'„Deutsche Tagesztg." tjüBcit diese Gewissenlosigkeit totgeschwiegen- und die Erklärung nicht gebracht. Selbst diese Organe wagten nicht abzudrucken, was die Leitung ihrer Partei als ihre Meinung verkündet. Eine schärfere Kritik ist wohl kaum denkbar. Deutlich aber muh es gesagt werden: Was die korservative Parteileitung da getan hat, ist eine Nieder- t r a ch t. Bisher haben nur ein paar alldeutsche Preß- organe, deren Hintermänner an Kriegsliefenrngen niateriell interessiert sind," zum Kriege gehetzt. Daß aber die Leitung der einflußreichsten und regierenden Partei in Deutschland frivol genug ist, zu er- klären, der Krieg Iväre ihr recht, das zeugt von einer Gewissenlosigkeit, die man kaum für möglich gehalten hätte. Herr v. Heydebrand scheint nicht nur im Juckern, sondern auch nach Außen nur mehr eine Desperadopolitik zu kennen. Und das nennt sich staatserhaltend! Gewiß, die Konservativen zittern vor den Wahlen. Sie möchten um jeden Preis eine Ablenkung. Marokko kommt ihnen als Wahlparole ganz gelegen. Die Per- Handlungen werden sich ziemlich lange hinziehen und da findet sich leicht mal eine Gelegenheit, die nationalistischen Instinkte aufzustacheln, die Aufnierksamkeit der Wähler von ihrer Entrechtung i n P r e n ß e n. von dem g r o ß e n Steuer- r a u b z n g im Reiche abzulenken. Und a»f Herrn v. Kiderlen- Wächter glauben sich die Konservativen verlassen zu können. Ist er doch ihr politischer G c s i n n u n g s- genösse, der intime Freund der B u ch, Branden- stein und Kröcher. So mögen sie denn hoffen, daß er bei der Besorgung der auswärtigen Politik auch etivas innere Politik— Wahlpolitik— im konservativen Sinne treibe. Daß konservative Politiker nichts dringender brauchen könnten, als eine Neuauflage des Hotten- tottenschwindelS, läßt sich begreifen. Unbegreiflich aber ist es, wie in der parteiamtlichen Korrespondenz dieser Schwindel vorbereitet wird. Für dieses verbrecherische Spiel mit dem Kriege gibt es keine Recht- fcrtigung. Es soll den Konservativen auch nicht vergessen werden. Ja, die Marokkoejefchichte wird bei den Wahlen eine Rolle spielen I Den Wählern wird erzählt werden, daß den Konser- vativen ein europäischer Krieg um ein paär Minenkonzefsionen für eine kapitalistische Cligue recht ist. Die Wähler werden befragt werden, ob es ihnen recht ist, daß ihre Geschicke noch länger in der Hand solch gewissenloser Beutepolitiker bleiben soll. Die Entrechteten in Preußen werden gefragt werden, ob sie nunmehr begreifen, daß der Sturz der konservativen Herrschaft durch die Er- oberung freS gleichen Wahlrechts für sie im strengsten Sinne des Wortes eine Lebensfrage bedeutet. Und sie denken, die Antwott an die Konservativen wird klar und deutlich sein. Die«Deutsche Tagesztg." hetzt folgendermaßen: .Demgegenüber liegen die politischen Berhälwisse im ganzen gesehen so, daß Deutschland die Forderungen, die es sich mit allen aus ihnen erwachsenden Folgen durchdacht hat, auch durch- setzen muß und kann. Und in diesem Sinne kann, wie in jeder derartigen Situation, jeden Augenblick die Frage der nationalen Ehre akut werden, so viel man auch in einigen Teilen der deutschen Presse hervorhebt, daß Marollo an sich die deutsche Ehre nicht berühre und ein Krieg um Marokko ein Unding sei. Das ist zuzugeben, aber doch daran zu erinnern, daß die deutsche Kandidatur für den spanischen Thron im Jahre 1870 an sich auch keine Frage deutscher Ehre war." Da dke deutsche Thronkandidatur der unmittelbare Anlaß zrim deutsch -französischen Krieg war, so ist hier in vorsichtigerer Form allerdings etwas ähnliches gesagt, wie in der Auslassung der konservativen Korrespondenz. Was sagt übrigens diedeittsche Regierung zu der konservativen Kriegshetze? Die Marokkofrage vor der Kammer. Pari?, 11. Juli. Deputiertenkammer. In der heutigen Sitzung erklärte der Minister des Aeußern de Selbes bezüglich der Agadir -Angelegenheit: Man hat von mir Auskünfte der- langt über die Borgänge, die mit der Entsendung eines deutschen Kriegsschiffe« nach Agadir.im Zusammenhang stehen. Ich kenne die Weisheit und den Patriotismus, der die Kammer beseelt, und an diese Eigenschaften appelliere ich in dieser Stunde. PourparlerS haben begonnen,«ine Besprechung ist im Gange und ich bitte darum, zu- gestatten, daß diese Besprechung in Ruhe und in der hohen und würdigen Form vor sich gehe, die Groß- mächten, die sich mit einander unterhalten, geziemen. lLebhafter Bei- fall auf allen Bänken mit Ausnahme der äußersten Linken.) Wenn die Stund « gekommen sein wird, werden wir, seien Sie überzeugt, nicht zögern, vor Ihnen zu erscheinen und Ihnen zu sagen, was wir getan haben.(Eine Stimme auf der äußersten Linken: Für den Frieden! Ausrufe auf verschiedenen Bänken) und wie wir gehandelt haben, und Sie zu bitten, meine Herren, abzuwägen, zu prüfen, zu erklären, ob wir auf der Höhe unserer Aufgaben gestanden haben. Für diesen Augenblick bitte ich Sie um die Erlaubnis, diese Tribüne verlassen zu dürfen und uns Bertrauen zu schenken. Di» im Gang» befindliche Besprechung wird mit der beharrlichen und unerschütterlichsten Sorge für das geführt werden, was die Interessen und die Würde des Landes erfordern(anhaltender Beifall auf allen Bänken mit Ausnahme der äußersten Linken) und auch mit der Sorge dafür. mit der Macht, mit der wir unterhandeln, die Bezichungen guten Einvernehmens und vollkommener Loyalität anfrechtzuerhaltc». (Langandauernder Beifall aus den gleichen BänkenP I a u r ö S verlangte, daß die Debatte morgen beginne. D i e Würde Frankreichs sei in keiner Weis» in Gefahr. De SelveS verlangte Bertagung auf unbestimmte Zeit, die mit 476 gegen?7 Stimmen angenommen wurde. Rücktritt MoinierS? Paris , 11. Juli. Wie auch Tanger gemeldet wird, soll der Oberbefehlshaber der französischen Truppen seit einigen Tagen erkrankt sein und falls er Nicht wiederhergestellt werde, durch General D i t t e ersetzt werden. Moinier in Rabat . Paris , 11. Juli. Wie die«Agence HavaS* aus Rabat vom 10. Juli meldet, ist General Moinier ani S. Juli in Tieftet wieder zu General Ditte gestoßen und hat dann, da er an Fieber litt, die Kolonne Verlaffen und sich nach Rabat begeben. Spanifch-französifche Konflikte. Paris , I1..-Juli. Aus Elkfar wird vom 9. Juli gemeldet: Spanische Patrouillen hielten nach einander die Karawanen deS franzönschen Kaufmanns M o n t a g n e und des DireltorS der drahtlosen Telegraphie B i a r n a y an. ließen sie jedoch nach Durch» suchung ihres Gepäcks wieder frei, beschlagnahmte» aber ihre Waffe». Wie die„Agetice HabaS" meldet, rechtfertigen die Spanier die Entwaffnung Montagnes und BiarnayS mit einem Erlaß des Oberst S y l v e st r e, der das Tragen von Waffen verbiete und Elksar in Belagerungszustand versetze. Montagne habe Klage beim französischen Konsul eingereicht. Die Aghien in Bulgarien und die Sozialdcmeltratie. Man schreibt nns aus Sofia : Am 18. Juni fanden in Bulgarien allgemeine Wahlen für die große Nationalversammlung statt, die die mit der Unabhängigkeits- erklärung des bulgarischen Fürstentums und mit dessen Erhebung zun, Königreich, eigentlich zum Zarat(Zarstwo) erforderlich gewordenen Abändernngeu des VerfassungsgesetzeS durchsühren soll. Das unlängst verabschiedete Kabinett der demokratischen Partei, war cS, das den» Wunsche des allmächtigen Ferdinand von Bulgarien willig Folge leistend vor drei Jahren in unmittelbarem Zusammenhang mit den»ach der jungtürkische« Revolution am Balkan geschaffenen Berhältnisseiif Bulgarien «unabhängig" erklärte, indem es dem herrsch- süchtigen Fürst Ferdinand den protzenhaften Titel eineS„Zaren der Bulgareit" verlieh. Damit tot die damalige Regierung einen dreisten liebergriff auf die Verfassung des Landes, die im Nu um- geändert wurde, ohne darum die Aolksvertretung zu befragen, wie eS ja die bulgarische Konstitution erforderte. Dieser Gewaltstrcich der Regierung Ferdinands von Koburg auf das StaatSgrundgesetz wurde jedoch, im Grunde genommen, von sämtlichen bürgerlichen Parteien gutgeheißen. Ein einziger Protest wurde mit aller Entschiedenheit und Energie gegen diese linverschninte Vergewaltigung des Volksrechtes seitens des Monarchismus und der kapitalistischen Bourgeoisie erhoben, und dies war der Protest der jungen bulgarischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die freilich gegen die Unabhängigkeit der bulgarischen Nation nichts einzuwenden hätte, dafür aber gegen die damit der« bundene Steigerung der monarchischen Gewalt Stellung nehmen mußte. Die Regierung benutzte die sich darbietende Gelegenheit, um in die AbänderungSvorlage, die verfaffungsgemätz vorerst von der ge« wöhnlichen Nationalversammlung verhandelt und festgesetzt werden mußte, zugleich auch solche Artikel deS Staatsgrundgesetzes hinein- zuschieben, die darauf hinzielen, die Prärogative der Krone noch mehr zu steigern. So wird in der Vorlage eine Umänderung des Artikel 17 der Verfassung vorgesehen, womit dem„Zaren der Bul - garen' das Recht eingeräumt wird, politische Verträge und Abmachun- gen mit fremden Staaten abzuschließen, ohne die Einwilligung iber Volksvertretung dazu holen zu müssen, wie es bis jetzt das VerfassungS- gesetz erforderte. Ferdinand, der tatsächlich die auswärtige Politik des Landes vollständig auf seine eigene Faust führ» und seine jeweiligen Minister bloß als Figuranten behandelt, soll nun auch fonnell die Berechtigung zugestanden werden, über das Schicksal des Landes ganz nach seinem eigenen Ermessen zu verfügen und gegenüber den imperialistischen Bestrebungen Oesterreichs oder Rußlands am Balkan folgenschwere Verpflichtungen zu über- nehmen, ohne darum den Willen des bulgarischen Volkes beachten zu brauchen! Weiter wurde in der Vorlage auch eine bedeutende Erhöhung der Zivilliste und die definitive Anerkennung der Familie Ferdinands von Koburg als für alle Zeiten regierende Dynastie in Bulgarien vorgesehen. * Bei alledem ist eS klar, daß die UmLnderimgen der bulgarischen Konstitution im großen ganzen nut darauf gerichtet sind, die Position des Monarchismus in Bulgarien noch mehr zu festigen, dessen Bor- rechte zu steigern und dessen Macht auszubreiten. Die bulgarische Sozialdemokratie hatte die Aufgabe, die Arbeiter- maffen über die Bestrebungen des persönlichen Regiments auf- zuklären und mit aller Energie und Entschlossenheit gegen die Regierungsvorlage aufzutreten. Diese Aufgabe erfüllte sie, ihren Kräften entsprechend, mit gutem Erfolg. In dem Wahlkampf richtete sie sich gegen die Monarchie und den Kapitalismus und erhob die Forderung nach einer demokratischen föderativen Balkanrepublik. Dagegen erklärten sich alle bürgerlichen Parteien ausdrücklich für die Monarchie und gegen die Republik . Die bulgarische Bourgeoisie sieht in dem Monarchismus die zuverlässigste Stütze ihrer Herr- schaft über die Arbeitermasse und die bebrückten Volks- schichten. Sie gewährt daher ganz willig ihre Unterstützung der monarchischen Gewalt und ist dabei überzeugt, daß die Steigerung dieser auch die Festigung ihrer eigenen Machtstellung bedeutet. In den Wahlen stellte die sozialdemokratische Arbeiterpartei überall selbständige Kandidaturen auf und eroberte dabei annähernd 13 000 Stimmen. Ein ganz schöner Erfolg, wenn man bedenkt, daß sie in den allgemeinen Wahlen vor vrei Jahren nur 2SV0 Stimmen erhalten konnte. Unsere Partei gewann dabei auch ein Mandat in der Stadt Trojan, woselbst Genoffs Wl. Ä l a s k o w S t y, ein Lederarbeiter, mit 1920 Stimmen gewählt wurde. In Sliwrn, einer der größten Industriestädte Bulgariens , fiegte unsere Partei über die Regierungskoalition der nationalen und der progressiven Parteien und wenn diese trotzdem den Wahlkreis er- oberte, so war dies nur den Baueriistimmen der umliegenden Dörfer zu danken. In der Stadt Samokow, woselbst die sozial- demokratische Arbeiterpartei den Gemrinderat seit einem Jahr im eigenen Besitz hält, siegte sie mit einer Mehrheit von 800 Stimmen über alle bürgerlichen Parteien zusammengenommen, einschließlich die Regierungskoalition; die letztere gewann jedoch auch diesen Wahlkreis dank den Bauentstimmen der Umgegend. In allen größeren Provinzstädten, wie Philippopel , Warna , Rustschuk , Plewna , eroberte sich unsere Partei den ersten Platz nach der Regierungs- koaliiion und siegte über alle sonstigen bürgerlichen Parteien. In Sofia erzielten wir eine 400 prozentige Vermehrung unserer Stimmen. Die Partei der sogenannten.geeinigten weltherzigen Sozialisten' trat zuerst für die Republik auf und als sie später zur Einsicht ge» langte, daß die kleinbürgerlichen Parteien, die Radttaldemotraten und die Bauernbündler. mit denen sie in ein Wahlbündnis treten wollte, sich entschieden gegen die Republik und für die Monarchie erklärten, ließ sie ihre republikanische Fahne tm Stich und suchte sich den Anforderungen der genannten Parteien de» tief reaktionären Kleinbürgertums und Kletnvauerntums anzupassen. Dank dieser Anpassungsfähigkeit der.Weitherzigen' gelang eS ihnen,«tn Abkommen mit den Bauernbündlern abzuschließen, so daß sie mit deren Hilfe in der kleineil rückständigen Stadt Jambol drei und in einem Dorf Suchindol zwei Mandate gewinnen konnten. Auf dies« Weise wurden nun drei der hervorragendste» Mitglieder des„weit- herzigen" Zentralkomitees tn die große Nationalversammlung ge» wählt. Im übrigen wirkten die.Weitherzigen' fast überall in den Wahlen, je nach den.lokalen Verhältnissen", wie sie selbst erklärten, ausnahmslos mit allen bürgerlichen Parteien zusammen. Was die Bauernbündler, die Kampfgenossen der.Weitherzigen' anbelangt, genügr eS zu deren polttischen Charakteristik hervor- zuhebeu, daß ihre Führer sowohl vor den Wahlen wie auch in der großen Nationalversammlung selbst ausdrücklich erklärten, nichts gegen die Krone zu haben, im Gegenteil, sie wollten trachten, ei» gutes Einvernehmen zwischen Kkvae und Bslk herzustellen, Die sozialdemokratische Arbeiterpartei.' die in der großen Nationalversammlung nur durch einen Abgeordneten vertreten werden konnte, hat nun ihren Kampf gegen den Ausstieg deS bulgarischen Monarchismus hauptsächlich außer dem Parlament in ihrer Presse und in öffentlichen Versammlungen weiterzuführen. Zu diesem BeHufe veranstaltete sie schon am 2. Juli massenhafte Arbeiter- Versammlungen im ganzen Lande, die in ihren Resolutionen an den Präfidenten der großen Nationalversammlung am energischsten gegen die Bergewaltigüng der Bolksrechte durch die prinzipielle Annahme der Abänderuiigsvorlage protestierten und die Entschlossenheit deS bulgarischen Proletariats manifestierten, gegen die Monarchie und den Kapitalismus und für die Verwirklichung der demokratischen föderativen Balkanrepublik unablässig weiter zu kämpfen. Politische dedersickt. Berlin , den 11. Juli 1311. Die Begründung der Amtseutsetznng Jathos Das kirchliche Spruchkollegium, das am 24. v. M. dem Kölner Pfarrer Jatho ans Grund des Kirchengesetzcs vom IL. März 1910, des sogen. I r r l e h r e g e s e tz e s. die Weitere Pastorale Wirksamkeit innerhalb der evangelischeir Landeskirche der älteren Provinzen Preußens untersagt hat, hatte zunächst seinen Spruch ohne jede Begründung gefällt, aber versprochen, baldigst eine Begründung nachzuliefern. Jetzt ist endlich diese Nachlieferung erfolgt, und zwar in Nr..> des„Kirchl. Gesetz- u. Verordnungsblattes". Wer aber erwartet hat, in dieser Begründung interessante Ausführungen darüber zu finden, was nach der Auffassung des Spruchkollegiums als grundlegender Glaubensinhalt der evangelischen preußischen Landeskirchi'. als ihr schlechthin verbindlicher Bekenntnisstand zu gelten hat, und dt wiefern zu diesem Glaubensinhalt Jathos Auffassungen in unlöslichem Widerspruch stehen. der wird sich sehr enttäuscht fühlen. Im Gefühl der eigenen Unsick>erheit darüber, wo die Grenzen der als allgemein verbindlich anzusehenden Glaubensdogmen an- fangen und aufl)ören, hat das Spruchkollegium jede solche Definition vermieden und. indem es die Grundlehren einfach als bekannt voraussetzte, sich auf allgemeine Bemerkungen über die Unvereinbarkeit der Jathoschen Lehre mit der evangelischen Lehre von einem persönlichen Gott und von Christi Cr- lösungSwerk, fowie'mit dem Offenbarungs- und UnsterblichkeitS- glauben beschränkt. In bezug auf Jathos Lehre über das GrundberhältniS von Gott und Welt heißt es in der Begründung:.Solche Lehr» verkündung steht mit der christlichen Gotteserkenntnis in Wider- spruch. Das Vertrauen zu Gott, dem Vater im Himmel, der ursprünglichste Ausdruck christlicher Frömmigkeit, verliert im Zu- sammenhange dieser religiösen Weltanschauung den festen Grund und unentbehrlichen Halt." JathoS Lehre von der Offenbarung wird wie folgt zurück- gewiesen: Im Unterschiede vom christlichen Glauben, der seines festen Grundes sich bewußt ist, schiebt hier ein uneingeschränkter SubjektiviSmnS die geschichtliche Offenbarung beiseite;.auch das Christentum muß nach Pfarrer Jatho durch Offenbarungen der Gegenwart weitergeführt werden, und zwar vertieft und erweitert sich dabei nicht nur die Kenntnis von Gott und Welt',«Gott und Welt selbst wachsen mit dem Menschengeist.' JathoS Lehrverkündung von der Erlösung vermöge denn auch die Heiligkeit GotteS und den Abstand der sündigen Menschen von dem heiligen Gott niemand zum Bewußtsein zu bringen. Sie lasse daher für ein Verständnis deS Christentums als Erlösungsreligion nicht nur keinen Raum, vielmehr würden hier dem Evangelium von der Erlösung unüberbrückbare Hindernisse in den Weg gelegt. Ebenso irre Jatho in seiner Darstellung des geschichtlichen JesuS, der nach ihm nichts weiter als.ein frommer Mensch gewesen' sei,.eine Größe der Vergangenheit, die ihr Augenblicksdasein verlor'. Das Lebensbild dieser geschichtlichen Person, sagt er, könne keine andere Bedeutung für uns haben, als eine pädagogische; wir könnten da- durch zur Heldenverehrung anreizen und starke ethische Triebe wecken; die Verehrung deS Gekreuzigten sei lediglich eine Heldenverehrung. AuS diesen und anderen Aeußerungen folge, daß der„lebendige Christus' der Pfarrers Jatho nicht der Christus der heiligen Schrift fei, nicht der auferstandene Herr und Heiland der christlichen Kirche. Was endlich die persönliche Fortdauer des Einzelnen nach dem Tode anbetreffe, über dir Pfarrer Jatho.nie zu einer Gewißheit gekommen' sein will, so lehre er: die Menschen seien aus Gott erzeugt, würden von ihm auch wieder verschlungen und kehrten im realsten Sinne des Wortes zu Gott zurück, um feine Zeugungökraft zu vermehren und zu vertiefen. Zwar will Jatho in Predigt und Grabrede vom Jenseits nicht gesprochen, also auch nicht gegen das Jenseits polemisiert haben, dem gegenüber müsse aber betont werden, daß er tn immer stärkerem Maße als den Weg zum Freiwerden von allen Zweifeln über die Frage des ewigen Lebens»die Beschränkung auf dasjenige, was jeder selbst erleben und erfahren kann' empfiehlt und dieses auf Er- fahrungen deutet, die mit dem jenseitigen ewigen Leben nichts zu tun haben. Noch in der Verhandlung vor dem Spruchkolleglum habe Jatho mit aller Bestimmtheit erklärt, daß cr bei feiner Lehr- verkündung überall nur an fein.inneres Erleben' und allenfalls an das Urteil seiner Gemeinde, nicht aber an die heilige Schrift und an die Ordnungen der Landeskirche sich ge- banden erachte. Zum Schluß heißt es in dem Urteil:.Von der Mehrheit des PreSbyteriumö der Kirchengemeinde Köln Ist dem Pfarrer Jatho die wärmste Anerkennung seines vorbildlichen Wandels und seiner warmherzigen, opferwilligen Persönlichkeit bezeugt. auch seine hervorragende geistliche Wirksamkeit in der Gemeinde. auf der Kpnzcl, tm Konfikmandenunterricht, in der Seelsorge und in seinen religiösen Vorträgen, ebenso sein bedeutender religiöser Einfluß auf viele der Kirche und dem religiösen Leben Eni- fremdete herdorgehoven wotden. Im gleichen Sinne lagen überaus zahlreiche Bezeugungen von Versammlungen und Vereinen sowie von Einzelpersonen aus den verschiedensten Schichten der Bevölkerung, auch weit über Köln hinaus. vor. Alle diese Bekundungen sind voll ge» würdigt worden— sie vermochten aber weder im einzelnen noch in ihrer Gesamtheit zu dein Ergevuis zu führcu. daß um ihretwillen die tn derLehr- verkündung festgestellte Verneinung der grund- legenden christlichen GlaubenSwahrheiten die bewußte Auflösung de« geschichtlichen Christen. tumS, noch fernerhin getragen werden durfte. Auch konnte nicht zugunsten des Pfarrers Jatho in Betracht kommen, daß ein von ihm selbst verfaßtes KonfirmationS - Bekenntnis, welches er der Unterweisung im Konfirmandemmtcrricht zugrunde legt, durchaus in biblischen AuS- drücken sich hält. Denn wenn die SiiziehungStrast seiner Lehr- verkündung auch auf solch», die am alten Glauben festhalten, zum Teil mit dauius beruht, daß er Mc nicht biblischra Anschauunge»
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten