strelch?«. 5Bct 5fr BBet kiesen ÄnTkatz Schiffet stimmen für die Aufrcchterhaltung deS Wortes mit den Frei. sinnigen, den Sozialdemokraten� dem Zentrum und den Polen auch die beiden konservativen Parteiell» so daß die Nationalliberalen isoliert bleiben. Das eine Weile an- dauernde verblüffte Schweigen auf der Linken löst sich, als die Rechte in schallendes Gelächter ausbricht, gleichfalls in Gelächter, untermischt mit Rufen der Entrüstung. Als unmittelbar darauf bei der nunmehrigen Abstimmung über den unverändert ge» bliebenen Antrag der Volkspartei mit den Nationalliberalen die beiden Parteien der Rechten sitzen bleiben, so daß der Präsident den Antrag für abgelehnt erklärt, bricht die Rechte in ein schallendes Hohngelächter aus. Es wird hierauf abgestimmt über den zweiten Teil des An- trags, die Wahlkreiseinteilung. Hier liegt ein Antrag des Abg. Dr. Schiffer vor, die Bezugnahme auf die Volks- Zählung von 1905 zu streichen. Auch hier erheben sich d i e b e i d e n Rechtsparteien mit den Freisinnigen und Sozial- demokraten gegen die Streichung und lehnen sodann mit dem Zentrum den Antrag der BolkSpartei selber ab. Erneutes Gelächter rechts, großer Lärm links. Abg. Waldstein ruft: Affenkomödie; andere freifinnige Abgeordnete rufen: Pfuil Ernste Männer l Ubg. Cassel: Sie nimmt ja kein Mensch ernst! Damit ist der WahlrechtSantrag erledigt. Das Haus vertagt sich auf Mittwoch, 11 Uhr. Der Präsident schlägt folgend«. Tagesordnung vor: Rheinische Land- gemeindeordnung. VullenhaltungSgesetz. Eingemeindung von Voh- Winkel in Elberfeld , Antrag Brandenstein über die Vervollständi- gung der Geschäftsordnung und zahlreiche Anträge und Petitionen. Abg. Dr. Pachnicke(Vp.) beantragt, den Antrag Bran- denstein abzusetzen, denn die Kommission hat den ihr er- teilten Auftrag überschritten. ES handelt sich hier um das Grund- gesetz des Hau>eS. TaS kann nicht zwischen Tür und Angel erledigt werd en, wenn schon die Koffer gepackt sind. Da» entspricht nicht dem Ernste und der Bedeutung der Sache, ebenso- wenig wie Ihre vorherige Abstimmung..(Lebhafte Zustimmung links, Widerspruch rechts.) Abg. Waldftein(Vp.) fragt an, wann das Avseord» petenhaus geschloffen werden soll. Präsident v. Kröcher: DaS weiß ich nicht. Abg. Waldstein: Wir verlangen, daß die Regierung gefragt wird, wann sie den Landtag schließen will. Präsident v. Kröcher: Das weiß die Regierung auch nicht. Der Schluß des Landtags richtet sich nach dem Rede- VedürfniS dieses Hause» und deS Herrenhauses. Abg. Dr. Liebknecht(Soz.): Wenn Worte einen Sinn haben, so bedeutet das, daß die Regierung erst schließen will, wenn dieses Hau» dazu bereit ist: es fei denn, daß Mogeleien hinter den Kulissen stattfinden(Unruhe), oder wenn die reaktionären Par» teien es wünschen. Präsident v. Kröcher: Inwieweit Sie in meine Worte einen Kftm legen wollen, muß ich Ihnen überlassen.(Heiterkeit.) Der Antrag Pachnicke wird abgelehitt; eS bleibt bei der Tagesordnung des Präsidenten. ' Schluß B3i Uhr....' Achter KongreS der GewerkkhafteD Deutschlands . D r e S d« n. den 27. Juni. Zweiter veryandlungStag. •«ttzatt eröffnet die Sitzung. Brückner» Berlin gibt den Bericht der MandatSprssfungS- kronmssioa. Anwesend sind 385 Delegierte und zahlreich« Gäste. Sämtliche Mandate werden debattelos für gültig erklärt. Hierauf wird in der Erlrdiaung der Tagesordnung fortgefahren and zunächst der gestern neu beschlossene Punkt: Errichtung etaer gewerkschaftlich-genossenschaftliche« UnterstsitzungSkassc erledigt. Bau er» verlin referiert hierüder. Er schildert ein» gehend die Maßnahmen der S e l b st h i l f e, die die Menschen von seher ergriffen haben, um sich gegen plötzliche Not zu sichern. Di« EntWickelung der BolkSversicherung, d. h. der sogenannten kleinen Versicherung mit Beiträgen bis zu 10 Pf. herav ist eine ganz rapide gewesen. Insgesamt umfaßt die Volksversicherung in Deutschland gegenwärtig ll 82S 275 Policen mit einem Kapital von 1345 Millionen Mark. Der Löwenanteil entfällt auf die» V i c t o r i a' und die.Friedrich Wilhelm'. Die Verwaltungskosten beliefen sich auf 28 788 000 M., das sind LS, 13 Proz., und der JahreSllberschuß auf 17 370 000 M. Mit Hilfe der BolkSversicherung haben diese Ver- sicherungSgesellschaften ihre Ueberschllsse ganz gewaltig steigern können. Das zeigt besonders die geradezu glänzende Entwickelung der.Victoria' mit ihren fabelhaften Gelvinnen. Dieser Erfolg kann aber nur erzielt werden durch eine ungeheure Benachteiligung deS Publikums. Für SS Millionen Mark Policen wurden von den Volts- Versicherungsgesellschaften für verfallen erklärt, nur weil die Beiträge einmal nicht rechtzeitig bezahlt wurden. Diese Art deS Volks» versicherungSgeschäftes ist also eine maßlose Ausbeutung mitteNoser Proletarier, denn nur von diesen wird die sogenannte kleine Versicherung be» trieben. Freilich bat das neue Gesetz über das private Versicherungs- Wesen diesem Treiben ein wenig die Flügel beschnitten, denn eS enthält die Bestimmung, daß Policen dann nicht mehr ohne jede Rückvergütung für verfallen erklärt loerden dürfen, wenn drei Jahre lang Beiträge auf sie bezahlt worden sind. Dieser große Erfolg der BolkSversicherung, diese Heranziehung von fast 7 Millionen kleiner Existenzen ist nur zu erklären durch das bekannte raffinierte Werbesystem der Gesell» fchaften. Angesichts dieser Ausplünderung breiter Lrbeiterfchichten durch wenige Gesellschaften ist schon häufig die Frage aufgeworfen worden: Was kann die Arbeiterschaft selbst tun, um dieser AuS- beutung der Vollsmasien vorzubeugen? Aus diese Frage gibt eS nur eine Antwort: Wir dürfen hier nicht mehr Gewehr bei Fuß stehen und ruhig zusehen, wie gerade unsere eigenen A r b e i t S k a m e r a d e n geplündert werden.(Zustimmung.) Die Generalkommission hat sich daher mit dem Vorstand deS ZentralvsrbandeS deutscher Konsumvereine in Verbindung gesetzt. ES wurde«ine Kam» Mission eingesetzt, die ihre Beratungen erst jüngst abgeschlosien hat. So ist es gekommen, daß erst im letzten Augenblick dieser Punkt auf unsere Tagesordnung> gesetzt werden konnte. Oberster Grundsatz unserer Bersichcrung soll sein: kein Pfennig geleisteter Beiträge darf verloren gehen. Wir planen die Gründung einer losen UnierstützungSvereinigung, gebildet von Gewerkschaften und Genossenschaften. Mit der Durchführung dieser neuen Einrichtung sollen betraut werden die Genera ltommission der Ge- wertschaften Deutschlands und der Vorstand des entralverbandeS Deutscher Konsumvereine. eitere Organe sollen sein die Konferenzen der Gewerkschafts- Vorstände und Bezirksvereinigungen der Genossenschaften. Also wir wollen eine solche Unterstützungsvereinigung nun ins Leben rufen, sie organisatorisch ausgestalten und jedes Mitglied einer der Generalkommtssion angeschlossenen Ge- wertschaft und jedes Mitglied einer dem Zentralverband Deutscher Konsumvereine angeschlossenen Genossenschast soll berechtigt Bi, in diese UnierstützungSvereinigung Beiträge zu entrichten. Da» erhält es dam» für Ha Uottrstützungsfall die vorgMeoz Uvter» stötzung, allerdings ohne daß ein Rechtsanspruch auf diese Unter» stützung eingeräumt wird. Zunächst wenigstens wollen wir versuchen. ohne den Rechtsanspruch auszukommen. Die neue Einrichtung soll den Namen„Bolksfürsorge" bekommen. Sollte da? AufsichtSamt für Privatversicherung unS wegen des Fehlen« des Rechtsanspruchs Schwierigkeiten machen, so werden wir von dem Plan nicht zurück- treten, sondern ihn mit Rechtsanspruch in Form einer Aktiengesell- schaft oder in anderer Form in§ Leben rufen.(Beifall.) Di« eigentliche Geschäftsführung soll von den Genossen» fchaften erledigt werden, während die Gewerkschaften den Werbe» apparat stellen sollen. Dadurch werden die VerwallungSkosten ganz minimal werden. UnS stehen ja auch ganz andere Agitationsmittel zur Verfügung. Ich denke da an die Gewerkschaftspresse und die Parteipresie, die hoffentlich zum Teil wenigstens leine prinzipiellen Einwände machen wird.(Heiterkeit.) Wenn in anderen Ländern die Arbeiterbewegung an einer Unter- schätzung der politischen Tätigkeit litt, hatten wir in Deutschland eine Ueberschätzung. Wir müssen aber dazu übergehen, unsere Wirt- schaftlichen Kräfte immer mehr zu konzentrieren.(Beifall.) Ohne wirtschaftlichen Einfluß ist heute auch kein politischer Einfluß mehr möglich. Erst dadurch wird die Arbeiterklasse ein wirklicher Machtfallor werden. Wir sollten also unsere Kräfte zusammenfassen, um innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft einen Wirtschaft- l i ch e n und damit auch politischen Einfluß ausüben zu können. Wir ersparen dadurch unseren Mitgliedern Millionen und«bermillionen, die wir dann besser im Kamps werden ver- wenden können.(Stürmischer Beifall.) Nehmen Sie einstimmig folgende Resolution an: .Die Generalkommission wird beaustragt, gemeinsam mit dem Zentralverbande deutscher Konsumvereine eine gewerkschaftlich- genossenschaftliche UnterstützungSvereinigung ins Leben zu rufen. Aufgabe der Vereinigung soll sein, den Mitgliedern der Gewerk- fchaften und Genossenschaften, die fteiwillig Beiträge leisten, und deren Familienangehörigen Unterstützung in Fällen deS TodeS, des MterS, der Kinderversorgung usw. zu gewähren. Die zur Durchführung diese? Auftrages mit dem Zentral- verbände deutscher Konsumvereine zu treffenden Vereinbarungen und daS Statut der UnterstützungSvereinigung bedürfen der Ge- nehmigung der Konferenz der Vertreter der Verbandsvorstände.' In der Debatte wünscht Osterroth- Waldenburg (Berg- arbeiter) eine Ausdehnung dieser»Volksfürsorge' auf die Unfälle und wendet sich gegen den Unfug der Abonnenten» Versicherung. Brückner- Berlin (Buchbinder)� regt die Ausdehnung auch auf die Krankenversicherung an. Umbrert(Generalkommission): Viele Gewerkschaften zahlen heute schon Krankenunterstützung und denen dürfen wir mit der neuen Einrichtung nicht ins Gehege kommen. Ueber- weisen Sie alle Wünsche der Generalkommission zur Erwägung. Kaufann-Hamburg : Der Leipziger GenossenschaftStag hat Vorstand und Ausschuß bevollmächtigt, in Verbindung mit der Generalkommission Mittel und Wege zu suchen, um den AuS- wüchsen deS Versicherungswesens entgegenzutreten. Robert Schmidt(Generalkommission): Wir wollen da? Volksversicherungswesen der privaten Spekulation entziehen und auf eine reelle Grundlage stellen. Wenn wir auch noch nicht sehr hohe Unterstützungssätze werden zahlen können, so werden die Arbeiter doch zu unserer Einrichtung das größte Ver- trauen haben. Die Debatte schließt. Die Resolution Bauer wird einstimmig angenommen.(Lebhafter Beifall.) Die vorgetragenen Wünsche und Anregungen werden der General- kommission überwiesen. ES folgt der Punkt: Heimarbeiterschutz und HauSarbeitSgesetz- Referent ist Deichmann- Bremen (Tabakarbeiter)'. Er legt folgende Resolution vor: „Der achte Kongreß der GewerNchaften Deutschlands macht sich die Beschlüsse zu eigen, die in der Resolution des ersten in Berlin im Jahre 1004 abgehaltenen Allgemeinen Heimarbeiterschutz- kongresseS niedergelegt sind und bekundet feine Ucbereinstimmung mit der Resolution deS Deutschen HeimarbeitertageS vom 12. Januar 1011. Der Kongreß bedauert die Verzögerung in der Verabschiedung deS Hausarbeitsgesetzes im Reichstag: er hält es für dringend geboten, daß dem Gesetzentwurf nach den Beschlüssen der Kom- Mission des Reichstages umfassende, dem Verlangen der Heim- arbeiter gerecht werdende Aenderungen eingefügt werden. Als vollständig ungenügend erweist sich die Bestimmung de» Gesetzes, die den Erlaß von Schutzvorsthriftcn in das Belieben der verschiedenen Behörden stellt. Die Folge dieser Anordnung wird sein, daß unter dem Einfluß der Unternehmer, die doch nur de» höheren Profits wegen die elenden Verhältnisse der Heimindustrie erhalten wollen, jeder Versuch lokaler Behörden, gegen Uebelstande vorzugehen, dem Widerspruch dieser Interessenten unterliegen wird. Die sanitären Schutzvorschriften sowie die Bestimmungen de» ArbctterschutzeS bedürfen einer allgemeinen gültigen gesetzlichen Regelung, die nur unterbrochen werden kann durch weitergehende Vorschriften für die Berufe, die besondere Gefahren für Leben und Gesundheit den Arbeiter bieten. Für die NahrungS - und Genuß» mittelindustrie muß daS gänzliche Verbot der Heimarbeit gefordert werden. Vor ollem darf die Regelung der Lohn frage im Gesetz nicht fehlen. Dazu gehört: 1 Die Aushängung der Lohntarife in den Räumen, wo Heim« arbeit ausgegeben wird; 2. Die Verabreichung von Lohnbüchern oder Lohnzefteln bei Uebergabe der Arbeit mit genauer Angabe der Löhne und der Abzüge; 8. Verbot der Anrechnung der gelieferten Rohstoffe oder Ma- terialien, Errichtung von paritätisch zusammengesetzten Lohn- kommisstonen, mit der Befugnis, für die Berufe, die nicht durch umfassende Tarifverträge die Regelung der Löhne herbeigeführt haben, allgemein gültige Minimallöhn« fest- zusetzen. Auf daS entschiedenste protestiert der Kongreß gegen die Zurück. sebung der Heimarbeiter in der ReichSversicherungSordnung, ins- besondere gegen die rechtlose Stellung in den Lanbkrankenkassen und die Ausschaltung der Heimarbeiter in der Invaliden» und Hinterbliebenenversicherung. Der Kongreß wendet sich an die Heimarbeiter mit der dringen- den Aufforderung, sich der gewerkschaftlichen Organisation anzu- schließen, damit sie imstande sind, im Anschluß an die übrige Ar- beiterschaft ihre wirtschaftlichen Interessen mit den KampfeSmitteln der Gewerkschaft durchzusetzen und der Gesetzgebung gegenüber mit mehr Nachdruck ihre berechtigten Forderungen zur Anerkennung zu bringen.' D e i ch m a n n verweist auf daS Heimarbeiterelend. daS auf Heimarbeiterkongressen wiederholt der breiten Oeffent- keit borgeführt wurde. Die Regierung kann sich nicht damit ent- schuldigen, daß sie über die Mißstande nicht genügend aufgeklärt worden sei. Aber eS scheint, baß sie gegen da» grauen- hafte Elend der Heimarbeit nicht? tun will. Für die Fabrik- betriebe ist z. B. die Beschäftigung von Kindern verboten. In der Heimarbeit aber besteht nach wie vor die Ausbeutung der kindlichen Arbeitskraft. Gewerbeinspektoren und Lehrer haben mehrfach die Gefahren der Heimarbeit hervorgehoben. Es muß endlich etwas Durchgreifende» hier geschehen. Der Redner nimmt wiederholt Bezug auf die be- sonder» schlechten Berhältnisse der Heimarbeit im Tabakgewerbe. Man mutz auch auf den WohltätigkeitSrummel der Korn- blumen- und Margueritentage verweisen. Auf der einen Seite veranstaltet man solche Tag« und will wohltun» auf der andern Seite aber fördert man die denkbar schändlichste Ausbeutung des mm, ß&Wto ZuituAMW.) KS Ä WgtfteU. dich mint Dlümebörbeitekittsieü suv da» Gto» 7 bis 10 Pf. er- halten und daß sie mit Stundenlöhnen von 3 bis 5 Pf. vorlieb nehmen müssen.(Hört! hört! Bewegung. Pfuirufe.) Wir erklären von dieser Stelle, daß wir mit einer solchen Wohltätigkeit nichts zu tun haben wollen(Beifall), daß wir ein Eingreifen von Staat und Gesetzgebung verlangen und Zustände schaffen wollen, in denen wir eine solche Wohltätigkeit nicht mehr gebrauchen. (Wiederholter Beifall.) Besonders schlimm liegen die Dinge im Königreich Sachsen. 86 Proz. aller Heimarbeiterinnen fallen auf Sachsen und werden hier auf das unmenschlichste ausgebeutet..Da ist es zu verstehen, weshalb sich gerade die sächsischen In- dustriellen gegen die Heimarbeitcrausstellung der Gewerk- fchaften auf der Internationalen Hygieneausstellung gewehrt haben»(Sehr richtig!) Wir verlangen das völlige Verbot der Heimarbeit für die NahrungS - und Genußmittclbranme. Wir ver- langen einen möglichst weitgehenden wirtschaftlichen Schutz unserer Heimarbeiter. Sanitüre Vorschriften reichen nicht auS. Sie werden einfach häufig nicht befolgt. Die Arbeitskammcrn müssen vielmehr Spezialämter einrichten, die in die Heimarbeiterverhaltnisse ein- zugreifen und menschenwürdige Mindestlöhne festzusetzen hätten. Wir verlangen weiter das Verbot der Kinderarbeit auch in der Heimarbeit, am liebsten das generelle Verbot der Beschäf- tigung für Jugendliche bis zum 13. Lebensjahre. Die Hauptsach« ist ein schnelleres Tempo im gesetzlichen Heimarbeiterschutz. Es scheint, als ob die Regierung nicht gern an eine gesetzliche Re- gelunq dieser Materie herangeht. Freilich wenn es sich um die angeblich notleidende Junkerkaste handeln würde, dann würde schon eine kleine Kundgebung in Ostelbien der Re- gierung Befehl sein. Aber Millionen von Heimarbeitern finden kein Gehör. Erst wenn sie sich zu mächtigen Organisationen zusammengeschlossen haben, dann werden sie auch Einfluß auf die Gesetzgebung gewinnen und gleichzeitig fähig werden, sich mit dem Unternehmertum in ernsten Kämpfen zu messen. (Lebhafter Beifall.) Die Diskussion wird eröffnet Sinn- Berlin (Blumenarbeiter): Der Blumentag» rummel hat zu einer Verschlechterung der Lage der Blumen- arbeiterinnen geführt. Der Gedanke, bei den Blumentagen Geld auS der breiten Masse herauszuholen, weil sich aus den Reichen für WohltötigkeitSzwecke nichts herausschinden läßt, ist im Sinne der Veranstalter nicht übel. So sind denn Korublumentage für Veteranen veranstaltet worden, weil die öffentlickzen Mittel ftiv die alten Krieger nicht ausreichen, und auch für Mutter und Kind ist gesammelt worden, weil Staat und Regwrung für sie nichts übrig haben. Aber die Blumcntage haben auch dazu dienen Müssen, für Verschönerungsvereine Gelder zu schaffen, oder wie es im Vogt- land geschehen ist, für den Bau eines MuseumS. Es kommt genug Geld zusammen, in Württemberg hat der Nelkentag 450 000 M. ergeben, in Leipzig der Margueritentag 160 000 M. Im ganzen kann man rechnen, daß etwa 2 Millionen Mark in Deutschland durch Blumentage zusammengebracht worden sind. DaS Schlimme ist nur, daß ein Teil des Ertrages auf Grund der unglaublich niederen Löhne der Blumenarbeiterinnen zusammenkommt. Der Verkaufspreis für das Gros Margueriten betrug früher 9 0 Pf.» die Veranstalter der Blumentage sagten zum Fabrikanten: Sie müssen auch etwas für die Wohltätigkeit tun und billi- ger liefern. Der erste verzichtete vielleicht auf seinen Profit und lieferte daS Gros für 60 Pf. Aber nun wuro« dieser Preis überall geboten und als erst die großen Lieferungen für Berlin und Leipzig kamen, wo es sich um 2 bis 3 Millionen Gros Blumen handelte, wurden die Preise noch mehr gedrückt und betragen jetzt für Papiermargueriten 42 Pf. und für Satinmargueriten 52 bis 53 Pf. für das Gros. Die Fabrikanten wollten aber trotzdem verdienen und so schlugen sie die Differenz heraus durch unglaubliche Herabsehung der Löhne. Für ein CroS Kornblumen wurden früher 30 Pf. den Arbetlcrinneit bezahlt, in den Heimarbeitsgebieten 25 Pf. Jetzt werden für Korn- blumen 7 Pf. bezahlt. Nun stelle man sich einmal vor, 144 Korn- blumen werden gepreßt geliefert, die Schläge müssen auseinander- genommen, die Blume gerichtet und der Stiel mit Papier bewickelt werden, und dafür gibt es 7 Pf. Redner erinnert an die Schil- derungen des Berichterstatters der„Germania ". Auch in der Fabrik- blumenindustrie find�die Preise von 4 aus 3 Pf. für daS Gro» gesunken, und es steht zu befürchten, daß d:e Blumenindustricllen in Zukunft auch für bessere Sachen nicht mehr bezahlen wollen. In einer bekannten Fabrik im Plaue nschen Grunde verdient eine Arbeiterin bei zehnstündiger intensiver Arbeit 49 Pf., da» macht in der Woche 3,50 M. nack den Abzügen au». Bei dem großen Bedarf an Blumen suchen die Fabrikanten be» ständig neue Arbeitskräfte heranzuziehen. Die Arbeiterschaft hat absolut kein Interesse an den Blumentagen.(Lebhafter Beifall.) Sietzsch- Charlottenburg (Porzellanarbeitcr): Im Haus» arbeitsgesetz ist nicht daran gedacht worden, einen Musterschutz für die Heimarbeiter zu schaffen und dafür zu sorgen, daß ste in der Zeit, wo ste die Muster machen, wenigstens so bezahlt werden, daß sie leben können. Die Heimarbeiter gelten den Unternehmern als selbständige Arbeiter. Ste stellen die Muster auf eigenes Risiko her, und der Aufwand von Zeit, Intelligenz und Erfindungs» gäbe und Arbeit wird ihnen vom Unternehmer nicht erstattet. Sie haben absolut keinen Anspruch darauf, daß die Muster, die der Fabrikant wählt, nun auch von ihnen hergestellt und sie für die Zeit der Musteraufstellung entsprechend entlohnt werden. Betroffen werden hiervon hauptsächlich die Glasarbeiter, die Por- zellanarbeiter, die Spielwarenarbeiter und die Korbwarenarbeiter. Sie müssen außerhalb der Saison ge» schmackvolle, ins Auge fallende Muster erfinden, und sie bekommen diese Muster nicht besonders bezahlt, sondern im Massenpreis der Gesamtlicfcrung. Dabei haben die Fabrikanten aber nicht einmal die Verpflichtung, dem Heimarbeiter, der die Muster ersonnen hat, die Ausführung in Auftrag zu geben. Er gibt sie vielmehr dem Billigsten.(Hört! hört!) AuS weiten Kreisen der Heimarbeiter ist der Wunsch nach diesem Musterschutz laut geworden. Jedenfalls muß ihnen daS Gesetz hier einen größeren Schutz gewähren.(LcbhafMr Beifall.) Stühmer- Berlin (Schneider): Als 1896 der große Konfer» tlonSarbeiterstreik in Berlin war, taten sämtliche Parteien so. als müsse absolut und sofort gegen die Mißstände in der Kon- ftktion etwas unternommen werden. Aber g e s ch e h e n ist seit dieser Zeit noch gar nichts, oder da», was geschehen ist, hat nicht viel geändert. Die Vorschrift wegen der Lohnbücher ist wenig durch- geführt, sie scheiterte am Widerstand der Unternehmer. Genau so steht es mit der E r r i ch t u n g v o n L o h n ä m t e r n. Die Fabri- kanten der Wäscheindustrie und der Herren- und Damenkonfektion haben durch die Handelskammern Beziehungen zu den gesetzgebenden und regierenden Körperschaften und wissen sehr gut zu verhindern- daß etwas geschieht. Es ist einfach lächerlich, wenn sie behaupten, daß die Industrie zugrunde gehen müsse, wenn die Gesetzgebung ein- greife. Kleider und Hemden und Unterröcke werden getragen und angeschafft werden, auch wenn durch Gesetz die Ausbeutung etwas eingeschränkt wird.(Sehr richtigl) Nach 15jähriger Erfahrung setzen wir wirklich keine große- Hoffnung auf die Gesetzgebung mehr. Wir sagen heute: wenn eS möglich wäre, die Heimarbeiter gewerkschaftlich zu erfassen, dann müßte eS auch mög- lich sein, für sie auf gewerkschaftlichem Wege etwas zu erringen. ES steht in der Heimindustrie nicht absolut so, daß der Unternehmer dem Arbeiter jeden Lohn aufdrängen kann. Jetzt aber geschieht es, wie Sie eben gehört haben, daß selbst die Zeiten der Hochkonjunktur in der B l u m e n i n d u st r i e zu arger Lohn- brückerei führen. Das war aber nur möglich, weil die Arbeiterinnen den Lohndrückern keinen Widerstand entgegengesetzt haben, weil sie doch so gut wie ganz ohne Organisation sind. Fünf- zehn Jahre lang appellieren die Heimarbeiterinnen an das allge- meine Mitleid und eS nützt nichts.(Lebhafter Beifall.) Der Trotz gegen die Ausbeutung, den die Arbeiter längst haben, muß auch in der Heimarbeiterin geweckt werden. Wenn sie nur ans Mitleid der Menschheit appelliert hat, dann gibt ihr kein Teufel etwa» darauf. ES ist Sache der gesamten Arbeiterschaft, hier auf- klärend zu wirken und die Organisatioa der Heiznarheiterinnen zu töUlttll.(LeWüU Mtatt
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