Nr. 136.

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Telegramm Adresse:

,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Schönfärberei.

II.

Mittwoch, den 14. Juni 1911.

Dant

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

Stelle die unteren und die höheren Verwal. tungsbehörden."

Artikel 32a. Die§§ 361a, 361b, 363b Abs. 2 bis 6§ 368 der Reichsversicherungsordnung treten sofort in Kraft für alle Ange­stellte, die künftig der Dienstordnung unterstehen sollen. Dabei treten, solange die Versicherungsämter und die Oberversicherungsämter noch nicht errichtet sind, an Stelle der Versicherungsämter die Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung, an die Stelle der Oberversicherungsämter das Reichsversicherungsamt ( Landesversicherungsamt). Für das Verfahren und die Fristen gelten entsprechend die Vorschriften der Reichsver­sicherungsordnung über das Spruchverfahren. Der Reichskanzler tann hierüber näheres bestimmen."

uns natürlich wiederum etliche hundert Millionen Mark kosten. Und wie die finanzielle Wirrnis der Jahre 1906 bis 1909 zum guten Teil auf die Riesenausgaben für das südwest- Nach dem frommen Blatt haben unsere Genossen diesen An­afrikanische Striegsabenteuer zurückzuführen waren, so wird trag ohne erheblichen Widerspruch passieren lassen". Wie sah aber Nun Handelt es sich, aber keineswegs nur um die Deckung uns auch ein neuer Krieg in dem famos afrikanischen Neu- der Artikel aus, als er aus der Kommission ans Plenum fam? der etatmäßigen Ausgaben, sondern auch um die Schulden- Deutschland in die größten finanziellen Kalamitäten zurück- Er erhielt in der Kommission die Fassung, in der er vom Reichstag tilgung  . Die Reichsfinanzreform vom Jahre 1909 wollte werfen. Schon jetzt ja würde unsere famose Kolonialpolitik angenommen ist. Er lautet jetzt: ja nicht nur die Defizitwirtschaft beseitigen, sondern auch eine sich im Reichsetat in recht unangenehmer Weise bemerkbar wirkliche, wenn auch langsame Tilgung der alten Schulden machen, wenn nicht das famose System besonderer ermöglichen. In den Verhandlungen über die Reichsfinanz- Kolonialanleihen eingeführt worden wäre. reform, namentlich in den Kommissionsverhandlungen, spielte dieser pfiffigen Bilanzverschleierung, die man Frankreich  ja diese auch in der Denkschrift der Regierung mit besonderem abgeguckt hat und die ja auch Herr Dernburg  Nachdruck hervorgehobene Aufgabe eine außerordentlich große sofort nach seinem Antritt empfahl, findet die Steigerung Rolle. Die beabsichtigte Schuldentilgung war zweierlei Art. unserer Anleihen durch die Kolonialpumpwirtschaft im Reichs­Zunächst waren mehrere 100 Millionen Fehlbeträge aus den etat ja keinen Ausdruck. Das ändert aber nichts an der Tat­lezten Jahren zu decken. Man hatte in den Jahren 1906 und 1909 sache, daß diese Kolonialanleihen schließlich nichts den Etat einfach dadurch zu balancieren versucht, daß man die anderes sind als riskante Finanzmanöver, für die Fehlbeträge durch enorm hohe Matrifularbeiträge deckte. Diese das Reich aufzukommen hat. Die offiziosen Finanzkünstler, die durch ihre begeisterte behörden eine Zeit zu schaffen, in der ihr Treiben jeder Deckung bestand natürlich nur auf dem Papier. In Wirklich­Also die Absicht der Antragsteller, für die Verwaltungs. feit wurden dieſe riesigen Matrikularbeiträge nicht geleistet, Feststellung des Mehrertrages der Steuern über die Anschläge Kontrolle durch die Rechtsprechung entzogen werden sondern an ihrer Stelle Anleihen aufgenommen. Diese der beiden letzten Jahre hinaus eine optimistische Auffassung sollte, ist gründlich vereitelt worden! Anleihen sollten aber nicht in eine konsolidierte Anleihe ver- unserer Reichsfinanzlage zu verbreiten versuchen, täten also wandelt, sondern besonders behandelt und so rasch als mög- besser, einmal einen nüchternen Finanzanschlag für die Sachverhalt? Will es seinen Lesern glauben machen, daß Weshalb verschweigt das Zentrumsblatt den wahren lich abgetragen werden. Der Reichstag beschloß denn auch nächsten Jahre vorzunehmen, wobei sie natürlich die un- das Zentrum an dem ursprünglich beabsichtigten hinterlistigen demgemäß. Er bestimmte durch das Gesetz vom 15. Juli 1909, ausbleiblichen Mehrausgaben gleich uns daß die diversen Hundert Millionen Mark ungedeckter Matri- mit in Rechnung zu stellen hätten. Das wird Streich nicht beteiligt war? Oder will es die Sache so darstellen, tularbeiträge und sonstiger Fehlbeträge aus den Jahren 1906 ihnen natürlich nicht einfallen, denn dann würden sie ja für als habe der Antrag gar nichts anderes enthalten, als schließlich bis 1908 mit 1,9 Proz. zu tilgen und die Fehlbeträge aus den Schnapsblock keine Wahlmacher und Nothelfer, sondern den Jahren 1909 gar in den Jahren 1911 bis 1913 aus den im Gegenteil sehr peſſimiſtiſch ſtimmende" Mießmacher" sein. bereiten Mitteln gedeckt werden sollten. Für das Jahr 1911 Die Wahrheit taugt eben nicht zur reaktionären Stimmungs­hätten danach 45,6 Millionen Schulden getilgt werden mache. Der politische Gimpelfang bei den bevorstehenden müssen. Weiter aber beſtimmte das Gesetz vom Reichstagswahlen kann nur durch möglichst plumpen Schwindel 15. Juli 1909, daß die älteren Schulden mit 1 Proz. betrieben werden. Die Sozialdemokratie wird freilich dafür zu tilgen seien, was für das Jahr 1911 einen weiteren sorgen, daß die Masse über diese Schwindelmanöver gründlich Schuldentilgungsbetrag von 44 Millionen ausmachte. Diese aufgeklärt wird. zufammen 89,6 Millionen sind aber nach dem Etat nicht zur Schuldentilgung, sondern zur Deckung der ganz anderen Aus­gaben des außerordentlichen Etats verwandt worden.

die nach dem Gesetz zur Schuldentilgung hätten verwendet

des

Das Zentrum

angenommen wurde?!

Bezeichnend für das Zentrum sind ferner die folgenden Aus­führungen des Artikels:

„ Die Zentrumispartei war der Reichsversicherungsordnung gegenüber wie bei so vielen anderen Gelegenheiten in die Not­wendigkeit versetzt, zuerst in den eigenen Reihen den Boden der Ginigung zu finden. Sie ist nicht in der Lage, wie die Sozialdemokratie, einseitige Interessen vertreten zu lömten, in ihr sind nicht nur Leute vertreten, die aus der Reichsver­ficherungsordnung möglichst viel haben wollen, sondern auch die Kreise, welche die Zeche mit bezahlen müssen."

Eine Partei, die aus Personen besteht, die nicht mit bezahlen müssen, gibt es überhaupt nicht im Reiche! Bei der

Nach dem Voranschlage des Etats fonnte von den 89,6 Millionen, und die Reichsversicherungsordnung. rantenversicherung müssen die Arbeiter zwei Drittel und werden müssen, nicht ein Pfennig seinen wirklichen Zwecken Etwas beklommen ist es dem Zentrum doch bei der Annahme bei der Invalidenversicherung müssen sie die Hälfte bezahlen. Das Zentrum denkt aber an die Unternehmer. Um den zugeführt werden. Die Schuldentilgungsparagraphen ftanden der Reichsversicherungsordnung geworden. Wenigstens die Kreise also lediglich auf dem Papier  - es wurde fein Pfennig Schulden des Zentrums, die sonst für Fortführung der Sozialpolitik ein- Unternehmern bei der Krankenversicherung   eine Mark zu sparen, getilgt, wohl aber ging die alte Pumpwirtschaft traten, suchen Entschuldigungen für das Verhalten der Partei. Die Alters- und Invalidenversicherung kostet jede Mart Ersparnis für muß man dem Kranten drei Martentziehen. Bei der munter weiter! Sache ist um so bedenklicher, weil das Zentrum in fast allen Fragen den Unternehmer den Invaliden zwei Mark! Um für die Wenn wir also auch annehmen, daß im Jahre 1911 und geschlossen stimmte und nun jeder einzelne Zentrumsabgeordnete Internehmer zu sparen hat das Zentrum so viel Recht der in späteren Jahren die Einnahmen aus den neuen Steuern für alle Bestimmungen des Gesetzes verantwortlich gemacht Arbeiter vernichtet! Das Zentrum war gleich mit dabei, die der letzten Reichsfinanzreform eine weitere erhebliche werden kann. Steigerung aufweisen werden, so steht demgegenüber In einem sehr langen Artikel sucht die„ Köln  . Bolts- 3tg." Selbständigkeit der Versicherungsämter zu vernichten! Denn jener doch fest, daß diese Einnahmen nicht einmal dazu die Haltung des Zentrums zu rechtfertigen. Dabei wird dann ein Antrag, der am vierten Sigungstage in der Kommission eingebracht ausreichen werden, um die durch die ge- Angriff auf unsere Genossen unternommen, für den die sachlichen wurde, der an Stelle der geplanten Versicherungsämter die untere Verwaltungsbehörde, also in Preußen den Landrat, Militarismus Unterlagen fehlen und wobei das fromme Blatt einen hinterliftigen sette, war von Schidert, Erzberger  , v. Gamp und Horn( Neuß  ) steigerten Ansprüche und Marinismus erwachsenden Mehr- Streich der Reaktionäre als gar nicht geschehen hinstellt. unterzeichnet. Die Annahme dieses Antrages war der erste ausgaben zu decken. Vollends aber tann Das Zentrumsorgan schreibt: gar nicht daran gedacht werden, den den Absichten des„ Am Schlusse lief die Sache sogar auf eine gründliche Schritt zur Entrechtung der 2andarbeiter! Blamage für die Sozialdemokratie hinaus. Gesetzes vom 15. Juli 1909 gemäß eine wirklich e Gerade in dem Ein reiner Zentrumsantrag war der Antrag Nr. 179, der die Schuldentilgung eintreten zu lassen. Das Fiasko der Punkt, der eine„ Entrechtung" der Arbeiter sein soll, bezüglich unterschrift sämtlicher Zentrumsmitglieder der Reichsfinanzreform bleibt also ein evidentes! Selbst wenn die der Neuordnung der Beamtenverhältnisse in den Krantentassen, som mission trug, er verschlechterte die Regierungsvorlage be­hat die Sozialdemokratie sich kleinlaut zurückziehen müssen. Im züglich der Bersplitterung der Krankenkassen. Während die Re­neuen Steuern die volle Höhe des Ertrages erreichen sollten, Einführungsgefeß sind noch in letter Stunde Bestimmungen gierungsvorlage die Neugründung von Betriebskrankenkassen nur den der Schnapsblod von ihnen erwartete, selbst wenn das eingefügt worden, welche die neuen Vorschriften über die Kran- zulassen wollte, wenn mindestens 500 Versicherte in dem Betrieb Bolt die 450 Millionen voll an den Staat zu zahlen hat und fentassenbeamten sofort in Kraft setzen, um den etwaigen Be- arbeiten, beantragte das Zentrum für gewerbliche Betriebe 100 und daneben noch die verschiedenen Hundert Millionen an die strebungen der Kaffenborstände vorzubeugen, diese Bestimmungen für landwirtschaftliche Betriebe 20 Versicherte zu sehen, d. h. jeden Produzenten und den Zwischenhandel, so wird die Absicht, zu umgehen. Wegen der diesbezüglichen Anträge verlangten die endlich einmal den Etat ins Gleichgewicht zu bringen und die ja schon so oft geplante Schuldentilgung wenigstens in bescheidenem Umfange zu realisieren, nimmermehr erreicht werden!

Sozialdemokraten erneute Kommissionsberatung. Das ist ihnen größeren Bauer die Gelegenheit zu geben, mit seinen Arbeitern gewährt worden. Aber in der Kommission haben sie schließlich aus der Krankenversicherung herauszubleiben. ohne erheblichen Widerspruch die Anträge passieren lassen, weil eben das von der Regierung vorgelegte Material so erdrückend war und so beschämend für bestimmte Sassenleitungen, daß ein sozialdemokratischer Abgeordneter sich zu dem Ausspruch berstieg: es gehöre eine ganz gemeine niederträchtige Gesinnung dazu, um solche Manipulationen durchzuführen, wie sie die Vertreter der Regierung gekennzeichnet haben."

Stellt man so alle Verschlechterungen, die das Zentrum aus eigener Entschließung in das Gefeß hineingebracht hat, zusammen, so sieht man, wie wenig das Zentrum das Vierteldußend Arbeiter. vertreter gegenüber den vier Dußend Grundbesitzern in seinen eigenen Reihen" beachtet! Die Grundbesitzer und Kapitalisten sind stärker im Zentrum vertreten als die Arbeiter, und darum finden die Unternehmerinteressen viel mehr Berüdsichtigung als die Arbeiterinteressen. Zum Schlusse rechnet das Zentrumsblatt aus, daß zirka 200

Aber nicht nur mit mit den vermehrten Flotten­ausgaben, sondern auch mit gesteigerten Ausgaben für unsere Kolonien hat der einsichtige Politiker zu rechnen. Selbst die Kolonialpresse hat ja zugegeben, daß die Farmer in Südwestafrifa vor der Pleite stehen. Der ganze, lediglich Wie verhielt es sich nun in Wirklichkeit? Die Regierungen auf den großen südwestafrikanischen Krieg zurückzuführende haben gar fein Material gebracht, sondern vorgeführt, rünstliche Aufschwung in Südwestafrika steht ja trop der was möglich wäre. Bei der Debatte über diese angeführten Millionen Mark Mehrleistungen durch die Ausdehnung der Kranken­Dianiantenfunde vor dem Zusammenbruch. Als einziges Möglichkeiten fiel die zitierte Aeußerung, wobei hinzugefügt versicherung, durch die Witwen- und Waisenversicherung und durch Rettungsmittel gilt weiten Streifen ein neues Kriegs- wurde, daß man deshalb keine Bestimmung im Einführungsgesetz die Einführung der Kinderrenten für die Invaliden entstehen. abenteuer, die Annexion des Ovambolandes. gebrauche, weil solche Verträge schon auf Grund des Bür- Unter den 6 854 000 Personen, die das Zentrumsblatt als neu in In der folonialen Bresse wird denn auch mit leidenschaftlichem gerlichen Gesetzbuches als gegen die guten Sitten bie Krankenversicherung einbezogen anführt, sind 1 100 000 Dienst­Eifer die Erschließung dieses nördlichen Landgebietes der verstoßend für nichtig erklärt werden würden. Und worum handelte es sich? Die Herren Schulk, Behrens, Dienstherrschaft für sechs Wochen Krankenhilfe zu gewähren. Da boten. Für diese hat nach§ 617 des Bürgerlichen Gesetzbuches die füdwestafrikanischen Kolonie gefordert. Nun ist es aber bekannt, daß die Ovambo nicht sehr zahlreich. Sorn, Trimborn und Graf West arp wollten eine Periode nach der Krankenversicherungsstatistik jede Krankheit durchschnittlich Und selbst schaffen, in der die Kaſſenangestellten der Willfür der Verwaltungs- mur 20 Tage dauert, so kann man annehmen, daß die Dienstherr­sondern auch vorzüglich bewaffnet sind. die gegenwärtige Hungersnot der Ovambo behörden ausgesetzt werden sollten. Die Bestimmungen über die schaft bisher mehr als neun Zehntel der Unkosten der Krankheiten bazu benutzen wollte, diese friegerischen und selbstbewußten Angestellten sollten in Straft treten, aber au etelle des Rechtswveges des Gefindes zu tragen hatte, während nach der Reichsversicherungs­Stämme zu entwaffnen, so würde das schwerlich ohne die an die Versicherungsämter und Oberversicherungsämter sollte das ordnung die Dienstherrschaft ein Drittel und das Gesinde zwei es aber zu einem ein die solcher Krieg troß der bis an die Grenzen ihres Gebietes ge- die Militäranwärter, und weder die gemaßregelten Be- Invalidenversicherung. Hiervon haben die Arbeiter 29% Millionen führten Bahnlinien wahrscheinlich noch langwieriger amten noch die Borstände hätten einen Rechtsweg gegen dieses Ver Mark und die Unternehmer 29% Millionen Mark zu tragen. Bon und schwieriger werden, als das Leyte fahren gehabt. Dieses Ziel fuchten die genannten Herren durch dem verbleibenden Rest würden 47 Millionen Mart auf die Unter­blutige Abenteuer gegen die Herero und folgenden Antrag zu erreichen. Hinter Artikel 32 folgenden nehmer und 94 Millionen auf die Arbeiter entfallen. Von den Hottentotten. Denn das Dvamboland besitzt ein Klima, Artikel einzuschalten: das europäische Truppen mit den schwersten Gefahren bedroht. Da nun aber unsere Südwestafrikaner in einem solchen Kriege ihr einziges Heil erblicken, ist nur zu sehr zu befürchten, daß es über furz oder lang zu dem ja lange vorher prophezeiten schweren Konflikte kommen wird. Ein Dbambokrieg würde

wenn man

Artikel 32a. Die$$ 361a, 361b, 363b Abs. 2 bis 5, 6 Sab 2, § 368 der Reichsversicherungsordnung treten sofort in Kraft. Sie gelten entsprechend für alle Angestellte, die nach Artikel 30 fünftig der Dienstordnung unterstehen sollen. Dabei treten, solange die Versicherungsämter und die Oberversiche rungsämter noch nicht errichtet sind, an ihre

herrschaften für die Krankheiten der Dienstboten mehr aufzuwenden Unternehmerbeiträgen sind die Unkosten abzuziehen, die die Dienst hatte. als in Zukunft.

Das Zentrum bekämpft die Mehrleistungen, weil angeblich die Kleinbauern und Handwerker nicht zahlen können. Oft find aber die Kranken, die Verlegten und Invaliden Kinder der Klein.