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Scham über die Halillng hin deutschen auStvaritgckl Politik. Das Beschämende erblickt die»Post" hauptsächlich darin, dah eine Macht wie Spanien , die sich in keiner Weise mit dem Deutschen Reiche der- gleichen könne, die Klugheit und den Mut besitze, aus der Besetzung von Fes durch die Franzosen die freie Aktion für sich herzuleiten und die Konsequenz tapfer zu ziehen. Deutschland habe solche Folgen der Besetzung von Fes amtlich in der»Norddeutschen Allgemeinen" zwar angekündigt, aber bisher noch nicht den Mut gefunden, auch durchzuführen. Der Deutsche müsse bald anfangen, die Spanier um ihre auswärtige Politik zu beneiden. Im spanischen Ministerrat sei erklärt worden, Untätigkeit im gegenwärtigen Augenblick sei Vernachlässigung der obliegenden Pflicht. Im deutschen Aus- wärtigen Amt scheine man leider ganz anderer Ansicht zu sein. Wahrscheinlich wäre derPost" und ihren Gönnern jetzt, in der Zeit vor den Wahlen, nichts angenehmer und gelegener, alsTätig- teit im gegenwärtigen Augenblicke". Man hätte dann ja eine-- Wahlparole. *** Die wichtigsten Depeschen über den Stand der Marokkoaffäre lauten folgendermaßen: Paris , 1l. Juni. In einer offiziösen Note wird mitgeteilt, die französische Regierung habe schon vor mehreren Tagen dem spa- nischen Kabinett erklärt, daß sie, falls die spanische Militärbehörde in der Gegend von Tetuan und Larrasch vorgehe, dies als eine Uebcrschrsitung der Algecirasakte ansehen und hierzu ihre Zu- stimmung nicht geben könne. Madrid , II. Juni. Nach Meldungen aus Larrasch ist die von dort aufgebrochene spanische Abteilung, die unter dem Kommando des Hauvtmanns Ovilo steht, in der vergangenen Nacht in Udenzac vor Elksar eingetroffen und hat dort ein Lager bezogen. Die Abteilung wird bei Tagesanbruch in Elksar einrücken. Madrid , II. Juni. Zweihundert Mann sind heute von Cadix nach Larrasch abgegangen, um die Verbindung zwischen Larrasch und Elksar sicherzustellen. Madrid , II. Juni. Die Regierung hat eine Note von dem Ver. treter des Sultans in Tanger el Gebbas erhalten, in der gegen die Ausschiffung spanischer Truppen in Larrasch Einspruch erhoben wird. Tanger , II. Juni. Der Pascha von Elksar hat bei Raifuli und Gebbas gegen die Entsendung spanischer Truppen nach Elksar Ein- spruch erhoben. Tanger , II. Juni.(Meldung der Agence Havas.) Dem diplo- matischcn Korps sind von verschiedenen Stämmen der Umgegend Proteste gegen die Ausschiffung spanischer Truppen bei Larrasch zu- gegangen. Paris , It. Juni. Aus Toulon wird gemeldet, Marineminister Delcasse habe für den Hafen von Mehedia, welcher als Ver- proviantierungspunkt für die französischen Truppen dient, eine Hafenverwaltungsbehörde geschaffen, bei der Seeoffiziere unter be. sonders günstigen Bedingungen angestellt werden sollen. Madrid , 12. Juni. Im heutigen Ministerrat gab der Minister des Acußeren Garzia Prieto Kenntnis von einem Telegramm des spanischen Botschafters in Paris , das über dessen Besprechung am Sonnabend mft dem franzöfischen Minister des Aeutzeren Cruppi berichtet. Cruppi habe im Laufe dieser Unterredung dem Bot» fchafter Perez Caballero erklärt, daß er sich, da er die näheren Um- stände, unter denen die Ausschiffung dep spanischen Truppen in Larrasch erfolgt sei, nicht vollständig kenne, darauf beschränke, von der Mitteilung des Botschafters Kenntnis zu nehmen, und um weitere Aufklärungen bitten werde. Garzia Prieto wurde ermäch. tigt, die Verhandlungen fortzusetzen, um bei dem Pariser Kabinett jeden Zweifel über die Bedeutung und Tragwefie des berechtigten Schrittes Spaniens zu zerstreuen. Madrid , 12. Juni. Mimsterpräsidenk Canalejas dementiert »ie Nachricht der Blätter von der bevorstehenden Besetzung von Zlrzilg._ Politische deberfiebt. Berlin , den 13. Juni 1911. Einen Versuchsballon ilkistl die.Germania" aufsteigen. Sie gibt die Sorgebliche Mel. düng wieder, dast die Fertig st ellung des Reichshaus» haltSetatS für 1S12/1g keine Ueberraschungen bringen werde. Die Aufnahme einer Anleihe sei ausgeschlossen. ES liege eine Stellungnahme des Reichskanzlers vor, wonach für den kommenden Etat eine Balanzierung zwischen Einnahmen untzj Ausgaben unbedingt herbeigeführt Werden solle. DieGermania " memk offenbar jenen etatsmäßigen Vor- a n s ch l a g. der nach den Wünschen der bedrängten Schnapsblock- brüder bereits dem alten Reichstag im Herbst vorgelegt werden soll. um den Vätern der neuen Finanzrcform die Verantwortung für diese Steuerschröpfung zu erleichtern. Ein solcher Voranschlag ließe sich natürlich mit Leichtigkeit so gestalten, daß Ausgaben und Einnahmen balanzieren und eine Anleihe unnötig erscheint. Selbst- verständlich würden in ihm z. B. die Kosten für eine neue Flottenvorlage fehlen. Sollte dann der neue Reichstag die Wünsche des Flottenvereins erfüllen, so würde einfach ein Nach» entlsmiiig von Polizei-flnarchiften. Paris , 10. Juni. (Eig. Ber.) Ein ausgezeichneter Fang ist den revolutionären Jungmannschaften derGuerre Sociale " gelungen. Sie haben ein ganzes Nest von Lockspitzeln und Polizeivertrauten aufgestöbert und einen der ge- fährlichsten der Bande zur Ablegung eines Geständnisses gebracht. nachdem sie ihn mit einem Spießgesellen bnchstäblich verhaftet und zwei Tage lang in Gewahrsam gehalten hatten. Die ganze Ge- schichte ist merklvürdig genug, um in den Details wiedergegeben zu werden. Die Gruppe derGuerre Sociale", die bekanntlich mitKampf- organifationen" arbeitet, hatte feit einem Jahr die Gewißheit ge- Wonnen, daß sich Spitzel in ihrer Mitte befanden. Es wurde in aller Heimlichkeit eine Gegenspionage organisiert. Bald faßte man gegen bestimmte Personen einen Verdacht, der sich immer mehr ver- dichtete. Schließlich waren die Beweise gegen eine von ihnen bei- sammen. Man hätte noch zugewartet, um da? J gegen andere vorliegende Material zu vervollständigen, aber das Treiben der Sippe beschränkte sich nicht auf Spionage. sondern hatte den Charakter der Lockspitzelei und wuchs sich zu- letzt zu einer unmittelbaren Gefahr aus. So beschloß man denn, zuzugreifen. Ein seltsamer Zufall führte den be- kannten Hauptschuldigen ins Netz. Am Mittwochnachmittag erschien er auf der Redaktion derGuerre Sociale" und ersuchte um die Aufnahme unter diejungen Garden" des Blattes. Er heißt Eugen B l e d. alias Bonnet. und ist 35 Jahre alt. Als Referenzen gab er einige revolutionäre Gruppen an. Der Redakteur Almerehda aber nahm ihn sofort ins Verhör. BIed geriet in Verwirrung, zitterte, stammelte. Er wurde nun von den anwesendenjungen Garden" festgenommen und bis Freitag in Gefangenschaft gehalten, wobei ihm großmütig die Behandlung als politischer Häftling" gewährt wurde: neben ausreichender Kost Ver- abreichung von Tabak und freie Lektüre. Am Donnerstag wurde in dem Bureau des Blattes ein zweites Individuum verhaftet: Dudragne. derzeit verantwortlicher Redakteur des anarchistischen WochenblattesLibertaire". Gegen ihn konnte indes eine vollständig geschlossene Beweiskette nicht ge- liefert werden, wenn auch die Verdachtsmomente ausreichend er- scheinen. Er wurde am Freitag freigelassen, ohne ein Geständnis abgelegt zu haben. Bled aber hat ein schriftliche» Geständnis abgelegt. Iragsekak aufgestellt Verden , BTe sich denn überhaupt für jede Ueberschreitung de» Etats in einem RachtragSetat die Mittel be- schaffen ließen, und zwar auf dem ja nicht mehr ungewöhnlichen Wege der Anleihe. Die ganze Etatübersicht wäre ja überhaupt nichts«IS plumpster Wahlschwindet. Schmerzliche Refignation« DieGermania " ergibt sich, freilich nicht mit sonderlicher Fassung in ihr Schicksal. Sie gibt zu, daß ihre Hoffnungen, die sie in Sachen des FeuerbestattungSgesetzes auf das Herrenhaus ge- setzt hatte, eitel gewesen sind. Denn nach der Annahme d«S Ge- setzes durch die Kommission sei auch von der Verhandlung im Plenum kein anderer Ausgang mehr zu erwarten. Die Schuld dafür mißt das führende Zentrumsorgan der konservativen Presse bei, die Mar eine Zeitlang mit anerkennenswerter End- schiedenheit dieEinäscherung" bekämpft, in der letzten Zeit diesen Kampf aber eingestellt habe. Wohl nicht infolge eines Wim- dels der bisherigen Ueberzeugung, sondern mit Rücksicht auf den Teil der konservativen Abgeordneten, die auch für daS Gesetz ge­stimmt. Gleichwohl will das Zentrum den aussichtslosen Kampf gegen die Leichenverbrennung nicht aufgeben. Sein Trost im Leiden ist, daß das Zentrum die einzige Partei gewesen sei, die diealtchristliche Sitte gegen daS neuheidnische Verlangen" mit zäher Energie verteidigt habe. Daß das Bundesverhältnis zwischen Zentrum und Konservativen irgendwelche Trübung erfahre, deutet dieGermania " mit keinem Wort an. Wir hatten das ja auch bereits in einem ftüheren Stadium der Angelegenheit verausgesagt. Ebenso erfüllt dieGermania " wörtlich unsere Voraussage durch die Bemerkung, daß die Regierungkein Bedenken getragen" habe, das Gesetz als Morgengabe aus den Händen der Sozialdemokratie entgegenzunehmem." Ein Scherz, der nachgerade nicht nur recht abgegrifstn, sondern auch nicht einmal ganz berechtigt ist, da ja eigentlich nicht die Stimmen der Sozialdemokraten den Ausschlag gegeben haben, sondern die der fünf Zentrumsabgeord- n e t e n. die trotz der krampfhaften Änpeitscherei des Zentrums bei der entscheidenden Abstimmung fehlten. l DesReichsboten" Klage. ImReichsboten", dem Organ zur Erheiterung der Gott- losen, schreibt einVaterlandsfreund" und Feind der deutschen Sprache also: WaS wir in den letzten Tagen und Wochen im Reiche und in Preußen erlebt haben, ist im höchsten Grade geeignet, die Gemüter aller guten Patrioten mit Besorgnis zu erfüllen. Man ist in der Tat versucht zu ftagen, ob unsere leitenden Kreise mit Blind- heit geschlagen und unfähig sind, zu erkennen, wohin bei dem fortwährenden Nachgeben der nimmersatten Demo- kratie gegenüber die Reise geht. Dabei bleibt man weit davon entfernt, die ungestümen Schreier und Dränger zu befriedigen, im Gegenteil, man macht sie nur immer verlangender(stimmt!), während man andererseits Gafahr läuft, die zuverlässigsten Stützen des Staates und die treueften Freunde sich zu entfremden. Das ist wahrlich nicht nur eine kurzsichtige, sondern ein« ganz gefährliche Politik. War es nötig, die LeichenverbrennungS Vorlage im preußischen Landtage eiryubringen? Nun ist sie im Ab- geordnctenhause, allerdings mit einer Majorität, wie sie knapper nicht möglich war(und nur mit Hilfe der Sozialdemo- k r a t e n) angenommen worden, und das Herrenhaus hat da? Wort, das sie ihren eigentlichen Vätern, den christentumsfeindlichen Demokraten, welche sie der Regierung abgerungen haben, hoffent- lich vor die Füße werfen wird.... Und die Regie- r u n g? Sollte sie nicht merftn, was auf dem Spiele steht? Kann sie ruhig zusehen, wie durch langsame aber stetige Maul- Wurfsarbeit die Fundameute de« Staates unterminiert werden?(Aber gerade das Graben ist doch Maulwurfs- arbeit, während das Verbrennen denk' doch an die Ketzerverbrennungen Deiner geliebten Brüder in Christo von der anderen Couleur das wahrhaft Gott­gefällige ist!) Und nun die elfaß-lothringifche BerfafsungS« Vorlage mit ihrem demokratischenWahlrecht... Wahr- lich, man kann nur staunen und fragen:Wie war so etwas möglich?" Doch wir stehen vor einer vollendeten Tatfache, welche die mannhafte Stellungnahme der Konservativen nicht zu Verhindern vermochte. Nun heißt«S aber, doppelt die Augen auf- femacht und das Pulver trocken gehalten, denn schon letscht der Löwe, nachdem er in Elsaß-Lothringen Blut geleckt hat, die Zähne und-bereitet sich zum Sprunge, um über daspreußischeLandtagSwa h Ire cht herzufallen und ihm den Garaus zu machen.(Stimmt!) Hier ober wird hoffentlich der preußische Konservativismus mit seinem entschiedenen und kraft» vollenBis hierher und nicht weiter" auf die Schanzen treten, hier muß die Demokratie ihren Meister finden und eS d a r f nicht geschehen, daß ein einziges Steindjen aus dem Gefüge des preußischen Landtagöwahlrechts herausgebrochen wird....' So möge denn an die konservativen Fraktionen des Landtag? hiermit die dringende Bitte ergehen, schon frühzeitig darüber keinen Zweifel zu lassen, daß man in keine Aenderung des preußischen Landtags» Wahlrecht» willigen wird." Nun, derVaterlandsfreund' wird schon noch sehen, ob dasBis hierher und nicht weiter" der Konservativen das Es lautet: Ich erkenne an, feit zwei Jahren die revolutionären und anarchijstischen Kreise überwacht und über sie regelmäßige und detaillierte Berichte andieGe- brüder F o u r n y. Rue Rameh 21, geliefert zu haben. Ich bekenne weiter, für Rechnung derselben Individuen d i e Streikenden und die Manifestanten der Cham » pagne überwacht zu haben. Ich bekenne, mich in Gesellschaft von Geo Fsournh besonders mit den Revolutionären von Epernay befaßt und einen Abgesandten derGuerre Sociale" und die zwei Genossen von Epernah, die ihn begleiteten. beobachtet zu haben. Ich bekenne überdies, auf dieGuerre Sociale" zu dem Zweck gekommen zu fein, um zu versuchen, mich in die revolutionären jungen Garden einzuführen. Hierbei wurde ich entlarvt. E. Bled , alias Bonnet, derzeit Mitglied der kommunistisch- revolutionären Föderation, der Gruppe der revolutionären Presse und der revolutionären Sektion des 18. ArrondissementS." DieGebrüder Fourny Mario und Geo von denen in diesem Geständnis die Rede ist. verdienen auch eine besondere Betrachtung. Diese Firma, die sich als Preßagentur unter dem TitelPresse Jnter- nationale Jlluströe" präsentiert, befaßt sich mit allerhand Geschäften. vor allem aber mit Detektivdiensten. Sie ließ nicht nur die revolmionären Gruppen Sozialisten, Syndikalisten und Anarchisten sondern auch dieCamelots du Roy" die GruppePro-Argentin", den Verband ehemaliger Militärsträfling«, dieReformisten " der Schutzmannschast sehr zahme Fachvereinler, den Verein der Gefangenenwärter usw. durch Angestellte ausspitzeln. Sie organisierte auch mit Hilfe des Gemeinderats und Direktors derPatrie" Messard. eine private Schutzwach«, die der Unsicherheit von Paris steuern sollte. Zu ihren Angestellten gehörte der Redakteur des Wochen« blattS Anarchie" Boulanger, der Anarchist Candoli, der rumänische Hochstapler-Anarchist und zarische SpitzelDr." Reichmann, Dudragne vomLibertaire" usw. Bled schrieb gelegentlich für dieEtoile Belge" und die Patrie". Nachdem er in den revolutionären Kreisengearbeitet" hatte, ging er zu denCamelotS du Roh" über, die ihn aber nach einer Verurteilung wegen eines gemeinrechtlichen Delikte» aus- schifften, worauf er wieder zu den Revolutionären zurückkehrte. Aus Notizbuchaufzeichnungen BledS geht feine provokatorische Rolle in der Champagne auf da» klarste hervor. Auch die Ber - letzte Wort sein wird oder das Vorwärts der Sozial- demokratte._ Deutsche Hilfe für China . Diekkreuzzeitung" wirbt in einem Leitartikel um materielle Unterstützung für China , d. h. die Provinz Echan tung, das Hinterland unseres Sonnenplatzes Kiautschou . Durch diese Unter- stützung hofft sie eine weitere Ausdehnung der deutschen Handels- beziehungen zur Provinz Schantung zu erreichen. Da sich die Kreuzzeitung " hauptsächlich an die Kreise des deutschen Handels und der Industrie wendet, wäre ja nichts dagegen einzuwenden, wenn diese Herren einen Griff in ihren Geldbeutel täten. Eine gelinde Dreistigkeit aber ist es, wenn das konservative Hauptorgan von dem Vorteil faselt, der Deutschland durch die Erwer- bung seines Sonnenplatzes in wirtschaftlicher Beziehung zuteil geworden sei. Wenn das Blatt den Bruttowert des Gesamthandels von Tsingtau auf 40 Millionen Taels beziffert, gegenüber durchschnittlich nur 22,7 Millionen im Durchschnitt des Jahrzehnts 1900 bis 1909, und daraus einen Vorteil für den deutschen Handel herleiten will, so möchten wir es nur gebeten haben, uns doch gefälligst anzugeben, wie hoch sich der deutsche Anteil an diesem Handel beläuft. Nach dem Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich vom Jahre 1910 betrug die deutsche Ausfuhr nach Kiautschou im Jahre 1909 ganze 3,3 Millionen Mark, während sie im Jahre 1902 bereits 6,9 Millionen Mark betragen hatte. Ein wahrhaft phänomenales Wjachstum"! Aber auch die deutsche Gesamtausfuhr nach China bezifferte sich'm Jahre 1909 nur auf 66,8 Millionen Mark, während sie 1905 bereits 75,3 Millionen Mark betragen hatte. Wenn das dieVorteile" find, die uns unsere glorreiche ostasiatische Kolonie verschafft hat, so wäre es in der Tat besser, wir schlügen den Sonnenplatz so rasch als möglich meistbieten!» an den ersten besten Reflektanten los.'_ Die grundsätzliche Grundsatzlosigkeit der Netional- liberalen wird sehr hübsch in einer Ulkausgabe desFreien Volkes" charak- terisiert, die auf dem Parteitage der Demokratischen Vereinigung in Gotha verteilt wurde. Die Charakteristik entspricht so sehr der Chamäleonnatur der nationaMberalen Partei, daß der Scherz in Wirklichkeit bitterer Ernst ist. Die nationalliberalen Kautschukmänner werden folgendermaßen abgemalt: Auf dem naftonaNiberalen Parteitag hielt der Abgeordnete Strohmann ein begeistert aufgenommenes Referat, in dem er die Stellung seiner Partei ebenso klar wie überzeugend dahin präzi- sierte: Rechts steht der Feind, in der Mitte der Erzfeind, links der Totfeind, vor uns der Widersacher, hinter uns der Gegner. Wir haben die schwere, aber erhebende Pflicht, den Kampf nach allen Fronten zu führen. Unbekümmert wird unsere Partei den Weg gerade- aus gehen und rücksichtslos ihre Kompromisse sowohl nach rechts wie nach links hin schließen. Unserer Partei schweben voran die alten, großen, edlen Worte: National und liberal. Vaterland und Freiheit, Disziplin und Duldung, vertikal und horizontal: Herrscher des Vaterlands, Heil, Kaiser dir! Nachdem der Beifallssturm zwei Stunden und siebenundvierzig Minuten getobt hatte, beschloß man, in die Diskussion einzutreten. Zuerst sprach Wassermann für den B ü l o w- B l o ck. dann Reb- mann für den G r o ß b l o ck, dann Fuhrmann für den Block aller Bürgerlichen, dann Lehmann für einen national- liberal-konservativ-antisemitischen Block. Alle Reden wurden mit Begeisterung aufgenommen. Wohl hütete man sich aber diesmal, wieder in den Fehler von Anno 1910 zu verfallen und ohne eine Resolution auseinander­zugehen. Nein, einmütig brachten zum Schluß Stroh-, Wasser-, Fuhr-, Reb« und Lehmann einen Antrag ein, ber dann einstimmig angenommen wurde: Die in Quassel heute versammelten Mämter sind der Ansicht, daß die deutsche Politik nur durch einen Block gefördert werden kann. Sie fordern die Freunde im Lande auf, mit diesem Gesichtspunkte in den Kampf zu ziehen und Blöcke zu schließen, wo und mit wem immer sich eine Möglichkeit bieter, da- bei aber nie zu vergessen, daß im Prinzip sich die nationalliberale Partei nur auf sich selbst verlassen lann." Die elsaß-lothringische Zentrumspartei hat am Sonntag in Straßburg wieder eine Delegiertensitzung ah« gehalten, in der folgende Resolution angenommen wurde: Der Delegiertentag der elsaß-Iothringischen Zentrumspartei verurteilt aufs schärfste die ablehnende Haltung, welche die Reichs- tagSfraktion des Zentrums seinen Beschlüssen in Sachen der Ber- fnssungSreform Slsaß-LothringenS hat angedeihen lassen und beschließt: 1. den Reichstagsabgeordneten Delfor, Hauß, Hoen, Dr. Ricklin, Wetterle. Dr. Will und Wiltberger. sowie den der Partei angehörtgen LandesauSschutz- Abgeordneten volle» Vertrauen für ihre Haltung gelegentlich der Be- ratung deL Verfassungsgesetze» auszudrücken; 2. an seiner eigenen unabhängigen Landeöorganisation mit deren Namen und Programm festzuhalten, dagegen den Beitritt zum neu zu gründen- den Ausschuß der Zentrumspartei abzulehnen; 3. darüber, ob in Zukunft di« dem elsaß-lothringischen Zentrum angehörtgen Ab- geordneten gleichzeitig der Zentrumsfraktion des Reichstags an- Haftung eines Verkäufers derGuerre Sociale" bei der Rückkehr aus der Champagne ist auf ihn zurückzuführen. In der letzten Zeit befaßte er sich insbesondere mit der Uebcrwachung der revotu- tionären Eisenbahner und drängte sich an den gemaßregelten Streikführer Le Guennic heran. Weitere Enthüllungen stehen bevor. DieGuerre Soelake " schickt sich an, der Oeffentlichkeit mit einem in der revolutionären Bewegung sehr bekannten Namen aufzuwarten. Almerehda bekennt übrigens offen, an den Personen der beiden Spitzel Freiheitsberaubung geübt zu haben und fordert den Polizeipräfekten auf, gegen ihn einzuschreiten. Herr Lepine wird'S bleiben lassen. Es wäre ihm wohl nicht angenehm, wenn etwa auch noch die Affäre der famosen Bombenverschwörung, die neulichentdeckt", aber schleunigst wieder verscharrt wurde, ausgehellt werden würde. Daß die Bombenaffären des Eisenbahner st retks der Firma Fourny nicht fernlagen, ist zweifellos. Man hat daS Klischee der einen aufgefundenen Bombe im Vorzimmer der Firma gefunden. Und die bei einem jungen Redakteur desLibertaire" bei seiner Verhaftung im Genosseiischastsrestaurant der Rue de Bretagne gefundenen drei Bombenhülsen waren, wie die Polizei berichtete, von demselben Modell! Ob nicht auch weitere Enthüllungen, die auf den vorzeitigen Susbruch des Eisenbahner st reikS selbst Licht werfen könnten, folgen werden, bleibe einstweilen dahingestellt. Ein Hauptmacher in der ganzen Spitzelunternehmung war der genannteDr." Reichmann, der unterdes gleichfalls geständig worden ist. Ueber Talen und Werke dieses Edlen, der ein Blättchen unter dem TitelDer Umsturz, internationales Organ für praktischen Anarchismus undTerroriS« mus" herausgab, ein andermal. Der Reichmann war vielseitig. Er arbeitete hier für die russische Polizei, bereitete Bombenattentate gegen die nach der Champagne gesendeten Soldaten vor und suchte in den deutschen Arbeiterkreiien der sozialdemokratischen Organi- sation entgegenzuarbeiten. Die Leute von derGuerre Sociale' empfinden über ihr gelungenes Werk eine begreifliche Genugtuung. Sie dürsten sich aber nicht Rechenschast darüber abgeben, daß es vor allem ein neues Zeugnis gegen ihre Taktik erbringt. Die Verschwörertaktik züchtet immer und überall das Lockspitzeltum. Auf dem Boden derKampf- organisation" wachsen mit Naturnotwendigkeit die Azew. Und sie ver­giften und zerstören sie, während die organisierte proletarische Massen« bewegung die Polizeinetze, die über sie geworfen werden, wie Spinn- geweoe zerreißt.