Ar. 133. 28. Jahrgang.3. KilM b Jimirts" Knlim lolbM.Zonnabttld. 10. Juni 1911.Partei- Hnöfelegenbeiten«FriedrichShagm. Am Sonntag, den lt. Juni: Familienausflug«ach Restaurant Ravenstein. Treffpunkt um 3 Uhr am Eingangzum Kurpark.Kalkberge-RüderSdorf. Am Sonntag, den 11. Juni, nachmittags8 Uhr, findet im Restaurant«Weißer Schwan" sFuh. Paul Hoff-mann), VogelSdorferstr. 1. eine öffentliche Versammlung für Männerund Frauen statt. Tagesordnung:«Die Entrechtung der Arbeiter-klaffe durch die Mehrheitsparteien des deutschen Reichstages in derneuen Reichsversicherungsordnung." Referent: Reichstagsabgeordn.Emil Eichhorn-Berlin. 2. Freie Diskussion für jedermann.Der Einberufer.Spandau. Am Sonntag, den 11. Juni, morgens Uhr, vonallen Bezirkslokalen auS: wichtige Flugblattverbreitung._ Der Vorstand.Berliner Nachrichten.furchtbare flughataftrophc.Schendel mit Passagier tödlich abgestürzt.Die so glänzend begonnene Flugwoche ist durch eineschreckliche Katastrophe unterbrochen worden. Wir erhaltenvon einem Augenzeugen darüber folgenden Bericht: DerDornerpilot Schendel stieg am Freitag gegen 8 Uhr miteinem Passagier in der Absicht auf, einen neuen Höhenrekordaufzustellen. Bereits am Donnerstag hatte er die Absicht be-kündet, den von Hirth aufgestellten Höhenrekord im Passagier-flug von 158l) Meter zu brechen. Er hat auch wirklich einegrößere Höhe von schätzungsweise 2000 Meter erreicht, sichaber dieses Triumphes nicht lange zu erfreuen vermocht.Als er über Köpenick im Gleitfluge niederging, kippte in etwa500 Meter höhe der Apparat vornüber und sauste senkrechtzu Boden. Die beiden Insassen wurden herausgeschleudert.Sie stürzten an der Grenze von Köpenick nieder und fandendurch den furchtbaren Anprall sofort den Tod.Schendel hatte erst am dritten PIfingsttag mit 2010Meter den neuesten deutschen Höhenrekord aufgestellt. Werihn fliegen sah, empfing den Eindruck, es nicht nur miteinem überaus schneidigen, fondern geradezu toll-kühnen Flieger zu tun zu haben. Man wurde den Ein-druck nicht los, daß diese Verwegenheit, die sich nicht nur inder Sucht nach Rekordleistungen, sondern auch in der drauf-gängerischen Art seines Fliegens dicht über dem Bodenäußerte, früher oder später mit einer Katastrophe endenwürde. Inwieweit Schendel nun das Opfer seines allzu ge-fährlichen Wagemutes geworden ist, wird sich schwer feststellenlassen. Doch sollte diese neue furchtbare Fliegerkatastropheden anderen Piloten zur eindringlich st en War-nung dienen. Mit tollkühnen Bravourleistungen ist auchder Entwickelung der Flugtechnik am allerwenigsten gedient.«WolffS Depeschenbureau gibt folgende Darstellung derKatastrophe:Der 24 Jahre alte Flieger Schendel N?ar mit seinem etwaSO Jahre alten Monteur V o ß auf einem Dornereindecker gegen7 Uhr aufgestiegen, in der Absicht, den Welthöhenrekord zu brechen.Als um SM> Uhr der Kanonenschuß zum Zeichen der Beendigung derheutigen Flüge ertönte, befand sich Schendel noch in Höhe vonetwa zweitausend Meter. Vermutlich wollte er im Gleit-fluge landen, als sich das Flugzeug plötzlich senkrecht stellte. Es ge-lang dem Flieger wieder, daS- Flugzeug ins Gleichgewicht zu brin-gen, doch stellte es sich bald wiederum senkrecht und stürzte herabund kam in einer Laubenkolonie hinter Adlershof nieder. Sosortfuhr ein Automobil der Flugplatzgesellschaft an die Unfallstelle undbrachte den Flieger samt seinem Passagier als Leichen zurück.Die P. C. schildert den Absturz folgendermaßen:„Um 8 Uhr3S Minuten bemerkte man plötzlich, wie Schendel im schnellenGleitflug niederging. Als der Apparat aus ungefähr 1500 MeterHöhe niedergekommen war. wurden die entsetzten Zuschauer ge-wahr, daß irgend etwas an dem Apparat in Unordnung geratenwar. Von seitlichen Böen geschüttelt, flog der Apparat hin und her.doch sah eS so aus, als ob der geübte Führer doch noch die Herr-schast über die Steuerung hätte. Je weiter der Apparat jedochsank, desto mehr mußte man erkennen, daß es ein Kamps aus Lebenund Tod war. den Schendel in den Lüften führte. Ein endlicherseitlicher Windstoß brachte den Apparat zum Umkippen, und imfurchtbaren Sturz fauste das Flugzeug mit seinen beiden Paffa-gieren aus ungefähr 1000 Meter Höhe in die Tiefe. Vollständigzertrümmert wurde der Apparat einige Minuten später in einerLaubenkolonie bei AdlerShos von den sofort herbeigeeilten Beamtender Flugplatzgesellschaft gefunden. Schendel und sein Passagierwurden entsetzlich verstümmelt unter den Trümmern hervor-gezogen._Ein leichtes Gilben der Blätter, wie es sich sonst erst ge-wohnlich Ende Juli bemerkbar macht, kann man jetzt schonvereinzelt beobachten. Namentlich solche Strauchartcn weisengelbliche Blattönungen aus, die verhältnismäßig zeitig imFrühjahr Laub bekommen. Die hohe Temperatur des Maien-monats, besonders aber die anhaltende Trockenheit der letztenWochen dürften die Schuld an diesem allzu zeitigen Welkentragen. Und dort gerade, wo Büsche und Hecken der prallenSonne ausgesetzt sind, wie z. B. an Waldrändern und Feld-rainen, zeigt sich unsere Beobachtung am häufigsten und deut-lichsten denn dort fehlt der Schatten gänzlich, der immerhineinige Kühlung und Erfrischung bringt. Kämen einige mitNiederschlägen gesegnete Tage, dann würde dieser vereinzeltaustretende gelbliche Hauch bald verschwinden und wiedereinem kräftigen sommerlichen Grün Platz machen.Die Königliche Porzellanmannfaktur kann in diesem Jahreein Jubiläum feiern. Es sind jetzt 150 Jahre verstrichen, seitGotzkowsky die Porzellanfabrikation in Berlin einrichtete unddamit den Grund zur Königlichen Porzcllannianufaktur legte.Allerdings war das Unternehmen Gotzkowskys nicht das ersteder Branche in Berlin gewesen. Die'Versuche, in der MarkPorzellan herzustellen, gehen sogar bis 1713 zurück, in welchemJahre der Minister v. Görne in Plaue- eine Porzellanfabriknach Meißener Muster anlegte, die aber 1730 wieder einging.Im Jahre 1741 wollte Hunger, der früher in Meißen tätiggewesen war, eine Fabrik in Berlin einrichten, jedoch kam derPlan nicht zustande und erst 1750 wurde die Frage wiederaktuell. Die Glasschneider. Gebr. Schackcrt und kurz daraufder Wollenzeugfabrikant Wegely bewarben sich beim Königeum das Privileg zur Errichtung einer Porzellanfabrik. Wegely,der weißes Hartporzellan herstellen konnte, erhielt die Kon-tzession zuerst, die Schackerts, die nur weißes Glas fertig-'brachten, wurden nach Stennewitz gewiesen, siedelten sich in-dessen später bei Basdorf an. Die Fabrik von Wegely trat1751 in Tätigkeit, hatte aber von Anfang an mit großenSchwierigkeiten zu kämpfen. Es fehlte an dem nötigenMaterial, an geübten Arbeitern und die scharfe KonkurrenzMeißens, sowie schließlich der siebenjährige Krieg brachtendie Fabrik vollends zum Ruin. Wegely, der sich alle er-denkliche Mühe gegeben hatte, sein Unternehmen zu halten,löste die Fabrik im Herbst 1757 auf und leistete Verzicht aufdie Konzession. Das ziemlich reichhaltige Porzellanlager wurdeversteigert und ein großer Teil davon sowie von den Fabrik-geräten wurde von Reichhard, dem Techniker der WegelyschenFabrik erworben, der es später an Gotzkowsky veräußerte.Gotzkowsky war bereits 1760 vom König angeregt worden,das Meißener Porzellan in Berlin nachzuahmen. Er trat des-halb mit Reichhard, der das Geheimnis der Fabrikationkannte, in Verbindung, schloß mit ihm einen Konttakt und er-richtete 1761 eine Porzellanmanufaktur in Beyjin, die aller-dings nicht von Gotzkowsky, sondern von dem sächsischenKommissionsrat Grieninger geleitet wurde. Bis zum Endedes Krieges war die Fabrik mit 2 Brennöfen und 150 Ar-bcitern im Betrieb; sie ging indessen schon am 24. August 1763für 225000 Taler in den Besitz des Königs über und wurdedie Grundlage der heutigen Königlichen Porzellanmanusaktur.Kornblumentagefinden am nächsten Sonntage, am 11. Juni, in den GemeindenKöpenick. AdlerShos, Grünau, Johannisthal und Nieder-Schöneweidestatt. Dieser Tag ist in Aussicht genommen in Rücksicht darauf,weil die Ruderregatta in Grünau und der Beginn des Wcttflugesauf dem Flugplatze Johannisthal stattfinden. Man hofft, am 11. Juniein besonders günstiges Ergebeis zu erzielen.Am gleichen Tage hat Wilhelmsruh seinen Kornblumentag.während in Tegel der 16. Juni hierfür in Aussicht genommen ist.Die Kornblumentage werden vom Zenttalkomitee des PreußischenLandesvereins vom Roten Kreuz veranlaßt und sollen Mittel herbeischaffen zum Besten der Veteranen zur Benutzung freier Brunnen-und Badekuren, Ausbau von Veteranenheimen usw.Oeffentlich werden Frauen und Mädchen ausgefordert, sich inden Dienst des Roten Kreuzes zu stellen zum Verkauf von Korn-blumen und Postkarten; in einer amtlichen Bekanntmachung desAmtsvorstehers in Tegel werden.junge Damen aus dem Amtsgerichtsbezirk Tegel' ersucht, sich zu melden.Es sind Kornblumen gewählt, weil man glaubt, damit besonderspatriotische Herzen zu rühren.Die Margaretentage, die den Kornblumentagen folgen, sollenbekanntlich anderen Zwecken dienen als die Kornblumcntage.Schlimmer als durch diese Kornblumentage kann die PflichtVernachlässigung der Veteranen durch das Reich nicht gegeißeltwerden.AuS Tempelhof wird uns geschrieben:DaS sonst so rückständige Tempelhof geht jetzt mit der Neuzeitmit. Vorläufig wird es sich am Sonntag, den 18. Juni, aus demGebiete der modern gewordenen Engrosschnorrerei, genannt«Blumentag", betätigen. 600 Frauen und junge Mädchen werden an diesemTage den Einwohnern, Spaziergängern und Fahrgästen Blumen an»bieten. Da bei dem Vaterländischen Frauenverein die Mitglieder�zahl ebenso gering ist, wie ihre Einnahmen, so geben vierzehn hiesigeBereine dem Rummel den nötigen Nachdruck. ES gibt hier eineAnzahl schwer reicher Leute, sollte eS diesen nicht möglich sein, dielumpigen paar tausend Mark aufzubringen?Die königliche Bestätigung der Wiederwahl des OberbürgermeistersKirschncr ist nach Mitteilung des Magistrats noch nicht im Rathauseeingetroffen.Zur Verbreiterung der Dresdener Straße. Zur Durchführungder von den Gemeindebehörden beschlossenen Verbreiterung derDresdener Straße muß die Stadt die Häuser Dresdener Str. 66,67, 63 erwerben. Der Magistrat hat beschlossen, vorbehaltlich derZustimmung der Stadtverordnetenversammlung daS Hau« Nr. 66zum Preise von 285 000 M. käuflich zu erwerben und die Häuser 67und 68 zu enteignen, weil die Verhandlungen an den Forderungender Hauseigentümer gescheitert sind.Eine Volksversammlung für Taubstumme findet amSonntag, den 11. Juni, mittags 12 Uhr, in der„Neuest Phil-Harmonie", Köpenicker Straße 96/97, statt. Genosse SiegfriedMeyer wird das Thema:„Die Neichstagswahlen" behandeln.Daranschließend: Freie Diskussion. Zu dieser Versammlungwollen die Parteigenossen eine rege Propaganda entfalten.Eine verspätete Todesnachricht wurde dieser Tage von derArmendirektion an die Mutter eines unehelichen Kindes ge-stindt. Die Mutter hatte im Jahre 1008 das Kind bald nach derGeburt den in der Provinz wohnenden Angehörigen des unehelichenVaters übergeben, weil sie selber nach Berlin zurückkehren unddort Arbeit suchen wollte. Die Großeltern gaben dann das Kind inPrivatpflege zu einer Familie, die nach einer an die Mutter gelangte»Mitteilung des VormundschaftsgerichlS in einem Ort bei Wittenbergwohnte. Zu einem Wiedersehen zwischen Mutter und Kind kam esdie ganzen Jahre hindurch nicht. Die Pflegeeltern schrieben einigeMale nach Berlin, die Mutter solle Geld schicken, aber diese meinte.hierzu nicht in der Lage zu fein. Dann scheint für daS Kind dieHilfe der dottigen Gemeinde in Anspruch genommen worden zu sein.DaS mutz geschlossen werden daraus, daß in Berlin die Armen-direktion, die wohl der auswärtigen Gemeinde die Kosten ersetzenmußte, einige Male bei der Muller anfragte, ob sie nicht etwaszahlen wolle. Inzwischen heiratete in Berlin die Mutter, und imFrühjahr 1911 dachte sie daran, im Einverständnis mit ihrem Manndas Kind in nächster Zeit zurückzufordern. Da kam plötzlich EndeMai von der Armendirektion ein Schreiben, durch das sie benachrichtigtwurde, das Kind sei vor vier Wochen gestorben und in einemOrt bei Magdeburg beerdigt worden. Wann und �wie daS Kindnach der Gegend von Magdeburg gelangt ist, darüber hat keinMensch— behauptet die Mutter— ihr etwas mitgeteilt. Siewundert sich auch, warum ihr die Todesnachricht erst vier Wochennach dem Ableben des Kindes zugegangen ist. Wen die Schuld ander Verzögerung trifft, ist dieSmai schwer zu sagen. Wir kennen dieArt von.Fixigkeit", mit der aus den Bureaus unserer BerlinerStadtverwallung manchmal solche Nachrichten abgeschickt werden.Möglich ist es aber, daß diesmal die Armendirektion selber zu spätden Tod des Kindes erfahren hat.Bon den städtischen Arbeitern wird uns geschrieben: SchlechteErfahrungen machen die Arbeiter der Kanalisationsbauverwaltungmit ihrelw endlich erhaltenen Arbciteransschutz. Nicht, daß dieAusschußmitglieder ihre Pflicht verabsäumten; im Gegenteil. DieArbeitervcrtretcr haben in einer Sitzung des Ausschusses, freilichschon am 22. November 1910, energisch die Durchführung der neun-stündigen Arbeitszeit auch in den Wintermonaten und die Liefe-rung von Wasserstiefeln verlangt. Bis heute ist aber ein defini-tiver Bescheid über das Schicksal dieser Anträge nicht zu erlangengewesen. Die Arbeiter delegierten dann vor längerer Zeit dreiMitglieder des Arbeiterausschusses zum Vorsitzenden desselben.Ihre Bemühungen waren hier jedoch ergebnislos; denn dieserschickte sie wieder zu dem den Betrieb leitenden Baumeister. DieserHerr sagte, die Sache liege bei der Deputation. Eine Nachfragebei Mitgliedern der Deputation ergab aber, daß bis jetzt bei der-selben keine Anträge der Arbeiter eingegangen sind. Die Arbeiterfragen sich, was denn der ganze Arbeiterausschuß für einen Werthat, wenn die Anträge, die sie durch denselben stellen lassen, docheinfach irgendwo verschwinden und die zuständige Stelle, das istin diesem Falle die Deputation für die Kanalisationswerke undGüter Berlins, gar nicht erreichen. Es herrscht unter den Ar-beitern allgemein die Befürchtung, daß der Winter herankommenwird, ohne daß Remedur geschaffen ist, und sie ihren Schwächt-riemen daher schon jetzt enger schnallen müssen; denn bei einemtäglichen Lohn für sieben Stunden im Winter ist an Sattessen nichtzu denken.Rückständig ist unsere Eisenbahnverwaltung in der Beförderungvon Kranken und Verwundeten. DaS zeigte sich gestern vormittagwieder einmal bei einem Selbstmordversuch ans dem BahnhosFriedlichstraße. Dort warf sich kurz nach 10 Uhr ein noch unbe«kannter Mann in den vierziger Jahren in selbstmörderischer Absichtvor einen Stadtbahnzug und wurde überfahren und schwer verletzt-Der Zug wurde zurückgedrückt und der Unglückliche unter dem Wagenhervorgeholt. Der Bahnarzt war gleich zur Stelle und legte demschwer Verwundeten einen Notverband an. Dann wurde der Mannin einen Tragekorb gelegt, der auf jedem Bahnhofe steht. Vier Arbeiterfaßten an, hoben den Korb auf die Schtiltern und trugen den Ver«letzten durch die sehr belebte Friedrichstratze nach der königlichenKlinik. Es waren kräftige Leute, aber sie hatten an dem ziemlichbeleibten Verivundeten doch so schwer zu tragen, daß sie etwa alle150 Meter absetzen mußten. Das gab nun jedesmal in dem starken Ver«kehr einen Auflauf. Die Neugierigen eilten herbei, drängten sich heranund gaben sich alle Mühe, auch einen Einblick in den Korb zu be»kommen. Für den Verwundeten mutz jede Unterbrechung des Wegessehr schmerzvoll gewesen sein. Das können die Träger auch beimbesten Willen nicht vermeiden. Sie sind nicht geschult in solchenDingen, besonders nicht im Ausheben des Tragekorbes.So kommt der Verunglückte in schiefe und schräge Lagen, bald so.bald so. die ihm jedesmal Schmerzen bereiten müssen. Diese Artdes Transportes ist veraltet und beruht wahrscheinlich noch aufeinem alten.Reglement". Andere Verwaltungen, zum Beispiel dieGarnisonverwaltung, haben sie längst abgeschafft und sind von denfahrbaren Körben auch schon zu eigenen Transportwagen über»gegangen. Wer das nicht will, der kann sich wenigstens der zeit-gemäßen Mittel bedienen, die die Stadt und die Krankentransport-anstalten zur Verfügung stellen. In diesem Falle besonder» wärees möglich gewesen, durch einen einfachen Fernruf in der kürzestenZeit vom Verband für erste Hilfe am Schiffbauerdamm einen Wagenzu bekommen. Er hätte schon da sein können, bevor noch der Arztmit dem ersten Verbände fertig war. Gerade die Eisenbahn»Verwaltung sollte doch mit Veraltungen auf diesem Gebiete amersten auftäumen, weil sie ja in ihrem Betriebe zu jeder Stunde aufErkrankungen und Unglücksfälle gesaßt sein muß.Krankenpfleger Griehl aus der Untersuchungshaft entlassen.Der seit dem 3. März d. I. in Untersuchungshaft befindlicheKrankenpfleger Edmund Griehl ist gestern nachmittag gegen 2 Uhraus der Hast entlassen und das Verfahren gegen ihn eingestelltworden. Griehl war bekanntlich wegen dringenden Verdachts desMordes an der 68 Jahre alten Rentiere Margarete Hoffmann, geb.Schiller, in Haft genommen worden.Wiederholt waren die Anträge der Verteidiger des Verhaftetenauf Haftentlassung vom Gericht abgelehnt worden. Vor mehrerenTagen stellten die Verteidiger einen erneuten Antrag, dem nun»mehr Folge gegeben wurde, und nach einer längeren Konferenz,die der Erste Staatsanwalt Hagemann mit dem Untersuchungs-richter Rudolf hatte, wurde die Haftentlassung GriehlS beschlossen.Nach Erfüllung der erforderlichen Formalitäten konnte Griehlgestern gegen 2 Uhr mittags nach über dreimonatlicher Haft dasGefängnis verlassen und nach Haufe zurückkehren. In der Be-gründung wird betont, daß wohl eine ganze Reihe Verdachtsgründegegen Griehl vorliege, diese aber nicht ausreichen, eine längereUntersuchungshaft zu rechtfertigen, da bei dem jetzigen Stadiumder Untersuchung vor» der Erhebung einer Anklage Abstand ge-nommen werden müsse. Das Verfahren fei deshalb einzustellenund der Beschuldigte aus der Haft zu entlassen.Ein merkwürdiger Fund. Im Drehgestell des Waggons Nr. 1321eines zwischen Berlin und Odcrberg verkehrenden O-Zuge» wurdebei der Reinigung des Wagens in der Potsdamer Eifenbahn-Haupt-iverkstätte ein weiblicher Fuß gefunden, der schon nach den Ver«wesungSanzeichen längere Zeit dort gelegen haben mußte. ES istmöglich, daß daS Bein von einer Frau stammt, die vom Zuge über-fahren worden ist; bei dem starken Luftdruck kann der Fuß imMoment deS UeberfahrenwerdenS in das Drehgestell geschleudertworden sein. Sonderbar ist es nm. daß der Fuß vollständig nackt war.Der Häuptlingssohn als BerfichcrungSkandidat. Einen heiterenAbschluß fand gestern ein Prozeß, den der Versicherungsagent Frei»Herr v. Schirp gegen die Gesellsck>aft«Wilhelm«" um die Person-lichkeit des als„Prinz Aqua" auftretenden Häuptlingssohncs AquaBonambonela Bonaku, eines Neffen des alten«King Bell", vor der5. Kammer deS Berliner Kaufmannsgerichts führte. Der„schwarzePrinz" hatte beim Kläger sein Leben in Höhe von 25 000 M. versichert; die beklagte Gesellschaft verweigerte aber die Aufnahmedes Prinzen und ebenso eine ProvisionSzahlung an den Kläger,da die Auskunft über den HäuptlingSsohn sehr ungünstig ausfielund u. a. auch die Bank, bei der Prinz Aqua seine 5wp>talien auf-'gespeichert haben wollte, von einem solchen Depot nichts wußte.Freiherr v. Sch., der mit seltener Zähigkeit an seinem Kandidatenfesthielt, wollte einen umfangreichen Wahrheitsbeweis dafür antreten. daß sein Prinz ein tadelloser Gentleman sei. Er wolltediesen zum Termine auch persönlich mitbringen,„Hoheit" zog esjedoch vor, dem Gerichte fernzubleiben. Eine um so deutlichereSprache redeten die Auskünfte, die das Kaufmannsgcricht vomPolizeipräsidium von Berlin und vom Gouverneur von Kamerrmeingezogen hat.„Prinz Aqua" ist nach der Auskunft des Polizei-Präsidenten ein Sohn des Häuptlings Bell, wohnte in der Wein-mcistcr- und Elsasser Straße in Cl>ambrcgarnis, für den Preis von25 M. monatlich, macht bei Wirtinnen und GeschäftsleutenSchulden und führt einen leichtsinnigen Lebenswandel. Er„ver-lobte" sich mit der Tochter eines Zigarrenhändlers und verschwanddann, nachdem er ihr 600 M. abgenommen hatte. Bei der Amts-anwaltschaft Charlottenburg schwebt gegen ihn ein Verfahrenwegen Betruges, bei der Berliner Staatsanwaltschaft schwebenVerfahren wegen Gefangcnenbefreiung und Widerstandes gegendie Staatsgewalt.Nach der vom kaiserlichen Gouverneur in Kamerun ein-gegangenen Auskunft ist der Vater des Prinzen Häuptling einesDualla-Stammes der Dorfschast Bonaku. Der Zufall wollte es,daß in diesem Falle das Veisitzerkollegium besonders sachverständigwar, denn ein Beisitzer, mit dem der schwarze Prinz auch in„Ge-schäftsverbindung" treten wollte, erklärte dem Kläger, daß er alsintelligenter Kaufmann in spätestens einer halben Stunde hätte