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gehören sollen, hat siatutmgemäß die KreiZorganisation zu De « schliefen. DieGermania " erblickt in dieser Resolution eine gewisse Mäßigung", sie hegt die Hoffnung, daß dieMißstimmung" der Elsässer bald schwinden werde, eine Hoffnung, die wohl in Erfüllung gehen dürfte, denn die feindlichen Brüder werden sich schon auf ihrem reaktionären Wege wieder zusammenfinden. Ein sonderbarer Schwärmer. Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Stresemann hat am Sonnabend in München gesprochen. Nach den.Münchener Reuest. Nachr." erklärte er: In ihrer Stellung zur Sozialdemokratie warte die nationalliberale Partei ab, ob die R e v i s i o n i st e n oder die Radikalen die Oberhand behalten, ob die Sozial- demokratie fich in den Rahmen des heutigen Staates ein- fügen werde und sachlich mit der nationalliberalen Partei zusammenzuarbeiten gesonnen sei. Das nächste Flotten- gesetz, so meinte der Redner ironisch, werde hierzu der Prüf« stein sein." Der Brave wird lange warten können! Zusammenarbeit mit den Nationalliberalen zur Vereitelung der Sozialpolitik, zur Stärkung des MariniSmus und Militarismus der Gedanke kann in der Partei nur ungetrübte Heiterkeit wecken. Wenn die National- liberalen mit der Sozialdemokratie zusammenarbeiten wollen zum Beispiel bei der Durchsetzung des gleichen Wahlrechts in Preußen, bei der demokratischen Aus- gestaltung der ReichSgesetzgebung usw., dann sind sie es, die gründlich zu revidieren haben. Aber freilich, darauf zu warten, fällt uns nicht ein._ Die Meincidsbeschuldigung der Sozialdemokratie durch denDanziger Gerichtsassessor Warmbrunn be- schästigte eine am 8. Juni in Danzig tagende überfüllte Volks- Versammlung. Nach einer Abrechnung des Reichstagskandidaten Marckwald- Königsberg mit den Danziger Gerichts« und Polizei- zuständen wurde die folgende Resolution beschlossen: Die Versammlung hat davon Kenntnis genommen, daß ein Vorsitzender des Danziger Schöffengerichts, Affessor Warmbrunn, am 1. Jnni dieses Jahres amtlich und öffentlich die unwahre Behauptung aufgestellt hat, die sozialdemokratische Partei habe offen erklärt, daß für ihre Anhänger der gerichtliche Eid nicht bindend sei. Die Versammlung spricht ihre Erbitterung über die deutsche Gesetzgebung auS, welche eS zuläßt, daß ein Mann, welcher Millionen deutscher Männer und Frauen wahrheitswidrig der Neigung zum Meineide bezichtigte, auch weiter das Richteramt be- kleiden darf. Die Versammlung sieht in dem Verhalten deS AffefforS eine neue Bestätigung der sozialdemokratischen Auffassung, daß die meisten Gerichtshöfe, wenn eS fich um Klaffen- und Parteiinteressen handelt, unbewußt in Klaffenvorurteilen befangen sind; sie tritt dementsprechend für die sozialdemokratische Forderung ein, daß die Rechtsprechung durch vom Volle gewählte Richter zu er- folgen hat."_ Sozialdemokratische Sparkassen. In der volkswirtschaftlichen ZeitschriftDie Sparkasse ", amtliches Fachblatt des Deutschen Sparkassen-VerbandeS, findet fich in der Nummer 702 vom l. Juni folgende Jeremiade über die sozial- demokratische Verworfenheit: DerReiÄSbote" beleuchtet sehr richtig die Gefahren, die die beabsichtigte Gründung sozialdemokratischer Sparkassen vor allem für die Spargelder der Arbeiter selbst birgt. Es ist also auf nicht mehr und nicht weniger als auf die vollständige Auspowerung, auf die absolute Eni- rechtung der Arbeiterbevölkerung abgesehen. Auch der letzte Groschen ihrer sauren Arbeit soll ihnen zu Parteizwecken aus der Tasche gelockt werden. Das Märchen von der Berelendung der Massen soll dadurch zu buchstäblicher Wahrheit gemacht werden. Es soll also bei der absoluten politischen Willenslosigkeit des Arbeiters, wie sie heute schon geschaffen ist, noch nicht einmal sein Bewenden haben, sondern jede persönliche Willensbestimmung selbst übet das mühselig erworbene Stück Brot will man ihnen rauben. In wahrem Sinne des Wortes gefesselt will man das Arbeiterheer in seine Hände bekommen, um sich selbst auf diese Weise eine unbesiegbare Macht zu schaffen. Wahrlich, ein fein ausgeklügelter Plan! Seine Enthüllung kommt uns sehr zu rechter Zeit, denn vor den Wahlen ist es nötig, daS Volk auf diese AuS- pliinderungspläne der Sozialdemokratie hinzuweisen, aus daß es fich hüte, die Sozialdemokratie durch die Wahlen verstärken zu helfen. Was wollen die kleinen Plackereien der Finanzreform gegen diese planmäßige und vollkommene Ausplünderung der be- dauernswerten Arbeiter bedeuten, bei der man jetzt schon ganz ruhig den Zwang in Aussicht stellt, und wie der Zwang in sozial- demokratischer terroristischer Handhabung aussieht, daS ist be- kannt." Daß ein volkswirtschaftliches Organ ausgerechnet den Reichsboten" als Kronzeugen anruft, genügt schon zur Cha- rakterisierung der Objektivität, mit der eS seineVolkswirtschaft" bearbeitet. Es erübrigt sich daher auch, auf da» alberne Beschwätz von densozialdemokratischen Sparkassen" näher einzugehen. Wie der Militarismus das menschliche Selbstgefühl zertrampelt. Ein bemerkenswerter Militärprozeß beschäftigt» daS Dres­dener OverkriegSg ericht als Berufungsinstanz. Wegen Achtungsverletzung" war der Ulan Göpfert von der 4. Eskadron des UlanenregimentS Nr. 17 in Oschatz angeklagt. Am 25. März, nach dem Einrücken vom Exerzieren, machte der Sergeant Krande einem Ulan Vorhaltungen wegen einer Unregelmäßigkeit. Der Vor- gesetzte drohte dem Soldaten, ihn noch nach Dresden d. h. ins FestungSgefängniS oder vor das Kriegsgericht zu bringen. Göpfert fragte darauf seinen Kameraden, was er denn auSgefressen habe. Als der Sergeant nunmehr dem Göpfert gegenüber erklärte, ihm ginge die Sache nichts an und er sei auch nur als Lump zum Militär gekommen, erwiderte G.:Ich bin als anständiger Mensch zum Militär gekommen und wenn ich ein Lump geworden bin, so nur durch das Einsperren in Arrest und durch die Unteroffiziere!" Obgleich der Sergeant bei dem Vorfall nicht einwandsfrei gebandelt hatte, brachte er die Sache zur Meldung. Das Kriegsgericht billigte dem Angeklagten den% 98 des Militärstrafgesetzbuches zu, indem es annahm, daß der Angeklagte durch das Wort Lump gereizt worden ist. ES warf aber trotzdem die 18 Tage strengen Arrest auS. Der Borgesetzte war mit einer Disziplinarstrafe von zwei Tagen ge- lindem Arrest davongekommen. Dem Gerichtsherrn war die Strafe noch zu niedrig, er legte Berufung ein und erstrebte eine Gefängnis- strafe. Vom Verhandlungsführer am Berufungsgericht wurde das verhalten GöpfertS als eine bodenlose Unverschämtheit bezeichnet. Der Anklagevertreter beantragte mit Rücksicht auf die grenzenlose Frechheit und Disziplinlosigkeit eine Gefängnisstrafe! Es sei an- gebracht, hier mit großer Strenge vorzugehen. Es mögen bei ge- nanntem Regiment in petzt« Zeit mehrfach unerquickliche Sachen vorgekommen sein, aber ein Soldat sei nicht berufen, sich zum Richter über die Vorgesetzten aufzuspielen. Das Berufungsgericht hob dann auch das erstinstanzliche Urteil auf und erkannte auf die exorbitante Strafe von vier Wochen strengem Arrests Oesterreich . Aus der Wahldewegung. Asch(Böhmen ), 12. Juni. Der deutsche Landtagsabgeordnete Dr. Karl Liebknecht hielt gestern hier eine Versammlung ab, in der er einen Vortrag halten wollte, der bei der Regierung alsSozialpolitisches Jena" angemeldet worden war. Als Liebknecht über die österreichischen Verhältniffe sprechen wollte, löste der anwesende Regierungsvertreter die Ver- s a m ni l u n g auf. Auf der Straße kam es zu Zusammen- stößcn zwischen der Gendarmerie und den Sozialisten. Nach- mittags wurde aus demselben Grunde eme Versammlung in der Nähe von Asch aufgelöst; auch hier kam es zu Zusammen- stoßen. Wien , 12. Juni. Wie die Blätter aus Troppau melden, kam es bei einer Wählerversammlung in O d e r f u r t bei Mährisch- Ostrau zu Zusammenstößen zwischen deutschsreiheitlichen und sozialdemokratischen Wählern, wobei zahlreiche Per- sonen verletzt wurden. Viele Personen wurden verhaftet. Die Gendarmerie stellte die Ordnung wieder her. fratikmcb. Die Winzerbewegung. Paris , 12. Juni. Der VerbandSausschuß der Winzer deS Aube Departements fordert in einem einstimmig gefaßten Beschluß sämtliche Gemeindevertretungen des Departe- ments auf. innerhalb von acht Tagen ihre Entlassung zu geben, falls das ganze Abgrenzungsgesetz bis dahin nicht ab- geschafft ist. Gleichzeitig wird die Bevölkerung unter Hinweis auf ihre Notlage aufgefordert, alle Steuern zu ver» weigern. In den Dörfern bei Bar-sur-Aube fanden gestern abend lärmende Kundgebungen gegen den AbgrenzungS- erlaß statt. Die Winzer zogen, revolutionäre Lieder singend, durch die Straßen; es kam dabei wiederholt zu Zusammen- stößen mit Gendarmen und mit Dragonerpatrouillen, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung aufgeboten waren. In Bordeaux fand unter Vorsitz des Mitgliedes des Generalrats Eymon-d eine auch von mehreren Ab- geordneten des Departements Gironde besuchte Versamm- lung von etwa 1b(X> Winzern statt, die sich mit Ent- schiedenheit gegen die Abschaffung der Abgrenzung der Wem- baugebiete aussprach. Eymond hielt eine Ansprache, in der er Ruhe empfahl, jedoch hinzufügte, sie wären entschlossen, Gewalt anzuwenden, falls man gegen sie Gewalt braMe. Lelglen. Die Ministerkrisc. Brüssel» 12. Juni. Kabinettschef de Broquebille wird heute abend dem König die neue Min ist er liste vorlegen. Die Unterhandlungen über die Besetzung der Portefeuilles sind zum Abschluß gebracht und daS Kabinett ist so gut wie gebildet. Mit Ausnahme von vier Ministern bleibt das Kabinett dasselbe wie daS vorige. Die Erklärung des neuen Kabinetts vor der Kammer wird Vicht vor dem 20. d. M. verlesen werdeg. v- Hus der Partei. veberslüssige Polemik. DieSchwöb. Tagw." kommt auf unsere Bemerkungen über die letzte Parteiversammlung zurück und teilt ihren Lesern zunächst mit, daß über diese Versammlungvom Vorsitzenden der Stutt- garter Organisation ausführlicher berichtet worden sei, als die Stuttgarter Parteileitung in derSchwab. Tagw." berichtet" habe. Wir können nicht annehmen, daß diese Mitteilung ein Vorwurf sein soll. Denn eS ist nicht unbekannt, daß die Stuttgarter Partei- leitung gerne bereit wäre, in derTagw." ausführlicher zu Wort zu kommen. Wir dürfen also hoffen, daß dieser offenbar auch bei der Redaktion vorhandene Wunsch künftighin in allen Parteifragen in höherem Maße als bisher erfüllt werde. Ebenso können wir es nur begrüßen, wenn dieTagwacht" ganz in Uebereinstimmung mit uns und unserem Korrespondenten schreibt: Ruhe und Frieden tut der Stuttgarter Parteiorga- nisation allerdings bitter npt, und auch oie Parteigenoffen im Lande, die unter den gegenwärtigen Zuständen schwer leiden, können mit Recht verlangen, daß endlich Ruhe und Ordnung eintritt." Nur können wir eS leider nicht als richtiges Mittel, diese dringende Notwendigkeit zu erfüllen, ansehen, wenn dieTagw." dann fortfährt:Die Voraussetzung dazu aber ist, daß die Partei» leitung die Parteigenossen eint, statt sie zu spalte n". Ein solch schwerer und unberechtigter Vorwurf ist sicher dem Frieden nicht förderlich. Ebensowenig erscheint es uns richtig, die in der ersten Erregung vielleicht menschlich begreifliche, aber sachlich ungerechtfertigte Aktion gegen daS Abstimmungsresultat fortzusetzen. Die Vorgänge in Stuttgart erregen schon jetzt dje Aufmerksamkeit der gegnerischen Presse, die in ihrer übertreibenden und entstellenden Art daraus Kapital gegen die Partei zu schlagen sucht. Wir sind überzeugt, daß in der Gesamt Partei der sehr nachdrückliche Wunsch besteht, daß der Fortführung des Streites in Stuttgart Einhalt geboten werde. Und gerade die Ausführungen derSchwöb. Tagw." beweisen ja, daß derselbe Wunsch auch bei den Stuttgarter Genossen besteht wie wir hinzu- fügen möchten, ohne Unterschied der Richtung. Denn diese kämpf- erfahrene Parteigenossenschaft weiß, daß sie in dem Jahre der ReichstagSwahlcn sich keine inneren Konflikt? ge- statten darf._ Tov eines russischen Freiheitskämpfers. Immer größer wird die Zahl der Opfer, die das russische Pro- letariat denr Moloch des Zarismus bringt, immer stärker Sie Lücken, die der Tod in den Reihen der sozialdemokratischen Partei Ruß- lands reißt. Der Besten einer ist nun in der Gestalt des Genossen Bogdan Knuniantz auS unseren Reihen geschieden. Plötzlich und unerwartet ist dieser starke, rüstige Mann, dessen Kämpfernatur aller Hindernisse spottete, dessen Energie und Tatkraft auch in den Jahren der finstersten Reaktion nicht versiegte, von seinen Feinden zur Strecke gebracht worden. In den finsteren, verseuchten Zellen des Gefängnisses zu Baku , wohin er nach seiner jüngsten Ver- Haftung gebracht wurde, ist er der dort herrschenden TyphuSepidemie zum Opfer gefallen. Genosse Knuniantz(weiten Kreisen der Partei auch unter dem Namen Rüben und Radin bekannt) stand fast ein Jahrzehnt lang in den ersten Reihen der russischen Sozialdemokratie, der er als Redner, als Schriftsteller, als Organisator diente. Schon auf dem 2. Parteikongretz im Jahre 1903, d« eigentlich den Grundstein für die Parteiorganisation legte, war er als Delegierter anwesend. Die folgenden Jahre verstrichen für ihn in fieberhafter Tätigkeit, in der sich seine slammende. hinreißende Beredsamkeit und seine organisatorische Fähigkeit entfalteten. Im Revolutionijahr 1905 war er einer der populärsten Redner aus den Petersburger Mee- tings. dem die Massen zujubelten, wie selten jemanden«. Als vor den entscheidenden Ereignissen im Oktober 1005 der Petersburger Lrbciterdelegiertenrat zusammentrat, Mche Genosse KvMigtch. ÄS Verlreler 8er sozralssemokrÄtschen Parke? SorMn entsaM unS nahm als Mitglied deS Exekutivkomitees hervorragenden Anteil an der Tätigkeit dieses revolutionären Arbeiterparlaments. Am 16. Dezember wurde er zusammen mit den übrigen Mitgliedern des Delegiertenrates verhaftet und im nachfolgenden Prozeß zur Verbannung nach Sibirien verurteilt. Er flüchtete von dort ins Ausland, um nach kurzer Unterbrechung wieder zur revolutionären Tätigkeit in Rußland zurückzukehren. Er war einer von den wenigen, die den mörderischen Schlägen der Konterrevolution standhielten und zäh und unermüdlich in den Reihen des kämpfen- den Proletariats weiter arbeiteten. In Baku geriet er den Schergen der Polizei in die Hände, denen es infolge eines Unglück- seligen Zufalls gelang, seine Identität festzustellen, was zur Folge hatte, daß ein Verfahren wegen seiner Flucht aus der Verbannung gegen ihn eingeleitet wurde. Ihm drohte in diesem Prozeß eine langjährige Zwangsarbeitsstrafe. Noch ehe aber dieses Urteil gc- fällt wurde, fiel Genosse Knuniantz den grauenhaften Zuständen im Gefängnisse zum Opfer. Das russische, das internationale Pro- letariat wird den Namen dieses unermüdlichen Kämpfers in Ehren halten._ "Höfliche Berichterstattung. DieMannheimer Volks- st i m m e" bringt einen Bericht vom Delegiertentage des Deutschen ChorsängerverbandeS in Mannheim . In dem Bericht findet sich folgende Stelle: In der Nachmittagssitzung beehrte Herr ReichStagSabgeord« veter Dr. Frank die Versammlung mit seinem Besuche. Aehnlich las man es bisher nur in Hofnachrichten. pollreUicbe», ßencbtllchco uTvv, Sonderbare Auslegung des Begrisss der öffentliche» Versammlung. Am 16. Oktober v. I. fand in der Wohnstube eine» Besitzers in Bittehnen, Kreis Labiau , eine Mitgliederversammlung des sozial- demokratischen Kreisvereins statt. Parteisekretär Linde aus Königsberg hatte hierzu nur die Mitglieder einzeln brieflich ein- geladen. Vor Beginn der Versammlung kontrollierte Gerwsse Linde die Anwesenden auf ihre Mitgliedschaft und forderte die Nichtmtt- glieder auf, den Raum zu verlassen. Während der Rode Lindes waren nun aber noch zwei Besitzer hinzugekommen, die noch nicht Mitglied waren. Der schlechten Lust wegen, die im voll besetzten Zimmer herrschte, wurde ein Fenster geöffnet und auch die Tür, die zum Flur führte, nicht geschlossen. Im Flur standen zwei Lehr- linge und draußen vor dem Fenster sah ein alte Frau, die auf ihren Mann wartete. Hieraus wurde den Veranstaltern der Versamm- lung ein Strick gedreht. Vor Gericht erklärten diese drei Zeuge», von dem Vortrag nichts verstanden zu haben. Die Veranstalter dieser Vereinsversammlung erhielten aber Bestrafungen über je 20 Mark wegen Abhaltung eineröffentlichen Versammlung", die nicht polizeilich angemeldet worden war. Vom Schöffengericht wurde der Besitzer der Wohnung freigesprochen, weil natürlich nach dem Reichsvereinsgesetz nur der Veranstalter oder Leiter einer Ver- sammlung wegen Uebertretuna beraft werden kann. Die Bestrafung des Genossen Linde wurde jevoch vom Schöffengericht und von der Strafkammer aufrecht erhalten und die hiergegen eingelegte Re» Vision vom Oberlandesgericht in Königsberg verworfe««. In dem sonderbaren Urteil des Berufungsgerichts heißt es: Die in Rede stehende Versammlung sei sowohl eine politische als auch eine öffentliche und fei daher anmeldepflichtig gewesen. Der Angeklagte habe damit rechnen müssen, daß sich die Nachricht von der sozialdemokratischen Versammlung schnell herumsprechen würde und daß infolgedessen sich viele NichtMitglieder einfinden würden. AuS diesem besonderen Grunde sei eine strengere Kon- trolle im vorliegenden Falle erforderlich gewesen, um die Ver- sammlung als eine Mttgliederversammlung zu begrenze». Die von ihm geübte Kontrolle sei gänzlich unzureichend gewesen. Der Angeklagte habe aber auch garnicht die NichtMitglieder aus­schließen wollen, ihm sei ihre Aniuesenhett im Gegenteil sehr er- Wünscht gewesen. Ausschlaggebend hierfür sei, daß die Fenster und die Türe des VersauinuungSraums offen gestanden hätten, obgleich die Bersammlung am 16. Oktober, also bereits zu kühler Jahreszeit(l) stattgefunden hatte. Hiermit habe der Angettagte nur den Zweck verfolge», Tonnen� den Vortrag einer unbe- schränkten Personenzahl zugänglich zu inachen. Er habe di« von ihm«inberufene Bersammlung gar nicht als eine BereinSver- ftimmluii� gewollt, vielmehr sei er lediglich in der Abficht, das Vereinsgefei; zu umgehen, bemüht geivesen, der Versammlung äußerlich den Charakter einer Vereinsversanimkung zu geben." Das Oberlandesgericht lieh die in der Revision des Angeklagten gerügteVerkennung der Oeffentlichkeit" nicht gelte», Auch er- kannte es keinen Rechtsirrtum des Vorderrichters an und verwarf die Revision. Bei dieser Handhabung und AuSlsgung deS ReichSveveinSge- setzeS ist eS in Ostpreußen überhaupt nicht mehr möglich, Vereins- Versammlungen abzuhalten, ohne sie polizeilich anzumelden und überwachen zu lassen. Denn in ähnlich liegenden Fällen sind bereits i» sechs verschiedenen ReichSiagSwahlkreisen Ostpreußens unsere Genossen, die dort Bereinsversammlungen abhielten, ohne sie poli- zeilich anzumelden, bestraft worden. Di« Berufungen wurden aus ähnlichen� wie hier angegebenen Gründen verworfen. Mg Incluktrie und Dandel. Die deutschen Aktiengesellschaften im 1. Viertelsahr 1911,� Nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen AmteS auf Grund der Bekanntmachungen der Gerichte imReichs- anzeiger" wurden in den Monaten Januar. Februar und März 1911 33 Gesellschaften mit einem nominellen Aktienkapital von 48,11 Millionen Mark gegründet. 10 Gesellschaften hiervon mit 17,74 Millionen Mark Kapital wurden unter Einbringung be- stehender Unternehmungen gegründet; für die Sacheinlagen bei Siefen Umlagen wurden 10,7! Millionen Mark in Aktien gewährt. Bemerkt sei, daß das Kaiserliche Statistische Amt nur diejenigen Sacheinlagen feststellen kann, welche unter Beobachtung der Schutz- Vorschriften bei§ 186 Absatz 2 deS Handelsgesetzbuches eingebracht sind. Kapitalerhöhungen erfolgten im ersten Vierteljahr 1911 bei 89 Gesellschaften um 162,39 Millionen Mark. 28 Gesellschaften nahmen Kapitalherabsetzungen um 12,83 Millionen Mark vor. Im elben Zeiträume traten 21 Gesellschaften mit einem Aktienkapital von 31,74 Millionen Mark in Liquidation. Bei 3 Gesellschaften mit 2,80 Millionen Mark Kapital wurde das Konkursverfahren eröffnet. Zunahme der Auswanderung. In den Monaten Januar bis April des laufenden Jahres hatte die Auswanderung über die deut- schcn Nordseehäfen Hamburg und Bremen einen ständigen Rück- zang erfahren. Im Mai ist eine Wendung eingetreten. Ueber Hamburg sind nämlich im Mai ausgewandert 0700 Personen gegen 6900 Personen«in April und über Bremen 13 300 Personen gegen 10 200 Personen. Zwar bleiben in beiden Häfen die diesjährigen Ziffern immer noch wesentlich hinter denen des Vorjahres zurück, doch lesst anscheinend die Börse der Wendung nach oben bereits eine größere Bedeutung bei. Die Ursache für den Rückgang der Auswanderer, die in der Hauptsache aus den ostpreußischen Län- dexn stammen, war in der Stockung des Geschäfts in den Vereinig- ten Staaten zu suchen. Obwohl es gegenwärtig in Nordamerika noch nicht besser geht, hat doch die Auswanderung zugenommen. Doch darf nicht übersehen werden, daß nicht mehr ein so großer Teil der Auswanderer sich nach den Bereinigten Staaten wendet wie früher,' sondern daß wesentliche Verschiebungen zugunsten Kanadas stattgefunden haben. Sehr viele Auswanderer lassen sich auch in den Häfen der Vereinigten Staaten ansschiffen, wegen des kürzeren SchiffßwegeS und begeben sich erst dann zu Land nach Kanada , veM sie jn fee? flytoZ ZkM Beschäftigung gefunden haben.