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JJrt Ser MlkWoHsi�un� Sei preußischen MgsorpneketchauseZ PnS bon einem sozialdemokratischen?lbgeordneten schwex der- letzende Ausfälle gegen ein Mitglied einer aus- wärtige n Botschaft gemacht worden. Der Vizepräsident deZ Abgeordnetenhauses ist diesem Mißbrauch der Tribüne ent- gegengetreten, indem er dem betreffenden Abgeordneten einen Ordnungsruf erteilt hat. Es widerspricht den internationalen Gepflogenheiten, auswärtige Diplomaten überhaupt in die parla- mentarischen Debatten zu ziehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen sehr schweren und besonders bedauerlichen Bruch des internationalen Herkommens. Die Bemerkung würde daher regierungsseitig mit derselben Schärfe, mit der es hier geschieht, sofort zurückgewiesen worden sein, wenn ein Vertreter der Ne- gicrung im Hause anwesend gewesen wäre." Es versteht sich von selbst, daß wir einen derartigen internationalen Brauch nie und nimmer anerkennen können. Wenn russische Diplomaten in Deutschland   ihr Amt dazu mißbrauchen, um in der Hauptstadt des Landes einen poli- tischen Spitzeldienst zu organisieren, so wird sie die Sozial- demokratie jederzeit gebührend an den Pranger stellen. Die öffentliche Kritik, die vor fremden Potentaten nicht Halt macht, hat wahrhaftig nicht die geringste Ursache, ihre Hand- langer für tabu zu erklären! Es war einmal! Eine Blatte wird aus akademischen Kreisen geschrieben: Während meiner Studienzeit in den 7l1er Jahren, unter dem Rektorat von Gneist, kam ein ganz ähnlicher Fall vor, daß ein ausländischer Student nach Berlin   kam mit der Befürchtung, daß die Polizei seines Heimatstaates bemüht sein werde, ihn un- gerechtfertigte Unannehmlichkeiten zu bereiten. Er vertraute sich dem Rektor an, zeigte ihm die Auskunftserteilung auswär- tiger Dozenten, und Gneist erwiderte ihm:Seien Sie un- besorgt, gegen etwaige Polizeischikan'en wer- den wir Sie zu schützen wissen." Nun ist es ja seit längerer Zeit bekannt, daß die Rektoren von heutzutage diesen Schutz nicht mehr für ihre Aufgabe halten, daß sie sogar vonder Polizeisich vorschreiben lassen, wen sie immatrikulieren dürfen und wen nicht. In dem neuesten tragischen Falle aber soll der gegenwärtige Rektor Rubner dem Mitarbeiter eines hiesigen Blattes gesagt haben: wenn ein Ausländerpolitisch verdächtig" ist, so halte sich der akademische Senat für verpflichtet falls er sich nicht mit dem Minister in Konflikt setzen wolle, diese Tat­sache der Kriminalpolizei mitzuteilen. Das würde heißen, daß die Universität jetzt nicht mehr bloß Anwei- sungen der Polizei entgegennimmt, sondern sogar auf einen bloßen Verdacht hin sich verpflichtet fühlt, der Polizei in gewissen Fällen A n g e b e r d i e n st e z.u leisten. ' Man darf gespannt sein, ob der Rektor diese ihm zugeschriebene Aeußerung unwidersprochen lassen wird!" Ja ja, es ist weit gekommen in unserer Gelehrtenrepublik. Der Sinn für politisches Ehrgefühl ist total verkümmert. Das bewies ja auch die unglaublich schwächliche und selbst einem Teil der frei- sinnigen Presse überaus peinliche Rede des fortschrittlichen Redners, des Professors v. LiSztt politische debersiebt. Berlin  , den&t. Mai 1911. Diätengesetz und Neichsversicherungsordnung. Aus d e in R e i ch t a g e, 26. Mai. In dem Drange möglichst bald mit den ausstehenden Vorlagen fertig zu werden, hatte die Regierung den Präsidenten veranlaßt, eine ganze Reihe an sich wichtiger und eigentlich eine umfassende Erörte- rung erfordernde Vorlagen auf die Tagesordnung zu stellen. Zu einer eingehenden sachlichen Diskussion kam es auch nur bei der dritten Lesung der Reichsversicherungsordnung. Beschlverden über die gesamte Geschäftsführung des Hauses brachte Genosse Bebel bei der Erörterung des Nachtrags zum Diätengesetz vor, das zur Ermöglichung der Herbst- tagung eine Zahlung von 766 M. für die Monate Oktober und November vorsieht. Da die Zeit und Lage es. nicht erlaubt, verzichtete Bebel auf die Er- örterung der vielfachen Mängel des DiätengesetzeS, betonte aber, daß es eine der dringendsten Aufgaben dieses oder doch des neuen Reichstags sein werde, eine gründliche Reform des Gesetzes durchzuführen. Jetzt schon bringe der Geschäftsgang des Reichstags eine unverantwortliche Zer- störung der Gesundheit der wirklich dauernd im Reichstag tätigen Abgeordneten mit sich. Die Hauptschuld daran trägt aber das Diätengesetz. Herr B a s s e r m a n n für die nationalliberale Partei sowie Herr Müller- Meiningen für die fortschrittliche Volks- Partei schlössen sich diesen Ausführungen an. Die anderen Parteien schwiegen sich aus; ebenso machte es die Regierung. Einige Geheimräte, die auf der Reichstagstribüne umher- standen, grinsten nur fidel darüber, daß die Abgeordneten sich ärgerten. Schließlich ist aber der Reichstag selbst schuld daran, daß die Mnister und ihre bureaukratischen Hand- langer ihnen so wenig Respekt entgegenbringen. Die dritte Lesung der Verfassung und des Wahl- gesetzes für Elsaß-Loth ringen, in die das Haus eintrat, wird von anderer Seite besprochen. In der dritten Lesung der Reich sversiche- rungsordnung kam zunächst Herr T r i ni b o r n vom Zentrum zum Wort. Seine Aufgabe war, die Ergebnisse der Kommissions- und Reichstagsarbeiten so aufzuschminken, daß die katholischen Arbeiter nur die finanziellen Vorteile sehen und darüber die Rechtsentziehungen nicht merken. Ihm schloß sich der Konservative Herr S ch i ck e r t mit einer selbst bei diesem wandelnden Aktenbündel auffällig trockenen Rede an. Herr M u g d a n von der Volkspartei übte zunächst sehr scharfe Kritik an dem Machwerk, wobei er besonders für die Rechtsentziehungen und für die grobe Jrrefiihrung bei der Witwen- und Waisenversicherung zutreffende Worte fand. Er überraschte aber durch die Schlußerklärung, daß er mit einem Teil seiner Freunde dennoch für das Gesetz stimmen würde. Dann wurde die Debatte auf Sonnabend vertagt. Parlamentarische Kleinarbeit. Die preußische Gesetzgebungsmaschine arbeitet jetzt mit einer Unheimlichen Geschwindigkeit. Das Abgeordnetenhaus beeilt sich, möglichst alle Gesetzentwürfe noch vor Pfingsten aufzuarbeiten. damit die edlen und erlauchten Herren der Ersten Kammer Ge- legenheit zur Betätigung bekommen. So wurde am Freitag zunächst ein Entwurf über die Schul- Versäumnisse in dem ehemaligen Kurfürstentum Hessen und in den zum Regierungsbezirke Kassel   gehörenden ehemaligen bayerischen  Gebietsteilen in dritter Lesung ohne Debatte angenommen. Auf Schwierigkeiten stieß der Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Reichswertzuwachssteuergesetz. Diese Borlage, die eigentlich schon am k. April hätte Gesetzeskraft erlangen müssen, sollte in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden, aber es liefen noch soviel Abänderungsanträge dazu ein, daß das HauS Zurückverweisung all die Komiziisjion für gergten hielt._____ l?inen ffalionalliheralen Anlrag belk. Schülpflichk und Schulversäumnis wollten die Konservativen debattelos in der llnterrichtskommission begraben. Dieser Plan scheiterte an dem Einspruch der Antragsteller, die von den Sozialdemokraten unterstützt wurden. So fand dann die Besprechung des Antrags statt, die unserem Genossen H o f f m a n n Gelegenheit gab, die unglaublichsten Zustände auf dem Gebiete der Schulpflicht zu geißeln und eine gesetzliche Regelung dieser Materie mit allem Nachdruck zp fordern. Ob und wann diese Forderung in Erfüllung geht, ist fraglich, denn wenn der Antrag auch an die Kommission ging, so ist doch sein schließliches Schicksal noch recht ungewiß, zumal da das Zentrum bei dieser Gelegenheit wieder im trüben zu fischen bemüht ist. Endlich begann das Haus noch die Beratung des Gesetz- entwurfs über die Beschulung blinder und taub- st ummer Kinder, eines Entwurfs, mit dessen Grundtendenz sich die Sozialdemokraten zwar einverstanden erklärten, gegen dessen einzelne Bestimmungen jedoch ihr Redner, Genosse Liebknecht  , schwere Bedenken vorbrachte. Die weitere Beratung wurde auf Sonnabend vertagt. abend vertagt. Außerdem stehen am Sonnabend Petitionen und Jnitiasiv- antrüge auf der Tagesordnung. Schlechterstelluug der Wöchnerinnen. Wie uns mitgeteilt wird, hat das Zentrum im Verein mit den Konservativen und den Nationalliberalen beschlossen, in der dritten Lesung der Reichsversicherungsordnung die Wöchne- rinnen noch schlechter, als die Regierungsvorlage und die Kommission es vorschlug, zustellen. Bekanntlich sollen die Wöchne- rinnen der Gewerbeordnungsnovelle entsprechend ein Kranken- geld für acht Wochen erhalten, von denen mindestens sechs in die Zeit nach der Niederkunft fallen sollen. Die Kartell- Mehrheit fürchtet, daß durch diese Maßregel noch zu viel Ehe- frauen und Säuglinge vor Tod, Krankheit und Siechtum be- wahrt bleiben. Sie will deshalb vorschlagen, das Wöchnerinnen- krankengeld nur für 4 Wochen zu zahlen und den Statuten überlassen, eine Erhöhung bis zu 8 Wochen zu be- schließen: Ms   Kompensation für diese in wirklichem Sinne des Wortes menschenmörderifche Verschlechterung soll Herabsetzung der Altersgrenze bei der Invalidenrente für die Zeit von 1915 ab von 76 auf 65 Jahre und Heraufsetzung der oberen Grenze bei der Krankenversicherung von 2666 auf 2566 M. beantragt werden. Tie Reichsverficheruugsordnung. Für die dritte Lesung hat die Entrechtungsmehrheit zwei Anträge gestellt: der eine setzt die obere Grenze bei der Krankenversicherung von 2666 auf 2566 M. hin­auf; der andere bestimmt, daß der Bundesrat dem Reichstag die gesetzlichen Vorschriften über die A l t e r s r e n t e im Jahre 1915 zur erneuten Beschlußfassung vorzu- legen habe. Ursprünglich war beabsichtigt, eine Bestimmung einzufügen, daß vom Jahre 1915 die Altersgrenze von 76 auf 65 Jahre herabgesetzt werden solle. Aber nicht einmal zu dieser minimalen Verbesserung konnte sich der Ent- rechtungsblock entschließen; er speist die Armen mit einem leeren Versprechen ab. Das heißt wirklich zum Schaden noch den Spott fügen. Der schwedische Handelsvertrag. Die Reichstagskommission für den schivedischen Handelsvertrag hat dem Vertrag mit 11 gegen 5 Stimmen z u- gestimmt. Dagegen waren 3 Zentrumsabgeordnete, ein Ratio- nalliberaler und der Vertreter der Wirtschaftlichen Vereinigung. Ebenso wurde der Handelsvertrag mit Japan   an- genommen._ Ucvergeschnappt. Narre» sagen die Wahrheit und so enthüllt derReichsbote' das geheime Wahlrechtsideal der Konservativen, wenn er schreibt: Die Regierung scheint Wunderdinge von dem mildernden Einfluß des Alters-Mehrstimmrechts zu erwarten. Pluralstiminen können ja auch ganz zweckmäßig sein, wenn sie je nach der Be- deutung des einzelnen innerhalb des Staates und der Gesell» schaft verteilt werden. Wenn ein Großfabrikant, welcher 20 000 Arbeitern Beschäftigung und Brot gibt und alljährlich vielleicht eine Million an persönlichen Steuern zu entrichten hat. mit 500 Stimmen, ein R e i ch S k a n z l e r als höchste staatliche Autorität mit 1000 Stimmen und jeder andere je nach seiner Stellung innerhalb der StaatSgeineinschaft mit einer entsprechenden Zahl von Stimmen ausgestattet wird, so er- scheint dies vor der politischen Vernunft nur als ein Akt der Ge- rechtigkeit. Aber wenn unter denselben VoraiiSsetzungen an alle die gleichen M e h r st i m m e n uberlasieii werden, so ist dies nur als ein Versuch mit selbsttäuschenden Mitteln zu bewerten. In der Sache wird an dem Charakter der gleichen Wahlen nichts geändert, und gleiche Wahlen sind und bleiben Vernunft- w ibrig.' DerReichsLote' sollte doch in so heiklen Fragen vorsichtiger sein. Denn wenn Pluralstimmen gemäß der politischen Intelligenz eingeführt würden, seine Redakteure erhielten dann sicher: minus 5000 Stimmen._ Regisseure der patriotischen Begeisterung. Der Kaiser ist während seines fünfstündigen Aufenthalts in Köln   mit dem bei solchen Gelegenheiten üblichen Pomp, Lärm und Flitter gefeiert worden, und natürlich hat die bürgerliche Presse, die liberale wie die ultramontane und parteilose, mit gebührendem Nachdruck die Maskerade, die bei dieser Gelegenheit entfaltet wurde, herausgestrichen als den Ausweis monarchischer Gesinnung und aufrichtigster Begeisterung einer königstreuen Bevölkerung. Der Kanonendonner, das Trompetengeschmetter, das Feuerwerks- gcprassel, das Hurra- und Hochgeschrei alles unverfälschte Aus- brüche der patriotischen Volksseele, und der Knlissenzauber mit Tannengrün und Papicrblumen, die einstudierten Reden und kommandierten Bücklinge alles das lauterste Bekenntnis eines frohen und glücklichen Volkes zur Anhänglichkeit am Königshause. Und namentlich tut sich in der Kriecherei das Zentrum hervor. Seine Presse hat vergessen, was sie im November 1903 schrieb, als der Männerstolz vor Königsthronen zum guten Ton gehörte. Da- mals las man in derKölnischen Volkszeitung": Haben sich nicht auch weite Kreise des Volkes mit schuldig gemacht an der EntWickelung des Kaisers, die wir hcuth beklagen? Die Künstler, die Literaten, die den kaiserlichen Dilettantismus auf den verschiedensten Gebieten gefördert und ihn m der Auf- fassung bestärkt haben, daß kein Gebiet der Betätigung ihm ver- schlössen sei? Und wie hat man der Neigung des Kaisers zum Prunk, seiner Vorliebe für das Repräsen- tative und Dekorative immer wieder Rechnung ge- tragen? Noch in den letzten Wochen ist der Kaiser in manchen Städten mit dem Gepränge eines Tri- umphatorö empfangen worden. Wie viele Organe der deutschen   Presse, auch von denen, die jetzt die schärfste Kritik üben, können sich sagen, daß sie bei all den früheren Anlässen mit ernstem Freimut ihre Meinung ausgesprochen hätten." Heute findet das Zentrum es ganz in der Ordnung, wenn eine Stadt für fünf Stunden kaiserlicher Anwesenheit Hunderttausende verputzt, Najürsich wissest die KurgerWest Zeitungsschreiber ganz genÄlk, MZ eZ msi her FufriMgkelk her hegelskerlen Volksseele su� sich hat; sie wissen, daß hier ein großer Schwindel verübt, daß hier Begeisterung vorgetäuscht wird, wo nichts als Theatermache auf der einen und Schau- und Lärmlust auf der anderen Seite. Aber die bürgerlichen Zeitungslcute müssen so schreiben, wie es die Ritcksicht ans das Geschäft des Verlegers erfordert. Gelegentlich einmal« wenn es sich um Dinge in anderen Ländern handelt, dürfen sie aufrichtig sein, und so konnte man denn vor einiger Zeit in der Kölnischen Zeitun g", die jetzt auch wieder von patriotischer Begeisterung trieft, aus Anlaß der italienischen Jubiläumsfeste allerhand Erbauliches darüber lesen, wie bei Fürstenempfängen die Volksseele zur Begeisterung animiert wird. Zunächst komme es auf gutes Wetter an; dann sei von Nutzen, wenn der Fürst seine Frau mitbringe, dann werde ihm viel wärmer zugewinkt und zu- gejubelt, als wenn er allein erscheine. Weiter heißt es: Das Entscheidende aber bleibt immer der szenische A p« parat, das Hof- und Staatszeremoniell. Die große Gala, die beim Empfang gekrönter Häupter entfaltet tvird, erweckt ohne weiteres die Begeistern n g der Massen. Truppen spalier längs der ganzen Feststraßa mit M u s i k k o r p s, die die Skationalhymne spielen, große Uniformen, Hofwagen mit Vorreitern und Kutschern in großer Livree, Leibgarde zu Pferde hsn- tcn und vorn usw. Das gibt der Sache Kraft und löst ohne weiteres den Volksjubel aus." Mit diesen Sätzen, die Ende April in derKölnischen Zeitung  ' zu lesen waren, hat das Blatt die Kritik des Theaterspukes, der Ende Mai beim Empfang des Kaisers sich in Köln   breit machte, vorweggenommen. Diese Sätze klingen weniger bvzantinisch als das jetzige Geschwafel dcS Blattes, aber sie sind dasiir um so zw- treffender._ i Dieelsaß-lothringische christlich-demokratische Partei". Der Abgeordnete Pfarrer D e l s o r. Vertreter von Erstem« Mölsheim   im Deutschen Reichstag, proklamiert sie in seinem Organ. demElsässer Volksboten", indem er Blumenthal mit seinem Vor- schlage auf Gründung einer elsatz-lothringischen Let« fassungSpartei ausdrücklich eine Absage erteilt. Er schreibt: .Auch wir wollen keinen Kampf gegen daS Zen« t r u m. Wir wollen auch nickls wissen von der über den Parteien stehenden Verfasiiingspartei Vlumenthals, da offenkundig wir die Leidtragenden wären. Ein anderes aber ist es, wenn wir sogen: Kein Aufgehen in der deutschen   ZcntriimS- partei und soweit es geschehen ist, Lösung von derselben. Bleiben und seien wir, waS wir sind: eine elsaß-lothringische christlich-demokratische Partei. Unter dieser Fahne kann und wird sich unser Volk sammeln und besser sammeln als bisher.' DieKölnische Volkszeitung' bemerkt dazu mit leisem Spott: Der Gedanke ist nicht neu. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts spukte die christliche Demokratie ganz gewaltig, und einer ihrer Vorkämpfer war auch damals der Abg. Delsor. Die Idee wurde aber wieder aus- gegeben. Die Feststellung der»Kölnischen Volkszeitung', daß der Ab» geordnete Delsornun zur Opposition(gegen die deutsche Zentrumspartei  ) übergegangen ist', verdient aber Beachtung, denn Delsor ist im politischen Leben Elsaß-Lothringcns eine weit ernsthaftere Figur, als etwa Wetterls oder Dr. Ricklin. Der letztere spricht eS in einem Artikel derOberelsässischen Landes« zeitung"(Mülhausen  ) überZentrum und Verfassung' ebenfalls direkt aus, daß es nicht mehr angängig sei, die Ver» teidigung deS deutschen   Zentrums in Elfaß-Lothringen   zu fuhren, man werde im Gegenteildie Bande noch lösen müssen,- die unS mit der deutschen   Zentrumsorganisation verbinden, so schwer uns dieS auch ankommt' Indessen ist bemerkenswert und muß für die kommende Aus« einandersetzung mit der neuen klerikalen Parteiorganisation in Elsaß-Lothringen  , mit diesen Herrschaften, die sich ch r i st l i ch e Demokraten" schimpfen wollen, festgehalten werden, daß der Bruch der reichsländischen Ultramontanen mit den Zentrum einzig erfolgt, weil ihnen das Wahlgesetz für die Zweite elsaß  -lothringische Kammer zn demokratisch ist! Wörtlich heißt eS in dem bereits angezogenen Artikelvon einem Mitgliede des Reichstages in Nr. 117 derOberels. LandeSztg." vom 20. d. M.: Was wir dem Zentrum vorwerfen und waS niemand in unserer Partei begreifen wird, ist, daß die Zentrums« frattion mithilft, und zwar an ausschlaggebender Stelle. daß ein Gesetz in einer Form zustande kommen soll, von welchem unsere politischen Gegner Liberale und Sozialdemokraten nur Vorteile haben, wir aber, die elsaß  -lothringische gentrumspartei, die schwerste Schädigung erleiden werden und daß alles zugunsten der Re- gierung, welche schon am Tage»ach der Annahme des Gesetzes gemeinichaftliche Sache mit der liberalen und sozialdemokratischen Presse machen wird in der Verdächtigung der Zen t rums« Partei als derjenigen Partei, welche die ungenügende VerfassungS- und Wahlrechtsreform verschuldet 5?. ,oäre /war ein unehrliches Spiel. Aber daß 5??!. S versucht wird, darüber kann man sich keinem Zweifel hingeben..." Wie w e n i g unehrlich dieses.Spiel' ist. ergibt sich schon aus der einen Tatsache, daß der derOberels. LandeS-Ztg." ebenfalls nahestehende elsässische Abgeordnete Hauß in der Reichs- tagskommisiion für die VerfassungSvorlage stimmte, obwohl er schließlich gegen das ganze Gesetz gestimmt hat. doch mit den Abgeordneten deS deutschen Zentrum« denAntragder Freikonservativen zur Annahme bringen half. der als Voraussetzung für die Wahlberechtigung zur Zweiten Kammer einen einjährigen Wohnsitz in der Gemeinde(!) ver- langt. Nach solchen Leistungen ist eS schwer, an den demokratischen Radikalismus dieserchristlichen Demokraten' auS dem Elsaß zu glaube». Denn diese Bestimmung entrechtet auch im Wahlkreise deS Abg. Hauß, in den das neuerschlossene Kaligebiet übergreift, Massen von Arbeitern, die das kapitalistische Wirtschaftsleben unausgesetzt auS einer Gemeinde in die andere wirft. Der Abbruch der Beziehungen zur deutschen  Zentrumöfraklion. welcher von dem Reichstagsabgeordneten derOberels. LandeSztg." gefordert wird, erfolgte also trotz alles radikaldemokratischen Gebärdenspiels dieser allerncuesten christlichen Demokratie einzig und allein, weil das mitregierende Zentrum im Deutschen   Reiche den bisherigen elsässischen Mitläufern noch zuviel Wahlgerechtigkeit übt. DaS ist das köstliche dieser schwarzen Revolte in der äußersten Südwestecke des SchnapSblock-ReicheS der Junker und Pfaffen. Ein deutsch  -französischeS Marokko  -Abkommen? Ter Berliner   Korrespondent dcS PariserExcelsior" meldet seinem Blatte: Ich höre im Augenblick, daß zwischen Frankreich   und Deutschland   in bczug auf die marokkanische Frage schon vor vier- zehn Tagen ein Hebe reinkommen abgeschlossen ist. Frank­ reich   hat Deutschland   wichtige ökonomische VorteUe ver- sprachen und dafür von Teutschland die Zusicherung völliger; AktionSfreiheit in Marokko   erhalten, G« war zu schön, um wahr zu sein. Bustritt anS der ZentrumSfraktio». Infolge der Haltung des Zentrums in der elsässischen Verfassungsfrage erklärten die clsässi- scheu Rcichstagöabgeordncten Delsor. Wetterl» Hiluß iSreg Austritt nuiä fe««-v-