- wehrt konnte eine Lohnkürzung für 36 Personen um 19 M. pro Woche werden. Tarifverträge wurden 1909 in 3 Fällen für 169 Personen und 1910 in 14 Fällen für 1242 Personen abge- fchlossen. All diese Zahlen zeigen zur Genüge, mit welch hart» näckigem Gegner die Glasarbeiter zu tun haben und wie schwer ihre wirtschaftlichen Kämpfe in den beiden Berichtsjahren waren. Unter der wirtfchaftlichen Depression hatte auch die Mit« gliederbewegung zu leiden. Am Schlüsse der vorigen Ge- schäftsperiode betrug die Zahl der Mitglieder 17 218, Ende 1909 aber nur noch 14 625. 1910 ging es wieder aufwärts, dieses Jahr schloß mit einer Mitgliederzahl von 15 742 ab. In der Glas- industrie sind aber noch weitere 18 214 organisationsfähige Arbeiter tätig, so daß der Verband noch ein sehr großes Arbeitsfeld vor sich liegen hat. Nach dem Kassenbericht balanzieren bei einem KassenbestanL von 130 920,12 M. die Einnahmen und Ausgaben mit 701 930, 63i Mark. An Beiträgen wurden in der Bcrichtszeit 590 298,30 M. ein- genommen. Für die Arbeitslosenunterstützung wurden 215 740,92 Mark, für die Streikunterstützung 58 392,39 M. und für die Gemäß« regeltcnunterstützung 2204,61 M. ausgegeben. Hiia der Frauenbewegung. Christliches Massenmorden. Die Beschlüsse des Reichstages in der Frage der Mtwen- und Waisenversicherung sichern einen Fortbcstand grausigen Mütter» und Kindermordes. Mas den Witwen und Waisen geboten wird, rechtfertigt kaum die BezeichnungVersicherung"; ist es doch nur ein schlechter Ersatz für die Armenunterstützung. Nach wie vor bleibt die Mutterschaft für Prolctarierinnen ein Zustand erhöhter Sorge um die Existenz. Die ungenügende Fürsorge wird auch in Zukunft viele tausende Mütter und Säuglinge ins Grab reißen. Der christliche Staat hat kein Geld für Mutter- und Säuglings- schütz. Milliarden opfert er den Junkern an Liebesgaben, Mil» liarden dem Moloch Militarismus, ungezählte Millionen erraffen die Getreideexporteure durch das unverschämte Ausfuhrprämien» shstcm, Millionen verschlingt der Pferdesport, im Handumdrehest erhöhte man das Gehalt Wtilhelms ll. um 3 Vi Millionen Mark, Millionen wirft man für Spitzel und sonstiges Lumpengesindel zum Fenster hinaus aber für unsere Mütter und Säuglinge hat der Vater Staat kein Geld. Wahrlich ein nettes christliche? Bildchen. Und der Hauptträger dieser Politik ist die politische Ver- tretung der katholischen Kirche , das Zentrum, in dem Tiener der Kirche und der christlichen Religion dominieren. Muß man da nicht schaudern? Mit der Christlichkeit und den Frommen kennt mar» sich nie recht aus nur das findet man stets: die Armen werden geprügelt! Die vor Frömmigkeit triefenden christlichen Organe bringen es sogar noch fertig, ihren Sieg über die Witwen, Waisen- Mütter und Säuglinge jubelnd in die Welt hinauszuschreien, bis Betrogenen und Betrübten zu verhöhnen. Eines der widerlichste-, dieser Sorte katholischer Ehristenblättcr, dieArbeiterin", ein Organ, das angeblich speziell die Interessen der Proletarierinnen vertritt, verführt sein Entzücken über die Beschlüsse des Reichstag? zu folgenden, Scham und Empörung auslosenden höhnischen Aus« lassungen:. .. Das wichtigste im nenen Gesetze wird aber wohl die Witwen- und Waisenverücherung. Hier werden ja die Herren Sozialdemokraten wahrscheinlich wieder ein wahres Jndiancrgeheul anschlagen, weil nicht gleich jede Witwe eine Rente von so und soviel tausend Mark bekommt." Daß jede Witweso und soviel tausend Mark bekommt", hat kein Mensch verlangt. Die Sozialdemokratie verlangte weiter nichts, als daß die Witwen vor dem Verhungern, vor der aller- schlimmsten Not gesichert werden sollen, lind darüber höhnt ein katholisches Arbciterinncnorgan, das selbstverständlich die Frömmig- keit hektoliterweise schluckt und verzapft, das die Leserinnen immer auf den Himmel verweist und ihnen das Stückchen Brot aus der Hand schlägt. So brutal, so gcmütsroh wie dieses augcnvcrdrchende Christentum kann das wildeste Heidentum nicht gewesen sein. Was brauchen arme Witwen und Waisen Unterstützung, wenn nur die Kirche mit Reichtümern sich den Magen überladen darf, und die Herren Geistlichen in fetten Pfründen sich gütlich tun können. Die Rache der Aufklärung und Erkenntnis über diese Gesellschaft! Versamuilungen Verauftaltnngen. Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Donnerstag. den 25. Mai(Himmelfahrt): Ausflug nach WilhelmShagen(Be- such des Grabes von Ktara Müller),«bkahrt früh 9,23 Uhr Schlesischcr Bahnhof bis Rabnsdorf; dann Fußwanderung. Nach­zügler fahren bis WilhelmShagen. Treffpunkt 12'/ Uhr am Kirchhof. Nachmittags geselliges Beisammensein im Restaurant Neuer Krug in WilhelmShagen. evitternngsüberttcki« vom SS. Mai ISH. eSettrrvrognole für Dienstag, den 23. Mai 1911. ©n wenig warmer, aber veränderlich, mit etwas Regen und zlemltlb frischen westlichen Winden. _ Berliner Wetterbureau. Luchdruckerei u. VerlagSanstalt Paul Singer u.(Ja, Berlin SW.