Mg. Dr. David(Soz.): Wir wirken für die Anträge Ablaß stimmen, die m der Richtung unserer Anträge zur zweiten Lesung liegen, wenn sie auch nicht so weit gehen. Ich hoffte in der zweiten Lesung. Sie durch das düstere Bild der Säuglingssterblichkeit, das ich ent- rollte, für eine Erweiterung des Säuglings- und Wöchnennnen schutzeS zu gewinnen. Darin habe ich mich getäuscht. Ich hatte aber nicht erwartet, daß bis zur dritten Lesung noch ein Antrag ausgeheckt würde, der die Borlage in diesem Punkte noch ver- schlechtem will, er will den Landkrankenkassen gestatten, das Wochew geld von acht Wochen auf vier Wochen herabzusetzen. tHörtl hört! bei den Sozialdemokraten.) Auf der Hygiene- Ausstellung in Dresden hat der Vizepräsident Schultz nach Zeitungsberichten gesagt:.Angesicht» der Hygiene treten alle parteipolitischen Gegensätze zurück". Und der Name desselben Herrn Schultz ziert einen Antrag, der auf einem der wichtigsten Gebiete der Hygiene den parteipolitischen, den anti- sozialen Standpnnkt der Rechten in der markanteste» Weise dolu mcntiert.(Lebhafte Zustimmung links.) Dieser Antrag ist die Fort bildung des Antrages Jrl-Hufnagel, den die Herren bei der zweiten Lesung in einer Anwandlung berechtigten SchamgessühlS zurückgezogen hatten. Dabei ist die Säuglingssterblichkeit gerade in den ländlichen Bezirken, welche die Herren rechts vertreten, besonders' groß. Die Herren aus Bayern , welche den Antrag unterzeichnet haben, möchte ich darauf hinweisen, daß im Landes durchschnitt die Säuglingssterblichkeit in Bayern noch größer ist als in Preußen, und zwar auch dort vorzugsweise in den ländlichen Bezirken. Wir haben über den Antrag Schultz namentliche Abstimmung verlangt, um die Herren, die für ihn stimmen, vor dem deutschen Volk an den Pranger zu stellen.(Lebhafte Zustimmung links.) Zur zweiten Lesung war hier eine Eingabe der prenßiichen Landeszentrale für Säuglingsschutz eingegangen, in der ebenfalls die obligatorische Schwangeren füriorge, die obligatorische Leistung von Hebammen- und Arzt Hilfe verlangt wurde. Unterzeichnet war die Eingabe u. a. vom Leibarzt des Kaisers und derKaiserin, von vielen hohen Beamten, auch die feine Damenwelt fehlte nicht, so prangte darunter der Name Frau Gräfin Schwerin-Löwitz. Alle diese Unterzeichner der Eingabe werden merken, was sie von den sozialen Redewendungen der Politiker der Rechten zu halten haben, denen sie in den Salons begegnen. WohltätigkeitSfport wollen Tie treibe«, Margueritentage veranstalten, hundermral soviel wert wäre«S, wenn Sie heute die hier vorliegenden Anträge annehmen und den Antrag Schultz ablehnten.(Lebhafte Zustimmung links.) Die Regierung bat in der zweiten Lesung ihr Unannehmbar erNärt, wenn die obligatorische Hebanimenhilfe angenommen würde. Würde das Deutsche Reich die hieraus entspringende Belastung nicht mehr tragen können, so wäre das eine Schmach für da» Deutsche Reich. (Lebhafte Zustimmung links.) Nein, dieses Unannehnibar hat keine praktische Bedeutung. Niemand hier im Hause glaubt, daß die Regierung daran das Gesetz scheitern lassen konnte, das wäre eine politische Unmöglichkeit, und des halb lastet die Verantwortung für Ihre Abstimmung auf Ihnen selbst. (Sehr richtig I links.) Und beim Antrag Schultz ist kein Unannehin dar der Regierung vorhanden, da handelt eS sich sogar noch um eine Verschlechterung. Werfen Sie wenigstens diesen Antrag in de» Orkus. In der zweiten Lesung habe ich an Ihr soziales Gewissen und Ihr nationales Gefühl appelliert. Jetzt will ich a» Ihr Gefühl als Männer, an Ihr RitterlichkeitSgefühl appellieren, an das Gefühl der Ehrfurcht vor der schwanarren Frau, und der werdenden Mutter, die mit ihrer Gesundheit Opfer für das werdende Leben bringt.(Lebhaftes Bravo I links.) Abg. Fegter(Vp.) bekämpft erneut die Differenzierung gewerb- sicher und landwirtschaftlicher Arbeiter in der ReichSverstcherungSl ordnung und wendet sich dann gegen den Antrag Schultz. Dieser Antrag ist noch schlechter als der Antrag Irl und er wird nicht dazu beitragen, die Majorität für die Reichsverstcherungs ordnung zu erhöhen. Der Antrag muß empörend wirken und Sozialdemokraten geradezu züchten. Der Antrag richtet sich direkt gegen die Wehrhoftigkeit des deutschen Volkes. Hier hätte die Regierung ein„Unannehmbar" aussprechen sollen.(Zustimmung links.) Daß der Appell Dr. Davids an die Ritterlichkeit jener Herren vergebens fein würde, war mir von vornherein klar.(Bravo I links. Lautes ironisches Bravo I rechts.) Prozent(Hört! Hort! links), für kaS BezirkSäültAu'gSburg 34,3 Proz.(erneutes HörtI hört! linkst, für Donauwörth - Stadt L4,1 Proz., für Donauwörth -Land 33,1 Proz.(Hört! hört! links), für Günzburg 27,6 Proz., für den Bezirk Günzburg 32,1, für die Stadt N ö r d l i n g e n 21, für den BezirkNördlingen 26, S Proz.(Lebhaftes Hört! hört! links.) Die Durchschnittssterblichkeit über ganz Bayern betrug für Kinder in den Städten 24,3 und auf dem Lande 28 Proz.(Lebhaftes Hört! hört! links.) TaS sind alles vorwiegend katholische Bezirke. Es ist geradezu unglaublich, daß sich ein bayerischer katholischer Geist- sicher dazu hergegeben hat, diesen Antrag zu unterzeichnen. Wie kann man angesichts solcher Zahlen uns überhaupt zumuten, für diesen Antrag zu stimmen. Ich verstehe gar nicht, wie daS möglich ist. Wenn Sie vor der Rede meine? Parteifreundes Dr. David aus der zweiten Lesung, die doch jedem ans Herz gegriffen hat, einen solchen Antrag gestellt hätten, dann hätte es noch durchgehen können, weil Sie die Dinge nicht kannten. Uebrigens soll man über Dinge keine Anträge stellen, die man nicht kennt. (Sehr richtig! links.) Aber Sie waren gewarnt. Sie haken auch nicht eine einzige Behauptung von uns widerlegen können. Da ist die Zumutung, die Sie heute an uns stellen, eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen.(Lebhafte wiederholte Zustimmung links.) Wir protestieren jedenfalls dagegen, daß man uns im Reichstage überhaupt mit einem solchen Antrage kommt, mit einem Antrage, der, wenn er angenommen würde, eine Schmach für de» Deutschen Reichstag ist.(Lebhafter, anhaltender Beifall links, Unruhe und Lärm rechts und im Zentrum.) Abg. v. Gamp-Massaunen(Rp.): Die Ausfälle der Vorredner überschritten so sehr das gewohnte Maß, daß man doch dazu nicht schweigen kann. Wir messen der Frage dieselbe Bedeutung bei, wie der Kollege David; nur über die Wege der Besserung gehen unsere Ansichten auseinander.— Der Kollege F e g t e r kennt sie Arbeiter- Verhältnisse im Osten einfach nicht.(Zuruf links.) Die verheirateten Arbeiterinnen auf den Gütern des Ostens werden eigentlich nur während der Erntezeit stärker beschäftigt. Für sie kommt die Wochenhilfe nicht entfernt so sehr in Betracht, wie für die städtischen JndustriearKeiterinnen. Auf den Bauerngütern besorgt die Besitzerin die gröbsten und unsaubersten Arbeiten, das D i e n st m ä d ch e n die schwersten und schmutzigsten. (Sehr richtig! rechts; Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)— ES ist wahrhaft empörend, wie sich die Redner der Linken über Dinge äußern, die sie nicht kennen.(Bravo ! rechts, Heiterkeit und Zurufe links, Unruhe im ganzen Hause.)— Die Geburten auf dem Lande gehen durchweg weit leichter vor sich als in der Stadt. Die Herabsetzung der Wochenbeihilfenzeit von acht auf vier Wochen soll und kann die Mittel disponibel machen, um den Frauen obligatorische Hebammendienste zu sichern. Und dies ist das allev wichtigste. Ich hoffe, daß die Aufsichtsbehörden dahin wirken werden, daß möglichst viele Landkrankenkassen satzungsmäßig obliga torische Hebammendienste einführen.— In keiner Weise verdienen wir die Vorwürfe der Linken.(Lebh. Bravo! rechts.) Abg. Irl(Z.): Dr. David hat seine Rede aus der zweiten Lesung wiederholt. Ich aber käue nicht wieder.(Zuruf und Heiterkeit links.) In Bayern ist ganz vorzüglich für die Säuglinge gesorgt.(Bravo ! im Zentrum und rechts.) Abg. Bebel(Soz.): Auf die Ausführungen des Vorredners will ich nur kurz be merken, daß die Gegend, die er vertritt, zu den schlimmsten Gegen den Sozialdemokraten, keinen solchen Borwurf Abg. Bebel(Soz.): Durch diese Kundgebung brandmarken die Herren von der rechten Seite sich selbst.(Lebhafte Zustimmung links.) Sie scheinen gar nicht zu begreifen, wie ernst die Sache ist. DaS geht ja auch daraus hervor, daß die Antragsteller trotz der sehr gründlichen Angriffe gegen den Antrag es nicht für nötig gehalten haben, auch nur ein Wort zur Begründung des Antrages zu sagen. Sie halten es nicht einmal für wert, dieser Debatte überyaupt nur zu folgen (Sehr gut! links.) Mein Parteifreund David hat in warmen Worten an das soziale Gewissen der Herren appelliert, an Ihr nationales Gewissen, an da» Gewissen der Männer, die Gerechtigkeit üben wollen, aber eines hat er vergessen, er hätte auch appellieren sollen an ihr christliche» Gewissen.(Lebhafte? Sehr richtig! links.) Denn die Anträge, die hier aus rein mensch lichen Gründen gestellt sind, sind zugleich im eminenten Sinne christlich.(Lebhafte Zustimmung links.) Wir hätten erwarten müssen, daß gerade die Herren, die hier als Vertreter des Christen tums erscheinen, sich veranlaßt gesehen hätten, für die Mütter ein zutreten, von denen in der Bibel gesagt ist: Mit Schmerzen sollst Du Kinder gebären. Wenn Sie auch nicht alle Frauen haben oder gehabt haben— Mütter haben Sie alle gehabt, und die Empfindung für die Mutter sollten Sie alle baben.(Lebhafte Zu- stimmung links.) Mehr als Männer in den Schlachten getötet und verwundet sind, sind Mütter bei der Geburt gestorben und siech ge worden. Tausende und aber Tausende von den Müttern befinden sich in der traurigsten Lage und ohne die notwendigste Hilfe. Wenn je ein Wort mit Recht ausgesprochen ist. so das Wort von der schweren Stunde. daS man auf die Frau anwendet, die gebären soll, und mit Recht sagt Goethe: WaS eine Mutter bei der Geburt aushält, ist mehr, als zehn Männer aushalten können! Ist daS alles richtig, so ist es unerhört, daß man solche Anträge stellen kann, und ich konstatiere, daß auch drei christliche Arbeitervcrtreter unter den Unterzeichnern sind.(Lebhafte Rufe links: Pfui! Ar beiterverräter!) Wie Sie die Bannerträger sind bei den Be- siimmungen gegen die Arbeiter, so sind Sie hier auch die B a n n e r> träger bei dem Antrag gegen die Arbeitermüttcr.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Ta8 ist ein Skandal sondergleichen. (Lebhafte, wiederholte Zustimmung links. Großer Lärm rechts.) Sie machen uns wahrhaftig die Ablehnung dieses Gesetzes sehr leicht.(Sehr richtig! links.) Neben den christlichen Arbeiter- Vertretern gehören auch zwei katholische Geistliche zu den Unterzeichnern des Anlrages: Dr. Hitze und Dr. Schädler. (Lebhaftes Hört! hört! links.) Wenn ich alle? für möglich gehalten hatte, aber daß katholische Geistliche einen solchen Antrag unterzeichnen, daran habe ich auch nicht einmal im Traum gedacht. In Wahrheit liegen oic Zustände viel schlimmer, als sie bisher hier geschildert wurden. Gerade in katholischen Ländern sind sie besonders arg, und speziell Dr. Schädler muß wiffen, wie eS in seinem Heimat- Sande Bayern aussieht.(Sehr richtig! links.) Auch Herr Horn- Reutz gehört zu den Unterzeichnern des Antrages, obgleich er doch ganz genau weiß, daß in dem Wahlkreis, den er vertritt, die Kinder- sierblichkcit erheblich größer ist als in Preußen. Während sie in Preußen im Durchschnitt 16,3 Proz. beträgt, beträgt sie im kleinen Reuß 21,3 Proz.(Hört! hört! links.) und wie sieht es in Bayern aus? Nach einer Statistik aus der Mitte des vorigen Jahres be- tvig die SäuglipgssteMichkeit für die Htadt Augsburg 27.4 den gehört.(Hört! hört! links.) Die Säuglingssterblichkeit ist dort am größten.(Abg. Irl: DaS siegt an den vielen Russinnen! Lachen links.) Dann wird dort also die Engelmacherci engroS getrieben. In Oberbayern beträgt die K i n d e r st e r b l i ch teit in den Städten 2S,7, auf dem Lande 30, ö Proz.(Hört! hört! links.) Da» zeigt, daß die Verhältnisse auf dem Lande dort noch recht traurig liegen. Wir bestreiten ja gar nicht, daß die Vorlage einen kleinen Fortschritt bringt, aber einen vollständig un- genügenden Fortschritt.(Sehr richtig! links.) Sie fragen bei jedem unserer Anträge, wo das Geld hergenommen werden soll. Dabei zahlen die Arbeiter ja zwei Drittel der Bei träge.( Sehr richtig! links.) Dann sagen Sie, der Bauer lasse sich nicht zwingen. Gewiß, der Bauer läßt sich nicht zwingen, er will nicht gezwungen sein, und da er nach dem Gesetz in den Land krankenkassen alles und die Arbeiter nichts zu sagen haben, so können wir uns ja vorstellen, wie die Dinge sich auf dem Lande entwickeln werden.(Sehr richtig! links.) Wenn man den Frei Herrn von G a m p hörte, dann sollte man meinen, O st Preußen sei für die Arbeiterfrauen das reine Dorado. Es ist nur verwunderlich, warum die Arbeiter in hellen Scharen davonlaufen» warum immer mehr und mehr Arbeiter nach dem Westen gehen (Sehr richtig! links; Zuruf link»: Weil e« ihnen im Osten zu gut geht! Heiterkeit.) Wenn der Abg. Freiherr v. Gamp recht hätte, dann wäre es ferner nicht zu verstehen, warum die eingeborenen Arbeiter in die Stadt gehen und dafür Hunderttausende von Russen und Pole» ins Land geholt werden müssen. Wie die Dinge in Wirklichkeit liegen, zeigt ein vor mir liegendes VertraaSformular für Jnstleute, ausgestellt von der Landwirt schaftskammer für die Provinz Ostpreußen , also einer Korporation, deren Kompetenz Freiherr v. Gamp nicht be- streiten wird. Da heißt e» im£ 2:„Der Unterzeichnete hat die Pflicht, mindestens ein arbeitSfähigrS Mädchen»der einen solchen Jungen täglich zur Arbeit zu stellen. In diesem Fall ist die Frau nur in der Erntezeit oder in besonders dringenden Fällen ver- pflichtet, in Arbeit gu kommen. Jedoch ist die Frau zum Melken der Kühe verpflichtet."(HörtI hört! linkst) Im§ 4 heißt eS „Die Arbeitszeit ist die ortsübliche. Die Frau darf eine halbe Stunde später zur Arbeit kommen und dieselbe eine halbe Stunde früher verlassen." Die ortsübliche Arbeitszeit auf dem Lande beträgt 14 Stunden. Die Frauen müssen demnach 13 Stunden arbeiten.(Hört! hört! links.) Weiter heißt eS:„Sollte in besonders dringenden Fällen über die gewöhnliche Arbeitszeit hinaus ge- arbeitet werden, so..(Hört! hört! link».) Und an einer anderen Stelle:„Sollte in ganz besonders dringenden Fällen in der Ernte auch Sonntagsarbeit notwendig werden, so...."(Hört! hört! links.) Was besonders dringende Fälle sind, darüber ent- scheidet der Arbeitaeber. Sie sehen, daß die Verhältnisse für die Frauen auf dem Lande erheblich schlechter sind, als sie Freiherr von Gamp geschildert hat.(Sehr richtig! link».) Er malte alles in den hellsten Farben, aber die Tatsachen sprechen gegen ihn. Des- halb haben seine Ausführungen auf un» auch keinen Eindruck ge- niacht.(Lebh. Beifall links.) Abg. Fegter(Pp.): Der Abgeordnete I r l verwahrt sich dagegen. daß er wiederkäue. Warum diese Verwahrung? Man hat ihn doch nicht ein Rindvieh genannt.(Heiterkeit und Sehr gut! links, Unruhe im Zentrum und rechts.)— Herr v. Gamp spielt sich als ganz besonderer landwirtschaftlicher Sachverständiger auf. Nach dem Neichstagshandbuch hat er als Referendar angefangen, ist Assessor geworden und hat eS bi« zum Wirk- lichen Geheimrat im Eisenbahnmini st erium ge- bracht. Nebenbei hat er dann noch ein Rittergut geerbt. (Heiterkeit links.) Und nun kommt der Geheime. Wirkliche Geheime NegierungSrat und wirst mir. der ich mein Lebenlang auf dem Lande gelebt und gearbeitet habe. vor. nichts von land- wirtschaftlichen Dingen zu verstehen. Aber der Wirkliche Geheime Rat. der versteht natürlich alles.(Große Heiter» keit links.) Sozialpolittk, Landwirtschaft und sogar G e b u r t S- helferei.(Stürm. Heiterkeit.) Wenn er übrigens so eifrig für die obligatorische Hebamnienhilfe eintritt, so nehme er voch unseren Antrag an und stimme gegen den ungeheuerlichen, ja, unsitt- lichen Antrag Schulz. recht».) .(Stürm. Zustimmung jjnks. Lgrm Vizepräsident Dr. Spahn: Unsittliche Anträge gibt e» nicht. (Stürm. Heiterkeit im ganzen Haufe.) Abg. Dr. Mugdan(Vp.) kann sich bei der im Hause herrschenden, Unruhe nur schwer verständlich machen. Er verweist namentlich darauf, daß in den Landkrankenkassen nicht bloß„robuste" Land- arbeiter, sondern auch nicht gerade sehr robuste Heimarbeiter usw. versichert sind. Abg. Horn-Reuß(natl.) tritt für den Kompromißantvag ein. Die Frau des Handwerkers, des Bauern steht nach ein paar Tagen vom Wochenbette auf. Da wird man es auf dem Lande nicht verstehen, wenn die Landarbeiterin 8 Wochen hindurch Beihilfe erhalten soll. Abg. Dr. David(Soz.): Die landwirtschaftliche„Kennerschaft" des Herrn v. Gamp ist ja vom Kollegen Fegter gebührend beleuchtet worden und wie es mit dem angeblichen östlichen Eldorado der Landarbeiter steht, hat mein Parteifreund Bebel gezeigt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ich glaube, wenn Landarbeiter hier wären, sie würden Herrn v. Gamp ins Gesicht lachen. Und ebenso lachen alle Fachleute— Kollege Dr. Mugdan wird eS bezeugen— über das, was Herr v. Gamp hier uns von den leichten Geburten auf dem Lande erzählt hat.(Heiterkeit und Sehr gut! linkst In Hessen ist man mit den Ä lumentagen bis auf die kleinsten Dörfer gegangen; ein Beweis dafür, daß man auch auf dem platten Lande allgemach die Noiwcndigkeit einer aus- gibigeren Säuglingsfürsovge einsieht.— Herr v. Gamp bekennt sich als Anhänger der obligatorischen Hebammendienste. Dann stimme er doch für den Antrag Ablaß.(Sehr gut! links.) Man sagt unS: die Landlrankenkassen können ja auch nach dem Antrag Schultz Wochenhilfe bi» zu 8 Wochen gewähren. O ja, sie können das. Also, wenn der gesetzliche Zwang wegfällt, dann wird der agrarische Druck, unter dem die Landkrankenkassen stehen.. in 86 von 100 Fällen verhindern, daß die Kassen freiwillig tun, wozu sie gesetzlich nicht verpflichtet sind. tier wird, um den agrarischen Profit zu schonen, eine wahre ngelmacherei getrieben.(Lärm rechts!) Wenn die Mehr- heitiparteien noch einen Funken von Anstandsgefühl besitzen, so müssen sie wenigsten» diesen VerschlechterungSontrag zu rückziehen.(Lebhafter Beifall bei Lärm und Unordnung bei der Mehrheit.) Präsiden Graf Schwerin : Sie dürfen gegen Parteien dieses Haufe» erheben. Abg. v. Gamp(Rp.): In Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses werde ich den Abgg. David und Fegter einandereSmal antworten. Abg. Fegter(Vp.): DaS ganze Gesetz, wenigsten» soweit eS sich um die Landkrankenkassen handelt, ist ausschließlich nach oft- elbischen Gesichtspunkten zurechtgefchnitten. Abg. Dr. Südekum(Soz.): Ueber das intellektuelle Manko, daS in den Reden der Irl und Genossen zutage tritt, könnte man hinwegsehen, em« pörend aber ist die Herzenshärtigkeit, die man bei dieser eigen- artigen MittelstandSretterei und angeblichen Bauernfreundlichkeit an den Tag legt.(Lebhafte Zustimmung links, Unruhe bei der Mehrheit.) Der Kollege Irl sucht nachzuweisen, daß Bayern in bezug auf Säuglingssterblichkeit besonders günstig dastehe. Nur in bezug auf Kost linder gibt er achselzuckend einen großen Sterblichkeitsprozentsatz zu. Aber das sind ja nur Kostlinder, großstädtische Kostkinder, die aufs Land gegeben werden. Sind! etwa solche Kostkinder keine Menschen?(Lebhafte Zustimmung links.) Wenn unter den Kostkindern eine große Sterblichkeit herrscht, so nicht darum, weil diese Kinder aus Großstädten kommen, sondern weil es sich um malträtierte, mißhandelte, ver» nachlässigte, schlecht genährte Kostkinder handelt.(Lebhafte Zustima mung links.) Ich wiederhole noch einmal: es ist Herzens» härtigkeit, was aus den Reden und Anträgen der Mehrheit spricht.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraien, Läru? und Unruhe bei der Mehrheit.) Abg. Heim(Z.): Die Säuglingssterblichkeit ist sehr ver« schieden in den einzelnen Teilen Bayerns . An der erhöhten Säug» lingssterblichkeit in einigen Teilen Bayern « trägt Schuld«inma? die Unterernährung, die u. a. durch die verhängnisvolle. von un» stet» beklagte EntWickelung de« Molkereiwesen» bewirkt) ist(hört! hört! link»), aber auch durch die Abneigung der weib- lichen Jugend gegen den häuslichen D i e n st.(Sehr richtigß rechts.) Diese ist um so ungerechtfertigter, al» dort noch p a t r i» archalische Verhältnisse und zwar im guten Sinne existieren. Dort in Bayern redet man sich noch mit Du an, dort sagt der Arbeiter zum Arbeitgeber auch nicht„gnädiger Herr". Die Diskussion schließt. Es folgen persönliche Bemerkungen, I Zunächst behauptet Abg. Pauli-PotSdam(f.), daß die Linke gewohnheitsmäßig die Reden der Rechten störe, während die Rechte mäuschenstill bei Reden der Linken zu sein Pflege.(Stür- mische Heiterkeit links.) Abg. Fegter(Vp.) protestiert gegen diese Behauptung. Präsident Graf Schwerin , der dem Abg. Pauli-PotSdma die Ausdehnung seiner persönlichen Bemerkung gestattet hat, unter« bricht unter tosendem Beifall der Rechte« mehr« fach den Abg. Fegter. Nachdem der Lärm der Rechten sich einigermaßen gelegt hat, behauptet Abg. Pauli-Potsdam erneut, daß die Rechte niemals lärmt. Als Abg. Fegter dies bestreitet, lärmt die Rechte unter Führung der Antisemiten so intensiv und an- dauernd, daß der Redner völlig unverständlich bleibt. Der Kompromißantrag Schultz wird in namentlicher Abstimmung mit 132 gegen 11« Stimmen bei 2 Stimmenthal« tungcn angenommen, die Anträge Ablaß (Vp.) werden a b g e, lehnt. Zu ß 363»(Dienstordnung für die Angestellten der krankenkassen) bemerkt Abg. Schmidt-Berlin (Soz.): Ich will hier die Vorwürfe zurückweisen, die gegen Freunde bei den Ortskrankenkassen erhoben sind, naturlich nicht alle, aber doch einige. Der Ministerialdirektor Caspar hat die b raun fchweigif che Ortskrankenkasse angegriffen. Luch die Arbeitgeber im Vorstand— und keiner derselben gehört der Sozialdemokratischen Partei an— haben sich dagegen �rwahrt, daß bei der Anstellung von Beamten die politische Ge- innung iracudwie von Einfluß ist.— Ferner hat der Abg. Becker ?estritten, daß die Essener Ortskrankenlasse in Zentrumshänden ei— die Kasse, die zur Sichcrstellung ihre» Rendanten im Fall >er Auflösung seines Vertrage» 52 000 M. hinterlegt hat. Für die Richtigkeit der Behauptung, daß die Essener Kasse in christ- lichen Händen ist, verweise ich auf die„Essener Volks- z e i t u n g".— Weiter hat Becker die Münchener Kasse kriti- iert, es seien dort im Jahre 1303 vier Beamte entlassen worden, weil sie unserer Partei nicht angehörten. AuS den beteiligten Kreisen wird uns mitgeteilt, daß damals zwei Beamte ent« lassen wurden, weil sie für ihr Amt unfähig waren; der eine der Entlassenen gehörte dem Zentrum an. der andere unserer Partei.(HörtI hört! bei den Sozialdemokraten.) Weiter klagte Herr Becker über schikanöse Kontrolle eine» Er- krankten im Jahre 1897. Damals war die Kasse nicht in den Händen meiner Parteigenossen.(Hört! hört! bei den Sozial« demokratcn.) Es ist damals ein dem Zentrum angehöriger Mann namens Fischer angestellt worden, der der böse Mann gewesen sein muß. wenn wirklich zu viel kontrolliert worden ist.-» Ich bitte um Entschuldigung, daß ich solche Kleinigkeiten hier vor« trage; ich bin aber dazu gezwungen, weil diese Behauptungen in der zweiten Lesung hier vorgetragen find.— Auch der Abg. C u n o hat über Mißbrauche in den Ortskrankenkassen gesprochen. Gerade er als langjähriges Mitglied der Aufsichtsbehörde halte in der LaAe sein müssen, den Beweis zu führen, wenn wirklich Miß. brauch« vorgekommen wären. Gerade von ihm hätte man loyaler Weife erwerten Müssen, dsß v W® fce® Kralen ÄerMev fe« Orts» meine
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