Mr. 199.
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Vorwärts
10. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Volkszählung
und Berufstatistik.
Freitag, den 25. August 1893.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Deutschen Reiche insbesondere sind sie wichtig, weil die von 1875 und 1882 eine ganz gewaltige Verschiebung stattMatrikularbeiträge entsprechend der Volkszahl der Einzel- gefunden, so waren z. B. auf je 1000 im Gewerbe be= staaten vertheilt vertheilt werden. Sie kommen in Betracht schäftigte Personen in Preußen: bei unseren Militärvorlagen, bei den indirekten Steuern und vielfach sonst. Somit ist klar gelegt, daß unser Staatswesens ohne Volkszählungen nicht auskommen kann, daß die hierfür verausgabten Geldmittel und die übrigens nicht große Belästigung des Publikums nothwendig sind. Falsch wäre es hingegen anzunehmen, Für die nächste Volkszählung, die am 1. Dezember 1895 daß es sich bei den Volkszählungen um unnöthige Ausvorgenommen werden soll, werden schon jetzt die Vorgaben, leere Spielereien u. dgl. handele.
In Zeiträumen von je fünf Jahren nimmt das Deutsche Reich Volkszählungen vor, während seit Gründung des Deutschen Reiches erst eine oder, wenn man keinen allzu strengen Maßstab anlegen will, zwei Berufszählungen( 1875 und 1882) vorgenommen worden sind.
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1875
1882
in der Hutfabrikation und Kürschnerei
Maurerei
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715 nur noch 624 633
315
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Straßenpflasterei und Brunnen
macherei
750
550
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Weberei
771
591
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Buchbinderei und Papierfabri
tation
609
542
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Zimmerei.
591
468
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bereitungen getroffen; schon sind die Anordnungen an die Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß der Unterbehörden ergangen. Leider hört man über den Inhalt Berufsstatistik nicht die gleiche weittragende Bedeutung zu- thätig. der Fragebogen noch nichts, doch kann man wohl mit Be- kommt, wie der Feststellung der Volkszahl. Aber anderer- Dagegen kamen auf je 100 selbständig Gewerbetreibende stimmtheit erwarten, daß eine Berufszählung mit der nächsten seits muß die Berufsstatistik sofort nach den Volkszählungen 1875 blos 42, 1882 dagegen schon 62 Gehilfen, während Volkszählung nicht verbunden werden wird. Man sträubt als dringlichste und bedeutungsvollste statistische Aufgabe auf je 100 männliche Gewerbtreibende, 1875 noch 67, 1882 sich in den maßgebenden Statistikerkreisen gegen eine erscheinen. Wer sich über den unlösbaren Zusammenhang nur noch 57 Selbständige kamen. Unzweifelhaft haben sich Vereinigung von Volks- und Berufszählungen, weil man die der sozialen mit allen anderen Erscheinungen des Volks- die Verhältnisse in den Gewerben in dem gerade doppelt größere Bahl von Fragen als ein Hinderniß des Gelingens lebens nicht hinwegtäuscht, der muß wissen, daß wir eine so langen Zeitraume 1882-1893 noch weit mehr geändert der großen und theuren statistischen Erhebungen befürchtet. Berufsstatistik nicht entbehren können, da eben diese uns die als in der Spanne Zeit 1875-1882. Es muß als leichtUnserem Grachten nach geschieht dies mit Unrecht, da die Zahl der von Landwirthschaft, Industrie, Handel, in den fertig bezeichnet werden, wenn die Reichsregierung die Erhebungen über die Berufsverhältnisse durch wenige Fragen freien Erwerbsarten und von ihren Renten lebenden Per- Organisation der Handwerksmeister in die Hand nehmen zum Ziele führen können, und eine oder die andere Frage sonen, sowie das Verhältniß der selbständigen und wirth- will, ohne auch nur eine blasse Ahnung über ihre Zahl der Bolkszählungs- Fragebogen ohne Schaden fortgelassen schaftlich abhängigen Personen aufweist, somit uns eine wich haben zu können, ja ohne zu wissen, ob sich überhaupt noch werden könnte. Auch beweist die Berliner Volkszählung tige Grundlage der Statistik bietet. Die schweizerische Statistit, für das Handwerk eine so große Aktion lohnt. Unseres vom 1. Dezember 1890, die im Gegensaße zur Gesammt die vielfach die Erscheinungen des Volkslebens mit dem Erachtens ist für eine so weitgehende und folgenschwere erhebung im Reiche mit einer Berufszählung verbunden Berufe kombinirt, so z. B. in den überaus werthvollen Gesetzgebungsarbeit eine Berufsstatistik als Voraussetzung wurde, daß die Vereinigung beider Zählungen nur nüßlich Veröffentlichungen über die körperliche Beschaffenheit und unbedingt erforderlich. war und das Gelingen keines der beiden Theile geftört hat. Endlich ist zu berücksichtigen, daß eine Berufszählung doch einmal vorgenommen werden muß, und daß zwei verschiedene Zählungen mehr Mühe machen, als eine Zählung mit einem Viertel- Dußend Fragen mehr, als sonst üblich sind. Auch ist der Vortheil nicht außer Acht zu lassen, daß die Berufszählung verbunden mit einer Volkszählung viel wahrscheinlicher das ganze Volk erfassen wird, als eine gesondert vorgenommene Berufsstatistik, wie die sonst im allgemeinen gelungene Berufsstatistik für das Deutsche Reich vom 5. Juni 1882 tlärlich bewiesen hat.
Warum, wird man fragen, nimmt das Deutsche Reich so häufig Volkszählungen und so selten Berufsstatistiken
Dor?
den Bildungsgrad der Rekruten, hat gezeigt, wie fruchtbar berufsstatistische Erhebungen sein tönnen. Wie leicht diese mit Volkszählungen sich verbinden lassen, haben gleichfalls die letzte schweizerische und auch die letzte österreichische und andere Volkszählungen gezeigt.
Wegen des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes mehren sich die Stimmen, die behaupten, daß für einen erheblichen Bruchtheil der zur Versicherung Verpflichteten, keine Beiträge von den Unternehmern gezahlt werden. Man hat sogar Schäßungen gewagt, daß für mehr als ein Drittel keine Beiträge entrichtet werden. Es braucht nicht auseinandergesetzt zu werden, daß lediglich durch eine Berufsstatistik diese sicherlich zum Theil richtigen Angaben auf ihren Werth geprüft werden können.
Aber wir geben uns durchaus nicht der Täuschung hin, daß der Hinweis auf den wissenschaftlich und sozialkritisch bedeutsamen Stoff, den Berufsstatistiken bieten, auf die Entschlüsse unserer Reichsbehörden überzeugend wirken könne. Auf dem Gebiete der Statistik ist einzig und allein dann etwas zu In einer amtlichen statistischen Veröffentlichung, erreichen, wenn man nachweist, daß Erhebungen bestimmter der letzten der Reichskommission, der Erhebung über ArArt im Interesse der Verwaltung unbedingt erforderlich beitszeit 2c. im Handelsgewerbe, wird der große Nachtheil sind. Dieser Nachweis läßt sich, was die Berufsstatistik an- eingestanden, der der statistischen Arbeit, die sich auf die Belangt, nur zu leicht erbringen. rufsstatistik von 1882 stüßen muß, naturgemäß erwächst. Die Volkszählungen bilden die Grundlage für jede Wird doch die Durchführung unserer Arbeiter: Es wird( a. a. D. S. 5) darüber geklagt, daß die weitere Statistit, sie ermöglichen erst die Bedeutung der versicherungs- Gesetze, bezw. die Kontrolle derselben, die Fragebogen nicht richtig vertheilt werden konnten, weil nur durch andere statistische Erhebungen gewonnenen Zahlen zu Arbeit der Reichskommission für Arbeiterstatistit, die neue die Bahlen von 1882 vorlagen, und weil auch den meisten ermessen, weil sie das Moment der Vergleichbarkeit liefern. Aufgabe, die sich die preußische Regierung bezüglich der Landesregierungen neuere statistische Angaben über die Zahl So wird uns z. B. erst die Bedeutung der steigenden oder Organisation des Handwerks gestellt hat, in hohem Maße der Betriebe und der Arbeiter fehlen. fallenden Zahl der Militärtauglichen, der Einkommen- durch das Fehlen einer Berufsstatistik erschwert. Immer Auch sonst könnte für unsere Verwaltungsthätigkeit steuerpflichtigen, der Verbrechen, der Getreide- Einfuhr, des wieder ist man gezwungen zu den Zahlen der Erhebung und viele Gebiete der Statistik der Besitz einer guten und Bierverbrauches 2c. cz. Klar werden, wenn wir wiffen, ob vom 5. Juni 1882 zurückzugreifen, obgleich es doch niemand neuen Berufsstatistik von Vortheil sein. Wir begnügen ob und wie in der gleichen Spanne Zeit die Volkszahl im verborgen bleiben kann, die Thatsachen haben es schon uns aber für dieses Mal mit diesen Andeutungen. Hoffent Lande gestiegen oder gefallen ist. Die Volkszählungen mannigfach bewiesen- daß überaus große Verschiebungen lich wird man allgemein einsehen, daß es höchste Zeit ist, bieten die Grundlage für eine freilich sehr allgemeine Kon- in der Berufsvertheilung und Berufsstellung der Angehörigen die Vorarbeiten für eine Berufsstatistik zu beginnen und sie trolle der Verwaltungsthätigkeit, fie bieten vielfach eine unseres Reiches in den letzten 13 Jahren stattgefunden haben. mit der nächsten Volkszählung zu verbinden. Man wird Grundlage und einen Maßstab für die Gesetzgebung. Im Hat doch in den 62 Jahren zwischen der Gewerbezählung vielleicht einsehen, daß nicht nur für die Sozialgesetzgebung,
Feuilleton.
Nachbruc verboten.)
( 51
Die Bekehrung André Savenay's.
war.
von der Verwirrung erfaßt wurde, welche die Schüchternen als Nebenbuhler und als Bourgeois, und mehrmals so gut kennen, und bereit schien in seine alte Schweigsamkeit während des letzten Winters hatte die Heftigkeit zurück zu fallen. Daun empfand er einen dumpfen Born seiner Angriffe gegen die Bourgeoisie, ohne daß gegen sich selbst und tiefe Entmuthigung. So sehr er auch er sich Rechenschaft darüber abgelegt hätte, eine noch Neuling in der Liebe war, so sagte er sich doch, daß persönliche Gereiztheit gegen die bürgerlichen Schwiegercs bei Johanna nicht allein jungfräuliche Berschämtheit söhne verrathen, welche die Proletariermädchen auf den Er fühlte bei ihr eine schlecht verfehlte Abneigung Leim ihrer schönen Redensarten locken und den Arbeitern gegen seine Person: heraus, den offenbaren Wunsch, ihre ihre Geliebten abwendig machen. Beziehungen in den Grenzen einer lauen Freundschaft zu Auch jetzt, als er sich so unvorbereitet André gegenhalten. Er grämte sich, weil sie ihm nicht mehr so freund- über sah. fonnte er eine Bewegung des Aergers um so schaftlich- kameradschaftlich begegnete wie früher. Obgleich weniger unterdrücken, als er an diesem Tage Johanna er grausam darunter litt, war er nicht der Mann, der ganz allein gefunden hatte und hoffte, diesmal den Muth Die beiden jungen Männer hatten sich seit länger als darüber klagte. Er hatte nicht einmal feine Mutter in zu haben, ihr sein Leid zu klagen und von seinen Hoffeinem halben Jahre nicht gesehen. Sigismund war den seinen Kummer eingeweiht. Als sie ihn einmal fragte, ob nungen zu sprechen. André seinerseits runzelte die Brauen, ganzen Winter über sehr beschäftigt gewesen. In den Volks- er nicht mit Johanna von der geplanten Hochzeit gesprochen als er entdeckte, daß Sigismund mit dem jungen Mädchen versammlungen hatte er eine sehr rege Thätigkeit entfaltet, hätte, antwortete er ausweichend; er meinte, daß er ihr ganz allein gewesen war und augenscheinlich nicht aufgelegt und man schätte ihn in der Partei bereits als tüchtigen in einigen Monaten einen bekannteren Namen und eine schien, so bald fortzugehen.
Sozialistischer Roman
Redner. Er tam sogar als Kandidat für die bevorstehen- bessere Stellung bieten tönne, und als Fran Johanna hatte nach einem Moment der Verwirrung den Wahlen zum Pariser Stadtrath in Frage. Mit seinen Roguet, ungeduldig und beunruhigt durch diese Verzöge- die Fassung wiedergewonnen, welche die Frauen in den Erfolgen bekam er nun auch Selbstvertrauen. Nach und rung, Luft zeigte, mit Johanna Rücksprache darüber zu schwierigsten Lagen zu bewahren wissen. Sie war im nach legte er die Scheu ab, die ihm bisher im vertrauten nehmen, hatte ihr Sohn mit einem männlich entschiedenen Grunde weniger unruhig zwischen den beiden Männern, Kreise die Zunge lähmte. Er fand etwas von der düsteren Tone, der sie überraschte, kränkte, und zugleich heimlich ent- die sie liebten, als wenn sie mit einem von ihnen Gluth und der ungestümen Beredsamkeit wieder, die er auf zückte, erklärt: Laß mich gefälligst meine Angelegenheiten allein war. Sie hatte dem neu Hinzukommenden die der Tribüne hatte. Er verstand es, er wagte es jetzt, gegen allein besorgen." Hand gereicht, ihn aufgefordert, Platz zu nehmen und auf
Johanna liebenswürdig zu sein, sie anzusehen und ihr durch In der That bedurfte er ihrer Hilfe auch nicht, um ihren Großvater zu warten. Sie fühlte wohl, daß Sigis Worte verständlich zu machen, daß er fie liebe. Er hatte den Verdacht zu nähren, daß ein anderer vielleicht besser mund innerlich wüthete, aber fie ließ sich nichts merken und Aufmerksamkeiten für sie, die trotz seines linkischen Wesens von ihr aufgenommen würde. Leidenschaftliche Liebe ist zwang ihn sogar dadurch, daß sie ihm von dem Unglück, rührend waren und Komplimente, die er in seiner schwer- nie ohne Eifersucht, und die Eifersucht, die oft sieht, was das André betroffen, Mittheilung machte, dazu, ihm einige fälligen Weise auf das Naivste herausbrachte. Aber es schien nicht vorhanden ist, erräth leicht, was wirklich existirt. gezwungene Worte des Beileids auszusprechen. Nachdem ihm, als ob Johanna, je mehr er sich um fie Sigismund beneidete und fürchtete sehr lange die sichere er einmal diese Pflicht der Höflichkeit, wenn auch widerbemühte, tälter wurde. Bei den ersten galanten zwanglose Haltung André's, die leichte Anmuth, welche die willig, erfüllt hatte, setzte Sigismund, indem er that, als Worten, die er wagte, fühlte kühlte sie ihn sofort Gewohnheit, gut angezogen zu sein und sich in der Gesell- beachte er die Anwesenheit André's nicht, seine Unterhaltung durch eine so stolze Antwort ab, daß er bestürzt abbrach, schaft zu bewegen, verleihen. Er verabscheute ihn doppelt mit dem jungen Mädchen an dem Punkte fort, wo sie