Jjrt jfltteürt fnFuPtieffcrt ßVgffftlfaifoft ist zit tuffttj SoM umdaZ geistige und körperliche Wohl des Arbeiters. Das ist der Kernder Frage. Gestern erhielt ich ein Schreiben der Handels-kämm er Birmingham, in dem gegen den sogenannten Beitragdes Unternehmers protestiert wurde. Tatsächlich zahltnichtder Unternehmer den Beitrag, sondern die In-dustrie. Bei der Fabrikgesetzgebung der letzten 40, 50Jahre zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Verkürzung derArbeitszeit, Schaffung von Luft und Licht gab es gewitz auchHandelskammern, die darin eine grohe Belastung des Unternehmerserblickten. Sie haben aber entdecken müssen, datz die L e i st u n g s-sah i gleit des Arbeiters in einem Matze gestiegen ist, datz beideTeile davon Vorteil haben. � Die Handelskammer sagt:„EuerViertelshilling wöchentlich ist ein Aufschlag auf unsere Ein-kommensteuer." Das ist ein Grundirrtum. Sie rechnen dochauch nicht die Kosten fürdasSchmierenihrerMaschinen,die Ausbesserung'ihrer Werkzeuge zu ährer Ein-kommcnsteuer. Es ist einer der Grundirrtümer, deren Ausrottungwesentlich ist für die Steigerung von Wachstum und Wohlstanddes Landes. Alles das trägt zur Steigerung der Tüchtigkeit undLeistungsf�skeit der Rasse bei, und alles das ist wertvoll fürArbeitgeber und Arbeiter. Geld, das ausgegeben wird zur Er-Haltung der Gesundheit und Kraft, der körperlichen und geistigenLeistungsfähigkeit unserer Arbeiter, ist die beste Kapital-onlage."Zur Begründung der Einsetzung von Bezirks-Gesund-h e i t s r ä t e n zur Ueberwachung der örtlichen Behörden führteL. George aus:„Sie sollen dafür sorgen, datz die Landesge-setze betreffend Gesundheitspflege auch wirksam werden. ESgibt keinen schärferen Gegensatz in diesem Lande, in den meistenLändern, als die Schärfe und Rücksichtslosigkeit, mit der dieEigentumsgesetze durchgeführt werden, und der Trägheitund Schlappheit, wo eS sich um die Gesundheit des Volkeshandelt. Diese Behörden werden vom Volke selb st verwaltetwerden. Sie werden ihm eine große Schule der Selbst-Verwaltung fein. Zum erstenmal werden die Arbeiterwirklich berufen zur Verwaltung von Geschäften, die für ihr wirk-liches Glück und Wohlergehen von Bedeutung sind.Der Eigcntumsschutz ist bei uns die vollkommensteMaschine, die jemals menschliches Gehirn ausgedacht hat. DieEigentumswächter durchwandeln jede�Stratze, und wenn der Ueber-trcter ihrer Wachsamkeit entgangen ist, wird er bis ans Endsder Welt verfolgt. Damit vergleiche man, wie das Ge-sundheitSgesetz, das Wohnungsgesetz bei unS durch-geführt werden. Gesundheitsgefetze gab es schon vor meiner Ge-burt, und jetzt haben wir daS Wohnungsgesetz, und doch gibt eS keineStadt und kein Dorf, indemwirnichtmitgesundheits-widrigen Wohnungszu ständen zu tun haben. Ge-Witz will ich, datz daS Gesetz das Eigentum schützt. Aber ich willauch, datz es dcS Arbeiters Heim schütze. Ich möchte denMann, der Mieten oder Grundrenten zieht aus u n g e«sunden Wohnungen, die kleine Kinder töten, behandelnwie den Hehler gestohlenen Gutes. Sie sollten sehrwenig in Zukunft zu sagen haben. Seht, mit welcher Peinlichkeitdas unbedeutendste Eigentum geschützt wird. Denkt an die Speku-lation im Bodenbesitz. Warum sollte nicht Leben und Gesundheitmit derselben Sorgfalt, derselben Rückstchtslosigkeit geschützt werden?Wenn wir dieses Land würdig machen wollen des glänzendenReiches, dessen Mittelpunkt eS ist, wenn wir ihm den Platz in derMenschheitsgeschichte verschaffen wollen, den es erstreben mutz, dannmüssen wir eS vor allem reinigen von den scheußlichenWohnungen, di« Verderbnis, Krankheit Md Tod in unserengroßen Städten verbreiten."—.Eine Sprache, wie sie dieser auch nur entfernt ähnelt, pflegenbei uns Minister erst zu finden, Ivenn sie längst außer Diensten sind.Aber die Wahrheiten, die Lloyd George auch diesmal ausgesprochenhat. verdienen alle Beachtung auch in unserem„Lande der Sozial»aeform", dem die Sätze über Eigentums- und Menschenschutz minde-stens so gut passen wie England, und in dem man, in schneidigemGegensatz zu der englischen Reformgesetzgebung, alles tut, um dieBewegungsfreiheit und Selbstverwaltung der Arbeiterklasse aus-ZusMell._____Die Ashlkechtsreform.NuS m wird Ms geschrieben:Die Giolittischa Wahlrechtsreform entspricht in allemWesentlichen dem schon seit langer Zeit offiziell bekannt ge-wachten Leitsätzen. Während heute alle männlichen Bürger,die dag 21. Lebensjahr erreicht haben, wahlberechtigtfind, falls sie die vier ersten Volksschulklassenabsolviert haben, wird durch das neue Gesetz die Zahlder Wahlberechtigten vermehrt: erstens um all die An-alphabeten, die ihrer Militärpflicht genügt haben, waSin der Regel im 22. Lebensjahre der Fall ist, zweitens umolle, die weder lesen noch schreiben können, noch militärtmfg-ilich waren, soweit sie die Altersgrenze von 30 Jahrenerreicht haben. Vom Wahlrecht ausgeschlossen bleiben alsoaußer dem weiblichen Teil der Bevökerung nur die Personenunter 30 Jahren, soweit sie nicht die vier Volksschulklassenabsolviert und nicht ihrer Militärpflicht genügt haben. Zu-verlässigg Berechnungen über die Zahlen dieser Ausge-fchlossenen liegen noch nicht vor. Es sind dieselben Land-schaften. die sowohl den geriilgsten Schulbesuch, als den ge-ringsten Prozentsatz der Militärtauglichkeit aufweisen, näm-ilich die süditalienischen Mb Sardinien und Sizilien.Da das neue Gesetz die Analphabeten zur Wahl zuläßt,wußte es auch eine Prozedur vorsehen, bei der sich ein Mensch,ohne lesen und schreiben zu können, auSzukcnnen vermag. Manist da auf eine ganz ausgefallene und sicher recht kostspieligeEinrichtung gekommm. Jeder Wähler erhält einen Zettel,«ms dem untereinander gedruckt die Namen der Kandidatenstehen, und zwar ist auf jedem Zettel Raum für 9 Namen.Vor jedem Namen steht eine Nummer, und am Schluß derLinie befindet sich«me weiße Stelle, auf die der unglücklicheWähler einen Stempel, der ihm im Wahllokal ausgehändigtwird, drücken muß. Ist ihm dies geglückt und hat er genaudie richtige Stell« erwischt, so muß er einen äußerst kompli-zierten Faltungsprozeß beginnen, dm man ohne eine Zeich-nung des Wahlzettels überhaupt kaum beschreiben kann. Na-türlich muß der Präsident der Wahlsektion dann noch ausden gefalteten Zettel einen Stempel und ein Kontrolleur desWahlbureauS fernen Namen setzen, worauf glücklich dermysteriös gefaltete Zettel der Urne übergeben werden kann.Wenn man bedenkt, daß dieser ganz« knifsliche Mechanismusdoch gerade für die Analphabeten ausgeklügelt wurde, olso dochsicher für Leute, bei denen man keine Handgeschicklichkeit uridkeine feinen Finger voraussetzen kann, so bleibt man wirklichvor Verwunderung starr. Ein gebildeter Mensch mich langean dem Zettel herumstudieven, um überhaupt hinter seineGeheimnisse zu kommen. Wie wird sich erst ein armer Pferde-kntzcht au Sache stellen Z �"§111 uFnöflt enWält Gesetz, sine sä Sic osfiziellesiTelegraphenburxaus berichtet habyn, Bestimmungen gegenWahlmogelei und endlich auch die Einsetzung von Abge-ordnetendiäten, die in der Höhe von LOOO Lire nurvon den Abgeordneten bezogen werden dürfen, die nicht bereits Gehälter aus öffentlichen Kassen beziehen.Ten 14. oder 15. d. M. wird der Entwurf vor dieParlamentskommissionen kommen, bei welcher Gelegenheitsich gleich zeigen wird, daß natürlich heute alle eifrige Ver-fechter der Wahlreform sind. Wie die Kreuzfahrer unter demRufe„Gott will es" ins heilige Land zogen, so werfen sichdie reaktionären Abgeordneten mit den Worten„Giolitttwill es" der unsicheren Zukunft des erweiterten Wahlrechtsin die Arme. Was die So z i a l i st e n betrifft, so sind siezufrieden. Bissolati hat einem Redakteur des„Avanti" gesagt, daß der Entwurf„bei weitem das übersteigt,was die Sozialisten auf Grund ihrer eigenen Kräfte erreichmkonnten. Aber ihre Kräfte wurden eben durch die Methodeerhöht, und die Methode, der der ganze Erfolg zu danken ist.ist eben der Reformismus, der mit uubeugbarer Logik vnge-wandt wurde, ohne demagogische Schwächen, ohne apprio-ristische Hemmungen, ohne Sektengeist und ohne Furcht vorirgend jemand." Es ist wunderbar, daß der diktatorische Macht-akt des Ministerpräsidenten Giolitti, der von der ganzenreaktionären Mehrheit mit Schweifwedeln angenommenwurde, eine Ausgeburt der reformistischen Methode sein soll,oder sich als solche im Bewußtsein der Reformisten spiegelt.Wie die Wege des Herrn, so sind offenbar die des italienischenReformismus dunkel, und er wählt seine Werkzeuge so wunder-bar, daß bei dem gemeinen Sterblichen der Eindruck hervorgerufen wird, als würde gerade der Reformismus von denEreignissen weggerissen, während er sie, nach der AuffassungBissolatiS wenigstens, hervorruft, leitet und bestimmt.Politische deberlickt.Berlin, den 16. Juni 1311.Wiederbeginn der Landtagsarbeiten.Nach mehrwöchentlicher Pfingstpause ist am Freitag derpreußische Landtag wieder zusammengetreten, um den Restan Regierungsvorlagen aufzuarbeiten. Voraussichtlich dauertdieser Sessionsabschluß nur noch wenige Wochen, und esist höchst unwahrscheinlich, daß von den zahlreichen Initiativ-antrügen auch nur noch ein bescheidener Teil erledigt wird.Ganz besonders ungewiß ist daS Schicksal des freijinni-gen WahlrechtsantrageS, denn wie der Präsidentv. Kroch er auf Anfrage unseres Genossen Hirsch erklärte.sollen, bevor überhaupt ein Initiativantrag an die Reihekommt, die Regierungsvorlagen erledigt werden. Und wasdann wird, wissen die Götter. Aller Wahrscheinlichkeit nachwird die Regierung dann ohne Rücksicht auf die Wünsche der„Volksvertreter" die Session schließen.Am Freitag beriet daS Haus nur kleinere Vor-lagen und Petitionen. Am längsten verweilte es beider Erörterung eines Antrages, der die Regierung auffordert.mehr Mittel zur Förderung der Ziegenzucht in den Etat ein-zustellen. Das ist ein Thema, dem dies Haus, das für dieWahlrechtsfrage keine Zeit übrig hat, das größte Interesseentgegenbringt. Von den Petitionen interessiert nur die desBundes deutscher Buchbinderinnugen in Berlin betreffend denWettbewerb der Gefangenenanstalten und das Unterbieten derfreien Arbeit durch GefängniSarbeit;. sie wurde der Regierungzur Berücksichtigung überwiesen.Am Sonnabend steht die zweite Lesung der Novelle zurrheinischen Gemeindeordnung auf der TageZ-ordnung.Herrenhaussitzung.Unsere geborenen, präsentierten und befohlenen Gesetzgeber be-mühten sich am gestrigen Freitag erfolgreich, jeder interessanten Ver-Handlung aus dem Wege zu gehen. Zunächst sorgte man für Ber»längerung der Session, indem man das Gesetz über die Beschulungblinder und taubstummer Kinder abänderte, so daß eS nocheinmal vom DreiklastenhauS beraten werden mutz. Natürlich istdiese Aendenmg eine Verschlechterung. Dem Antrag der Eltern auf.anderweite'(I) Unterbringung deS Kinde» al» in der k o n f e s s i o»nellen Anstalt soll nur tunlichst Folge gegeben werden. So-gar Herr Schwarzkopff vom Kultusministerium trat vergeblichgegen den Antrag auf.Nach dieser Tat erledigt« man debattelos eine ganze Mengevon Denkschriften und Berichten. Ueber eine Petition nordschlcSwig-scher Lehrer gegen die Anstellung von Lehrerinnenüberhaupt und besonder» als Echulleiteriimen, ging man zur Tages-ordnung über.Auf der gewöhnlich ganz leeren Publikumtrivllne Watteten eineAnzahl Studenten auf die Verhandlung der Bittschrift der BerlinerFreien Studentenschaft und der Freien wissenschaftlichen Vereinigungum Aenderung der Disziplinarvorschriften an denUniversitäten. Die Studenten kamen nicht auf die Kostenihrer Langenweile. Man verwies die Sache an die Unter-richtskommijsion zurück. Oberbürgermeister R i v e- Hallesagte, die Kommission wolle daS neue Material nochprüfen, ob sie auch jetzt noch Uebergang zur Tages-ordnung beantragen müsse. Die einzig richtige Reform derDisziplinarvorschriften kann aber nur der Uebergang zur TageS-ordnung über dieses ganze System von Universitätsrichtern, Bor-tragsverboten und Vereinspolizei bis herab zum akademischen Sitten-schutzmann sein.Heute Sonnabend wird das Groß-Berliner Zweck»verbandZges etz beraten werden.Herabsetzung der Altersgrenze in Frankreich.Wie aus Paris telegraphiert wird, erklärte Finanz-minister C a i I l a u x in Beantworttmg einiger Interpellationen betreffend die Alterspensionen der Ar-b e i t e r, die Regierung lehne eS ab, bei dem Gesetze irgend-eine Aenderung vorzunehmen, bevor eS noch zur Anwendunggelangt sei. Die Regierung werde jedoch im OktobereinenGesetzentwurf vorlegen, der den Versichertendie Möglichkeit geben werde, im Älter von 66 Jahren dieAlterspensiouen zu erhalten. Eine Tagesordnung, welche dieErklärungen der Regierung billigt, wurde von der Kammermit 3-56 gegen 64 Stimmen angenommen.Und in Deutschland verweigerten die Regierung, die Kon-servativen. Klerikalen und Nationalliberalen selbst die Herab-setzung auf nur 65 Jahre. Diese Arbeiterfeinde haben esdahin gebracht, daß Deutschland selbst auf dem Gebiet desVersicherungswesens bald das rückständigste Land derWelt sein wird. Aber bei den W a h l e n soll dafür auchmit diesen Leuten Fraktur gesprochen werden!Offiziöse Verleumder.Eine niederträchtige Verleumdung leistet sich wieder einmaldas Ministerblatt, die„Norddeutsche AllgemeineZeitung". In ihrer Nummer 140 vom 16. Juni drucktsie eine Notiz ab, in der sie u. a. auf ein Zirkular der all-gemeinen OrtSkrankcnkasse zu Witten«.Ruhrzurückkommt, das als Beweis für die Hartherzigkeit der Ar-beitervertreter in den Krankenkassen Invaliden und kränklichenArbeitern gegenüber dienen soll. Die„Norddeutsche" folgtdem Beispiel der schwarzen Verleumderpresse, die diesesZirkulär auf das Konto„Doppelte Moral und Sozialdemo-kratie" gebucht hatte.Der„Vorwärts" hat bereits in Nr. 133 vom 10. Juniin dem Artikel„Die schwarze Verlcumdersippe am Pranger"nachgewiesen, was es mit dem Zirkular für eine Bewanornishat: Es ist o h n e Wissen unserer Genossen verianot unddurch ein Gegenzirkular derselben außer Wirkunggesetzt worden.Das braucht das ehrenwerte Ministerorgan nicht zu wissen.Für alles, was sich vielleicht gegen die Sozialdemokratieausschlachten läßt, hat es eine feine Nase, nur bei der Wahr-heit versagt sein Spürsinn. Die Herren, die in der„Nord-derckschen" ihre ministeriell genehmigte politische Weisheit ver-zapfen, tun sich ja viel auf ihre Korrektheit zugute. Ob dieauch so weil reichen wird, die Wahrheit über das WittenerZirkular mitzuteilen?_Zentrum und Arbeiterverhetzung.1 Auf Sern Delegicrtentage des bergischen Bezirksverban8eskatholischer Arbeitervereine hat jüngst der Diözesanpräses Dr.Müller eine Rede gehalten über„GrundsätzlicheFragen im öffentlichen Leben", worin er u. a.sagte:Wir müssen den Kampf aufnehmen und denselben führengegen die Brutalität des Gegners im Wirtschaft»lichen Leben. Diese Brutalität wird geübt von dem libe-r a l e n Unternehmertum, das sich im wirtschaftlichenLeben nur von materiellen Gesichtspunkten leitenläßt und darum jeden sozialen Fortschritt be-kämpft. Bei einem Siege der liberalen Ideen hat die Ar-beiterschaft nichts Gutes für sich zu erhoffen.Die„K ö l n i s ch e Z e i t u n g" erblickt in diesen Worteneine«ganz regelrechte Arbeiterverhetzung.wie sie gehässiger auch von der Sozialdemokratie kaum be-trieben werden kann." Das nationalliberale Blatt macht da-für den„Volksverein für das katholische Deutschland" ver-antwortlich, wogegen sich die„K ö l n i s ch e V o l k s z e i-tun g" wendet mit der Bemerkung, daß der Volksverein fürdie Reden der Arbeitervereinsführer nicht verantwortlich zumachen sei; es sei„unehrlich und gehässig", die soziale Er-ziehungsarbeit des Volksvereins als Arbeiterverhetzung hin-zustellen.Warum denn auf einmal so empfindlich, liebes Zentrum?Es gab Zeiten, da war man im ultramontanen Lager dochnoch ganz andere Töne gewohnt, als sie die heutigen katho-lischen Arbeitervereinsführer von sich geben. Das Zsntrumschickt sich an, den hundertsten Geburtstag des BischofsKetteler zu feiern, den es als einen Bahnbrecher undFührer der katholischen Sozialpolitik preist. In seinem 1864erschienenen Buckw«Die Arbeiterfrage Md das Christentum"redet er von dem„Sklavenmarkt unseres libe-ralenEuropas" und versteht darunter die Tatsache,-„daßdie ganze materielle Existenz fast des ganzen AxbeitSrstandes,also des weitaus größten Teils der Menschen in den modernenStaaten, die Existenz ihrer Familien, die tägliche Frage umdas notwendige Brot für Mann, Frau und Kinder, allenSchwankungen des Marktes pnd des Warenpreises aus-gesetzt ist."Er schildert an derselben Stelle den Lebensgang und dieTätigkeit eines modernen Fabrikarbeiters mit seinein Elendund seiner Leib und Geist verzehrenden Beschäftigung undschreibt dann:Mag die liberale Partei noch so viel von Gewerbefreihettreden, für diesen Mann— und das ist der Zustand fast allerArbeiter der Welt in einem gewissen Alter— gibt es weder Frei-zügigkeit noch Gewerbefreiheit: er ist, wenn er nicht verhungernwill, mit seiner Familie an diesen bestimmten Ort und an diesebestimmte Fabrik gebunden; er muß bei diesem reichen Fabrik-Herrn arbeiten— und dieses Muß ist für ihn ebenso zwingendwie für jeden Sklaven, dem man daS Muß mit derPeitsche und Kette beibringt.Auch Ketteler verfiel der Denunziation der Liberalen.Der Abgeordnete Jung(Köln) empfahl in emer seinerReden die Kettlerschen Schriften der Beachtung des Staats-anwalts, und die„National-Zcitu'ng" schrieb 1873, BischofKetteler sei nicht Politikerz sondern Demvgoge!, undzwar, weil er wirtschaftliche und religiöse Hetzerei treibe, einnoch viel schlimmerer und gefährlicherer De-magoge, als Las falle einer war.Das Zentrum hat heute noch einen Mann in seinenReihen, der, als er noch nicht preußischer Professor und päpst-licher Prälat war, die„Arbeiterverhetzurig" in ganz anderemTone betrieb, als seine schwächlichen Gladbacher Kollegen vonheute. Im Jahre 1877 gab Kaplan Franz Hitze einBuch heraus über die soziale Frage und die Be-streb» ii genzuihrerLösung. Darin geht er mächtigmit dem Kapitalismus ins Gericht, Md am Schlüsse seinerUntersuchungen über die Lage des modernen Proletariatskommt er zu dem Ergebnis:Das Los eines Sklaven(st fast beneidenS-wert gegenüber einem solchen„weißenSklaven". Jener hatte doch wenigstens zu essen; sein Herrsorgte doch für seine Erhaltung, da der Verlust eines Sklavendie Anschaffung eines neuen nötig machte. Ter Unternehmer.der Kapitalist aber beutet seinen Sklaven, seinen sogenanntenfreien Arbeiter, möglichst aus, und wenn seine Kraft verbrauchtist, dann mag er gehen, eine neue, frische Arbeitskrast tritt anseine Stelle,«ine Arbeitskraft, die der Arbeiter vielleicht selbstmit schweren Opfern ihm in seinen Söhnen großgezogen hat.Handelt ein solcher Kapitalist ander? als derrömische Sklavenhalter, der seinen ausgedientenSklaven auf die Insel des AcSkulap aussetzte oder denFischen zur Speise vorwarf.Und auch noch in den achtziger und neunziger Jahrenkonnte man. ähnliches in ultramontanen Schriften undBlättern lesen. ES sei erinnert an die temperamentvollenArtikel, worin der selige Johannes F u s a n g e l in der„Westfälischen Volkszeitung" das liberale Unternehmertumkennzeichnete, worin er dem„liberalen Mastbürgermit dem wohlgefüllten Geldsack und demsteinharten Herzen" in Aussicht stellte, daß er dererste sein werde, dem das empörte Volk„die Gurgelabschneidet".Das Zentrum wirbt in letzter Zeit mit ausfälligem Eifer»m die ifii-: SnMüicfctryi: es bemüht sich um den