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Nr. 136. 28. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. iwod, 14. Sunt 1911.

Mittwoch,

Der zweite deutiche Wohnungskongreẞ. günstigsten Falle nur der Erheblicherklärung einer Motion. Nach dem gelegenheit ist auch Gegenſtand einer Interpellation in Hamburgs

Der Wohnungskongreß führte am Dienstag, dem zweiten Be­ratungstage, seine Geschäfte zu Ende. Die Verhandlungen begannen mit einer Rede des Landgerichtsrat tuhlemann- Bremen, der betonte, daß die Boltsvertretung günstiger zusammengesezt und daß auch den Arbeitern größere Macht zu gestanden werden müsse. Ein Eingriff des Staates in die Wohnungsverhältnisse sei unvermeidlich; die Frage laffe fich nur lösen, wenn man an die letzte Grundlage der jetzigen Boden wirtschaft rühre. Prof. Dr. Wuttle behandelte in einem Referat die Finan­zierung der Bautätigkeit. Die Beschaffung der zweiten Hypotheken müsse durch die Gemeinden organisiert werden. Die wohlhabenden Schichten der Bevölkerung könnten die gesteigerten Mieten zahlen und tun dies auch ohne Widerstreben, weil sie wissen, daß das Geld wieder dem Kapital zufließt; im übrigen charakterisierte der Redner den Baugelderschwindel und teilte mit, daß zweite Hypotheken häufig nur mit 12 bis 14prozentiger Bergütung zu haben seien.

Reusch Wiesbaden hielt ein Referat über die Realisierung der Wohnungsfrage durch die Gemeinden und Justizrat Prof. Dr. Hermann Münster sprach über das Erbbaurecht und verwandte Befizformen. Er verlangt, die Gemeinden möchten das Erbbaurecht als das unentbehrliche Werkzeug für die Bodenpolitik der Gemeinden anwenden, denn die bisherigen Erfahrungen seien durchaus gut. Bis der Boden frei gemacht werden könne, soll wenigstens das Erb baurecht Anwendung finden. Nach einer ziemlich umfangreichen Diskussion über diese Referate wurde der Wohnungskongreß ge­schloffen.

Arbeiter- Radfahrer- Bund Freiheit".

Vont Vorsitzenden des Bundestages des Arbeiter- Radfahrer­bundes Freiheit" erhalten wir folgende Buschrift: Wir bedauern sehr, daß die Sportgenossen P. und K.( Mit­glieder des Bundes Solidarität") zu einer derartigen Berichtigung im Vorwärts" das Wort ergriffen haben. Nachdem dieses aber ge­schehen, halte ich mich für verpflichtet, zur Wahrheit jener Worte einige Erklärungen abgeben zu müssen.

Ein Kolloquialvotum ist noch kein Synodalbeschluß und entspricht im glieder der Hamburger Bürgerschaft), beleidigt fühlten. Die An bündnerischen Kirchengesez müßte das Traktandum der Zulassung Landesparlament gewesen und hat in Hamburg großes Aufsehen der Frauen zum Predigtamt nochmals an die Kolloquien ausgeschrieben erregt, weil die im Artikel( dieser ist vom Verfasser Senator Strad werden und ein abermals zustimmender Beschluß hätte alsdann bis und der Staatsanwaltschaft zugesandt worden) enthaltenen Be zur Rechtskraft noch nicht weniger als vier Instanzen zu passieren. hauptungen von einem hervorragenden Fachmann herrühren. Die is die legte Instanz, in diesem Falle das evangelische Volt von inkriminierten Stellen lauten: Graubünden gesprochen hätte, würden annähernd zwei Jahre ver-" Von den technischen Mitgliedern der Kommission in Ham streichen. Das ist aber eine Zeit, lang genug, um über wichtige burg war seinerzeit eine andere Konstruktion einstimmig Dinge anderer Meinung zu werden. Borläufig ist in Graubünden empfohlen, jedoch hätten die kaufmännischen Mitglieder die Ma­noch nicht einmal die Frage entschieden, ob die Frauen das attive iorität und hätten erklärt: Die Konstruktion ist gleichgültig, die Wahlrecht, das Stimmrecht in firchlichen Dingen erhalten sollen. Garantie der Firma genügt. Es wurde eine Konstruktion aus­Wie man sieht, wachsen auch in der Schweiz die Bäume der Frauen geführt gegen den Willen der technischen Mitglieder, troßdem bewegung nicht in den Himmel. unter anderm eine Autorität ersten Ranges, Geheimrat Professor Haeseler in Braunschweig , dringend vor einer solchen statisch unsicheren Form gewarnt hatte. Diese Warnung muß sich in den Kommissionsaften befinden.

Gerichts- Zeitung.

Ungültige Polizeiverordnung über das Erteilen von

Zanzunterricht.

unterricht in Wirtschaften oder in Häusern, wo sich Wirtschaften be­Eine Polizeiverordnung vom 15. März 1876 verbietet es, Tanz­finden, zu erteilen. Gegen die Verordnung sollte sich der Tanzlehrer Schröder in Elberfeld vergangen haben. Die Straffammer sprach ihn jedoch frei, indem sie die Polizeiverordnung für ungültig er­flärte, die übrigens neben dem Tanzlehrer auch den Gastwirt und Wirt verantwortlich macht. ein und machte folgendes geltend. Es käme§ 6f des Polizeiverwal­Die Staatsanwaltschaft legte Revision tungsgesetzes in Frage, wonach zu den Gegenständen polizeilicher Vorschriften die Sorge für Leben und Gesundheit gehöre. Mit Rüd­sicht auf diese Bestimmung habe schon das Kammergericht Polizei­berordnungen für gültig erklärt, durch die es den Wirten verboten wird, jugendliche Bersonen unter 16 Jahren bei öffentlichen Tanz­luftbarkeiten in ihren Lokalen zuzulassen, weil gerade für jugendliche Personen der Alkoholgenuß besonders schädlich sei und sie beim Tanzen in Wirtschaften leicht zu übermäßigem Genuß von Alkohol berleitet würden. Dasselbe müsse auch zutreffen, wo es sich um Tanzuntericht handele, denn notorisch seien es Jugendliche, die Tanzunterricht nähmen.

Die Berliner Firma, die vermöge ihrer borzüglichen Ver bindung in Hamburg den Zuschlag erhielt, scheint wirklich nichts gelernt und nichts vergessen zu haben, denn dieses Pech passiert ihr nicht zum ersten Male. In Waldenburg in Schlesien hat sie nur zwei Menschen zu Tode gekommen." bie gleiche Erfahrung schon einmal gemacht, dort sind allerdings

Der Artikel schließt:

genaueste, ebenso aber auch die eigenartigen geheimen Berhältnisse, " Der Schreiber dieser Zeilen kennk die Baustellen auf das die bei dem Bau und bei der Vergebung desselben obgewaltet liegenden Länder obwalten." haben und in sehr vielen Städten Deutschlands und der um­

Straffammer IX zu Hamburg zur Verhandlung. Die Angelegenheit gelangte at Montag und Dienstag bor ber Der Angeklagte war bis vor etwa Jahresfrist bei der Firma Wilte- Braunschweig als Ingenieur tätig und hat an dem zur engeren Wahl gestellten Projekt hervorragend mitgewirkt. Bon einem anderen Ingenieur will er in Erfahrung gebracht haben, daß die technischen Mitglieder der Deputation nichts zu sagen hätten. Die in den beiden letzten Abfäßen enthaltenen Behaup tungen sollen sich nur auf die Herren vom Syndikat" beziehen. Der Borsigende schlägt vor, nicht auf die Konstruktion des ver unglückten Gasometers einzugehen, da sonst Gutachten erforderlich Das Kammergericht verwarf aber die Revision der Staats- fein würden, die Tausende erforderten und die voraussichtlich Genosse Liehr hatte in seinem Schlußworte nochmals die Gini- anwaltschaft mit folgender Begründung: Die Verordnung vom der Angeklagte tragen müßte. Es handelt sich hier in der Haupt­gungsbestrebungen gestreift und dabei hervorgehoben, daß der Bund 15. März 1876 sei rechtsungültig. Sie könne ihre Rechtsstüße nicht fache um die bei der Vergebung der Arbeiten behaupteten Dinge. " Solidarität" sich noch im Kartell deutsch - österreichischer Rad- und im§ 6f des Polizeiverwaltungsgesezes finden. Sie beschränke sich Der Angeklagte erklärt weiter, in nationalem Interesse ge= Motorfahrer befindet, an dessen Spiße sich Prinzen und Fürsten be- nicht darauf, den Tanzunterricht in Schankwirtschaften an jugend- handelt zu haben; durch seinen Artikel habe er die Staatsanwalt­finden und dessen leitende Personen als Hauptstüßen des Reichsver finden und dessen leitende Personen als Hauptstüßen des Reichsver- liche Personen unter 16 Jahren zu verbieten, was vielleicht zulässig schaft veranlassen wollen, Ermittelungen anzustellen, ob Konstruk bandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie fungieren, und im wäre, sondern sie laute ganz allgemein. Wenn nun auch zugegeben tionsfehler vorlägen. Er beruft sich auf ein von dem inzwischen Hofbaurat Professor Haefeler- Braunschweig sie sollten sich als klassenbewußte Arbeiter aus diesem Kartell hin- liche erfolge, so komme es doch häufig vor, daß auch Personen im faßten Gutachten, das sich lobend über das Wilkesche Projekt und Alter von über 16 Jahren, von 17, 18 Jahren und noch ältere Tanz- minder anerkennend über das Bamag- Projekt äußern soll. Da sich Genosse Liehr bei diesen Worten nach den Genoffen von unterricht nehmen, bei denen eine nahe bevorstehende Gefährdung Solidarität umwendete, so konnte das Bureau diese Worte nicht nicht vorliege. Da die Verordnung nicht unterscheide in der Be­genau verstehen und glaubte, Liehr hätte die betreffenden Sports ziehung, so sei sie schon deshalb ungültig, und zwar auch mit Bezug genossen persönlich gemeint, weshalb ich als Leiter der Versamm auf den Tanzunterricht in Wirtschaften. Im übrigen sei aber auf lung glaubte, dieselben in Schuh nehmen zu müssen. jeden Fall ungültig die Bestimmung, wonach Tanzunterricht, auch wenn er nicht in Schankwirtschaften, sondern nur in Häusern" stattfinde, worin fich Schankwirtschaften befinden, verboten sein solle. Aus der Ungültigkeit der Verordnung folge die Freisprechung.

ausscheren.

Daß dieses sich so und nicht anders zugetragen hat, haben fämt­liche Delegierte in Gegenwart jener beiden Genossen bestätigt. Wenn diese Genossen trotzdem im Vorwärts" eine derartige Be­richtigung brachten, so ist dieses nur zu bedauern. Th. Greek, Ritterstraße 113.

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Aus der Frauenbewegung.

Bewertung der weiblichen Arbeitskraft.

Die Provinzial- Jrrenanstalt zu Obrawalde bei Meferik ( Provinz Bosen) sucht in den Bosener Zeitungen Pflegerinnen bei einem Anfangslohn, nebst freier Station und Dienstkleidung, von monatlich 18 Mart, also pro Tag 60 Pfennig. Dabei müssen noch Zeugnisse beigebracht werden. Bei der verantwortlichen und schweren Stellung einer Jrren pflegerin ist eine solche Bezahlung jedenfalls ein sehr bedauerlicher Tiefstand.

Die Zulassung der Frauen zum Predigtamt ist in einer Resolution der sogenannten Pfarrkolloquien von Chur­Schanfigg in Graubünden und Oberengadin im Prinzip gut geheißen worden, einfach aus dem Grunde, weil in diesen ent­Legenen Alpentälern ein fühlbarer Mangel an Pfarrern herrscht. Und da der Schweizerbauer ein sehr praktisch denkender Mensch ist, fagte er sich: Mir kann es gleich sein, ob ein Mann oder eine Frau den Bibeltert vorliest, wenn er nur über haupt gelesen wird. Dieser Resolution ist im Auslande eine große fortschrittliche Bedeutung beigemessen worden. Doch mit Unrecht.

Kleines feuilleton.

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Mehrere Hamburger Gasdirektoren, Bauräte, Baumeister usw. erklären übereinstimmend, daß die bürgerschaftlichen Mitglieder der Deputation gerade ihrem, den Technikern, einstimmig gefaßten Antrage gefolgt wären. Das Wiltesche Projekt war gut durchdacht gewesen, ebenso das zur Ausführung gelangte. Der eine Baus meister sagte aus, er selbst würde das Wilkesche Projekt verfolgt haben, wenn die Preise annähernd die gleichen gewesen wären.

Marktpreise von Berlin am 12. Juni 1911, nach Ermittelung des Königlichen Polizeipräsidiums. Markthallenpreise.( Kleinhandel 100 Kilogramm Erbsen, gelbe, zum Kochen 30,00-50,00. Speisebohnen, weiße 30,00-50,00. Linfen 20,00-60,00. Startoffeln 6,00-9,00. 1 Rilo­gramm Rindfleisch, von der Keule 1,60-2,40. Rindfleisch, Bauchfleisch 1,20 bis 1,80. Schweinefleisch 1,10-1,80. Stalbfleisch 1,50-2,50. Hammelfleisch 1,40-2,20. Butter 2,20-2,80. 60 Stüd Gier 2,80-4,40. Kilogramm 2,80. Barsche 0,80-2,00. Schleie 1,20-3,40. Bleie 0,80-1,80. 60 Stüd Karpfen 1,40-2,20. Wale 1,60-3,00. Bander 1,50-3,60. echte 1,20 bis Streble 3,00-36,00.

Die seinerzeit von der Finanzdeputation eingezogenen Guts achten über die Bonität des zur Ausführung gelangten Entwurfs, Ein Nachspiel zur Explosionskatastrophe in Hamburg . erstattet von Geheimrat Professor Dr. Krohn von der Technischen Am Nachmittag des 7. Dezember 1909 ereignete sich bekannt. Hochschule zu Danzig und Gaswerksdirektor Schilling- Berlin, lich in Hamburg eine Explosion eines neuen Gasometers, der äußern sich dahin, daß die zur Anwendung gelangte Eulersche zwanzig Menschen zum Opfer fielen. Die Explosion erregte um- Anidformel, die nach den Ministerialvorschriften in Preußen zu somehr Aufsehen, als es sich um einen neuen Riesengasometer, den lässig wäre, nicht ganz einwandfrei sei, zumal die Berechnung in worden war. Die Arbeit größten der Welt, handelte, der zum ersten Male mit Gas gefüllt bezug auf die Stabilität des Oberbaues das Minimum an Mas der Oberbau war von der Berlin - terial vorfah. In ähnlichem Sinne äußert sich ein Professor in Augsburger Maschinenbau- Aktiengesellschaft ausgeführt, deren Breslau über besagte Formel. Die Sachverständigen erklären Projekt von den Hamburger Technikern empfohlen worden war aber weiter, daß ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der und das dann von der Deputation für das Beleuchtungswesen zur Baukunst nicht vorliege. Der Angeklagte bemerkt hierzu, daß bei Annahme gelangte. Während die Realisierung dieses Entwurfs seinem Projekt, das unter Mitwirkung des Ingenieurs von Feld ( Bamag") 1011 500 M. erforderte, verlangte die Weltfirma zustande gekommen wäre, mit allen Möglichkeiten gerechnet worden Bereinigte Maschinenfabriken Nürnberg- Augsburg- Gustavsburg fei. nur 966 566 M. und die Dampftessel- und Gasometerbaugesell- Der Anklagevertreter beantragte gegen Szarbinowsky 1200 m. schaft Wilke- Braunschweig 1 179 600 m. Von diesem Projekt Geldstrafe, das Urteil lautet auf 600 M. Geldstrafe. wurde gesagt, daß es vorzüglich sei, daß aber die Differenz zu groß sei, während bei dem billigsten Projekt der Einwand er hoben wurde, daß die neue Methode um eine solche neue Form handelte es sich zu wenig Sicherheit biete. Zwei Tage nach der Katastrophe veröffentlichte der jezige Oberingenieur der Eisenbetonfirma Baumhold- Berlin , Regierungs­baumeister a. D. Szarbinowsky, in der Rhein- und Ruhrzeitung" einen die Ursachen der Explosion behandelnden Artikel, durch den sich die bürgerlichen Mitglieder der Beleuchtungsdeputation zu Hamburg , die Herren Hauptmann, Gutknecht und Beit( mit hatte Booker seine Erziehertätigkeit begonnen, heute erheben sich hier 125 Gebäude: Schul- und Wohnhäuser, Versammungslokale, Bibliothek und Museum, Werkstätten und Laboratorien, Fabriken und Bauernhöfe, umgeben von Gärten und Sportplägen, Feldern und Plantagen. Alles ist, so schreibt Prof. Edv. Lehmann in der Deutschen Rundschau", ein Wert der Schüler, die in wechselnden Generationen fünfundzwanzig Jahre hindurch diese Anstalt besucht haben und heute in einer Anzahl von 1500 Jünglingen und Mäd­chen ihre Schulzeit hier verbringen. Sie haben den Boden aus gehoben und zu jedem Bau die Ziegel gestrichen, haben ihn bis an den Schornstein aufgeführt und das Innere ausgestattet bis zu den Heizungsapparaten, den elektrischen Klingeln und den Fern­fprechern. Die Bauernhöfe mit ihren 1500 tühen und 200 Pferden, ihren Herden von Schafen und Schweinen werden von ihnen bewirtschaftet, wie sie von ihnen gebaut wurden. Die zur Landwirtschaft gehörigen Werkzeuge und Maschinen, die Wagen und das Pferdegeschirr sind von ihnen gemacht und werden von ihnen ausgebessert.

In dem Programm dieser Arbeitsschule heißt es:" Der Schulunterricht verleiht dem Schüler einen weiteren geistigen Ge= fichtskreis. Am Ende ist ja doch die Arbeit da, um des Lebens willen; und wenn es für Hof und Feld gut ist, daß der Bauer etwelche Kenntnisse von den Naturkräften hat, mit denen er arbeitet, so ist es um soviel besser für den Bauern selbst."

Wilbrandt und König Dedipus". Adolf Wilbrandt hat sich während seiner Direktorzeit am Wiener Burgtheater das Verdienst erworben, eine Reihe von Meisterwerken der Weltliteratur der deutschen Bühne zu erobern, die vorher nur zu flüchtigem furzem Dasein erweckt worden waren. Seine dramatische Begabung kam ihm bei seinen Regiearbeiten zustatten, denn er wußte die Werke durch eine geschickte Bearbeitung bühnenwirksam zu machen, ohne ihnen doch etwas von ihrer dichterischen Schönheit zu rauben. So hat er den ganzen" Faust" zur Aufführung gebracht, hat Aristopha­nische Werte bearbeitet und den Richter von Zalamea" überfest. Am erfolgreichsten aber war seine Einrichtung von Werken des Sophokles und Euripides , und unter diesen ragt wieder die Einrich­tung und Inszenierung des König Oedipus " hervor, die einen der größten Siege feiner Direktion bedeutete. In seinen Grinne­rungen" hat er selbst erzählt, wie wenig die Bühnenkraft dieses Wunderwerkes damals, 1886, bekannt war. Wie wenig man von einer Aufführung des Sophokleischen Dramas erwartete, zeigt ihm nicht nur die ablehnende Haltung vieler Bühnenkünstler, sondern be­sonders schlagend ein Erlebnis mit dem damaligen Generalinten­danten der Burg, dem Herrn von Bezecnh. Dieser nahm die Mit­teilung von der Aufführung mit bedenklichem Kopfschütteln hin. Ihm scheint ein starter pacender Erfolg notwendig mit einem träf= tigen modernen Stück. Da will er nun mit dem Oedipus" tommen!" meinte er verwundert zu anderen, was nußt uns der Oedipus?" Ich glaube," erzählt Wilbrandt, an feiner Stelle hätten von hundert neunundneunzig ebenso gedacht. Wer kannte Ruffische Satrapen. Südrussische Blätter erzählen zwei Ge­denn den Sophokles? Die gelehrten Uebersetter hatten ihn nur scheinlebendig, zum Teil maujetot gemacht. Als nun aber die Tra- schichtchen, die eine sehr deutliche Sprache reden und nicht kommen­gödie am Abend erschien. für die lebendige Bühne von mir über- tiert zu werden brauchen. Geschichte Nr. 1: Der Herr Jepravnik setzt von Jsmail, Chadshi Kossa, benußt regelmäßig die Landschaftspoſt­und nun die Handlung mit ehernen Schritten auf die ver- pferde, um sich die Lebensmittel, die er einkaufen läßt, per Extra­nichtende Enthüllung eines dunklen Rätsels unaufhaltsam zu schreitend, bis das Schicksalstor aufspringt als das alles fich post zuführen zu lassen. Die Pristaws machen es natürlich ebenso, bollendet hatte und der Vorhang fiel, da brach wieder ein Sturm da es bequem ist und nichts rostet. Ein Bristan benutzt die Post­des Beifalls los wie in Goethes" Faust". Auf der Bühne traf Wil - pferde fogar, um eine Dame, die ihm lieb und teuer ist, spazieren brandt den Generalintendanten, ganz allein, während vor dem Vor- fahren zu lassen. Zum Ueberfluß fommandiert er noch einen hang der Beifall tofte, mit so erregten,' bewegten, erschütterten Strashnik ab, der als Leibwächter der Schönen hinterherzureiten Zügen, wie ich nicht oft einen Menschen gesehen. Herr Direktor!" hat. Stommt man irgendwo angefahren, so jagt der Strashnik vor­stieß er hervor. So einen Eindruck hab' ich noch nie im Theater aus und ruft:" Plah da! Die Dame des Herrn Pristaw!" Die Landpostmeister berlangen natürlich von der Semstwo Bezahlung für diese Fahrten, zu welchen die Postpferde doch eigentlich nicht ver­pflichtet sind.

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erlebt!"

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Eine schwarze Schulstadt. Tuskegee in Alabama ist eine Schulstadt, eine ganze Stadt, die nur der Erziehung gewidmet ist, der Erziehung einer Rasse. Der Neger Booter- Washington ist ihr Begründer, und hier wird die verachtete schwarze Raffe zum Menschentum erzogen. In einem alten Stall und Sühnerhaus

Der unglückliche Bestalozzi hat einst für weiße Europäer ber­gebens erträumt, was hier dem amerikanischen Neger für Schwarze gelang. Die sozialen Utopien beginnen Wirklichkeit zu werden freilich nicht in Deutschland .

Geschichte Nr. 2: In dem Dorfe Gelescht in Bessarabien wurde eine Kirche eingeweiht und es hatte sich eine große Menschenmenge eingefunden. Ein junger Pristaw, der soeben erst angetreten war, beschloß seine Energie zu zeigen. Er trat vor und schnarrte: Aus

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einandergehen!" Das Publikum rührte sich nicht. Warum denn?" murmelten einige, wir sind doch gerade zur Feier hergekommen." Auseinander!" schrie der grasgrüne Bristat noch einmal. Aber niemand ging auseinander"." Strashniks," brüllte nun der wild­gewordene junge Mann, gebt Feuer!" Die Strashniks mußten zwar gehorchen, bewiesen aber mehr Vernunft als ihr kollernder Vors gesetter: fie schossen aber in die Luft. Die Voltsmenge geriet über das unerhörte Vorgehen des schneidigen Jünglings in solche Wut, daß sie ihn zu Boden warf und ihm Revolver und Säbel fort­nahm, damit er feinen Unfug stifte. Solcher Provinzsatrapen, die sich für gottähnlich halten, gibt es in Rußland eine große Anzahl. Kenner der russischen Verhältnisse behaupten aber, und wohl mit Recht, daß jene übermütigen Männer nicht so schuldig seien wie das System", nach dem in Rußland trop aller Revolutionen und aller Dumas noch heute regiert wird.

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Humor und Satire. Preußische Justiz. Unfre Justiz steht jetzt auf dem ersten Platz in der Welt: es ist erreicht 1; Die kompliziertesten und die schwersten Rechtsfälle lösen wir spielend leicht! Wir haben die allerdicksten Bände, voll von Gefeßen und Ministerial berordnungsbestimmungen ohne Ende. Wir haben Verbote ohne Zahl! Wir haben tausend und abertausend Verordnungen unserer Polizei

auf weiße Tafeln gemalt und graufend gehen die Fremden daran vorbei... Wir haben in Heften, Broschüren und Bänden Entscheidungen unseres Reichsgerichts­

ich will nicht behaupten, daß wir sie verständen, boch flingen sie hübsch, und da macht das nichts. Wir haben weißbärtige Professoren, bon denen der eine den andern auszischt. Wir haben unzählige Kommentatoren na also!... wie? ... was?.. Ist das immer noch nicht? Wir haben mannigfaltige Strafen, boll schneidiger Schärfe, nach altem Braud Geseze, Vorschriften, Paragraphen Nichter?!

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...

Ja Nichter haben wir auch.::

Rur