Einzelbild herunterladen
 
Siegerin sein werde, sei zu bedauern, aber eZ liege nicht in der Macht der Fortschrittlichen Volkspartei  , das zu hindern, da ihr durch den Beschluß der Liberalen Vereinigung die Hände ge- bunde» seien. *«' Düsseldorf  , 18. Juli.  (Privattelegramm.) Die Demokratische Vereinigung Düsseldorfs hat beschlossen, dem Parteivorsitzenden Dr. Breitscheid in Berlin   für die am 19. September angefetzte Reichstagsnachwahl die Kandidatur anzutragen. Dr. Breitscheid behielt sich seine. endgültige Eni- scheidung vor bis nach der am nächsten Donnerstag statt- findenden Zentralvorstandssitzung der Demokratischen   Ver- Einigung._ Die ffiaroMloaffare. Verschärfung des französisch  -spanische» Konflikts in Elksar. Paris  , 18. Juli. DieAgence Havas" meldet aus Elksar vom 16. Juli: Als der französische   Konsularagent Boisset, der gestern von einer Reise durch das Gharbgebiet zurückkehrte, vor dem Stadttore ankam, wurde er von dem Wachtposten aufgefordert an- zuhalten und sein Gewehr auszuliefern. Boisset verweigerte dies. Darauf fällte der Posten sein Bajonett vor dem Pferde Boissets, das sich erschrocken bäumte, und schlug das Gewehr an. Boisset wurde, eskortiert von Soldaten, zur spanischen Kaserne geschickt. Auf dem Marsche durch die Stadt folgte eine Menschenmenge, die sich darüber belustigte, wie der französische   Konsul von den Spaniern gefangen genommen wurde. Als Boisset vor den wachthabenden spanischen   Offizier geführt wurde, erklärte dieser, es liege ein Irr- tum vor. und, ohne sich weiter zu entschuldigen, gestattete er Boisset. sich zu entfernen. Kurze Zeit nachher wurde der Algerier El Maleh, Direktor der Schule der israelittschen Vereinigung in Fez, der sich auf dem Wege nach Tanger   befand, verhaftet und sein Gepäck durchsucht. Der französische   Ministerrat hat beschlossen, von Spanien   Auf- klärung über den Zwischenfall zu verlangen. Reue Dispositionen des Generals Moinier. Paris  , 18. Juli. Die»Agence Havas" meldet aus Casablanca: General Moinier hat eine neue Einteilung der Truppen in drei Abteilungen vorgenommen. Eine Abteilung ist für Mchedia be- stimmt, die zweite für MekincS, die dritte für das Schaujagebiet. Nach einer anderen Meldung hat General Moinier dem Obersten Branlisre befohlen, seine militärischen Maßnahmen in Rücksicht auf die diplomatischen Verhandlungen wegen des Agadir-ZwischenfallS vorläufig abzubrechen, sich aber bereit zu halten, sie jeden Augenblick wieder aufzunehmen. Alarmnachrichten ans Agadir  . Paris  , 18. Juli. Unter der Ueberfchrift:»Eine neue Kolonie in Agadir  " bringt dasEcho de Paris" folgende Nachricht aus Mogador  : Der deutsche Konsularagent Maur   unter- nimmt bei 43 Grad im Schatten eine Reise nach Agadir  . Hand- lungSreisende und Journalisten haben sich seit einigen Tagen in Agadir   niedergelassen. Sie sind drei Unternehmern der ManneS- mann-Gesellschaft gefolgt, die dort unten auf einem weiten, vollständig leeren Gebiet eine deutsche Kolonie gegründet haben. Hinter dieser Tätigkeit Deutschlands  , die ebenso brüsk vor sich geht, wie unlängst, darf man einige Hintergedanken vermuten. Die Offiziere des Berlin  " habe» im Hafen von Agadir Lotungen vorgenommen und fertigen eine Seekarte an. Dia Kaids Gelluli und AnfluS haben von Verhältnissen profitiert und in dem Gebiet zwischen Mogador  und Agadir   sich die meisten der Rechte wieder angeeignet, die ihnen kürzlich vom Sultan   auf Verlangen deZ französischen Konsuls ge­nommen waren. Das»Echo de Paris" betreibt die Kriegshetze ebenso gewissen- los wie etwa in Deutschland   dieRhein.-Westf. Ztg.". Seine Nach- richten sind daher mit großer Vorsicht aufzunehmen. Immerhin ist es charakteristisch, wie die Blätter der deutschen   und französischen  Marokkokapitalisten die Agadiraffäre zu einem ernste» Konflikt treiben möchten._ poUtifcbe Qebcrficht. Berlin  , den 18, Juli 1911. Adel und Bürgertum. Der Fall Wolff-Mettenrich liegt unseren Junkern bös im Magen. Der mißratene Sprößling aus hochadligem Geschlecht, der täglich 50 66 M. braucht, von seinem Herrn Papa aber nur 30 Mark monatlich erhielt und deshalb neben allerhand Hochstapeleien auch -um Anpumpen einer Courtisane seine Zuflucht nahm, ist in der Tat eine Figur, mit der unsere Edelsten und Besten keinen Staat machen können. Und wenn die D e u t s ch e T a g e S z t g." sich dieses famosen Repräsentanten einer bevorrechteten Kaste dadurch entledigen möchte, daß sie erklärt, dieser Brave sei durchaus kein Tvp. sondern ein Entarteter besagter Kaste, so ist daS zwar sehr begreiflich und auch sehr bequem, nur leider nicht ganz richtig. Denn wenn eS auch der junge Graf Wolff-Metternich   ein wenig toller getrieben hat. als cS gemeinhin in seinen Kreisen üblich ist so ist der Prozentsatz der blaublütigen Jugend, der ein unbekümmertes Lotterdasein führt, im Schuldenmachen Unglaub- liches leistet und schließlich in einer frivolen Geldheirat seine Rettung sucht, doch keineswegs so gering. Wäre der junge Wolff-Metternich  wirklich eine Ausnahme, einEntarteter" gewesen, so hätte er sich schwerlich dauernd instandesgemäßer" Umgebung bewegen und gerade durch Offiziere in die Kreise der jüdischen Geldaristokratie einführen lassen können, in denen man ihn seines gräflichen Titels wegen trotz seiner kaum zu verkennenden Eigenschaften mit Freuden ausnahm. Nett macht cS sich übrigens, wenn das Junkerorgan dem bürgerlichen Geldprotzentum Mangel an Vürgersinn und Bürgerstolz vorwirft und über dieganz unberechtigte Hochachtung" spottet, die diese bürgerlichen Kreise vor adeligen Namen hätten! Hochkomisch aber ist eS. daß dieKreuz- Ztg." die Lumpe- reien enwS Geburtsaristokraten für den geeigneten Anlaß hält, gegen die Aristokratie von MammonS Gnaden, dieHerrschaft deS Geldes" zu eifern, die schließlich der Demokratie Vorschub leiste. Worauf dann eine Verherrlichung des armen JunkcrS folgt, der sich ausIdealismus" dem Soldatenberuf widmet und sich überall durch die reichen Emporkömmlinge aus der Bourgeoisie in den Schatten gestellt und an die Wand gedrückt sieht. Du lieber Gott   in der Aera des agrarischen Brot- und Fleu'chwuchers sind die junkerlichen Hungerleider doch mit der Laterne zu suchen! Der Adel ohne Ar und Halm aber hat es doch längst verstanden, sich durch die Berschacherung seines Namens in den Mitgenuß des bourgeoisen und sei eS selbst jüdischen Mammons zu setzen. Schon Bismarck   fand ja die Kreuzung zwischen germanischem Hengst und semitischer Stute ganz rationell!...... Im übrigen ist es aber auch eine plumpe Geschmacklosigkeit, all- »usehr mit der moralischen Intaktheit deS echten teutschen Adels zu renommieren. Daß eS zu allen Zeiten auch unter dem Adel tüchtige Elemente gegeben hat, ist selbstverständlich. Daß sich aber sehr totte Schichten deS Junkertums teils in.Krippenreiter", teils m ein höfisches Lakaiengeschmeiß verwandelten, daS jeder moralischen Entwürdigung fähig war, das mögenKreuz-Ztg." undDeutsche TageSztg.", wenn es ihnen entfallen sein sollte, wieder einmal bei einem gewiß unverdächtigen Historiker wie Gustav Freytag   nach- lesen I_ Eine faule Gründuug des Bundes der Laudtvirte. Die bündlerische Presse hat vor wenigen Tagen mit höchst ver- dächtigein Eifer bestritten, daß der Bund der Landwirte Geschäfte macht. Die Tatsache konnte freilich nicht abgeleugnet werden, daß eine Anzahl Verkaufsstellen bestehen, mit denen die Führer der Bündler in den engsten Beziehungen stehsn, wie auch nicht abge- leugnet Werder  : kann, daß ein Teil der Ueberschüsse dieser Verkaufs- stellen in die Kassen des Bundes der Landwirte fließt. Nun erfährt man, daß der vielseitige Bund auch mit Wein handelt, oder besser gesagt: eine Verkaufsstelle errichtet hat, die den Vertrieb von Wein besorgt. Die nationalliberale Wochenschrift»Die Mainbrncke" er- zählt darüber: Die Bemühungen deS Landbundes, nach dembewährten" Vorbild des Zentrums Politik und Geschäft zu verbinden, haben neben vielem anderen zur Gründung der NaturWeingesellschast in Berlin   geführt. Diese Gründung, der die Herren Graf Spee und Roesicke besonders nahe stehen, wurde mit großen Hoffnungen ins Leben gerufen, man stellte gleich drei Direktoren mit hohen Ge- hältern an und man sorgte für ein besonders großes, wohlasior- tiertes Lager, das natürlich ein hohes Betriebskapital erfordert." Das Geschäft geht aber herzlich schlecht, wiewohl die notleiden- den Agrarier vielfach starke Weinkonsumenten find. Dieser schlechte Geschäftsgang hat nun nach der.Mainbrücke" folgende Ursache: Ein beträchtlicher Teil Großgrundbesitzer, namentlich schlesi- scher Nationalität, benutzt die Weinhändler als Bankiers. Die Herren, die trotz ihres Reichtums häufig in Bargeldschwierig- leiten sind was angesichts des im Grund und Boden fest- gelegten Kapitals recht erklärlich ist haben oftmals das Be- dürfniS, Wechsel von 20 000 und 30 000 M. rasch diskontiert zu er- halten. Mit diesem Papierchen kommt man dann zu seinem Wein- Händler in der nächsten Großstadt, und dieser ist gern gefällig, wird ihm dann auch bereitwillig Gelegenheit gegeben, den Weinkeller des Herrn Rittergutsbesitzers inentsprechender" Weise einzurichten. So wäscht eine Hand die andere und niemand hat Schaden da- von. Solche Geschäfte macht man aber nur mit Leuten, die einem gesellschaftlich fernstehen, nicht aber mit seinesgleichen, und den Bund der Landwirte in seiner heutigen feudalen Richtung steht mau als seinesgleichen an. So sitzen also nun die drei Direktoren mit ihrem Beamtenstab und ihren großen Vorräten da und können den rechten Kundenkreis für dieNaturwein  "gesellschaft nicht finden. Dazu kommt aber noch ein anderes, was so ziemlich das Ende der Gesellschaft bedeutet, und was auch ein bezeichnendes Licht auf die verzweifelte Stimmung derpolitischen" Abteilung des Bundes wirft: Man hat den Leitern der Weinabteilung die strikte Weisung gegeben, keine weiteren Mittel in Wein festzulegen, sondern umgekehrt Schritte zu ergreifen, um die bereils fest» gelegten Summen flüssig zu machen, da man sie im Wahlkampf benöligt. So wird es also letzten Endes auf die entsprechende Summe liquid gemachten Alkohols ankommen, in welcher Weise der Bund aktionsfähig bei den kommenden Reichstagswahlen fein wird."_ Noch ein Wahlrechtsraub in Tchlestvig-Holstein. Nachdem soeben erst die bürgerliche Mehrheit in der städtischen Vertreterschaft Glückstadts   den WahlzensuS erhöht hat, ist jetzt die bürgerliche Mehrheit in Pinneberg   diesem Beispiel gefolgt. Und die Herreu haben gleich ganze Arbeit gemacht, sie beschloffen, den Wahl- zensuS auf die nach der Städteordnung höchst zulässige Einkommens- grenze von 1500 M. zu erhöhen. Seit 1903 ist das schon die zweite ZensuSerhöhung. damals wurde der ZensuS von 600 auf 1050 M. heraufgesetzt. Trotz der damaligen Zensuserhöhung war eS unseren Genossen doch mit der Zeit gelungen, drei Sozialdemokraten ins Stadtparlament hineinzuwählen. Nun drohte der Stadt natürlich der Untergang, denn, so sagte der Bürgernleister bei Begründung des Magistratsantrages auf ZensuSerhöhung, bei der jetzt erfolgten Aufstellung der Bürgerrolle habe sich ergeben, daß ein sehr großer Zuwachs von stimmberechtigten Bürgern zu verzeichnen sei. Dieser Zuwachs komme hauptsächlich der Sozialdemokratie zu- gute. Er müsse deshalb an die Mitglieder der städtischen Kollegien die Mahnung richten, jetzt, wo sie noch die Macht in Händen hätten, den ZensuS auf 1500 M. zu erhöhen. Die bürgerlichen Vertreter hörten die zornige Protestrede unseres Genossen gegen den beabsich- tigten Wahlrechtsraub mit gesenkten Häuptern an, wußten kein Wort der Erwiderung zu sagen, stimmten dann aber geschlossen für den WahlrechtSraub. In einem seiner Verwaltungsberichte hat der Oberbürgermeister von Kiel   den Satz niedergeschrieben:Hätte ich vorher gewußt, daß die ZensuSerhöhung eine so ungeheure Erbitterung in der Kieler  Bürgerschaft hervorrufen würde, ich hätte die Hände davongelassen". Auch für die Wahlrechtsräuber anderer Orte wie Kiel   wird noch der Tag der Einsicht kommen. Unsere Genossen werden ihr möglichstes tun, daß die Saat des Wahlrechtsraubes aufgeht und m sozial- demokratische Lehren schießt._ Für und gegen de« Hausabuud. Die Spaltung zwischen den verschiedenen Interessengruppen der rheinisch-westfälischen Großindustrie wird immer tiefer. Während die Schwer-Eiseniudustrie mit dem Zentralverband Deutscher Industrieller durch dick und dünn marschiert, nimmt die sog. Fertigindustrie, (d. h. jene Industriezweige, die Eisen und Stahl zu fertigen Waren verarbeiten) vielfach für den Hansabund Partei. So wird tele- graphisch auS Remscheid   gemeldet: Der Bergische Fabrikantenverein, eine der machtvollsten Orga- nisationen des westlichen Industriegebiets mit weit über 200 Mit« gliederfirmen, hat in einer Borftandssiylmg gestern einstimmig be« schlössen, aus dem Zentralverbande Deutscher   Industrieller, dem er bisher korporativ angeschloffen war. auszutreten. Der Bergische Fabrikantenverein begründet seinen Austritt aus dem Zentral- verbände damit, daß er die Haltung des Zentralverbandes gegen den Hansabund nicht billigen könne, und spricht dem Hansabund fein Vertrauen auS."_ Dasliberale" Vereinsgesetz in neuer Auslegung. Nachdem vor einigen Tagen daS OberberwaltungSgericht die Zahlstelle des Zimmcrerverbandes in Thorn für politisch erklärt hat, scheinen die Polizeibehörden sich diese Auslegung zu nutze machen zu wollen. In Bromberg   hat die Polizei jetzt an fast sämtliche von ihr ermittelten Vorstandsmitglieder der freien Gewerkschaften die Auf. forderung ergchen lassen, binnen einer Frist von zwei Wochen das Verzeichnis der Vorstandsmitglieder nebst den Satzungen einzu- reichen. Auch wurde auf Umwegen versucht, von einem der Gewerbe- gerichtsbeisitzer zu erfahren, wieviel Mitglieder die freien Gc- werkschaften am Orte hätten. Jedenfalls hält die Behörde sich für berechtigt, nachdem das ObcrverwaltungSgcricht die Zimmerer- Zahlstelle in Thorn für politisch erklärt hat. daß sie es nunmehr auch hier so machen kann. Auf den Ausgang dieser Aktion kann man ja gespannt sein, da die Gewerkschaften sich nicht für ver- pflichtet halten, dem Verlangen der Polizei zu entsprechen. Sollte es infolge der Weigerung zu Bestrafungen kommen, so wird diese Angelegenheit bis zur letzten Instanz durchgefochten wtpdes. '' Ob die Polizei in dem Feldzug'gegen die freien Gewerkschaften die Lorbeeren ernten wird, die sie sucht und braucht, steht au, einem anderen Blatt. Die Weltfremdheit sächsischer Richter. Im Falle der Freiberger Ortskrankenkasse wie auch bei so manchen anderen Gelegenheiten ist die Weltfremdheit der Richter io recht in die Erscheinung getreten. Wie aber selbst bürgerliche Kreise die mangelhaste Fühlung des Richterstandes mit den Erforderiiisscii des praktischen Leben? unangenehm empfinden, das ergibt sich aus einem Beschluß des sächsischen Handelskammertages. Bei der Be- ratung über eine Reform der juristischen Vorbildung wurde nämlich ei» Beschluß gefaßt, der besagt: Der Handelskammertag hält eS im Interesse von Handel und Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, wie auch im Interesse dcS Juristenstandes selbst für dringend wünschenswert, daß sich w'-f.'.er und Anwälte von den Bedürfnissen des prakt i> ch e u Lebens in weitgehendem Maßeunterrichten". Als geeignetes Mittel zur Erlangung praktischer wirtschaftlicher Kenutnisie wird für die jungen Juristen eine ihrer Ausbildung dienende Beschäftigung in Handelskammern, Gewerbe- und Land- wirtschastskammern, oder einzelnen kaufmännischen oder industriellen Großbetrieben verlangt. Vielleicht wäre auch eine Ausbildung in einem Gewerkschafts- bureau usw. nicht unangebracht, da eine größere Kenntnis des ArbciterlebenS und der Arbeiterbewegung den sächsischen Juristen sehr mangett._ Militärjustiz hinter verschlossenen Türen. Es ist sonst gerade nicht deS Brauchs bei den Kriegsgerichten. die Oeffentlickikeit auszuschließen, wenn sich gemeine Soldaten zu ver- antworten haben. Der Ausschluß der Oeffentlichkeir bei den Ver- baudlungen findet gewöhnlich nur statt, wenn Offiziere wegen Quälereien gemeiner Soldaten vor Gericht erscheinen müssen. Das Kriegsgericht des zweiten Geschwaders in Kiel   hat jedoch am Sonnabend und Montag solche seltene Ausnahmen gemacht, mau fragt deshalb unwillkürlich, was dahinter steckt. Wegen Gefährdung militärischer Interessen und im Interesse der Disziplin: so hieß es in den: Antrage des Anklagevertreters auf Ausschluß der Oeffentlichkeir. Am Sonnabend standen vier Matrosen und ein Ober- matrose vom LinienschiffPommern  " vor dem Kriegs- gericht. Ein Matrose wurde wegen verleumderischer Beleidigung, Drohung, Erregung von Mißvergnügen unter Kameraden und Bc- günstigung zu zwei Jahren fünf Monaten Gefängnis verurteilt, ein Matrose und der Obermatrose erhielten wegen Be- günstigung je sechs Monate Gefängnis, zwei Matrosen wurden freigesprochrn. Am Montag stand als Angeklagter wieder ein Matrose von derPommern  " vor demselben Kriegsgericht und zwar soll die Anklage mit der vom Sonnabend im engen Zusammen- hange stehen. Dieser Angeklagte wurde wegen Aufwiegelung z u einem Jahre drei Monaten Gefängnis verurteilt. Die Ursachen der Vergehen der so hart Verurteilten müssen doch sehr heikler Natur sein, wenn ihre Bekanntwerdung die militärischen Interessen gefährden und die militärische Disziplin unterg rabenkann._ Soldatenmisthandlungen. DieKoblenzer Volkszeitung" berichtet in ihrer Nummer 409 über nicht weniger als drei Soldatenmißhandlungsprozesse aus der Garnison   Koblenz  . Das Kriegsgericht befaßte sich mit dem Sergeanten Qua de vom Trainbataillon Nr. 8 wegen vorschrifts- widriger Behandlung und Mißhandlung Untergebener. Er hat Soldaten in zwei Fällen furchtbar abgehetzt und sie dann schweiß- triefend sich in den kalten Hof stellen lassen, sodaß die Leute sich schwere Erkältungen zugezogen haben.~ Er war ferner angeklagt, sämtliche Angehörige seiner Reitabteilung vorschriftswidrig behandelt zu haben. ES hielt sehr schwer, aus den einzelnen Zeugen etwa» herauszubringen die ständige Erfahrung der Militärgerichte in Mißhandlungsprozessen. Ouade erhielt infolgedessen nur drei Tage wegen eines Falles. Bon der Anklage, einen Rittmeister durch die Behauptung, dieser habe ihn zu demschärferen Anfassen" der Soldaten veranlaßt, verleumdet zu haben, wurde er f r e i g e» s p r o ch e n. T«r Unteroffizier Mettgenberg vom Feldartillerie-Regi» ment Nr. 23 wurde wegen Mißhandlung in 11 Fällen und wegen Anstiftung zur Mißhandlung von.Rekruten durchalte Leute" in einer dunklen Stube zu vier Wochen Mittelarrest, unt> der Unter- offizier Aljier vom Jnsanterie-Regimcnt Nr. 30 wegen Miß» Handlung xipes Untergebenen zu 14 Tagen Msttelgrxejt ver- urteilt._.-------..... Belgien  . St. Hubertus und Pasteur. Mai: schreibt uns aus Brüssel  : Der Unterricht in den Neri- kalen Schulanstalten, obwohl er dem Staate schlvere Millionen koste:, genießt nicht eben hervorragenden Ruf. Die Hunderte aus allen möglichen Ländern eingewanderten Nonnen, die von der gastfreien Regierung gleich dutzendweise naturalisiert werden, besitzen entweder keine oder höchst zweifelhafteDiplome". Und wie die Lehrkräfte find die Schulbücher, deren Verfasser, natürlich Kleriker, es weniger auf wissenschaftliche Exaktheit denn auf Eintrichtern von Frömmigkeit und Kirchenglauben ankommt. Besonders der Geschichte ergeht e§ da oft übel und die historischen Tatsachen erfahren dann manche kuriose Interpretation und heitere Korrektur. Selbsttedend ist Philipp II.  , den, wie eS in einem solchen Büchlein heißt,Pro- testanten, Voltairianer, Freidenker, Liberale und ReligiöS-Jndifferente für die Revolution im 16. Jahrhundert verantwortlich machen", zu einer Art Schutzpatron Belgiens   hinaufgelobt, dieweil es ihm zu danken ist. daß Belgien   katholisch geblieben ist. Für den Moral- Unterricht istlfolgendes ebenfalls einem Lehrbuch enwommenes Ge- schichtchen typisch: Eine wohlhabende Familie ist durch FeuerS- brunst. durch Verluste von Prozessen, tödliche Krankheiten usw. zu Grunde gegangen. Warum? Weil sie einem Schützling verboten hatte, zur Messe zu gehen! Sozialisten und Liberale werden in die kindliche Denkweise als Inbegriff alles Sündhaften und Verbrecherischen eingeführt. Manchmal passieren aber auch Stückchen von charmantester Heiterkeit, die keinen Groll aufkommen lassen. In einem Schulbuch. daS einen Inspektor zum Verfasser hat, werden für gewisse Fälle medizinische Winke erteilt. Leuten, die von tollen Hunden gebissen werden, wird empfohlen, sich an den heiligen Hubertus zu wenden. Anschließend an diesen Rat folgt daS reizende Sätzchen:. Man kann auch im Institut Pasteur   geheilt werden!" Auch l I Man denke I Ist eS nicht ein hübscher Fall vonVersöhnung von Religion und Wissenschaft?' Nun erst ist der Ruf des französischen   Gelehrten fest begründet, da seiner Bedeutung sogar die Konkurrenz St. Hu» bertus nichts mehr anhaben kann! D i e s e m Schulunterricht wollen die Klerikalen mit dem Schollaertschrn Gesetz zwanzig Millionen jährlich für ewige Zeiten sicher::. ES ist. bei St. Hubertus l ein bißchen überzahlt... Snglckiid. Rückschrittlicher Liberalismus. London  , 17. Juli.  (Eig. Ber.) Die Imperialisten der englischen Hochfinanz haben in der auswärtigen Politik dieser fortgeschrittensten aller liberalen Regierungen" wieder einmal ihren Willen durchgesetzt. Lord Kitchener   ist zum Minister mit unbeschränkter Vollmacht und Generalkonsul Grotzbritannieils in Aegypten   ernannt worden. Dem Diplo» maten Gorst wird wieder ein Soldat folgen, der den Faden wieder aufnehmen wird, wo ihn der Soldat Lord Cromer  , dessen Verwaltung durch die Denschawai-Metzeleien gelem»- zeichnet wird, fallen gela feu hat.