bei der die Entscheidung lag, ihre ganze Kraft eingesetzt, umdem deutschnationalen Gcgei,kandldaten zum Siege zu der-helfen, und in ganz Oesterreich wird es begeisterten Widerhallfinden, daß dieser verhaßteste Organisator der christlichsozialenKorruption erlegen ist.23 Mandate sind heute in Wien zur Besetzung gelangt.Zwei Resultate sind noch ausständig. Ebenso vernichtend wiedie Niederlage der Christlichsozialen, ebenso glänzend ist derErfolg der Sozialdemokratie. Elf Mandatesind ihr heute zugefallen. Wien schickt unter 33Abgeordneten l8 Sozialdemokraten in den Reichsrat.Im Jahre l9l)7 verfügten die Christlichsozialen über 23Wiener Mandate, die Freiheitlichen hatten 3 Sitze, die Sozial-demokratie 13. Heute sind den Christlichsozialen im ganzen4 Mandate geblieben, die Freiheitlichen haben 9 und es istwahrscheinlich, daß auch die zwei fehlenden Mandate den.Christlichsozialen verloren gegangen sind.Tie Niederlage der Christlichsozialen beraubt diesePartei all ihrer Führer. Zugleich hört die Partei auf, einestädtische Partei zu sein und wird eine re i n klerikal-a g r a r i s ch e G r u p p e. Ob es gelingen wird, den pbdach-losen Führern noch Sitze im Parlament zu verschaffen, indemin den Landbezirken gewählte Strohmänner zurücktreten, istüberaus fraglich. Nicht aus Mangel an Strohmännern, wohlaber aus Mangel yn deren guten Willen.Tie Niederlage der Christlichsozialen ist zugleich eineschwere Niederlage des Ministeriums Bie-n e r t h. Mit den Häuptern der Christlichsozialen sind zu-gleich die verläßlichsten Regierungsstützen gefallen. Die Re-gierungsmajorität ist geschwächt, das moralische Prestige desMinisterpräsidenten B i e n e r t h vernichtet. Mit demKlerikalismus ist zugleich die österreichische Regierung dieBesiegte dieser Mahlen.Und noch jemand wird die Nachricht vom Wiener Zu-fammenbruch mit Groll vernehmen i der Mann in Belvedere,der klerikal- imperialistische Erzherzog, T.hron»so l g e r.In G a l i z i e n war Montag Wahltag. In siebzig Wahl-kreisen West- und Ostgaliziens mit insgesamt 106 Mandaten sindbisher 38 Abgeordnete endgültig gewählt worden und zwardreißig Mitglieder der Polenklubs, fünf Sozialdemokraten, unterihnen Daszynski zweimal, ferner der Unabhängige Breiter undzwei Ruthcnen. Der Polenklub gewinnt bisher drei und verliertzwei Mandate, die Sozialdemokraten gewinnen zwei,die Zionisten verlieren zwei, die Ruthenen ein Mandat.Der infame Terrorismus und Wahlschwindcl der Schlachtschitzenhat im Lande vielfach zu blutigen Unruhen geführt. Ueber dasbereits gemeldete Massaker in Drohobycz wird noch berichtet: Aufdas Gerücht, daß für den Kandidaten Löwenstein eine großeAnzahl gefälschter Stimmzettel abgegeben worden seien,erfolgte nachmittags von zionistischer Seite ein Sturmaus dessen Agitationslokal. Polizei, Gendarmerie und Kavalleriewaren ohnmächtig gegen die aufgeregte Menge, welche Steine,Stühle, Biergläfer und andere Gegenstände auf sie schleuderten.Ein im Laufschritt mit gefälltem Bajonett herbeieilender TruppInfanterie wurde ebenfalls mit einem Hagel von Steinen emp-fangen. Als die Menge trotz der Aufforderung des befehligenden'Oberleutnants, sich zu zerstreuen, weiterhin mit Steinwurfen ant-swartete, erscholl das Kommando:»Schießen!" Fünf Sal-den wurden auf eine Entfernung von 15— L0 Schritt abgegeben.'Den Blättern zufolge wurden achtzehn Personen ge-tötet und 37 schwerverletzt, darunter mehrere Frauen.Nach der Flucht der Exzedenten wurde der Platz militärisch abge-sperrt. Der Zustand vieler Verletzten ist besorgniserregend.Einige der Projektile müssen durch mehrere Körper durchgegangensein, da sonst die große Zahl der Opfer nicht zu erklären wäre.Nachts war in Drohobycz Ruhe. Heute herrscht ungeheureAufregung. Es wird befürchtet, daß eS beim Leichenbegängnisder Opfer zu großen Demonstrationen kommen wird.Auch in Lemberg kam eS nach Verkündigung der Wahl zuZusammenstößen mit Militär und Polizei, wobei von derWaffe Gebrauch gemacht wurde und dreizehn Per-sonen verletzt wurden. Aus S a m b o r wird gemeldet, daßnach Veröffentlichung des Wahlresultats die christliche und jüdischeBevölkerung einander angriffen. Das einschreitende Militär gingmit gefälltem Bajonett vor. Zehn Personen wurden ver-letzt._Das CiquMationsitiiniftcrium.Aus Brüssel wird uns geschrieben:Das Ministexium Bxocqpeville wird höchstenself Monate Lebenslauf besitzen. Merklyürdig an ihm ist nur,daß es vier ausgesprochen„j u n g- k l e r i k a l e" Mit-glieder zählt. Das könnte auf den ersten Blick den Anscheinerwecken, daß mit der Aushängung des jungklerikalen Schil-des auch die d e m o k r a t i s ch e R i ch t u n g im Klerikalis-mus Oberwasser hat.Ein jungklcrikales Ministerium! Da soll die Bevölke-rung doch mal merken, daß nicht die„Alten" um Waesteherum, sondern die, die das vielversprechende, schimmerndeWörtchen..Jung" dem„Klerikal" voranstellen, die das ino-derne, soziale, einer erweiterten demokratischen Idee zu-gängliche Prinzip darstellen, die Zügel führen. Vor denWahlen, die der pfall des Schulgesetzes und die NiederlageSchollaerts ohnehin so bedenklich erscheinen läßt, kann esnur nützen, wenn die Wähler sehen, daß die„christliche De-mokratie" obenan ist. �Nur daß gerade die letzten Ereignisse, die dem Mi-nisterium die jnngklerikalen Minister zugeführt haben, dieJungklerikalen— die zweifellos das treibende und in-transigente Element in der Schulfrage gewesen sind alsdie starken Vertreter einer rücksichtslosen, sek-toristischen und den Klerikalismus eines Waeste noch über-trumpfenden Parteipolitik gezeigt haben.Wie weit es aber überhaupt mit dem allerdings einstder Demokratie zuneigenden Jungklerikalismus gekommenist, veranschaulichen am besten zwei der berüchtigsten jung-klerikalen Fahnenträger, die jetzt als Mitglieder des Mi-nisteriums Brocquepille diesem wohl eine besondere Garantiefür eine demokratische Politik aufdrücken sollen: der Kolo-nienminister N e n k i n und der Justizminister C a r t o nde W i a r t. die beide Muster des Renegaten- und Streber-tums darstellen. Für den geopferten intoleranten und fana-tischen Helleputte ist insbesondere der„literarisch"-elegante,vom Sozialpolitiker zum glatten Streber gesunkene Cartonde Wiart mehr als Ersatz. Die Jungklerikalen sind heutenur mehr die Renegaten der Demokra tie und alssolche eine weit gefährlichere Sorte Politiker, als die offenUnd ehrlich reaktionären Altklerikalen.Der jungklerikale Flügel repräsentiert heute in Wirk-llichkeit die Tendenzen der schärfsten Intoleranz und desäußersten Klexikglismps. In der Tat hat ja das Schollaert-sche Klostergesetz gezeigt, bis zu welchen Konsequenzen undGrenze�» der Klerikalismus von den Jungklerikalen geführtwerden soll: auf dem Schulgehiete zur vollständigen Aus-lieferung des Unterrichts an die Gewalten von Kloster undKirche..Mit dem Ministerium Brocquebille ist aber kein durchirgendeine Formel von christlicher Demokratie gemilderterKlerikalismus ans Ziel gelangt, sondern die Verkörpe-rung des schroff st en Katholizismus, deralten kulturfeindlichen Intoleranz. So kurz es auch zurHerrschaft berufen und so eingeengt auch sein Aktionsfeldist, so wird auch in der kurzen Spanne seines geschäfts-mäßigen Wirkens aus jedem seiner Träger die gefährlicheund feindliche Macht des Klerikalismus sprechen. Und dieWähler werden auf diese hoffentlich letzte Episode der klerikalen Herrschast den richtigen Bescheid geben.Das Ministerium vor der Kammer.Brüssel. 20. Juni. In der heutigen Sitzung der Kammer vev-las Ministerpräsident Brocqueville eine programmatische Er-klärung deS' neuen Ministeriums. Tie Regierung wende ihre Auf-merksamkeit besonders dem Kinderschutz, den Arbeiter-Pensionen sowie der Forderung des Mittelstandes und derVermehrung des kleinen Besitzes zu. Auch die Lage der Beamtensolle gebessert und noch heute ein Gesetz über di« OsfizierSpensioneneingebracht werden. Bezüglich des Schulgesetzes erklärte derMinisterpräsident, daß die Frage mit Ruhe und Ueberlegung ge-prüft werden solle, um durch Abänderungsanträge zueiner Verständigung zu gelangen. Nach dem Ergebnis derletzten Volkszählung entspreche es dem Prinzip derGerechtigkeit, die Parlamentssitze zu vermehren. DerMinisterpräsident schloß mit der Aufforderung an das Parlament,das Budget nunmehr zu bewilligen, um einen regelmäßigenGang der Staatsgeschäfte zu ermöglichen.politilcbe debcrlicbt.Berlin, den 30, Jnnt 1911,Agrarische Demagogie.Wie wenig die Agrarier trotz ihrer gegenteiligen Ver-sicherungen auf das Interesse des kleinen Mannes bedachtsind, haben sie aufs neue bei der Beratung des A u s s ü h-rungsgesetzes zuni Reichsviehscuchengesetzbewiesen, womit sich das Abgeordnetenhaus am Dienstagin zweiter Lesung beschäftigte. Bei ihrer Agitation imLande predigen sie, daß es Pflicht des Staates sei, Entschädi-gungen für Verluste durch Viehseuchen zu zahlen, und auchin ihrem Handbuch nehmen die Agrarier diesen Standpunktein. Aber für sie gilt mehr als für irgendeine andere Parteider Satz: Richtet euch nach meinen Worten und nicht nachmeinen Taten. Wo es ihnen möglich ist, ihren Worten dieTat folgen zu lassen, in den gesetzgebenden Körperschaften,da versagen sie einfach und treten die Interessen derjenigen,um deren Stimmen bei den Wahlen sie buhlen, r ü ck s i ch t s-los mit Füßen. Würden sie sich damit begnügen, vonder Stellung von Anträgen zugunsten der LandproletarierAbstand zu nehmen, so könnte man sich darauf beschränken,ihnen den Vorwurf grober Pstichtvergest'enheit zu machen.Aber daß sie die von anderen Parteien ausgehenden, dieseTendenz verfolgenden Anträge- niederstimmen,'ist schnöderVerrat.Insbesondere die Sozialdemokraten hatten einegroße Reihe von Abändern ngsanträgen einge-bracht, die sich samt und sonders in der Richtung einer Ent-lastung der kleinen Leute auf dem Lande bewegten. Lei-nert, der die Anträge begründete, verstand es, mit rechtgeschickten Argumenten zu operieren und gleichzeitig dieZweiseelenthcorie der Agrarier zu brandmarken. Indeskam der Präsident v. K r ö ch e r seinen Freunden wiedereininal zu Hilfe, indem er unseren Redner zweimal zurSache rief, weil Leinert zum Beweis dafür, daß in PreußenGeld genug vorhanden ist, die Erhöhung der Zivilliste kurzerwähnte. Aber es nutzte ihm nichts, unser Genosse konnteseine Rede trotzdem zu Ende halten. Wie unparteiisch Herrv. Kröcher ist, zeigte er wieder mal dadurch, daß er einenfreikonservativen Redner, der die Rede Leinerts als Hetz«rede bezeichnete, nicht zur Ordnung rief, sondernsich mit einer minder scharfen Zurückweisung begnügte.Am Schluß der Sitzung gab es noch eine recht charakte-ristische Geschäftsordnungsdebatte. Die konservativ-klerikaleMehrheit will den Sessionsschluß gewaltsam herbeiführenund verlangt deshalb, daß die Zweckverbandsgesetze, nochbevor die Beschlüsse des Herrenhauses offiziell dem Abge-ordnetenhause mitgeteilt sind, und ohne daß die FraktionenZeit zur Besprechung haben, schon auf die Tagesordnungder nächsten Sitzung gesetzt werden. Die anderen Fraktionenerhoben dagegen Einspruch, und nach mehr als einstündigerDebatte, in der es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischender Sozialdemokratie und der konservativ-klerikalen Gesell-schaft kam, wurde der Antrag schließlich zurückgezogen.Ein Vorschlag unseres Genossen Hirsch, am Mittwochendlich den Wahlrechtsantrag zur Beratung zu stellen, fandvor den Augen der Mehrheit kein? Gnade.Annahme des Fenerbcstattungsgesehes im Herrenhause.WciS im Geldsackparloment nur mit Hilfe der Sozialdemo-kraten möglich war, hat das Haus der Standesherren und Ernann-ten aus eigenem geleistet und sogar mit sechs Stimmen Mehrheit.Immerhin waren es 86 der Edelsten und Besten des preußischenBaterlandes, die bereit waren, das Herrenhaus durch Verwerfungdieses schon ohnehin für die große Masse der Untertanen un-praktikabel gemachten Gesetzes zu blamieren. Ein ganzer Heer-bann marschierte da auf unter der strategischen Führung d«sGeneralfeldniarschalls Graf H ä s e l e r, der sich upter der Herr-schaft der o b l i g a t o r i s ch e n j I) Feuerbestattung keine Krieger-gröber mehr denken kann(andere können sich dann bloß keineEpidemien im Feldlager mehr denken), und unter dem Segen de?Erzbischofs von Köln, des Kardinals Fischer. Dieser hohe Beamteder Romkirche sieht sogar schon die Fundamente von Staat undKirche erzittern, wenn in Preußen eine Anzahl begüterter Leutesich durch Feuer bestatten lassen können. TaS war denn doch selbstdem Herrenhaus- zu arg, und es ertönten einige ganz kräftigeOho-Rufell Aber was ist das selbst gegen den Grafen Droste,V i s ch e r i n g, der der Regierung der Dallwitz und v. Trptt zuSolz allen Ernstes nachsagt, daß sie überhaupt«ine auffallendeGegnerschaft gegen das Christentum zeige!.., Herr GrafOppersdorf packt die Sache beim preußischen Patriotismusan: denn, so verkündet er der staunenden Welt, das Erdgrabhat Preußen groß gemacht. Aber Preußen begibt sichnun auf die schiefe Wasserrutschbahn. Hs ist traurig! Ein leib-haftiger Kronsyndikus und Oberlandesgerichtspräsident mit demallen echtborusfischen Männern teuren Nqmen v. Pkehwe begibtsidj in di« Gemeinschaft des verruchten Mödernistxn Zvrk v. Mar-lenbürg, d'eS Kathedersozialisten Adolf Wagner und, des sicherlichglaubensschwachen Medizinmannes Waldeyer und tritt gleich demPolizeiminister füx das Gesetz ein. Und so geschieht cS, daß innamentlicher Abstimmung der§ 1 mit 92 gegen 86 Stimmen ange-nommen wird.In der Spezialdiskussion versuchte Graf Strachwitz ver-geblich, das Gesetz noch weiter abzuändern, damit es im Dreiklassen-Haus umgebracht werde» könnte. So beantragte er, statt der schonfestgesetzten Zweidrittelmehrheit die Dreiviertelmehrheit einer Ge-mcindevertretung zur Beschlußfassung über die Errichtung einesKrematoriums zu fordern, worauf ihm der Berichterstatter, Ober-bürgermeister R i v e- Halle, den Rat gab, doch lieber gleich dieNeunzehntelmehrheit zu verlangen. Etliche Herren murrten überdiese bürgerliche Anmaßung, was ihnen aber nichts half. Mit sechsStimmen Mehrheit wurde schließlich das ganze Gesetz unverändertangenommen.Debattclos geruhte man dann noch, die rheinisch-westfälischenJndustricbczirke mit der Staatspolizei zu begnaden und unterhieltsich über Petitionen. Erst nach fast siebenstündiger Sitzung machtemap Schluß,Heute, Mittwoch: Allgemeines Zweckverbandsgesetz-Die gefährliche Begegnung.Ter„Deutschen Tageszeitung" ist Leid widerfahren. Esmachte sich so hübsch, daß Herr v. Bethmann Hollweg durchdie„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" für Wilhelm II.um Entschuldigung bat und die Junker, die natürlich aneinem offenen Konflikt mit ihrer Monarchie kein Jnter-esse haben, waren auch großmütigst geneigt, Verzeihung 5»gewähren und Wilhelm II. die Begegnung mit Macdonald(der übrigens nicht nur, wie die schämige„Nordd. Allg,"sagt, der Führer der Arbeiterpartei, sondern auch ihres so-zialistischen Flügels, der Jndependent Labour Partyist) gütigst nachzusehen. Leider folgte dem Dementi der„Nprdd.", nach dem die Einladung Macdonalds vom eng-lischen Kriegsminister ausgegangen wäre, prompt das De-menti des„V o r w ä r t s" und da dieses Dementi denndoch in allen Kreisen größere Glaubwürdigkeit besitzt, iowird die„D. Tagesztg." wieder aus ihrer Ruhe ausgescheucht.Nochmals versichert sie:„Jedenfalls aber werden alle monarchischen Kreisein Deutschland mit Genugtuung das Dementi derBehauptung begrüßt haben, daß Kaiser Wilhelm das Zusammen-treffen und das Gespräch mit Herrn Macdonald gewünscht undveranlaßt habe."Aber diese Versicherung soll doch nur ausdrücken, daß die„monarchischen Kreise" es unverzeihlich finden würden,wenn Wilhelm II. die Initiative zur Einladung MacdonaldSwirklich ergriffen hätte. Und gerade dies hat ja der„Vor-wärts" behauptet und deshalb verlangt das Ägrarierblattvon der„Nordd." ein zweites Dementi. Das ist wirk-lich ungewohnte Bescheidenheit. Denn die Behauptung dep„Nordd." würde durch Wiederholung an Wahrheit nichts ge-Winnen und das Eine könnte sich schließlich die„D. Tages-zestung", wenn sie sich schon so stellt, als würde sie unsererTarstellung nicht glauben wollen, doch selbst sagen, daß wohlder englische Kriegsminister aus freien Stücken nie aus denabsonderlichen Einfall gekommen wäre, just Wilhelm II. dieBegegnung mit einem Sozialdemokraten vorzuschlagen.Und warum ist die„D. Tagesztg." Überhaupt plötzlich fdmilde. Wenn schon Macdonald als einziger Parlamcn-tarier zu jenem Essen erschienen war,, warum hat Wik-Helm II-, wenn die Darstellung der„Nordd. Allg. Zeitung"richtig war, sich gerade mit ihm in ein langes Gespräch ein-gelassen, statt ihn zu ignorieren?Warum wir die ganze Geschichte überhaupt erwähnen?Erstens, weil das demütige Berzeihungbitten für BethmannHollweg so charakteristisch ist: zweitens, weil es sehr lustig ist,zu sehen, wie dabei die„Nordd. Allg. Ztg." zu unwahrer undalberner Ausrede Zuflucht nimmt und drittens, weil cSsehr hübsch ist, wie energisch die Agrarier gegen Wilhelm II.aufzutrumpfen wissen. Tagegen ist die„D. Tagesztg." völligim Irrtum, wenn sie meint, die Deutsche Sozialdemokratieerblicke in diesem Einfall Wilhelm II. ein„Entgegenkommen"und messe der Begegnung irgend welche politische Bederrtungbei. Wir haben ja schon zu oft gesagt, was wir vonsolchen Dingen halten, als daß wir tzs nötig hätten, unsereSkepsis nochmals zu betonen.Fahrkartensteuer.Die„Rordd. Allgem. Ztg." dementiert die Mitteilungen des„Berk. Lok.-Anz." über eine Aenderung der Fahrkartensteuer. Siebezeichnet die Meldung des Scherlschen Blattes als„aus der Luftgegriffen" und verweist auf die öffentlichen Zusicherungen deSMinister« der öffentlichen Arbeiten im Reichstage und im Prcußi»schen Abgeordnetenhause,Eine minderjährige„Aufhetzeriu".In Märzdorf. Kreis Ohlau lSchlesien) fand bor kurzem aufdem GeHöst eines Stellenbesitzers eine sozialdemokratische Versainm-lung unter freiem Himmel statt. Die jugendliche Enkeltochter de»Besitzers befand sich in der Wohnung, und da ein Fenster offenstand,mögen ein paar Worte des Redners bis in die Stube gedruugcusein. Das Mädchen erhielt darauf einen Strafbcfehl über 3 M..weil eS„als Person unter 13 Jahren an einer politischen Versamm-l»ng teilgenommen" habe. Auch das Schöffengericht hielt eineUebertretung des VereinsgesetzeS für vorliegend, ermäßigte aber dieGeldstrafe auf 1 M. Der überwachende Gendarm als Zeuge be-lunijete, das Mädchen sei ihm trotz seiner Jugend bereits als»Aus,h e tz e r i ii unter den Tabakarbeiterinnen" bekannt.Die brutale» Erziehungsmethoden der Kaserne.Das Kriegsgericht der 15. Division in Koblenz verhandelt«gegen den Unteroffizier Mechtenberg vom Fcldartillerck.Regiment Nr. 23 wegen Mißhandlung Untergebener und Miß.brauch der Tienstgcwalt. Er mißhandelte Untergebene nicht nurselbst mit der Hand oder mit einem Gurt, sondern beauftragteeine Anzahl Leute des älteren Jahrganges, in einem dunklenZimmer diejenigen Rekruten abzufassen und zu mißhandeln, dieer eigens zu diesem Zweck abends auf seinZimmer befahl untex dem Vorwand, daß sie Zaumzeug vor-zeigen sollten. Der Vertreter der Anklage beantragte wegen Miß-Handlung und Verleitung zur Mißhandlung in elf Fällen ein«Gesamtstrafe von zwei Monaten Gefängnis. Das Kriegsgerichtttlamste auf nur v i e r Wochen Mitte larre st iDer Reichsverband der deutschen Presseund der Verband Deutscher Journalisten- und Schriftstellerbcreineberiet sich heute, wie aus Eisenach gemeldet wird, nach offiziellerBegrüßung der Delegierten durch R-gierungSrat Krauß im Namender Regierung und durch Oberbürgcnneister Schmieder inrNamen der Stadt Eisenach in gemeinsamer Sitzung überdi» Privatbeamtenverstcherung. Nach einem Referat Prägers-München wurde eine Refolution aiigenoinmen, in ivelcherdie Fassung des Bundesrats als geeignete Lösung bezeichnetwird. Der Reichsverband der Deutschen Presse setzte darauf sein«gestern abgebrochenen Berhandluogen fort und nahm eine» Antrag