die Preußen Bei der Führung der deutschen Geschichteeinnimmt.(Bravo') Wenn ich nicht bereit gewesen wäre,dieses Opfer zu bringen, dann hätten wir die Vorlage be-graben.(Lebhafte Zustimmung links.) Sie(zu den Konservativen)wollen auf einem Standpunkt stehe» bleiben, der seit dem Jahre 1879Unverändert besteht. Ich halte es für notwendig,einen Schritt vorwärtszumachen.(Bravo! links.) Die Zukunft wird lehren, ob die-jenigen, die stillstehen bleiben wollen, oder die.welche vorwärts gehen, recht haben(Lebhafter Beifalllinks), und ich wüßte nicht, wie ein entschlossenes Vorwärtsgehen sichmit den preußischen Traditionen, die ich eben so hoch bewerte, wieirgend einer in diesem Saale, irgendwie in Widerspruch setzte.(Leb»haster Beifall besonders links.)Staatssekretär Dr. Delbrück: Zu dem Beschluß der KommissionaufBeseitigung des Alterspluralwahlrechtskann ich eine endgültige Erklärung der Verbündeten Regierungennoch nicht abgeben. Diese Entscheidung wird abhängen vonder endgültigen Gestaltung der Vorlage. Aber das eine kann ichschon heute sagen, daß an diesem einen Punkt die VerbündetenRegierungeneine ihnen sonst genehme Vorlage nicht scheitern lassen werden.Gegen die Gewährung von Bundesratsstimmen an Elsaß-Lothringenhabe ich mich allerdings bei der ersten Lesung ausgesprochen. Nachdemaber die Kommission mit 23 gegen 4 Stimmen die BundeSratSstimmenfür Elsaß-Loihringen gefordert hatte, mußte sich die Regierung erneutmit dieser Frage beschäftigen. Der Fall, daß diese Stimmen zu-gnnsten von Preußen nichl gezählt werden, wenn sonst mit ihrerHilfe Preußen die Mehrheit im Bundesrat bei einer Abstimmungerhalten würde, kann mfler all' den vielen Kombinationen und Mög-lichkeiten der Abstimmung nur einmal vorkommen, wenn dasStimmenverhältnis im übrigen 31:29 ist. Die Regierung geht beiihrer Haltung davon aus, daß die Vorlage eine politische Not-w e n d i g k e i t ist, daß es sich hier um ein großes nationales Werkhandelt.Abg. Dove(Vp.): Herrn v. Oldenburg möchte ich fragen:Haben wir die Preußen»ach Olmüh geführt oder Sie?(Sehr gut!linkö.) Die Konservativen gehen heute nicht die Wege Bismarcks,sondern die Wege Gerlachs. Wenn Herr v. Oldenburg daspreußische Interesse belont hat, so sage ich ihm, wenn wir hier imInteresse Deulschlands handeln, so können wir niemals gegen diepreußischen Interessen handeln, weil beide Interessen identisch sind.Abg. Dr. Frank(Soz.):Der Herr v. Oldenburg machte dem Reichskanzler einenVorwurf daraus, daß er sich die Zustimmung der Sozial-demokraten zu diesem Artikel 1 gefallen lasse. Ich habe den Ein»druck, als wenn Herr v. Oldenburg die Stimmen der sozialdemo-kralischen Fraktion gern so behandeln möchte, wie die StimmenEliaß-Lothringens im Bundesrat(Heiterkeit und Sehr gut! links),sie sollen nur dann zählen, wenn sie gegen die Regierungabgegeben werden. Ich glaubs, er würde sich unsere Stimmen ganzgernj gefallenslassen.(Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.) Herrv. O l d c n b u r g hat gegen das deutsche Interesse das preußischeInteresse vertreten wollen. Ich gehöre nicht dem preußischen Staatean, halte mich aber doch für berechtigt imd verpflichtet, das preußischeVoll in seiner großen Masse dagegen in Schutz zu nehmen, daß durchHerrn v. Oldenburg seine Jutercssen vertreten würde».(Sehr wahr Ibei den Sozialdemokraten.) Was Herr V.Oldenburg vertritt,sind lediglichpartikularistisch-ostelbische Interessen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es ist kein Zufall, sonderneine innere Notwendigkeit, daß Herr v. Oldenbnrg hier Arm inArm mit den polnischen und elsässischen Nationalisten auftritt, und der Reichstag wird in seiner Mehrheit dieAufgabe haben, gegen da« partikularistische und nationalistischeInteresse das Interesse des VolkSganzen zu vertreten.(Sehrgut! links.) Der Herr Vorredner hat schon mit Recht be-tont, daß die Konservativen heute nicht die Bahn v. Bismarcks,sondern die Bahn Gerlachs wandeln. Ich erinnere auchdaran, daß Anfang der öv er Jahre der damalige PreußischeBo lkS verein sich in einem Aufruf gegen den sogenanntenNationalitätenschwindel gewandt hat, und darunter verstand er dieBestrebungen. Deutschland wirtschaftlich und politischzu einen.(Hört I hört! links.) Ein später Nochkomme jener Herrendes Preußischen Volksvereins ist Herr v. Oldenburg.(Sehr gutllinks.) Man hat gesagt, die Regierung gehe durch ein iaudiuischeSJoch, wenn sie die Kommissionsveschlüsse annehme. Das kaudinischeJoch wurde aufgestellt nach einem unglücklichen Kriege. Ichglaube, es entspricht nicht dem richtigen Empfinden, wennman das Ergebnis eines Kampfes von Volksgenossen imf arlament vergleicht mit dem Ergebnis eines Krieges gegen eineneind. Es werden hier keine kaudinische» Joche aufgerichtet, sonderneine Mehrheit macht von ihrem Recht Gebrauch,daS Gesetz so zu gestalten, wie sie eS für richtig hält. MeinenOhren habe ich nicht getraut, als Herr v. Oldenburg dem Reichs-kanzler einen besonderen Vorwurf daraus machle, daß er vomPlurolwahlrecht abgehen wolle. Sat doch Herr v. Oldenburg selbstin der Kommission für daS gleiche Wahlrecht gestimmt.(Hört! hört!links.) Wen» er mir daS mit einem iro, tischen Lächeln bestätigt,so darf ich vielleicht daraus schließen, daß er damit einenschlechten Witz machen wollte, einen guten hat erja in diesem Hause noch nie gemacht.(Hettetkeil.) Sollte ernicht zum Zwecke der Erheiterung der Kommissionsmitglieder, sondernim Ernst für die Beseitigung des Pluralwahlrechts gestimmt haben.dann würde eS nicht dem Ernst, wie wir ihn von einem Volks-Vertreter verlangen, entsprechen, wenn er nun der Regierungans ihrer Stellung einen Vorwurf macht. Auch Herr Graesjammerte ja über diese Haltung der Regierung, während erleibst erklärte, er habe nichts gegen das gleiche Wahl-recht.(Hört l hört I links.) Herr H a u ß hat dann mit begeistertenWorten sich dagegen gewandt, daß in Elsaß-Lothringen dw gesetz-gebende G-walt durch den Kaiser ausgeübt werde. Besserals er es sagte, hätte es auch kein Mitgliedmeiner Fraktion sagen können.(Heiterkeit.) Böhle hatall da», wenn auch nicht mit gleichem Slimmenaufwand, vor-fetragen. Wir waren nur etwas erstaunt über die Aus-ührungen des Abg. Hauß. weil seine Freunde nochvor wenigen Jahren hier selbst beantragt haben,daß der Kaiser in Elsaß-Lothringen die gesetzgebende Gewaltausübe.(Hört! hört! links.) So in einem Antrag vom 5. Dezember 1905, der unterschrieben ist auch von den HerrenWetlerls, Rickling, Preiß, der heute in so rührenden WortenPreuße» vor einem Ausnahmegesetz bewahren wollte, und dann ineinem weiteren Antrag vom 12. Mai 1997. Nachdem die elsässischenNationalisten noch vor kurzem solche Anträge gestellt haben, heißt eSuns etwas viel zumuten, wenn wir ihnen glauben sollen, daß sie jetzternstliche Bedenken gegen die Uebertragung der Landesgewalt an denKaiser haben.— Der vorliegende Artikel enthält nicht alles, waswir verlangen, aber verwahren müssen wir uns dagegen, wenn hierbehauptet wird, es würde hier ein Ausnahmegesetz beschlossen. Wenn vonjener Seite gegen ein Ausnahmegesetz geredet Ivird, dann müssen Sieuns schon gestatten, daß ivir dem einmassives Mißtrauenentgegensetzen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) WennSie gegen Ausnahmegesetze sind, so werden Sie in den nächstenTagen Gelegenheit haben, dieser Abneigung Ausdruck zu geben.(Bravo! bei den Sozialdemokraten.)Damit schließt die Debatte.Abg. v. Oldenburg<k. spcrsönlich)): Daß ich in der Kommissionfür das allgemein« Wahlrecht gestimmt habe, ist richtig. Ich habees aus folgen den Gründen getan: da ich ein Gegner des Gesetzesbin, habe ich für das allgemeine Wahlrecht gestimmt, nachden, dieRegierung erklärt hatte, daß mit ihm das Gesetz für sieunannehmbar sei,(Große Heiterkeit links.)Abg. Dr. Frank(Soz.): Ich stelle fest, baß der Mg. v. Olden-bürg meine Behauptung bestätigt und noch in wertvoller Weise er-gänzt hat.(Sehr wahr! links.)Artikel 1 wird hierauf in namentlicher Abstimmungmit 200 Stimmen gegen 112 bei 2 Stimmenthaltungen angenommen.Zum Z 5 nimmt das WortWg. Emmel(Soz.):Wir beantragen, besondere Abstimmung über den ersten Absatzdieses Paragraphen, weil in ihm von zwei Kammern die Redeist und wir das Zweikammersystem ablehnen. Ferner beantragenwir besondere Abstimmung über den letzten Satz des vierten Absatzesdieses Paragraphen, wodurch die Regierung erniächtigt wird, nachAblauf eines Etatsjahres bis zum Inkrafttreten eines neuen Etats-gesetzes Schatzanweisungen auszugeben, soweit die Einnahmen ausden auf besonderen Gesetzen beruhenden Stenern und Abgaben nichtausreichen, um die rechtlich begründeten Verpflichtungen der Landes-lasse zu erfüllen.Abg. Hauß(Elf.) befürwortet einen Antrag, wonach Steuern.falls der nene Etat nicht recht rechtzeitig zustande kommt, auf dieDauer von vier Monaten nach Maßgabe des letzten Etats fort-erhoben werden können.Abg.' Ledeiour(Soz.):Wir können weder für die Regierungsvorlage, dieder Regierung das unbeschränkte Recht gibt, bis zum Inkrafttreteneines neuen Etats nach Maßgabe des letzten Steuern zu erbeben,noch für die Abänderungen der Kommission und des Antrags Haußst i m m e n. Das widerstreitet unserer Auffassung nach dem Grund-gedanken des konstitutionellen Budaetrechts und widersprichtder Reichsverfassung. Die Möglichkeit, das Budgetrecht derRegierung gegenüber zur Anwendung zu bringen, ist die notwendigeVoraussetzung für ein wirklich konstitutionelles System und weil wirkeinen ScheinkonstitutioiialismnS haben wollen, weder im Reich nochin einem Einzelstaat können wir dieser Regelung nicht zustimmen.(Bravo! bei den Sozialdemokraten.)Damit schließt die Debatte. Es läuft ein Antrag der Kon-servativen auf namentliche Abstimmung über denZ S ein.Auf Antrag Ledebour(Soz.) wird zunächst über die einzelnenAbsätze getrennt abgestimmt, sie werden angenommen, der erste undletzte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten. Esfolgt die namentliche Gesamtabstimmung über den Paragraphen.Sie ergibt die Annahme des§ 5 mit 232 gegen 90 Stimmen(5 Stimmenthaltungen).§ 6 enthält die Bestimmungen über die Zusammensetzung derErsten Kammer.Abg. Dr. Ricklin(Elf.) begründet einen Antrag seiner Freundede? Inhalts, daß je zwei von den drei Bezirkstagen des Landes ausihrer Mitte gewählte Mitglieder, die beide einen reinen Landkantonvertreten, der Ersten Kammer angehören sollen, während nach derVorlage diese Mitglieder von dem Landwirtschaftsrat gewählt werdensollen. Weitere Abänderungsanträge gehen dahin, daß die Zahl dervom Kaiser ernannten Mitglieder 12 nicht übersteigen darf,daß die Altersgrenze für das passive Wahlrecht von 80 auf25 Jahre herabgesetzt werde und daß die ernannten Mit-glieder der Ersten Kammer auf Lebenszeit berufen werden.Abg. Winkler(k.): Wir haben Bedenken dagegen, daß demVertreter der israelitischen Konsistorien auch ein Sitzin der ersten Kammer eingeräumt werden soll. Solche Rechte warenbisher nur den großen privilegierten Kirchen, der evangelischen undder katholischen, eingeräumt. Wir legen nicht anS antisemitischen,sondern aus staatsrechtlichen Gründen Verwahrung dagegen ein.daß hier zum ersten Male der israelitischen Konfesston ein solchesRecht verlieben werden soll.Abg. Fchrenbach(Z.) spricht sich gegen die eingebrachten Ab-änderungSanlräge aus. Die für die Anträge geltend gemachtenGründe seien doch nicht wichtig genug. um die Vorlage daranscheitern zu lassen. In der Kommission sei schon das möglichstegetan worden, um die Vorlage zu verbessern.Abg. Hauß(Elf.) empfiehlt nochmals die Anträge seiner Freunde,die nicht gestellt worden seien, um dem Kaiser das Ernennungsrechtüberhaupt zu bestreiten. Der Grund für diese Anträge sei nur dieZurückweisung der Ansicht, als müsse die Haltte der Mitglieder desOberbauses deshalb vom Kaiser ernannt werden, weil die elsässischeBevölkerung in nationaler Beziehung nicht genügend zuverläsfig sei.Bei der Abstimmung wird§ 0 unter Ablehnung allerAbänderungsanträge in der Kommisstonsfassung angenommen.Für den Antrag, die Zahl der vom Kaiser ernannten Mitgliederauf zwölf zu beschränken, stimmen neben den E l s ä s s e r n auch dieSozialvemokraten.Die ßß 7—24 werden dcbatteloS angenommen.§ 24a bestimmt die Einführung des Gesetzes, betr. die Gleich-berechtig»»» der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicherBeziehung in Elsaß-Lotbringen.K 24b regelt die Amtssprache.Abg. Schädler(Z) ersucht die Regierung, die geltenden Be-stimmungen über die Zulassung der französischen Unterrichtssprachein LandeSteilen mit überwieocnd französisch sprechender Bevölkerungnicht zu Ungunsten der französischen Sprache zu verschlechtern. DerRedner ersucht weiter um Auskunft darüber, in welchem Umfangedie konfessionellen Schulen bestehen bleiben sollen.Minister Delbrück: Die Unterrichtssprache ist die deutsche. AuS»nahmen wurden bisher nur in Landesteilen mit überwiegendfranzösisch sprechender Bevölkerung gemacht. Wir beabsichtigenniibl, diese Ausnahmen weiter auszudehnen. Die Konfessionsschuleist in Eliatz geltenden Rechts. Ausnahmen werden nur gemacht,wenn die Zahl der Kinder anderer Konfession in einer Schule sogering ist, daß die Errichtung einer besonderen Konsessionsschule fürdiese Kinder schultechnisch nicht zweckmäßig erscheint.Abg. Bcck-Heidelberg(natl.) tritt für die Kommisstonsfassung ein.Allmählich müsse die eliaß-lotbringische Bevölkerung auch durch denGebrauch der deutschen Sprache die Zugehörigkeit zum DeutschenReiche äußerlich bekunden.Abg. Winkler(t.) befürwortet einen Antrag, wonach bei Ein-richtung der öffentlichen Volksschulen die konfessionellenVerhältnisse zugrunde zu legen sind. Ferner soll eingefügtwerden, daß in Bezirken, wo die deutsche Sprache von einer größerenAnzahl der Schulkinder nicht genügend verstanden wird, der Statt-Halter für die nächsten 1ö Jabre die französische Spracheals Unterrichtssprache in den Volksschulen deS betreffenden Bezirkszulassen kann.Abg. Dclsor(Elf.): Wir fordern die Streichung desSprachenparagraphen, aber die Sicherung der konfessio-n e l l e ii S ch u l e in Elsaß-Lotbringen. Die Sprache ist doch nichtin Gefahr, wohl aber die Konsessionalität der Voltsschule, und wirhaben nicht das Bertranen zur Regierung, daß sie diesen konfessio-nellen Charakter der Volksschule unter allen Umstünden aufrecht-erholten wird. Für den Sprachenparagraphen sind lediglich taktischeRücksiwten maßgebend: man braucht die zwanzig Stimmen um Herrnv. Dirlsen. In der Kommission waren die messten Herren dagegen,daß eine solche Bestimmung über die Sprache in die Verfassung ge«höre. Auch der Vertreter der Elsaß-Loihringischen Regierung hatdort erkläit. es liege keine nationale Gefahr vor. Wennwir die schlechten Menschen wären und das Volk in Elsaß-Lothringen aufhetzen wollten, würden wir Ihnen sagen, nehmen Sieden Sprachenparagraphen an, Sie handeln damit nur imInteresse der Nationalisten.Abg. Bebel(Soz.):In keiner Frage wird uns die Abstimmung so leicht, wie indieser. Ich gestehe ganz offen, daß mir in meinem ganzen Parka»mentarischen Leben das Abstimmennicht so sauer geworden ist wie manchmal heute,aber dazu gehört dieser Paragraph nicht.(Hört! hört!) ES wäre jabesser, er wäre nicht im Gesetz, streng genommen gehört er auchnicht hinein. Aber nachdem er einmal in die Vorlage auf-genommen ist. frage ich mich wirklich, ob man ernstliche Be»denken gegen diesen Paragraphen erheben. Er kannkodifiziert nach Ansicht meiner Freunde aus Elsaß-Lothringenlediglich den bestehenden Zustand in bezug auf dieSprache und auch der Vorredner hat trotz seiner heftigen Polemikanerkannt, daß der bestehende Zustand nichts zu wünschen übrigläßt. Es ist also ein Zustand vorhanden, gegen den bisher ernst-hafte Bedenken im Lande nicht erhoben worden sind. Wäre eSanders, so wäre auch unsere Stellung eine andere.Würde es sich etwa in diesem Paragraphen um dieDänen oder Polen handeln, so würden wir entschiedeneGegner des Paragraphen sein. Der preußischen Regierung,dem preußischen Dreiklassenparlament würdenwir einen solchen Paragraphen nicht anvertrauen.(Sehr wahr!bei den Sozialdemokraten) Die bloße Tatsache, daß die Elsaß--Lothringer mit den jetzigen Sprachenzuständen zufrieden sind, diePolen aber außerordentlich unzufrieden, beweist, wie verschiedenartigdie Stellung der Regierungen in der Sprachenfrage ist. Die Be-Handlung der polnischen Muttersprache in Preußen ist ja dasärgste, was sich denken läßt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokratenund den Polen.) Eine solche Unterdrückung der Muttersprachewäre aber in Elsaß-Lothringen gegenüber der französischsprechenden Bevölkerung einfach unmöglich. Dort ist diegroße Mehrheit der deutschen Bevölkerung eben der französischenSprache mächtig und keine Partei von namhafter Bedeutung könnteauftreten und verlangen, daß man der französischen Sprache in denSchulen zu nahe tritt. Nach heute ist Französisch in den höherenGesellschaftsschichten dort allgemein Umgangssprache und eSgibt in keinem deutschen Lande so viel Arbeiter, die derfranzösische» Sprache mächtig sind. Und da sollte eine Re»gierung eS wagen, irgendwie die französisch sprechendeBevölkerung in ihren Rechten zu kränken. Kein Landtag,auch keine Erste Kammer in Elsaß-Lothringen würde für solche Maß-regeln zu haben sein. Sie würden vielmehr entschiedensten Protestdagegen erheben. Aus diesen Gründen wird es mir kinderleicht.für diesen Paragraphen zu stimmen.— Was nun denAntrag N o r m a n n anbetrifft, so habe ich mir gesagt, als ich ihnlas: und das sind dieselben Herren, die im preußischen Land-tag fortgesetzt die Regierung scharf machen, diepolnische Sprache zu unterdrücken. DaS ist doch ein ganz wunder-barer Widerspruch.(Sehr wahr! b. d. Soz.) Ich hoffe, die Herrenpolnischen Kollegen werden bei der nächsten Gelegenheit einen Antrag.der diesem Antrag Normann entspricht, in P r e u ß e n einbringen, dannwird sich ja zeigen, wie inkonsequent das Vorgehen der Konservativenist.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Der Vorredner protestiertedann auch gegen die ungeheure Benachteiligung der Religion,die er in dem Gesetz findet. Glaubt denn heute noch etwa jemand,daß in Deutschland ein neuer Kulturkampf möglich wäre? Bei demKulturkampf hat ja Bismarck vor Ihnen kapitulieren müssen. Siesind die Sieger geblieben und heute heißt eS, die Religion mußdem Volke erhalten bleiben. Sie(zum Zentrum) wissen ganzgenau, daß Sie heute Trumpf sind. Natürlich ist esTaktik von Ihnen, daß Sie sich sträuben, das anzuerkennen.Sir müssen fortgesetzt stöhnen und jammern, damit Sie immermehr kriegen.(Heiterkeit und Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Alles, wasauf dem Gebiete der Schule geleistet wird, geschieht zu IhrenGunsten, aber Sie sind unersättlich.(Sehr wahr I beiden Sozialdemokraten.) Sie möchten einfach unbeschränkt herrschen.Ich nehme Ihnen das ja nicht übel, aber Sie können von uns nichtverlangen, daß wir Ihr Klagen und Jammern ernst nehmen.(Sehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Sie haben immer das Bedürfnisnach ein bißchen Kulturkampf, weil das für Sie das geeignetsteMittel ist, die Massen an sich zu halten, die heute schon vielfachein Haar in der Suppe gefunden haben.(Sehr richtig I beiden Sozialdemokraten.) Sie schreien immer, der Kulturkamps kommt,aber wenn man nachsieht, ist er nicht da.(Heiterkeit.)Wir stehen gerade auf dem entgegengesetzten Standpunkt wieSie. Sie wollen die Kirche zum Herrn in der Schule machen, wirwollen sie heraus haben.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.)Ich habe schon bei der Anzettelung deS Kulturkampfes Ansang der70er Jahre in meiner Jesuitenrede dem Fürsten Bismarck gesagt,daß es nur ein Mittel gebe, um auS diesem Kampfe heraus zukommen, nämlich dieTrennung der Kirche von der Schule nnd die Trennungder Kirche vom Staat.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn diese Grundsätzein den letzten dreieinhalb Jahrzehnten durchgeführt worden wären,so hätten wir uns heute im Reichstage weniger mit religiösen Dingenzu beschäftigen. Aber es ist ja nicht zu erwarten, daß diese Grund-sätze verwirklicht werden. Die reaktionären Bestrebungenhaben in Deutschland die Oberhand und Sie sind die Banner»träger, die Wortführer in dieser Bewegung, Sie stehen an der Spitzeund Regierung und herrschende Klassen haben sich gebeugt.(Sehr richtig!bei den Sozialdemokraten.) Auch die Liberalen treten ja heutenicht mehr für ihre alten Forderungen ein. Die Trennung derSchule von der Kirche und der Kirche vom Staat ist keinesozialdemokratische Forderung, sondern eine alt-bürgerliche liberale Forderung.(Sehr richtig l bei denSozialdemokralen.) Ich habe damit unser» Standpunkt in dieserFrage dargelegt. Wir werden für dm K 24b stimmen.(LebhafterBeifall bei den Sozialdemokraten.)Abg. Dr. Naumann(Vp.): Um ein großes Werk nicht durch Wider-spenstigkeit im einzelnen zu gefährden, werden wir f ü r den Para-graphen stimmen. Darin bestärkt uns die widerspruchsvolle Haltungder Elsässer. Während sie früher mit uns der Meinung waren, daßdie Sprachenfrage nicht verfassungSgesetzlich behandelt werden soll,sondern in die Landesgesetzgebung gehöre, wollen sie jetzt die Schul-konfessionSfrage in die Versassimg hineinbringen und damit auch dieSprachenfrage.(Sehr richtig! links.) Ihre Anträge kommen der Bebel-scheu Forderung aufTrennungvonStaatundKirche sehr nahe, dennSie wollen der Kirche den Unterricht und dem Staat nur das Be-zahlen überlassen. Ich würde an sich eine reinliche Scheidung be-grüßen, wenn sie in der Reichsverfassung sestgelegt würde. Siewollen sie aber nur für das Elsaß haben. In diesem Sinnelehnen wir Ihren Antrag ab und auch die konservativenAnträge ab. Was die Sprachenfrage betrifft, so lehneu wirden Standpunkt ab, als wäre die Zweisprachigkeit einManko, ein Uebelstand, Die Furcht vor der Zweisprachigkeit hatuns in den Grenzgebieten schon viel geschadet, auchin den polnischen.(Sehr richtig I links.) Wenn in der Borlage von„Ausnahnien" die Rede ist, so fassen wir diesen Ausdruck nicht immoralischen, sondern im verfassungsrechtlichen Sinne auf. Wirwollen keinem das Recht auf seine Muttersprache verkümmern. Indiesem Sinne stinimen wir dem Artikel zu.(Beifall links.)Abg. Gröber(Z.): Es ist ein Borgang, der noch nicht dagewesenist, wenn hier von Reichs wegen in die Volksschulverhältnisseeines Bundesstaates eingegriffen werden soll. Früher hieß esimmer: hütet Euch vor Eingriffen in dieser Richtung von Reichs wegen.Glaubt Herr Delsor denn, daß die Annahme seines Antrages nichtauch seine Konsequenzen für die Verhältnisse in anderen Bundes-staaten haben würde?(Sehr richtig!) Die würden dann vielleichtweniger nach seinem Wunsch ausfallen. Wer die Konsessionalitätdes Unterrichts im Reichstag festlegen will, der kann auch im Reichs«tag xor major» Kas Gegenteil für die Schulen eines Bundesstaatsbcichließen lassen.(Sehr wahr!) ES bedarf keiner weiteren Ausfüh-rnngen, um die Gefährlichkeit des von Herrn Delsor empfohlenen Wegesdarzutun.(Beifall i. Z.) Der konservative Antrag ist schon deshalbunannehmbar, weil die Herren ja schon erklärt haben, daß sie auchbei seiner Annahme gegen die ganze Vorlage stimmenwürde n.(Sehr richtig!) DaS erinnert an die Taktik deS Herrnv. Oldenburg in der Kommission, der immer das Gegenteil vondem durchsetzen wollte, was die Regierung als unumgänglich not-wendig bezeichnet. Ich will nicht sagen, daß die konservativeu An-träge nicht ernst gemeint seien. Sie sind e r n st gemeintim Sinne des Knputn, achens des Gesetzes.(Leb-hafte Zustimmung und Heiterkeit.) In diesem Sinne find auchdir Anträge Dr. Will und Grmssen ernst gemeint, Nan will dem