letzten Grunde gelingt, den katholischen Ar-beitern ihre religiösen Ideale zu erhalten,dann ist auch unser Kamps vergebens."AuZ dem jungen, neugebackenen Arbeitersekretär, der nochdie Spuren seiner Tätigkeit als Kcsselheizer mit sich herumtrug,ist unterdes ein Mann von vielen politischen Würden geworden,der staatsmännische Reden hält und sich berufen sieht, den katholi-schen Arbeitern vor allem die„religiösen Ideale" zu er-halten. Seine Gegner im Arbeiterlager, die den Mann gekannthaben, als er noch fähig war.„frische Reden für die sozialenInteressen" zu halten, werden ihn höber geschätzt haben als heute.Doch Herr GiesbertS wird sich zu trösten wissen damit, daß ihmdafür die Anerkennung der Junker und Scharfmacher sicher ift.Das heilige Köln und die Feuerbestattung.Gegenüber der fulminanten Rede des Kardinals Fischer vonKöln im Herrenhause nimmt sich die Tatsache wunderlich aus, datzsich die Zentrumsfraktion im Kölner Rathause bereits vor vierJahren für die Errichtung eines Krematoriumsmit Urnenhain in Köln ausgesprochen hat. Damals stand die An-nähme'ines grohen Vermächtnisses auf der Tagesordnung. Dergestorbene Oberlandcsgerichtsrat Dr. Paul Rothschild hatte derStadt 700 000 M. für hilfsbedürftige Kranke der gebildetenStände und 100 000 M. für die Errichtung eines Krematoriumsnebst Urnenhain vermacht. Dr. Rothschild sprach in seinemTestament die Ueberzeugung aus, daß eS„in absehbarer Zeit auchin Preußen möglich sein wird, Krematorien zu errichten". VieUetchtwar das Kölner Rathaus anderer Meinung, als eS der Annahmedes Vermächtnisses zustimmte. Genug: Der FraktionsrednerJustizrat Kausen erklärte, daß die Zentrumsstadtverordnetennach eingehender Prüfung für die Annahme stimmen würden,denn, wenn auch der christliche und der jüdische Kultus die Feuer»bcstattung ablehnten, so dürfe man doch auf Andersdenkende keinenZwang ausüben.In Köln, wo daS Zentrum über ein starke Mehrheit verfügt,ist trotz des Beschlusses des schwarz-blauen Blocks, der eine Zwei»drittelmajorität für die Errichtung von Krematorien fordert, alsodennoch daS Krematorium gesichert.Nationalliberaler Parteitag.Die„Nationallibervle Parteikorrespondenz" meldet, daß derdiesjährige Vertretertag der nationalliberalen Partei aus Rücksichtauf die im Januar stattfindenden ReichStagSwahlen später wie sonststattfinde. Er werde voraussichtlich Ende November oder AnfangDezember in Berlin abgehalten werden.Er geht noch immer nicht!Die konservative Parteileitung setzt ihre Hetze gegen denStaatssekretär Dr. Delbrück fort, nur daß man jetzt diese Hetzein die kleine konservative Provinzpreffe verlegt. So schreiben z. B.die„Mitteilungen aus der konservativenPartei"(Zentralorgan der konservativen Vereine Deutsch»lands), deren Artikel vielfach von den kleinen konservativenBlättern abgedruckt werden:Aber auch die Reden und Aeußerungen leiten-der Staatsmänner zeigen immer häufigerjene bedenklichen Entgleisungen, deren. Wirkungennoch gefährlicher sind als das Gehen- und Geschchenlassen, alsdie Tatenfosigkeit gegenüber den Demonstrationen der Umsturz-Partei. Staatssekretär Delbrück spricht von einem„ritterlichenMitarbeiten" der Sozialdemokratie an der ReichsversicherungS-Ordnung, wo diese doch nichts getan hatte, als durch unsinnige,unerfüllbare Forderungen das große Werk zu erschweren, undschließlich gegen das ganze Gesetz gestimmt hat.„Ritterlich"nennt man sonst die ideale,.selbstverl«ugnende Hingabe an einegroße Sache, das edle Kämpfen um ein erhabenes, allem Ge-meinen weit entrücktes Ziel, das seinen' Lohn in sich selbst trägt.Welche Begriffsverwirrung, dies Wort auf das Treiben derUmsturzpropheten anzuwenden!...Uebersehen aber auch die leitenden Staatsmänner, welchewie Herr Delbrück und Herr von Bodman» solche bedenklichenAeußerungen tun, die ganze Gefährlichkeit ihrer Reden?Müßten nicht tausende deutscher Arbeiter, die heute noch mitEntrüstung die Werbungen der Sozialdemokratie von sich weisen,dadurch zu dem Glauben verleitet werden, daß die Umsturzparteiim Grunde gar nicht so gefährlich sei, da doch auch die Regie-rungen die Möglichkeit eines MitarbeitenS mit ihr zugeben?Nichts ist gefährlicher, als wenn Regierungen die Neigungzeigen, mit revolutionären Bestrebungen zu verhandeln; daZlehrt überall die Geschichte.Zum Schluß erklingt dann wieder der Ruf nach dem starkenMinister ohne Skrupeln und Hirn, der bei den nächsten Reichstags.wählen durch frivole Rechtsbeugung die Konservativen vor einerNiederlage schützt:Denn so kann es nicht weiter gehen. Liberalisierende Halb-heit auf selten der Staatsbehörden kann nur das Nebel steigern.W i r verlangen eine Regierung, ausgestattetmit Willen und Charakter, mit der sicheren Kraft desmoralischen Empfindens und der Entschlossenheiteines festen Standpunktes, eine Regierung, welchebereit ist, gegen die Umsturzgefahr die Machtmittel deS Staateszur Anwendung zu bringen. Wie der Wert jedes Menschen be-ruht auf der Stärke seines Willens zum Guten, so beruht auchdie Größe jeder wahren Staats kun st auf derFestigkeit und Sicherheit ihrer Ueberzeugun-gen von Gut undRecht.Nachklänge zur Jmmcnstädter Wahl.Der ReichStagswahlkampf im Wahlkreise Jmmenstad!(Mgäu)wurde bekanntlich zwischen dem Zentrum und den Liberalen mitaußergewöhnlicher Heftigkeit geführt und zeitigte einen ganzenRattenkönig von Beleidigungsklagen. Eine solche Klage kam amDonnerstag vor dem Schöffengericht in München zum AuStrag.Der liberale Parteisekretär Edelmann hatte am IS. Februar aufdem Bahnhof zu Oy bei Kempten dem christlichen Gewerkschafts-fekretär Adlhoch einige Ohrfeigen gegeben, weil dieser ihn fort-gesetzt anflegelte. Adlhoch klagte gegen Edelmann wegen tätlicherBeleidigung, und dieser erhob Widerklage. DaS Gericht erkanntezwar, daß beide der Beleidigung schuldig seien, erklärte sie aberfür straffrei, weil eS sich um sofort erwiderte gegenseitige Beleidi-gungen handele»Der Fall Jatho.Da« kirchliche Sprnchkolleginm. datz die Amtstätigkeit des Pfarrersgatho zu untersuchen hatte, hat heute sein Urteil gefällt. ES lautet:Das Spruchkollegium für kirchliche Angelegenheiten stellt nachseiner freien, aus dem ganzen Inbegriff der Verhandlungen undBeweise geschöpften Ueberzeugung traft§ 11 de» KlrchengcsetzeSbetreffend da» Verfahren bei Beanstandung der Lehre von Geist»liehen vom 16. März 1010 fest, datz«ine weitere Wirk»famleit de» Pfarrers Jatho innerhalb derevangelischen Landeskirche der älteren Pro-Hinzen Preußens mit der Stellung, die er lnseiner Lehre zum Bekenntnis der Kirche ein-nimmt, unvereinbar ist.Deutsch-japanischer Handelsvertrag.Heute ist in Berlin der neue deutsch-japanische Handels- undSchiffahrtsvertrag nebst zugehörigem Zollabkommen von demStaatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen-Waechter unddem japanischen Botschafter Baron Chinda unterzeichnet worden.Wilhelm II. gegen BethmannS Sammlungspolitik?Nach der.N. Gesellsch. Korresp." soll Wilhelm II. vor einigerZeit geäußert haben:„Meine Sozialdemokraten sindgarnichtsoschlimml' Die genannte Korrespondenz bemerktdazu, daß kein Dementi die E ch t h e i t des Wortes zu verfälschenimstande sein würde.Die Geschichte ist offenbar von jemandem erfunden, der einJnterefle daran hat. die in letzter Zeit über Wilhelm II. erbostenKonservativen noch mehr zu reizen.0ie franzöftfebe MiMerkrile.Paris, 24. Juni. Die M e h r h e i t. die das Ministeriumzu Fall brachte, bestand aus 22 Sozialistisch-Radikalen, 12 So-zialistischen Republikanern, 24 Mitgliedern der demokratischenund der radikalen Linken, 70 Progressisten, 44 Mitgliedernder Action Liberale, 6 der Rechten, 21 Wilden und einem Mit-glied der Partei der geeinigten Sozialisten. 92 Deputierte,darunter 54 geeinigte«Sozialisten enthieltensichderAbstimmung. Es bestätigt sich, daß der S t u r zdes Kabinetts tatsächlich den Gegnern der Per»hältniswahl zuzuschreiben ist. die entschlossen waren, alleMittel anzuwenden, um die Durchführung der Wahlreformzu verhindern. Schon beim Beginn der gestrigen Sitzungwurde von etwa 59 von ihnen ein Beschlutzantrag unterzeichnet,in dem die Regierung aufgefordert werden sollte, nur einemvon einer ausschließlich republikanischen Mehrheit genehmigtenWahlreformentwurf zuzustimmen. Der Beschlußantrag sollteschon Montag in der Kammer eingebracht werden, was infolgeder Krise unterbleibt; doch ist es möglich, daß er gleich amersten Tage, an dem sich das neue Kabinett vorstellen wird,der Kammer unterbreitet werden wird.Preßstimme».Pari», 24. Juni. Die Presse beurteilt da» gefallene Mini»sterium recht unfreundlich. DaS Parteiorgan der Radikalenschreibt: Da» Ministerium ist von seiner eigenen Partei ge-stürzt worden, deren Prinzip und Grundsätze eS verlassen hat.„Lanterne" schreibt: Da das Ministerium nicht über sein Pro-gramm, sondern über seine Untätigkeit gefallen sei, werde die Mehr-heit jede Regierung unterstützen, die daS Reformprogramm desKabinetts Monis sich zu eigen mache.„Rappel" wirft Monis seineUntätigkeit vor und wünscht einen Mann anS Ruder, der zu wollenund zu handeln wisse. In der„Humanite" sreibt I a u r e S: KeineRegierung kann mehr dauern, die nicht mit den Freunden derVerhältniswahlen in der Kammer zusammenarbeitet.JaureS beschwört die Radikalen, die Verhältniswahlen, gegen diesie sich doch nicht mehr wehren könnten, durchgehen zu lassen.„Eclair" spricht bereits von der Auflösung der Kammer.„Echo deParis" und„Figaro" freuen sich über daS gestrige Ergebnis, dasglücklicherweise noch gekommen sei. bevor eS zu spät sei.Monis' Abschied.Paris, 24. Juni. Der scheidende Ministerpräsident MoniS, derden bei dem Unfall in Jssy verletzten Fuß noch immer in einerSchiene trägt, erklärte einem Berichterstatter lächelnd: Sie sehenden letzten Akt der Komödie, das Ende deS Kabinetts.Eines tröstet unS, daß wir über einen solchen Zwischenfall gestürztsind, und daß die von unS verfolgte Politik der Durchführung repu-blikanischer Reformen unversehrt geblieben6chw((z.Annahme des NiedcrlafsungSvertrage».Lern, 23. Juni. Der Ständerat beriet heute denNiederlaffunaS vertrag zwischen der Schweiz undDeutschland. Die Kommisston beantragte die Annahme desVertrages. Boehi-Thurgau und der Sozialist Scherrer»St. Gallen bekämpften den Antrag besonders wegen de»Artikels betreffend die Lösung von LegitimationS-karten für schweizerische Arbeiter in Sachsen und Preußen.Bundesrat Hofsmann erklärte, in dieser Hinsicht sei die Schweizmit Oesterreich und Italien gleichgestellt. Im ganzen sei der Ver»trag für die Schweiz mindestens ebenso günstig wie der bisherige.Hierauf erfolgte mit 23 gegen 2 Stimmen die Ratifikationdes Vertrages.Lelglen.Ungenügende Erklärungen.Aus Brüssel wird uns geschrieben:Die Erklärungen deS neuen Ministerpräsidenken haben dieOpposition nicht» weniger als befriedigt. Denn das Schulprojektist nicht zurückgezogen worden— die Regierung scheint die Hoff-nung nicht aufgegeben zu haben, das Projekt durch Abände-rungSanträge annehmbar zu machen. Die Oppositionhat deshalb erklärt, daß die Abwehrbewegung im Landemit aller Energie fortgeführt werden wird.Auch über die Auflösung enthält die RcgterungSerklärungnichts. Herr von Brocqueville verspricht nur das Gesetz über dieVerteilung der neuen Abgeordnetensitze.Sieht eS sich so nach außen an, als ob die Klerikalen in derSchulfrage noch lange nicht abzurücken gedächten, so zeigt das Bildihrer Partei im Parlament wie in der Presse alle Zeichen derinneren Zerklüftung, die zu dem prahlerischen Drohender Regierung schlecht stimmen. Kein Streich der Opppositionkonnte schneidender fallen als die Erklärung des alten Woeste inder Eröffnungssitzung, daß seine Rede, die man für die DemissionSchollaerts verantwortlich machen wolle, zu einer Zeit gehaltenwurde, als die Demission schon beschlossene Sachewar! Womit der altklerikale Führer nicht» anderes feststellte, alsdaß die Niederlage der vorigen Regierung nur eine Folge ihrerPolitik und nicht die des Eingreifens einzelner oder von Vor-zimmerkabalen war.Von nicht zu leugnendem Eindruck war auch die Akklama-tion der Liberalen, als ihnen Vandervelde zurief.daß sie, um den Elan der gegenwärtigen Bewegung zu steigern,nicht nur gegen das Schulgesetz, sondern für das all-gemeine Wahlrecht demonstrieren müßtent EShat dieser Demonstration wenig Abbruch getan, datz vier oder fünf„Doktrinäre" an dem minutenlangen Applaus nicht teil«nahm eck. Wenn fftft alle anheken sich dieses Applauses einesTages entsinnen, so wird die Forderung deS Wahlrechtes darumnicht weniger gesichert fein.RiißUnd.Die sozialdemokratischen Duma-Aigeordneten im Gefängnis.Es war in der Nacht vom 16. zum 17. Juni 1997, alsdie Negierung des Staotsstmchs sich anschickte, den letztenSchlag gegen die soeben aufgelöste Volksvertretung zu richten.Der größte Teil der sozialdemokratischen Duinafraktion, dieden Vergewaltigungsmethoden der Regierung den schärfstenWiderstand geleistet hatte, wurde unter der Anklage des Hoch-Verrates ins Gefängnis geworfen, um in der nachfolgendenProzeßkomödie zur Verbannung und zur Zwangsarbeit ver-urteilt zu werden. Vier Jahre sind seitdem verflossen. Nurselten dringt eine Nachricht von den früheren Volksvertreternan die Oeffentlichkeit, die untergetaucht sind in dem endlosenMeer des Elends und der Greuel, in welchen hunderttausendeGefangene schmachten. Einige von ihnen, die GenossenD s ha p a r i d s e und D s h u g e n i sind bereits den grauen-haften Zuständen in den Gefängnissen zum Opfer gefallen.Der Genosse Machradse, der im Gefängnis zu Nikolajewweilt, ist vor kurzem wahnsinnig geworden. Während derbekannten' Tragödie in Serentui, welcher S a s o n o w zumOpfer siel, wurde auch der Name des Genossen S s e r o werwähnt, der zusammen mit den übrigen Gefangenen gegendie Greuel protestierte. Noch früher waren Mitteilungenüber die fürchterlichen Leiden des Genossen Lomtatidseim Gefängnis zu Sebastopal in die Oeffentlichkeit gedrungen.Jetzt Hörem wir auch endlich von dem Schicksal des Führersder sozialdemokratischen Fraktion, Zeretelli. Da er schweran der Lungenschwindsucht erkrankt ist. wurde ihm dieZwangsarbeit in eine langjährige Gefängnisstrafe umge-wandelt, die er in dem Gefängnisse in Nikolajew verbüßt.Dieses Gefängnis, das berüchtigt ist durch sein grausamesRegime und wo, wie versichert wird, die Gefangenen syste-matisch geprügelt werden, kann mit seinen Hunderten vonEinzelzellen, als lebendiges Massengrab für die Interniertenangesehen werden. Hier in diesen steinernen Löchern, wo dieGefangenen ohne jede Pflege unter den strengsten Bedin-gungen gehalten werden, sind meist die Lungenschwindsiichtigcnund andere Kranke interniert, die auf diese Weise amschnellsten ins Jenseits expediert werden. Selbst die Mu-tigsten. Stärksten werden in dieser raffinierten Hölle ge-brochen. So schreibt der Genosse Zeretelli, er habe nur denWunsch, daß man ihm in Anbetracht der bedeutenden Ver-schlechterung seines Gesundheitszustandes gestatte, 1. eigenesSchuhzeug zu tragen, da er sich in den Anstaltsschuhen selbstin der Zelle erkälte. 2. sich die Kleidung aus leichterem Stoffanfertigen zu lassen, da er wegen seiner Schwäche das dickeZeug der Anstaltskleidung nicht vertragen könne, und 3. einenschmalen Streifen Stoffes auf den Asphaltboden zu legen, daer sich sonst stets erkälte. Das sind die Wünsche des hervor-ragenden Mannes, der infolge seiner schweren Krankheit undder langjährigen strengen Hast vollständig am Körper ge-brochen ist. Er hatte noch einen Wunsch: daß man ihm dasZeitunglesen gestatte:„Länger als drei Jahre weiß ich nicht.was in der Welt vorgeht: zu wissenschaftlichen Arbeiten binich infolge meiner physischen Erschöpfung vollkommen un-fähig; daS einzige, was mich erfrischen könnte, wäre daSLesen von Zeitungen." Diese Bitte ist abschlägig be-schieden worden, während die ersten drei nach langwierigenLorstellungen in Petersburg dem totkranken Volksvertreterbewilligt wurden.Die Auszüge aus diesem Briefe Zeretellis sind vor kurzemin der liberalen russischen Presse veröffentlicht worden, dienun auch Worte der Anerkennung für die gefangenen sozial-demokratischen Abgeordneten fand. Auch der KadettenführerMiljukow fand vor kurzem, anläßlich der Stolypin-Jnter-t�llation in der Duma endlich Worte der Brandmarkungfür die Handlungsweise der Staatsstreichregierung, die eine„nie bestandene Verschwörung" gegen die sozialdemokratisch«Fraktion der zweiten Duma ins Feld geführt hatte. Es istcharakteristisch, daß die russischen Liberalen erst jetzt den Mutgefunden haben, die Handlungsweise der Regierung an denPranger zu stellen. Vor vier Jahren, während des Prozessesgegen die Fraktion, lehnten es die Kadettenführer sogar ab,den zur Zwangsarbeit verurteilten Teilnehmern der„ni«bestandenen Verschwörung" eine Sympathiekundgebung zi»übermitteln. Jetzt aber, wo das vor vier Jahren inaugurierteSystem schmählich zusammengebrochen ist, und die PolitikStolypins und der dritten Duma zu einer permanenteninneren Krisis geführt hat, erstehen auch vor den Vertreten«des liberalen Bürgertums die Schatten der sozialdemo-kratischen Abgeordneten, die vergeblich an die Liberalenappelliert hatten, die Rechte des Volkes mannhaft zu ver-treten. Die russische Arbeiterklasse hat dieser Lehren nichtbedurft, um die Tätigkeit der frülieren Vertreter ihrer revo-lutionären Taktik richtig einzuschätzen. Die Gestalten ihre«Führer leben in ihren Gedanken fort, und wenn sie wiederdie Kraft finden wird ihre Stimme machtvoll zw erheben�wird sie bei dem Ruf nach der allgemeinen Befreiuna de«politischen Gefangenen vor allem an ihre Dumaabgeordnetewdenken, die sich nach der Sprengung der Duma nicht in Sicher-heit brachten, sondern erhobenen Hauptes in die Gefangen�schaft des Zaren gingen.Marokko.Mit den„RiinninngS"-Zldsichten des Generals Moinier,die kürzlich von der ftanzösischen osfiziösen Presse verkündet wurden.steht recht wenig im Einklang eine Mitteilung der„France mili»taire", nach der für die jetzt in Marokko stehenden Mannschaften.die im Herbst zur Entlassung kommen, am 20. August und am20. September Ersatztransporte abgehen werden. DerGesamtstand der ftanzösischen Truppen in Marokko soll nicht unterdie bisherige Zahl herabgesetzt werden. Die abgehenden Mann-schaften lassen ihre Waffen, die die anderen Mannschaften über»nehmen, in Marokko.Damit ist der Beweis ervracht, daß Frankreich gar nicht darandenkt, eine auch nur teilweise Räumung der jetzt von ihnen besetztenGegenden vorzunehmen, ebenso wie Spanien keine Anstalten macht.seine Truppen aus Elksar und Larrasch zurückzuziehen. Im Gegen-teil, es wird gemeldet, daß die spanischen immer näher an Tetuanheranrücken. Trotzdem liegt für Deutschland nicht der geringsteGrund vor, etwa, wie unsere Marokiohttzer möchten, sich nun auchin die unehrlichen Marokkohändel zu mischen, wenn die deutscheDiplomatie dem deutschen Handel in Marokko die offene Tür fichevtz"ist für Deutschland die Marokkofrage befriedigend gelöst,