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Hus der parte!* ElKt Konferenz der sozialdemokratischen Gemeinievkrtttttt des Stadt- und Landkreises Solingen  , an der auch Stadtverordnete aus den benachbarten Kreisen Remscheid  und Mettmann   teilnahmen, tagte im GewerlschaftZhause in Solingen  und nahm u. a. zuder bevor st ehe»den Bürgermeister- Wahl in Höhscheid bei Solingen  , wo unsere Genossen die Majorität haben, Stellung. Es wurde die Frage erörtert, ob ein Sozialdemokrat, ohne gegen da? sozialdemokratische Programm zu verstohen, den Posten eines Bürgermeisters in einer preußischen Gemeinde annehmen könne. Der Referent, Genosse Kreuzer- Solingen führte aus, daß schon die Borgänge gelegentlich der Stuttgarter Bürgermeisterwahl gezeigt hätten, daß dies selbst in Süddeutschland  , wo doch fortschrittlichere Bcrhältnisse herrschten, als in Preußen, große Schwierigkeiten habe und den Kandidaten zu Verstößen gegen das Parteiprogramm veranlasse. Für Preußen, wo viel reaktionärer regiert werde, müsse die Frage verneint werden- Der ß 63 der Rheinischen Städteordnung verlange: Der Bürgermeister hat folgende Geschäfte zu erledigen: 1. Die Ge- setze und Verordnungen sowie die Verfügungen der ihm vorgesetzten Behörden auszuführen und den ganzen Geschäftsgang bei der städti- schen Verwaltung zu leiten und zu beaufsichtigen". Dies würde in der Praxis dahin führen, daß bei einem etwa ausbrechenden S t r e i k der Landrat verfüge, daß die Geineinde zun, Schutze der Fabrikanten Schutzleute zu stelle» habe, wie dies auch schon geschehen sei. Der sozialdemokratische Bürgermeister müßte also diese landrätliche Ver- sügung ausführen und überwachen. In Preußen würden aber sowieso Bürgermeister mit sozialdemokratischer Gesinnung nicht bestätigt, und die Aufstellung eines sozialdemokratischen Kandidaten hätte nur zur Folge, daß letzten Endes ein dem Landrat wiMigeS Werkzeug als Bürgermeister ernannt würde. denn§ 32 der Rheinischen Städteordnung besage:«Wird die Bestätigung versagt. so schreitet die Stadtverordnetenversammlung zu einer neuen Wahl. Wird auch diese Wahl nicht bestätigt, so steht dem König beziehungS- weise dem Regierungspräsidenten die Ernennung auf höchstens zwölf Jahre zu." Die Genossen würden also gut tun, einem Manne die Stimme zu geben, der sein Amt in liberaler Weise ausführt. Genosse Deifel-Höhscheid führte aus, daß in Höhscheid kein Mensch daran denke, einen sozialdemokratischen Bürgermeister zu wählen. Die sozialdemokratische Stadtratsfraktion habe sich den Kopf über diese Wahl noch nicht zerbrochen. Unter den gegen- wältigen politischen Verhältnissen in Preußen sei eS ein Ding der Unmöglichkeit, daß ein Sozialdemokrat Bürgermeister einer preußi- schen Gemeinde werden könne, wenn er seiner Ueberzeugung treu bleiben wolle. Dieser Ansicht schloß sich auch die sozialdemokratische Gemeindevertretung einstimmig an. Die portugiesischen Sozialisten nach den Wahle». AuS Lissabon   vom 10. Juni wird uns geschrieben: Die letzten ParlamcntSwahlen sind für die sozialistische Partei Portugals   von guter Vorbedeutung. In Oporto   haben die neun Kandidaten der Sozialisten im Durchschnitt SOO Stimmen gehabt i die neun in Lissabon   aufgestellten Kandidaten erhielten im Durchschnitt mehr als 400, die beiden in Goya mehr als 600. In Torres Bedras entfielen 226 Stimmen, und auf dem Lande, wie Aldea Gallega, 1S2 auf den sozialistischen   Kandidaten. Selbst in der alten Stadt Coimbra   hat unser Kandidat 38 Stimmen erhalten. Jetzt, da der Wahlkampf beendet ist, beginnt für die Partei die Aufgabe der Organisation und Propaganda. Dem neuen politischen Regiment entspricht eine neue Parteikaktik. Um darüber zu entscheiden, hat die Partei sich entschlossen, einen Parteitag abzuhalten. Es ist der e r st e sozialistische Parteitag seit der Errichtung der Republik   und der vierte seit der Gründung der Partei. Der Parteitag findet am IL. Juni in dem Hause der Arbeiter-Föderation in Lissabon   statt. Die Tagesordnung des Parteitages ist folgende: Soll die sozialistische Partei in Anbetracht der Umwandlung des politischen Regiments in Portugal   ihr Programm und ihre Organisation ändern? Die portugiesische Revolution, die zum größten Teil durch da« portugiesische Proletariat vollendet wurde, hat die Wirkung gehabt, die Arbeiter aus ihrer Erstarrung aufzurütteln. So vergrößern sich die Reihen der Partei von Tag zu Tag. Die Partei hat schon vier Zeitungen, davon zwei in Lissabon   mit einer Auflage von 62000 Nummern._ polizeiliches,©erlcbtltches ufw. Auch eine LaudratSbeleidiguug. Am Mittwochnachmittag hatten sich vor der Strafkammer II des Landgerichts Hamburg   Chefredakteur Dr. Trefz vom Hamb. Fremdenbl.", Redakteur Dr. Heile von derNeuen Hamb. Zeitung" und Genosse Köpke vomHamb. Echo" wegen Be- leidigung des Landrats von Mettenheimer(Kreis Rotenburg   bei Breinen) zu verantworten. Die drei Blätter hatten im September ISIO derWeserzeitung" eine Notiz entnommen, in der unter Hin- weis auf das schreckliche Eisenbahnunglück am 23. Dezember 1909 auf den, Bahnhof zu Scheeßel ein angebliches Bureaukratenstücklein glossiert und koinmentiert wurde. Bei dem Eisenbahnunglück hatte der Rittmeister von Maltzohn und der Privatdozent an der Bonner   Universität und Direktor der Irren- onstalt Dr.Kölpin den Tod gefunden, während de« letzteren Gattin das Ehepaar war vier Monate verheiratet sich mit übermenschlicher Kraft dem nahenden Flammentode hatte entreißen können. In der Notiz wird sodann behauptet, der Landrat habe sechs Monate nach dem Vorfall auf polizeilichem Wege von der Witwe de« durch Verschulden der Eisenbahn getöteten Dr. Kölpin ,8 M. für Reinigen und Säubern der Kegelbahn von Blulspuren an zwei Scheuerfrauen' eintreiben lasten. Die.Weserzeitung", der diese Darstellung von durchaus glaubwürdiger Seite" zugegangen war, bemerkte am Schluß:So weit die Zuschrift über den nahezu unglaublichen Vorfall. Der Staat zerstört zwei Menschenleben. Die Leichname Hinterlasten Blutspuren. Für deren Entfernung zieht der Staat von den Hinterbliebenen der von ihm getöteten Personen acht Mark ein l Sogar auf polizeilichem Wege, wobei die Zwangsvollstreckung in Aussicht steht. Ist derartiges wirklich schon dagewesen?" Unrichtig an dieser Notiz ist, daß die Leichen in der Kegel« bahn(eS kommt ein Klubzimmer in Frage) aufgebahrt waren und daß für die Reinigung und Säuberung der Kegelbahn von Blut- spuren 8 M. gezahlt werden mußten. Aber wenn der Sachverhalt auch ohne Schminke und Zutaten veröffentlicht worden wäre, dann hätte er, wie die Verteidiger Dr. Herz- Altona und Dr. A. Cohen- Hamburg behaupteten, noch mehr gewirkt. Als nömlich die Leiche des Dr. Kölpin überführt werden sollte, mußte eine Physikatsbescheinigung eingeholt werden, ohne die eine Ueber- führung nicht möglich war. KreisphysikuS Dr. Müller-Rotenburg erhob zunächst S M., hierzu kam die Stempelgebühr,' beide Beträge wurden von der Familie des verunglückten Doktors bezahlt. Später besann sich Dr. Müller, daß er eine Gebühr bis zu zehn Mark erheben könne, was ihm auch vom Landrat bestätigt wurde. Mit Hilfe der Behörden wurde dieserRest- betrag" eingefordert, wobei man sich in Bonn  , wo Frau Dr. Kölpin wohnt, eines Polizisten bediente. Frau Dr. Kölpin. die bei dem Unfall selbst verletzt worden ist und infolge deS Todes ihres Mannes an einer starken Nerven- zerrüttung litt, hat bei ihrer kommissarischen Vernehmung ausgesagt: alS sie vom LandratSamt die Aufforderung erhielt, noch vier Mark zu zahlen, habe sie angenommen, das Geld sollte für die Reinigung bezahlt werden, zumal die Quittung keine weiteren Angaben ent» hielt. Den Vorfall, wie er in der«Weserzeitung" geschildert worden ist, hat sie in der Eisenbahn einem Bremer   Herrn geschildert, der in seiner Entrüstung die Sache dieser Zeitung mitteilte. Der Landrat hat, wie behauptet wird, einem Drucke von oben folgend, gegen etwa 26 Zeitungen, welche die Notiz übernahmen, Strafantrag gestellt. Redakteur Fitger  (Weser-Ztg.") ist zu 300 M., ein anderer zu 200 M. verurteilt worden, während weitere Redakteure billiger davongekommen sein sollen. Da? Gericht war der Meinung, daß es Pflicht der Preffe fei, in solchen Dingen Erkundigungen einzuziehen, auch wenn darunter die Aktualität leiden sollte oder eine solche Notiz gar nicht gebracht werden könnte. Dem Landrat werde der Vorwurf gemacht, den amtlichen Apparat im Interesse eines Privatmannes m Bewegung gesetzt zu haben, wenn man auch über die Art der Ein« ziehung der Gebühr zweierlei Meinung sein könne. Genosse Köpke und Dr. Heil werden zu je 76 M. und Dr. X r e f, nur wegen Fahrlässigkeit auS ß 21 des Preßgesetzes zu 50 M. Geldstrafe verurteilt._ OstelbifcheS Versammlungsrecht. Am 7. Juni ersuchte ei» Vorstandsmitglied deS sozialdemo- kratischen Verein« im Wahlkreise Görlitz  -Lauban   den Amt«- Vorsteher in S ch ö n b r u n n um die Genehmigung zur Abhaltung einer Versammlung unter freiem Himmel. Als am 12. Juni noch kein Bescheid cingettoffen war, fragten unsere Genossen beim Landrat an, warum keine Antwort vom«mtsvorsteher einlaufe. Der Landrat versprach, Rücksprache mit dem Amtsvorsteher zu nehmen, der dann auch endlich am 13. Juni folgende Antwort gab: Zu der am 18. Juni... beabsichtigten politischen Ver« sammlung kann die Genehmigung nicht erteilt werden, weil zu wenig Raum vorhanden ist auf Nr. 101.(Dem betreffenden Grundstück.) ES sind auch in der Gemeinde Schönbrunn   zu viel anderer Meinung denkende Personen vorhanden, eS könnte dadurch leicht zu Reibereien kommen, welche schließlich in Tätlichkeiten ausarteten. Der Amtsvorsteher. Domsch." SeMberständlich haben unsere Genoffen Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, daß auf dem betreffenden Grundstück Raum genug für die geplante Versammlung vorhanden sei. Sie wiesen weiter darauf hin, daß unsere Partei im Landkreise Lauban   schon sehr viele Versammlungen abgehalten hat, ohne daß e« zu Reibereien gekommen wäre. Dem Amtsvorsteher ist daS auch nicht unbekannt. Wahrscheinlich traut er denanderer Meinung denkenden Personen" in Schönbrunn   nichts Gutes zu, denn dieanderer Meinung denkenden Personen" sind meistens Mitglieder deS Bundes der Landwirte. Jugendbewegung. Arbeiter-Jugrnd". Aus dem Inhalt der soeben erschienenen Nr. 12 heben wir fjerdor: Sind wir antimilitaristisch? Die Revolution in Eng- land. III. Republik, Restauration,glorreiche Revolution". Von A. Conrady. Briefe cuS der Fremde.(Fortsetzung.) Der Mensch der Vorzeit. Von Hannah Lewin.(Illustriert.) Preußische Polizeipfingsten. Der zweite Thüringer   Jugendtag in Weimar.   Jugendtag der rheinischen Arbeiterjugend. Die Dresdener   Jugendbewegung. Vom Kriegsschauplatz usw. Beilage: Auf Vorposten. Von E. Jaschnow. Die Ent- wickelung unserer Muttersprache. Von E. Hoernle. Der Krieg in der Kunst.(Mit Illustrationen nach Werken von Callot  , Goya  , Daumier  , Kubin.) Bon W. Hausenstein. Die Schlacht. Ge­dicht von E. Rieger. Vom Kriege und von Kriegsgreueln. Indessen schlummert die Kanone. Gedicht von Karl Henckell. DaS eiserne Kreuz. Bon A. Mosegaard. Soziales. Gin humaner Chef. Während in der Oeffentlichkeit mehr und mehr das Ver- ständnis für die Forderung der Arbeiter und Angestellten nach einem ausreichenden Erholungsurlaub zum Durchbruch gelangt, gibt eS auf der anderen Seite noch immer Arbeitgeber, die sich aus sozialer Verständnislosigkeit derartigenneumodischen Ideen" gegenüber strikt« ablehnend verhalten. Ein interessantes Kultur- dokument stellt in dieser Richtung ein von derDeutschen Industrie- beamten-Zeitung" mitgeteilte» Rundschreiben dar, in dem der Direktor der Maschi«enbau-Akt.-Ges. vorm. Stark« u. Hoffmann in Hirschberg die Urlaubsgesuche seiner Angestellten zurückweist. In ihm heißt eS: ES sind mir während deS fast zehnjährigen Zeiträume», in welchem ich die Firma leite, noch niemals derartig viel Urlaubs- gesuche vorgelegt worden wie gerade diese» Jahr. Die Urlaubsgesuche sind dabei keineswegs bescheiden und er- strecken sich ohne weitere» auf Termine von 6 bis 20 Tagen, und zwar von feiten jüngerer Beamten, bei denen von einem Er» holungSbedürfniS bei ihrer geringen und einfachen SrbeitStätig- keit gar keine Rede fein kann. Ich stehe überhaupt auf dem Standpunkt, daß besonders die jüngeren Herren, die sich bei unserer Arbeitseinteilung wirNich nicht überanstrengen, pünktlich zur Sekunde zu arbeiten aufhören und ihr« Stellungen öfters wechseln, dabei also doch immer einige Zeit nicht arbeiten, Erholungsurlaub überhaupt nicht brauchen. Dazu kommen noch die miltärischen Nebungen, die man ja auch sowohl in Reserve, als auch Landwehr, als Ferien bezeichnen kann(l). Bei dieser Gelegenheit erinne« ich mich meiner eigenen Tätigkeit, wo ich den ersten achttägigen Urlaub als Obcringenieur erhielt, während mir in rheinischen und bayrischen Fabriken Urlaubsgesuche von 1 bis 2 Tagen rundweg abgeschlagen wurden. sogar im Anschluß an Feiertag«. Ich gebe hiermit diesen Gesichtspunkt der gesamten Beamten- schaft bekannt und werde ohne zwingende Gründe, keinerlei Erholungsurlaub gewähren. E» wird also gut sein, wenn man in Zukunft mit solchen Gesuchen nicht an mich herantritt. gez. Schmidt. Der Herr Direktor entwickelt in seinem UkaS sehr originelle Ideen. Von eingehenden sozialen Studien zeugt der Gedanke, daß ein Erholungsurlaub nicht nötig sei, weil verschiedene Angestellte ihre Stellungen SsterS wechseln und die Zeit der Erwerbslosigkeit als Ferienzeit zu betrachten sei. Wenn jemand Direktorssohn ist und von dem sehr auskömmlichen Gehalt seines Baters mitzehren kann, mag da» vielleicht zutreffen. In den meisten Fällen ist aber auch bei den technischen Beamten Arbeitslosigkeit gleichbedeutend mit Existenzlosigkeit. Jeder einigermaßen einsichtige Mensch weiß, daß die Sorge um die Zukunft, die bei längerer Arbeitslosigkeit hereinbrechende materielle Not die Nerven des Betroffenen aufreibt. die Unterernährung den Körper weniger widerstandsfähig macht. Herrn Direktor Schmidt jedoch ist e» vorbehalten geblieben, die glänzenden Vorzüge der Arbeitslosigkeit zu entdecken, die so groß sind, daß sie Ferienurlaub überflüssig machen. Bei dem zweiten genialen Gedanken, daß die miltärischen Uebungen alS Ferien zu betrachten sind, ist leider nicht zu erkennen, ob er daS Produkt eigener angestrengter GeisteStättgkeit des Herrn Direktors ist, oder ob er nur eine Variante der Auffassung deS früheren KriegSministerS Bronsart v. Schellendorf über die mili- tärischen Ferienkolonien darstellt. Aber sei dem wie ihm wolle: jedenfalls wird das Schreiben des Herrn Direktors manchen tcch- nischen Angestellten über sein Verhältnis zu dem Unternehmertum «rufklären. ES wird ihnen aber auch klar machen, daß nichtG«- meinschastlichkeit der gewerblichen Interessen" und wie die schönen Phrasen alle heißen, sondern rücksichtslose Machttzer�ältgisse hie Stellung ds Jic&n Mfarbeitw" djktiMZK Die Unfallgefahr der Berliner   Holzarieitek. Bekanntlich hatte es das Komitee der Internationalen Hygiene« auSstellung auf Drängen der Scharfmacher verhindert, daß auch die Gewerkschaften sich an dieser Veranstaltung beteiligen. Einige Arbeiterorganisationen haben allerdings ein wesentliches Material zu diesem Zwecke angesammelt. So haben die Maschincnarbeiter in der Berliner   Holzindustrie eine wertvolle Statistik über die Unfallgefahr in den Berliner   Betrieben aufgenommen. Von 902 beantworteten Fragebogen entfielen 868 auf ständig« Maschinen- arbeiter, während 44 Beantworter nur vorübergehend an Maschinen arbeiteten. Von den 853 ständigen Arbeitern sind nicht weniger als 703 schon ein- oder mehrmals verunglückt. 86 von ihnen hatten sogar schon mehr als 6 Unfälle an den Maschinen erlitten. Ins- gesamt fielen auf die 703 Arbeiter 2180 Unfälle. Bei 238 Arbeitern lagen so schwere Verletzungen vor, daß sie von der Berufsgenossen- schaft Rente bezogen. Von den 44 vorübergehend Beschäftigten sind 42 verunglückt, mit zusammen 63 Unfällen. Von ihnen mußten 19 von den BerufSgenossenschasten entschädigt werden, also fast die Hälfte! Der weitaus größte Prozentsatz aller Unfälle entfällt auf die Fräse. An di-se Maschine passierten 1102. also mehr als die Hälfte aller Unfälle. Ihr folgen die Abrichtmaschine mit 184 und die Kreissäge mit 124 Unglücksfällen. Auch die so notwendigen Sicherheitsvorrichtungen fehlten hier und die 317 Arbeiter ar- betteten in Betrieben, in denen keine Staubabsauger vorhanden waren, 641 Arbeiter in solchen, wo nur an einem Teil der Ma- schinen solche existierten, in 9 Betrieben waren sie völlig unbrauch- bar und in 3 Werkstätten durften sie nicht in Betrieb genommen werden, weil es dem Unternehmer zuviel kostete. Man sieht: Die ermittelten Ziffern sprechen Bände und die industriellen Scharfmacher wußten wohl, waS sie taten, als sie mit allen Mitteln das Material der Gewerkschaften von ihrer Parade. ausstellung fernhielten. Das Anrecht auf ein Zeugnis vor Verlassen der Stellung. Während bisher die deutschen   Kanfmannsgerichte, u. a. auch daS Berliner   KaufmannSgericht, entschieden haben, daß dem aus der Stellung ausscheidenden Gehilfen erst am Tage des Austritts das Dienstzeugnis zusteht, hat sich da? KaufmannSgericht Trier jetzt auf den Standpunkt gestellt, daß der Angestellte bereits vom Tage des Beginns des Kündigungsverhältnisses Anspruch auf ein Zeugnis hat. Der in dem betreffenden Prozesse als Kläger   auf- tretende Buchhalter G. kündigte nach 3 �jähriger Tätigkeit seine Stellung bei dem Beklagten B. mit sechswöchiger Kündigungsfrist und erbat sich zugleich zum Zwecke erfolgreicher Stellenbewerbung ein Zeugnis. Nachdem ihm letzteres verweigert wurde und er daraufhin stellungslos blieb, erhob G. Klage auf Schadenersatz für zwei Monate in Höhe von 300 M. Der Beklagte wandte ein, ein gesetzliches Recht auf ein Zeugnis stünde einem Handlungsgehilfen erst beim Abgang zu. Chef», die eventuell auf Kläger   reflektierten. hätten sich bei ihm, dem Beklagten, erkundigen können, er hätte dann bereitwilligst Auskunft gegeben. Da» KaufmannSgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung der geforderten 300 M. Beklagter hätte zuerst die Ausstellung deS Zeugnisses versprochen und konnte eS später nicht mehr zurück. ziehen. DaS Gericht war aber auch einstimmig der Ansicht, daß Kläger   ein gesetzliches Stecht auf sofortige Ausstellung de? Zeug- nisseS hat. Der Begriffbei Beendigung" im 8 73 Handelsgesetz- buch ist nicht gleichbedeutend mitnach Beendigung", sondern ist dahin auszulegen, daß das Zeugnis fällig ist, wenn durch Kündi- aung der Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses feststeht. Der Arbeitgeber muh alles das tun, was geeignet ist, dem im Kün- digungSverhältniS Stehenden die Erlangung einer neuen Stelle zu ermöglichen. An erster Stelle gehört dazu die Ausstellung eines Zeugnisse». Wenn Beklagter ferner ernstlich Auskunft erteilen wollte, so ist nicht einzusehen, weshalb er dem Kläger   so hartnäckig das Zeugnis verweigerte. Eine Auskunft ist auch bei weitem kein eugnis. Die jedesmalige Auskunft kann je nach der Person deS nfragendcn verschieden ausfallen, während das Zeugnis ein für allemal feststeht. Endlich ist der Gehilfe auch in der Lage, da» Zeugnis zu kontrollieren und sich gegen Ungerechtigkeiten zu schützen, während er einer diskreten Auskunft schutzlos preisgegeben ist. Beklagter war darum zu verurteilen. Die Pflicht zur Errichtung eines Gtwersse» ttttb KaufmannSgerichl.S besteht nach§ 2 des Gewerbeger ichtsge setze? und einer gleichen Be, stimmung de» KaufmannSgerichtSgesetzes für die einzelnen Ge, meinden dann, wenn sie mehr alS 20 000 Einwohner besitzen. Bei der letzten am 1. Dezember stottgefundenen Volkszählung wurden eine ganze Reihe von Gemeinden festgestellt, die diese Einwohner, zahl überschritten haben, aber noch kein derartige» Gericht besitzen, Obgleich sie hiernach dazu verpflichtet waren, besaßen noch kein Ge, werbe- und auch noch kein KaufmannSgericht die Gemeinden Dud- Weiler, Horst-Emscher, NownweS, Tempelhof  . Treptow, Wittenberg  . Nur ein Gewerbegericht, aber noch kein KaufmannSgericht bestand in Biebrich  , BiSmarckhütte, Haspe  , Merheim  , MoerS  , Roßberg in Schlesien  , Velbert  , Werdau  , Wittenberge  . Nur ein Kaufmarrns. gericht, aber kein Gewerbcgericht hatten Eschweiler  . Friedenau  , Langendreer  . Die aufgeführten Gemeinden sind nun natürlich gehalten, die fehlenden Gerichte einzuführen; in einer Anzahl von ihnen sind die Vorbereitungen dazu auch schon im Gange. Die Zahl sämtlicher im Deutschen   Reiche Ende des JahreS 1910 vor- handcnen Gewerbegerichte betrug rund 330 und dürfte inzwischen Wohl auf 400 angewachsen sein. Die Gerichte können bekanntlich von allen, auch den kleineren Gemeinden, errichtet werde». Hus Inckuftrie und Dandcl. WaS geschieht mit den Angestellten? Bekanntlich wurde ftn Oktober vorigen JahreS in den Generalversammlungen der Felten- Guilleaume-Lahmeyer-Werke und der A. E. G. die Fusion der beiden Firmen beschlossen. In der Aktionärversammlung der A. E. G. wurde damals von Vertretern des Bundes der technisch- industriellen Beamten, die als Aktionäre zugegen waren, die Be- fürchtung ausgesprochen, die A. E. G. würde als Siegerin im Kampfe nun den Angestellten der früheren Konkurrenzfirma nicht das Entgegenkommen zeigen, zu dem sie vom moralischen Stand- Punkt verpflichtet wäre. Da war eS Geheimrat Rathenau.  der die Zusicherung gab, mit größter Schonung vorgehen zu wollen und bei eintretendem Bedarf an Beamten in den Berliner  Werken an erster Stelle die Angestellten der F. G. L. W. berück- sichtigen zu wollen. Heute zeigt sich, wie Herr Rathenau sein Versprechen zu halten gesonnen ist. Angestellte, die 1020 Jahre im Dienst der F. G. L. Ä. gestanden haben, und nach aufopfernder Tätigkeit wohl Anspruch darauf hatten, von der A. E. G. weiter- beschäftigt zu werden, werden ohne die geringste Aussicht auf spätere Neueinstellung entlassen. Höchstens ganz junge Kräfte werden übernommen.Mit größter Scbonung" wird das technische Personal so gut wie das kaufmännische auf die Straße gesetzt. Ueber 200 Angestellte hatten bereits bis Ende März ihre Kündigung erhalten und dieSchonung", die man ihnen angedeihen ließ, bestand einzig und allein darin, daß man die Kündigung auf den letzten gesetzlich zulässigen Tag verschob. Mit Recht bemerkt dieDeutsche Jndustriebeamten-Zeitung zu diesem Vorgehen altgedienten Angestellten gegetiüber:Man nutzt die Arbeitskraft der Angestellten aus und dann entledigt man sich ihrer nach klassischem Beispiel:Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen." Der Verwaltung der Felten» Guilleaume-Lahmeyer-Werke kann der Vorwurf nicht erspart bleiben, ungenügend für ihre Angestellten gesorgt zu haben, als sie der übermächtigen Gegnerin das Feld räumen mußte; Herr Generaldirektor Geheimrat Rathenau aber hat nicht bloß im höchsten Maße unsozial gehandelt, er hat gegen die Gebote der KUB&mtät verstoßen und seine Maßnahmen zeigen« daß Schonung