GcweHtfchaftUcbeo. CbriftUcbe„Siege". Der Bericht des christlichen„Zentralblatts" über den Stand der christlichen Gewerkschaften im Jahre 1910 enthält einen Abschnitt über die Lohn- und Streikbewe- g u n g en dieser Organisationen. Danach waren die christ lichen Gewerkschaften beteiligt an: beteiligte Personen ISOS 1910 1909 1910 «lngriffSstreikZ 112 182 2686 4756 Abwehrstreiks 74 55 1772 1454 Aussperrungen 49 53 2552 16166 v Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß es sich bei den Am griffsstreiks nur um handwerksmäßige Betriebe handeln kann, was auch im„Zentralblatt" zugeg�>en wird: ebenso gingen auch die Abwehrstreiks in kleineren Betrieben vor sich. Anders bei den Aussperrungen, die im Metall- und Baugewerbe auch die christlichen Arbeiter einschlössen. Es waren die Bauarbeiter niit 13 978, die Metallarbeiter mit 1303 Arbeitern an den Aussperrungen beteiligt. In allen christlichen Gewerkschaften waren es 16 156 Arbeiter, so daß also die übrigen Berufe, außer den Bau- und Metallarbeitern, in den christlichen Gewerkschaften kaum für die Aussperrungen in Betracht kamen. Welche Rolle aber die Christen in bezug der Streik- und Aussperrungsbewegung einnehmen in der Gesamtbewegung, darüber gibt uns— wenn auch dürftig— Auskunft die amtliche Statistik über Streiks und Lohnbewe- gungen im Jahre 1910. Danach sind im Jahre 1910 2113 Streiks mit 155 680 Streikenden beendet worden und 214 129 Arbeiter wurden im gleichen Jahre ausgesperrt, insgesamt sind also an den Kämpfen beteiligt gewesen 369 809 Personen; die Christen stellen hiervon nach ihrer Statistik 22 366 Personen, das ist nicht ganz 7 Prozent. Wenn wir nun auch zugeben, daß selbst diese im Ver- hältnis zu der gesamten Kampfbewegung geringe Anzahl der kämpfenden christlichen Arbeiter schon der wieder aufge- wärmten Prinzipienerklärung der christlichen Gewerkschaften von der Gewerbesolidarität der Unternehmer und der Arbeiter ein tiefes Lock) schlägt, so sind doch die Bemerkungen inter- essanter. die die christlichen Gewerkschaftsorgane an die Streiks »»nd Lohnbewegungen im Gewerbe knüpfen. Wer die christlichen Organe liest, sollte meinen, alle Kämpfe und Aussperrungen hätten sich nur um die christlichen Gewerkschaften gedreht, alle Erfolge der Bewegung seien ihnen zuzufchreiben, auch da, wo sie pro 100 Kämpfer 7, 6, 6, 4, 3 oder noch weniger Personen ins Feld stellten. Diese Aufblaserei ist sogar der„Kölnischen Zeitung " aufgefallen, die in Nr. 733 am 1. Juli sich auch mit dem Ausgang der großen Kämpfe, in die die christlichen Organisationen gewiß wider Willen hineingerieten, beschäftigt. Die„Kölnische Zeitung " erklärt unumwunden, daß die christlichen Gewerkschaften sich Erfolge zuschreiben, die doch auf die freien Gewerkschaften zu buchen sind! Was das Kölner Organ sogar doppelt unterstreicht. Die Christen hätten das leicht zu verstehende Bestreben, auch einmal die Propagandamittel der freien Gewerkschaften heranzuziehen, um die nicht sozialdemokratischen Arbeiter von dem roten Lager fernzuhalten und in das christliche zu führen. So ist es! Die Christen schmücken sich mit fremden Federn. Was sie bisher in den Lohnkämpfen erreich- ren.istimSchattenderfreienGewerkschafts- bewegung erkämpft worden. Wo sie aber allein im Vordertreffen standen, da war die Zahl der Streikenden in den einzelnen Betrieben entweder an den zehn Fingern abzuzählen oder sie erfochtsn„Siege", wie in Schretzheim , Rheinfelden , in der Münsterländer Textilbranche usw., Siege, die die Gewerkschaften Nicht nur moralisch zugrunde richten können. Nicht alle Streiks werden gewonnen. Aber das einzu- gestehen, ist Sache der beteiligten Gewerkschaften. Wer aber weiß, wie sie in Schretzheim , im Mllnsterland und anderswo sich Siege andichteten, wo es zu blamabelsten Niederlagen kam. der hat alle Ursache, den Statistiken der christlichen Ge- werkschaften über ihre Erfolge mit großem Mißtrauen zu begegnen. Nein, die Christen haben keinen Anteil an der Arbeit zur Besserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiterklasse Deutschlands : dazu sind ihre Organisationen zu unbedeutend, um Unternehmern imponieren zu können. Ohne die christ- licheGewerkschaftsbewegungständediedeut- fcheArbeiterschaftbesserund noch gerüsteter da, als das jetzt in dem Stand der freien Gewerkschaften zum Ausdruck kommt. Die christlichen Gewerkschaften sind ja auch nur gegründet worden, um Streiks zu bekämpfen, die Gewerkfchaftskraft der deutschen Arbeiter zu schwächen! Wenn trotzdem die christlichen Ge- werkschaften sich an den Kämpfen beteiligen, dann nur ge- zwungenermaßen, weil die Geschichte und die Entwickelung sie in die Kämpfe hineinreißt. OhnediefreienGewerk- schatten hingegen keine chri st lichen Gewerk- schaftsersolge. Mehr noch! Ohne freie Gewerkschaften hätten die Drahtzieher der christlichen Gewerkschaftsbewegung überhaupt nicht daran gedacht, ihre Organisationen ins Leben zu rufen. Das kann nicht genug betont werden. Wo sie es können, zum Beispiel wie in der Bergarbeiterbewegung, machen die Christen Lohnbewegungen zu fchanden. In den anderen Gewerkschaften reicht die Luft hierzu meist nicht aus. Sonst hätten wir im Metall- sowie im Baugewerbe dieselben Verrätereien bei den großen Kämpfen erlebt, die sich die Christen in den letzten Jahren in Dutzenden anderen Fällen erlaubt haben. Damit sie ihre Anhängerschaft nicht verloren, kämpften sie die Aussperrungen in den genannten Gewerben mit durch. Auch wirkt es lächerlich, wenn die christlichen Gewerk- schaftsorgane fortgesetzt auf den Unterschied hinweisen, der in der Auffassung über die T a r i f f r a g e in den Gewerk- schaften besteht. Ter Tarifvertrag sei für die christliche Ge- werkschaftsbewegung keine Machtfrage, er sei eine notwendige Folge unserer heutigen Wirtschaftsordnung. Auf einmal de- geben sich die Christen, wie wir sehen, auf den Boden der materialistischen Geschichtsauffassung: die Verhältnisse bestimmen die Menschen, nicht die Menschen die Verhältnisse. Sonst wird das christlicherseits lebhaft bestritten. Aber wer sich, wie wir, dem letzteren Grundsatz auch an- schließt, kann um die Tatsache nichi herumkommen, daß die Macht, die die Gewerkschaften in die Wagschale der Wirtschaft- lichen Kämpfe geworfen haben, die Tarifbewegun� marschieren ließ. Der Charakter der Tarife wird lediglich bestimnit durch die Macht, die Arbeiter und Unternehmer aufzuwenden vermögen. Und da der christlichen Gewerkschaften Macht in ver Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse Ohnmacht wa?, predigen die christlichen Organe und auch das Zentral- organ von wirtschaftlichen Notwendigkeiten, von„hysterischem Materialismus", nur um den deutschen Arbeitern plausibel zu machen, daß die freien Gewerkschaften n i ch t den Anteil an dem Aufstieg der Arbeiterklasse haben, den selbst deren Gegner diesen zuschreiben. Welcher Widersinn in dem Verhalten der christlichen Gewerkschaftsorgane! Berlin und Umgegend. An die Rohrleger und Helfer Berlins nnd Umgegend! Seit einiger Zeit versuchen die Organisationszersplitterer. ge- nannt Wiesenthaler, bei den Firmen, welche ihren Tarif nicht an« erkennen, Streiks und Lohnbewegungen in Szene zu setzen. Nun versucht man auch, unseren Mitgliedern bei derartigen Gelegenheiten einzureden, daß durch die Anerkennung des Tarifs(gemeint aller- dings ist die Anerkennung ihres Vereins) eine Verbesserung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse eintreten wird. Obwohl diejenigen Kollegen, welche die Machinationen der Wiesenthaler kennen, sich nicht täuschen lassen, so wollen wir hierdurch ausdrücklich unsere Verbandskollegen und alle Bauarbeiter, denen es mit der Wahrung ihrer Interessen ernst ist, darauf aufmerksam machen, daß unsere Mitglieder eine etwaige Aufforderung seitens der Wiesen- thaler. da und dort die Arbeit einzustellen, nicht zu befolgen haben. Alle derartigen Versuche, einen Streik oder eine Lohn- bewegung mit Hilfe unserer Mitglieder zu unternehmen, müssen sofort nach unserem Verbandsbureau gemeldet werden. Wenn auch bei einer ablehnenden Haltung unsererseits die Wiesenthaler dann von Streikbruch und ähnlichen Dingen reden werden, so können wir derartiges Gerede bei dem besten Willen nicht ernst nehmen. Denn solche Leute, wie die Vereiusleitung der Wiesenthaler, welche im Jahre 1908 den Streikbruch engroS beirieben haben, können uns und jeden ehrlich denkenden Arbeiter in keiner Weife beleidigen. Wenn man noch ferner berücksichtigt, daß die Wiesenthalcr von den Firmen, welche ihren Tarif anerkannt haben. und wo unsere Verbandskollegen arbeiten, die Entlassung derselben fordern und oftmals auch erzielten, dann kann es jeder vernünftig denkende Mensch verstehen, wenn wir jede Gemeinschaft mit dieser Gesellschaft ablehnen. Bei dieser Gelegenheit sei auch darauf hingewiesen, daß der Arbeitsvermittler des Facharbeitsnachweiscs, welcher auch Mitglied bei den Wiesenthalern ist, bei dem verflossenen Bauklempnerstreik durch Vermittelung von Arbeitswilligen die Arbeitgeber unter- stützt hat. Aus allen diesen Gründen müssen unsere Kollegen jedes gemeinsame Vorgehen mit den Wiesenthalern ablehnen. Die Bau- arbeiter ersuchen wir, von dieser Mitteilung Kenntnis zu nehmen. Deutscher Metallarbeiterverband. Ortsverwaltung Berlin . Achtung, Marmorardeiter! Da über den Zuschlag bei auSwär - tigen Arbeiten noch kein Einvernehmen mit dem Verband der Stein- metzgeschäfte zustande gekommen ist, derselbe aber ebeusalls im Tarif- verlrage Aufnahme finden soll, so gelten ab 1. Juli nur die bis- her vertraglich festgelegten Bestimmungen und zwar: Minimal- stundenlöhne a) für Steinmetzen: In der Werkstelle 80 Pf., außerhalb der- selben 85 Pf., bei reinen Bersetzfirmen 90 Pf. b) für Schleifer, Fräser, Dreher: In der Werkstelle sofort 65 Pf.. ab 1. 1. 1912 68 Pf., außerhalb derselben sofort 70 Pf., ab 1. 1. 1912 73 Pfennig. o) für Anfänger im Beruf: In der Werkstelle im ersten Halbjahr 50 Pf., im zweiten Halbjahr 65 Pf., im dritten Halbjahr 60 Pf., im vierten Halbjahr 65 Pf., nach zwei Jahren werden die vollen Lohnsätze gezahlt; außerhalb der Werkstelle in allen Punkten b Pf. mehr. Ueber stunden werden mit 25 Proz., Nachtstunden(von 10 Uhr abends bis 6 Uhr morgens) mit 50 Proz. und Sonntags- arbeit mit 100 Proz. Zuschlag bezahlt. Bestehende Löhne dürfen nicht herabgesetzt werden. Die Kollegen werden ersucht, auf strengste Einhaltung dieser Bestimmungen zu achten und alle Fälle, in denen gegen dieselben verstoßen wird, unverzüglich im Verbandsbureau Engeluser 15 I, Zimmer 7a(Telephon Amt IV 11371) zu melden. Zentralverband der Steinarbeiter. Orlsverwaltung Berlin . Zur Lohnbewegung der Bretterträger ist zu berichten, daß die Differenzen bei der Firma Welke u. Elbe erledigt sind. Die Sperren über die Firmen Beyer u. Erdmenger, Treptow , sowie Schiffer u. Sohn und S ch ö n f e l d, Charlottenburg , be- stehen nach wie vor und darf auf diesen Plätzen kein organisierter Bretterträger Arbeit annehmen. Deutscher TranSportarbeiter-Verband. Die Lohnkommission. Oeutfchea Reich. Erfolgreiche Lohnbewegungen im Sattler« und Portefeuillergewerbe. Nachdem die Tarifabschlüsse in der Portefeuille-, Reiseartikel-, Album-, Mappen- und Galanteriewaren-Jndustrie in Berlin , Frei berg i. S., Offenbach a. M. und Stuttgart für rund 8600 Personen perfekt geworden find, haben auch in Erlangen die Portefeuiller in Gemeinichaft mit den im Buchbinderverbande organisierten Berufs- genossen auf dem Verhandlungswege und ohne Streik einen fünf- jährigen Vertrag abgeschlossen. In der Automobilreisenfabrik der Firma E. KI a u e n b e r g, Braunschweig , ist e« nach kurzem Streik zum Abschluß eines für zwei Jahre geltenden Tarifvertrages gekommen, wonach die OOstündige Arbeitswoche auf 53>/z Stunden verkürzt worden ist. Der Mindestlohn für Sattler beträgt 21,— M. die Woche, der für HilfS- arbeiter 35 Pf. die Stunde. SonntagSarbeit wird mit 50 Proz., Ueberftunden werden mit 25 Proz. Zuschlag bewertet. Die Lohn- erhöbung beträgt mindestens 10 Proz. für jeden Arbeiter. In der Geschirrsattlerei der Firma Voigt in Potsdam ist die Lohnbewegung günstig verlaufen. Ohne Arbeitseinstellung wurden Lohnerhöhungen von 5—25 Proz. erzielt. Durch den Tarifabschluß der Luxuswagen- und Karrosseriefabrik Ludwig Käthe u. Sohn in Halle a. S. mit den in Betracht kommenden freien Gewerkschaften wurde der Mindestlohn für ungelernte Saitler auf 43 Pf., für im Automobil- und Wagenbou eingerichtete Gehilfen auf 48 Pf,, für selbständige Gehilfen auf 52 Pf. pro Sinnde festgesetzt. Ueberftunden werden mit 10 Pf. SonntagSarbeit mit 25 Pf, pro Stunde Zuschlag vergütet. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt bis zum 30. Juni 1913 56. von da ab 55 Stunden. Die Arbeitsnachweise der Gewerkschaften find bei Neu- einstellungen zu benutzen. Der 1. Mai ist den Arbeitern als Feier- tag freizugeben. Bei Differenzen, die den Betrieb betreffen, bat die Firma mit dem Arbeiterausschuß unter Hinzuziehung eines Gewerk- ichaftSbeamten zu verhandeln. Ist eine Einigung nicht zu erzielen, so ist unter Ausschluß von Kampfmaßregeln daS EinigungSamt des Gewerbegerichts anzurufen. Der Vertrag gilt bis zum 30. Juni 1914. Ausland. Der Streik der Seeleute siegreich! Land»», 4. Juli 1911.(Tig. Ber.) Der Streik der Seeleute und Hafenarbeiter nähert sich seinem Ende. Die Streikenden siegen auf der ganzen Linie zum großen Verdruß des NeederverbandeS, der jeden Einfluß auf seine Mitglieder verloren zu haben scheint. Als der Sekretär des NeederverbandeS. Herr Cuthvert LaivS, gestern erfuhr, daß die Verbandsmitglieder in Hull bereit seien, ihren Arbeitern große Zugeständnisse zu machen. reiste er sogleich nach Hull, um den Mitgliedern die Verwerflichkeit ihrer Handlungsweise vor Augen zu halten. Die Reeder HullS bereiteten ihm ober einen recht kühlen Empfang und teilten ihm mit. daß sie den Streik satt hätten und übrigens ihre Geschäfte ohne seine Einmischung besorgen könnten. Die Shipping Federation ist wenigstens für den Augenblick gänzlich demoralistert. Die Hauptergebnisse ber Konferenz, die gestern zwischen bA« Vertretern der Unternehmer und Arbeiter in Hull stattfand, find folgende: Die Gewerkschaften der Arbeiter werden anerkannt; die Shipping Federation geht in die Brüche, denn die obligatorische Benutzung des Arbeitsnachweises der Reeder wird abgeschafft; bei der ärztlichen Untersuchung der Mannschaften kann ein von den Arbeitern beauftragter Arzt zugegen sein; die Löhne der Seeleute wie auch die der Dockarbeiter werden erhöht, und zwar sollen See- leute in allen Handelszweigen 90 Schilling<90 M.) und Heizer 95 Schilling(95 M.), Dockarbeiter eine Zulage von einem Halfpennh<4 Pf.) die Stunde erhalten; für verschiedene Arbeiter« kategorien wird der halbe Feiertag(SamstagS) eingeführt; Stteitig« keiten, die von den beiden Parteien auf dem Einigungswege nicht beigelegt werden können, sollen vom Handelsministerium entschieden werden. Großer Jubel herrscht unter den Arbeitern HullS über den glücklichen Ausgang deS Kampfes, zu dem die Sozialisten der Stadt nicht wenig beigetragen haben; die Mitgliedschaft der I. L. P. in Hull organisierte während deS Streik« von ihrem Lokal aus die Unterstützung der großen Masse der Unorganisierten. Vollständig ist aber auch in Hull der Friede noch nicht wieder hergestellt worden. Noch streiken die in den Kornmühlen und einigen anderen Betrieben der Stadt beschäftigten Personen, die letzte Woche entlassen wurden, weil das Rohmaterial ausblieb. Diese Arbeiter habe eine Lohn- forderung gestellt. In Liverpool ist die Arbeit zu den von den Führern des Streiks letzten Mittwoch exwirkten Bedingungen fast allgemein wieder auf« genommen worden, nachdem es den Führern gelungen war, den streikenden Dockarbeitern die großen Vorteile des abgeschlossenen Vertrags klar zu machen. Infolge deS Streiks ist die Mitgliedschaft der Sektion North-end der Dockarbeiter von 700 auf 5000 gestiegen. In Glasgow dauert der Streik mit unveränderter Schärfe fort. In Manchester haben sich die 4000 Mitglieder der Gewerkschaft der Fuhrleute der Bewegung angeschlossen und verhindern die Beförde- rnng der von Streikbrechern nach der Stadt gebrachten Güter. In London hat die Hafenverwaltung den mit der Arbeitseinstellung drohenden Dockarbeitern großes Entgegenkommen bewiesen. Zwischen den Vertretern der Arbeiter und den hervorragendsten Reedern soll sofort eine Konferenz stattfinden. Die Frage der Anerkennung der Gewerkschaft spielt hier keine Rolle, da die Gewerkschaften schon seit langem im Namen ihrer Mitglieder verhandeln und Verträge schließen. Die bürgerliche Presse spricht von einer Beendigung des Streiks. Wenn diese Angabe auch nicht ganz der Wahrheit entspricht, so ist sie dennoch insofern richtig, als der Sieg der Arbeiter in Hull dem Streik— oder besser gesagt dem Reederverband— das Rückgrat gebrochen hat. Da» Neinlaute Benehmen dieser Scharfmacher« organisation, die noch vor einer Woche mit ihrer unwiderstehlichen Macht prahlte, nimmt sich heute sehr komisch aus. Die Stimmung unter den Arbeitern kommt am besten in der Rede zum Ausdruck, in der der Streilführer Bell gestern in Hull den Sieg der Be- wegung verkündete. Er sagte:.Leute, wir haben gesiegt. Die Karten deS Arbeitsnachweises des Reederverbandes find abgeschafft. Morgen wird jeder ehrliche Mann seine Karte verbrennen. Im Jahre 1893 wurden wir geschlagen nnd mußten mit dem Schwanz zwischen den Beinen zurückmarschieren. Morgen marschieren wir mit fliegenden Fahnen zur Arbeit zurück, denn wir haben unsere Freiheit gewonnen."_ Letzte rfochriclrten. Bewußtlos aufgefunden wurde heute nachmittag im Grüne» Wald der 36 Jahre alte Bäcker Georg Andreas au» der Demminer Straße 32. Er wurde nach dem Krankenhaus Westend gebracht. wo der Arzt Morphiumvergiftung feststellte, Andreas hatte zu seinen Verwandten nach Dresden geschrieben, daß er sich das Leben nehmen wolle. Sie telegraphierten sofort an die hiesige Behörde. Gleichzeitig wurde vom Polizeirevier Grunewald gemeldet, daß der Bäcker Georg Andreas 100 M. mit dem Vermerk geschickt hätte. ihn beerdigen zu lassen, da er sich das Leben nehmen wolle. Motiv der Tat noch nicht bekannt. Ter �franenmord am Hnmboldthafen. Um 2 Uhr nachts wurde das Urteil gefällt: Die Ange- klagten Wächter Gustav W e g e n e r und die Gelegenheits- arbeiter Meißner und Otto W o l f f wurden von der An- klage. Notzucht mit Todeserfolg bezw. Beihilfe verübt zu haben, freigesprochen» Die Kolonialtreiber in Italien . Rom , 6. Juli. (P. C.) Die italienischen Zeitungen, die in keiner Beziehung zum Ministerium stehen und daher von der poli» tischen Ansicht der offiziellen Kreise unabhängig sind, tadeln die Untätigkeit Italiens in der marokkanischen Frage. Sie wenden sich dagegen, daß die Regierung das Land ausschließlich mit der Vorlage über eine staatliche Lebensversicherung beschäftige, während jetzt offenbar die Aufteilung Marokkos vor sich gehe.„Giornale d'Jtalia" erinnert daran, daß auch Italien zu den Signatar- mächten von Algeeiras gehöre und ebenfalls ein Interesse an Ma- rokko habe. Das Blatt fragt, ob Italien in seiner Untätigkeit be- harren wolle, während sich die anderen Länder an der Kolonial- tafel behaglich niedergelassen hätten. Der Artikel schließt mit einem deutlichen Hinweis auf Tripolis . Auch die übrigen Blätter halten diesem Augenblick für geeignet, um die tripolitanische Frage ihrer Lösung näher zu bringen. Brückeimeuba» eingestürzt. Klein-Laufenburg bei WaldShul(Oberrhein), 5. Juli. (B. H. ) Gestern abend ist unter donnernden. Krachen ein Holchogen der im Bau begriffenen Nene» Rheinbrücke eingestürzt. Bier auf der Brücke deschäftigte Arbeiter wurden mit in den Fluß gerissen. Drei konnten gerettet werden, einer ertrank. Die vom Wasser sortgerissenen Holzmassen betrugen insgesamt 200 Kubikmeter. Die Ursache des Unglücks ist darauf zurückzuführen, daß entgegen den An- ordnungen der Bauverwallunge» zu früh die Verankerung des Gerüstes gelöst worden war._ Die Stahlindnstrirllen und die Arbeiter. Brüssel, 5. Juni. (W. T. B.) Der internationale Kongreß der Interessenten der Stahl- und Eisenindustrie beschloh die Ein- setzung einer Kommission, die untersuchen soll, inwie- weit die Stahlindustriellen der interessierten Länder eine Verstän- digung untereinander anbahnen können. Die Verständigung soll sich nicht ausdehnen auf die Preise und die Abgrenzung der Absatz- gebiete, sondern unter anderem auf die Löhne der Arbeiter und die Transportfragen._ ExplosionSkatastrophe in Casablanca. Tanger , 5. Juli. (P. C.) Aus Casablanea wird hierher ge» meldet, daß eine in der dortigen französischen Apotheke aus unbekannten Ursachen entstandene Explosion fast das ganze Gebäude zerstört habe. Ein Brand, der unmittelbar hierauf entstanden sei, hätte die noch übrig gebliebene Einrichtung der Apotheke gänzlich vernichtet. Bei dem Unglück seien drei Personen getötet und acht schwer verletzt worden. Da man an ein Verbrechen glaubt, hätte man e-ie strenge Untersuchung eingeleitet. Oerälttw. Stedakteur: Albert Wachs, Berlin . Inseratenteil vergntw.i z:h.BI»cke, Berlin . Drucku.vxrlag:Vora>ärtSBuchdr.i4 Verlagsanstalt Paul Singer s- Co., Berlin LW. Hierzu 2 Beilagen«.Unterhaltungsbl.
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