Ein Arzt im Borortszug überfalsen. Ein unerhörter VorfallHat sich am Sonnabend nachmittag um 4 Uhr in einem Vorortszugzwischen den Stationen Friedrichshagen und Rahnsdorf-ereignet.Der praktische Arzt Dr. G. aus Friedrichshagen wurde telephonischzu einem Patienten nach Rahnsdorf berufen. Dr. G. benutzte dennächsten Zug und stieg in ein Kupee, in welchem sich vier jungeLeute im Alter von 18 bis 22 Jahren befanden. Die Burschen be-nahmen sich von Anfang an gegen den Arzt äußerst flegelhaft undhänselten den Arzt unausgesetzt. Als dieser sich schließlich energischRuhe ausbat, stürzten sich die Rowdies auf ihn, würgten ihn undschlügen mit Stöcken und Schlagringen auf den Arzt los, bis dieserblutüberströmt von der Bank stürzte. Als der Ueberfallene ver-suchte, die Notbremse zu ziehen, drohten ihm die Burschen, daß sierhu aus dem fahrenden Zuge herauswerfen würden. In Rahns-dorf erstattete Dr. G. sofort Anzeige und veranlaßtc die Festnahme.der Rowdies. Die Rohlinge wurden von dem Stationspersonalnach energischer Gegenwehr überwältigt und in den Dienstraumeingesperrt. Als sie sich unbeobachtet fühlten, erbrachen sie dasFenster und flüchteten über den Bahndamm hinweg nach dem nahenWald, wo sie leider entkamen.Großfciicr kam am Sonntngnachmittag aus noch nicht ermittelterUrsache in der Chemischen Fabrik von I. D. Riedel u. Sohn inder Wiesenstr. 62. gegenüber dem Huindoldthain, zum Ausbruch.Als die ersten Lvichzüge aus der Pankstraße dort ankamen, standschon ein Schuppen mit Schwefelkohlenstoff und anderen Chemikalienin Flammen. Diele halten bereits das Lager von Glasflaschen mitKorbgeflechten ergriffen und dadurch reiche Nahrung gesunden.Wegen der giftigen Dünste, die sich entwickelten, mußte mit Vorsichtvorgegangen werden. Der Branddirektor Reichel ließ mit zweiH-Rohren und drei E-Rohren von Dampfspritzen angreifen, dadurchgelang es, eine weitere Ausdehnung zu verhüten und schließlich denBrand zu lokalisieren. Um 9 Uhr konnte die Feuerwehr nachschwerer, mehrstündiger Arbeit wieder abrücken. Der erheblicheSchaden ist voll durch Versicherung gedeckt. Eine Betriebsstörungsoll nicht stattfinden.Auch die Borortwehren von Zeuthen, Grünau, Nieder-Schöneweide, Johannisthal, Eichwalde, Gosen, Köpenick. Müggelheim uswhatten am Sonntag fast ununlerdrochen zu tun. Sie wurden vor-mittags, mittags und nachmittags alariniert. Große Waldflächenbei Grünau, Johanuislhal, Adlershof, Gosen. Müggelheim uswstanden wiederholt in Flammen. Kaum waren diese Waldbrande an einer Stelle gelöscht, schlugen sie trotz aller Aufmerksamkeit an anderen Stellen mit noch größerer Heftigkeit empor. DichterOualm zeigte jedesmal den neuen Brandherd an. Das Publikumbeteiligte sich hier und da am Löschen. Trotzdem konnte aber nichtverhindert werden, daß viele Morgen Kiefernbestände total schwarzbrannten. Die Hitze war bei den Bränden ganz enorm und nurdurch den Wind, der die Flammen vor sich hertrieb, etwas gemildert.Erst gegen Abend konnte» die Feuerwehren abrücken.{Radrennen im Olympia-Park am 39. Juli. Die von der Di>rektion getroffene Anordnung, der herrschenden großen Hitze wegenden auf 4 Uhr angesetzten Beginn der Rennen eine Stunde spätereintreten und das Dauerreime» erst in den Abendstunden ausfahrenzu lassen, erwies sich als zweckmäßig, denn die gutbeftichten Rennenverliefen ohne Unfall. Der Große Preis von Europa(2699. 2999, 1599, 1999 und 899 M), der über 190 Kilometer führte.wurde von fünf Fahren: bestritten und brachte als Ergebnis:1. Peter Günther(Köln) in 1 Std. 17 Min 34 Sek.; 2.'Janke(Berlin) 2999 Meter; 3. R. Scheurrmann lBreSlau) 4550Meter; 4. Jules Miguel(Paris) und 5. Bruno Demke(Berlin).beide weit zurück. Bis zum 79 Kilometer lag Junke an der Spitze,dann mußte er infolge eines Reifenschadens und Motordefektes sichvor dem tapfer fahrend� Günther beugen; auch Scheuermonn fuhrgut, doch litt er gleichfalls unter Reifenschaden. Nicht besser ging eSMiguel und Denike. von denen der letztere von Anfang an weitznrückblieb. Günther und Janke fuhren auf Verlangen eine Ehren-runde.— Einige„Fliegerrennen" vervollständigten da« ProgrammHauptfahren 1299 Meter 75, 59. 49, 29 M. Nach acht Bor-und vier Zioischeuläufen: 1. Stabe in 2 Minuten 29 Sekunden,2. Peter, 3. Lorenz, 4. Finn. Arend war in seinem Vorlauf hängengeblieben.— Juli-Handicap. 699 Meter 59. 49, 39. 16 M.1. Lorenz(vom Mal) in 47 Sekunden; 2. Finn(19 Meter Vor-gäbe); 3. Stabe(Mal); 4. Großmann<5 Meter). Nicht placiert:12 Fahrer.— Prämienfahren. 4000 Meter. 40, 25. 20,19 M. 1. E h l e r t in 5 Minuten 12�/z Sekunden; 2. Ganzevoort;3. Finn; 4. Vierck. Prämien a 3 M. gewinnen Rnssow(7), Trinks(4), Packcbusch(2), RätebuS(2), Hänßler(2), Böuerle(l). Etwa69 Fahrer in einem Sauf.— Preis von Cbarlottenburg.Zweisitzerfahren. 1299 Meter. 199, 69, 59, 49 M. 1. Stabe-W e g e» e r; 2. Arend- Großmann; 3. Tadewald- Ganzevoort;4. Packebusch Finn. Die Rennen endeten erst gegen 9 Uhr in derbeginnenden Dunkelheit.Der Eispalast in der Lntherstraße hat am Sonnabend seinePforten wieder geöffnet. Dem Publikum wird allabendlich ein aus»-erleftneS Kunstlausprogramm vorgeführt. Großes Interesse erregteine Eispanlomime mit großen Balletts:„Ein Fest zu Rheins-berg' betitelt.Das AdmiralS-Bad in der Friedrichstraße ist neu erstandenAn derselbe» Stelle, an der ehemals das vielen Berlinern bekannteAdmiralSgarten-Bad sich befand, erhebt sich ein neuer Prachtbau,in dem sich eine große Eisarcna, der„AdmiralS-Palast", befindet.Außerdem beherbergt das Gebäude seit kurzem eine Lichtbildbühne.Und alS Abschluß der großarligcn Anlage ist daS Admirals-Badhinzugekommen. Ein Fahrstuhl führt die Besucher zur dritten Etage,in der über der EiSarena Badeeinrichtnngen geschaffen worden sind.die an Eleganz und Luxus kaum zu übertreffen sein dürften. TerBadebetrieb wird Tag und Nacht aufrecht erhalten werden und istfür Damen und Herren eingerichtet. Ans dem Ankleideraum ge-langt man in den Dainpfraum. wo man sich auf marmornen Ruhe-betten ausstrecken kann. Dann betritt man den Warmluft- und denHeißlnstraum. Weiter kommt man in die große Badehalle, wosich Düschen der allermodernsten Art befinden. Da gibt esKopsduschen, Mantelduschen. Handduschen und anderes mehr.Hierauf gelangt man in den Massageraum, woran sich ein ortho-pädifcher Saal mit allen erdenklichen Apparaten zur Kräftigung derMuskeln anschließt. Kurz, die Einrichtung ist auf das modernsteeingerichtet für Leute, die daö Geld und die Zeit dazu haben, ihrenKörper gesund zu erhalten, ihn zu stählen und zu kräftigen,Vorort- Nacbrlcbten.Rixdorf.In ihrem Geschäftslokal tiberfallen wurde am Sonntag die inder Thüringer Straße 29 wohnende Frau Gerth, die dort einenAlthaudel betreibt. In dem Geschäftslokal erschienen zwei jungeMänner unter dem Vorgeben, einen Hut kaufen zu wollen. Als dieFrau ihnen sagte, daß sie keine Hüte habe, erklärten sie, sie möchtendann ein Paar Strümpfe nehmen. Als Frau Gerth sie jetzt ein»treten ließ, verlangten sie ein Hemd und kauften auch eins. Dereine ging dann weg, der andere, der Größere, blieb noch, fiel nunplötzlich über Frau Gerth her, versuchte sie auf den Ladentisch zuwerfen, um sie zu vergewaltigen. Als sie sich zur Wehr setzte,drohte er ihr mit vorgehaltenem Revolver, daß er sie mit einerblauen Bohne gefügig machen werde, wenn sie so nicht wolle. Dieerst seit kurzem von schwerer Krankheit genesene Frau war zu Tooeerschrocken und nicht sähig, um Hilfe zu rufen. Der Kerl drängtesie nach der Küche hinein, ließ aber jetzt von ihr ab, als er sah, daßdas Fenster aufstand., Er nahm jetzt drei Hemden vom Ladentischund ging davon. In diesem Augenblick kam ein Hausbewohner dieTreppe herunter, sah die Frau weinend dastehen und fragte, wasihr fehle. Bevor sie noch zu Worte kam, rief der Kerl, den Ladenverlassend, zurück:„Die Frau ist sehr krank, die lassen sie nur zu.frieden. Dann verschwand er. Der Uebeltäter, der noch nicht er-Mittelt werden konnte, ist 1,75 Neter groß und schlank, hat dunklesHaar und Schnurrbart und braune Augen, und trug einen dunklenJakettanzug ohne Weste, ein gestreiftes Sporthemd und einenschwarzen steifen Hut.Bei der Arbeit von ausströmendem Leuchtgas betäubt wurdengestern, Montag nachmittag, in Rixdorf vor dem Hause EmserStraße 17 der 42 Jahre alte Rohrleger Friedrich Glasow aus derMainzer Straße 3 und der 29jährige Lehrling Wilhelm Mente vonder städtischen Gasanstalt. Beide waren in einer tiefen Baugrubemit dem Verlegen einer Hauptrohrleitung beschäftigt, als sie Plötz-lich fast gleichmäßig ohnmächtig umsanken. Zum Glück war derVorgang von einem außerhalb der Grube arbeitenden Kollegenbeobachtet worden. Maurer von einem nahen Neubau halfen demManne bei der Bergung der in eine tiefe Betäubung verfallenenRohrleger. Auf die sofortige Meldung bei der Feuerwehr und Un-fallstation erschien die erstere mit dem Sauerstoffapparat, und esgelang, die Verunglückten nach längeren Bemühungen ins Lebenzurückzurufen. Beide vermochten sich in Begleitung von Kollegenin ärztliche Behandlung zu begeben. Der Unglücksfall ist einervorübergehenden Undichtigkeit zuzuschreiben.Charlottenburg.Verein Arbeiter-Jugendheim. Am Freitag, den 4. August, abends8'/° Uhr, findet im lleinen Saale des Volkshauses eine Mitglieder-Versammlung statt. Mitgliedskarte legitimiert.Weiftensee.Aus der Gcmeindevertretiing. Trotz der Gluthitze merkt mannichts von Ferien in der kommunalen Tätigkeit, verschiedenen Kam-miisionssitzungen bis in den späten Abend folgt dann eine Gemeinde-vertrelersitznng. die allerdings nur dadurch beschlußfähig wird, daßdie Plätze der Vertreter der dritten Abteilung alle besetzt sind. Inden Reihen der bürgerlichen Vertreter sieht man manche Lücke, aufder Tribüne höchstens ein Interessent, der dann auch verschwindet,wenn„seine Sache" erledigt ist. Nur wenn der Bürger-meister aus Urlaub ist, dann haben gewöhnlich auch dieGemeindevertreter Ruhe; so wird es überall sein, wodie Gemeindeporlamenre noch ohne Geschäftsordnung sind.—Die letzte Sitzung beschäftigte sich mit verschiedenen Etatüber-ickreitungen auS dem Jahre 1910, so ist der Tiefbauetat um5667,28 M. und der Armenetat um 29 166,79 M. überschritten,welche Summen nachbewilligt wurden. Verschiedene Kommissionenwurden neugebildet. Dem Kuratorium für daS Säuglingskrankenhaus gehören die Genossen Fuhrmann und Penkert an, derKommisston zur Errichtung eines Krematoriums die GenossenFrentz und Seifert. Ferner wurde eine Kommission gebildetzur Bildung eines Hypothekenfonds für Grundstücksbeleihungen,der der Genosse Frentz angehört. Die Rieselfeldtommissionwurde durch den Genoffen Seifert verstärkt.— Für denAnschluß der alten Schule in der Falkenberger Straße an dieKanalisation und Wasserleitung mußten 3999 M. bewilligt werden.In den Parkanlagen des Säuglingskrankenhauses soll ein Monumentaus Bronzegnß aufgestellt werden, welches eine Mutter mit zweiSäuglingen darstellt, hierzu wurde eine Summe von 4999 M. be-willigt. Den Teilnehmern am dritten internationalen Kongreß fürSäuglingsschutz, die progrommniäßig das diesige Säuglingskranken-haus besuchen, soll in der Turnhalle ein Frühstück vorgesetzt werde»,wozu 1999 M. bewilligt wurden. Sonderbarerweise wurde dieserAntrag des GemeindevorftandeS ohne Debatte angenommen, vielleichtwaren die Herren der Meinung, daß sie �an diesem Früdstückteilnehmen dürfen. Zum Brandenburgischen Slädtetage in Ebers-walde wurde der Bürgermeister Dr. Woelck delegiert.Britz.Aus der Gemeindevcrtreter-Sitzung. Vor Eintritt in dieTagesordnung hielt Herr Schlegel ein Referat über die demnächstauszuführenden Pläne der Bangenossenschaft„Ideal".— DieChaussecstratze nach Buckow soll ausgebaut werden. Die GemeindeBuckow hat sich bereit erklärt, die Straßenbahnschicnen auf ihreKosten zu verlegen. So wird demnächst auch diese Gemeinde demVerkehr mit Groß-Berlin erschlossen.— Dem Ausbau der RudowerChaussee nach dem Rixdorfer Krankenhause stehen noch Hindernisseim Wege.— Die Ausführung eines neuen Schulhausprojekts wurdegenehmigt.— Bei der Wahl von zwei Waisenräten frug unserVertreter, Genosse Schliebitz, an, ob es statthast sei, daß derWaisenrat in einem anderen Bezirk wohne. Die Frage wurdebejaht, worauf der Antrag gestellt wurde, den Gastwirt Harthmann,Germania-Promenade, zu wählen. Taraufhin wurde nun vongegnerischer Seite betont, daß es doch besser sei, wenn der Waisen-rat in seinem Bezirk wohnt. Der Vorschlag der Kommission wurdegegen die Stimmen unserer vier Vertreter angenommen.— EinLegat von 2999 M., deren Zinsen für die Armen der Britzer Ge-meinde verwendet werden sollen, ist von dem verstorbenen HerrnKörner vermacht worden. Herr Körner läßt somit einen Bruchteilder Millionen, welche er aus den Kiesgruben herausgewirtschaftcthat. den Armen zukommen.— Im allgemeinen wurde keine Dis-kussion beliebt, weil fast alle Punkte der Tagesordnung vorher inden Kommissionen beraten wurden. Es wäre jedoch zu wünschen,wenn in Zukunft mehr in öffentlicher Sitzung beraten würde, txnnitdie Oefscntlichkeit einen Einblick in die Arbeiten der Gemeinde»Vertreter gewinnt.Ober-Schönewetde.Hygienische Mißstände. Ein Leserin schreibt unS:.Ich gingFreitag, den 28. d. M, nach dem Markt Wilbelminenhof- Straße.Als ich wohl ungefähr die Mitte der Goethestraße mit dem Kinder-wagen passiere, bemerke ich einen Trupp Kinder, wohl annäherndzehn bis zwölf jeden Alters, welche einen Plan Hochhobe» und sichein darunter liegendes gestürztes, totes Pfird besahen, und wie un-erfahrene, dumme Kinder sind, auch daS Maul des Tieres anfaßten.Es lag auf Stroh gebettet auf dem Fahrdamm am Rande des Fuß-Weges, Fliegen und Ungeziefer waren in Menge um da» Tier. daS'chon einen üblen Geruch von sich gab. Die Füße des TiereS mitdem Eisen sahen unter der Leinewanddecke hervor. E» war vor-mittags 19 Uhr. Die Sonne brannte glühend heiß darauf. Mirwird unheimlich, wenn ich noch an den Weg. die brennende Hitzeund daS Tier mir den Fliegen denke. Als ich mit dem Glocken-schlag 11 Uhr zurückkehrte, lag das Tier noch da. Erwachsene,welche von und nach dem Markte gingen, schimpften über dieseBummelei.„So ein Zustand",„ob Ober-Schöneweide denn keineAbdeckerei habe." Ich wehrte die Kinder, daS tote Tier doch nichtanzuf-iffen.„Wir müssen eS uns doch ansehen," war die Antwort.Ich erklärte den Kindern, sich die Hände gut zu desinfizieren undnicht etwa von Mutter zu Ham'e eine Stulle zu verlangen und mitden Händen zu essen, dadurch könnten Krankheiten aller Art ent-'tehcn. Einige sagten, das Tier sei schon om Abend vorher amHitzschlag gefallen und sei nun bis an diese Stelle geschleift wo eSliege, es hätte erst weiter unten gelegen. Gern hätte ich mich nochüberzeugt, wann die Tierleiche endlich abgeholt wurde, aber mitmeinem kleinen Kinde konnte ich nachmittags nicht weg. In dieserWeise wird also JnfektionSkrankhelten vorgebeugt. Bürstet man sichauf dem Balkon ein Kleid, oder bürstet man ein Bett, so wird dieserFrevel mit Geld geahndet, weil die Luft stark verunreinigt wird,aber solch ein Tier, welche» bei der jetzigen Temperatur schleunigstin Verwesung übergeht, bleibt viele Stunden auf der Straße liegen.Zossen.Ein bedauernswerter Unglücksfall ereignete sich am Sonnabendabend in der Schulzeschen Badeanstalt. Ter 21jährige Tischler Jo-Hannes Bräuer wollte beim Baden ein Gerüst erklettern, rutschtedabei aus und fiel mit der linken Brustsrite so unglücklich auf eineeiserne Zaunspitze, daß ihm dieselbe in den Körper eindrang unddie Lunge durchbohrte. Nachdem ein schnell hinzugcrufener Arzteinen Notverband angelegt hatte, wurde der Verletzte in bedenk»lichm Zustande ins hiesige Kreiskrankenhaus eingeliefert.Bei dieser Gelegenheit muß bemerkt werden, daß sich hier amOrte wohl ein vom Kreise Teltow stationierter Krankentransport»wagen befindet, daß aber ein Schwerverletzter nicht sachgemäß ge»bettet und verladen werden sann, da dem Wagen eine sundige Be-gleitung fehlt. Nur unier fürchterlichen Qualen wird der Verletzt«auf den Wagen gebracht.Auch die Badeverhältnisse am hiesigen Ort fordern zu einerKritik heraus. So hat z. B. die Aussicht bei dem städtischen Frei-bad ein alter invalider Asthmatiker, welcher nicht in der Lage ist,bei einem Unglücksfalle sachgemäß einzugreifen. Es ist denn auchfast als ein Wunder zu bezeichnen, daß vor längerer Zeit einZigarrenmacher von anderen Badenden vom Ertrinken gerettetwerden konnte, nachdem vorher vergeblich versucht worden war, den-selben mit einer Harke herauszuziehen, und voriges Jahr gelang eszufällig in der Nähe befindlichen Bootsleuten, ein Kind mit Boots-haken aus dem Wasser zu holen. Irgendwelche RettungSmittel sindnicht vorhanden.Die Schulzesche Badeanstalt befindet sich ebenfalls in einemziemlich zerfallenen Zustande, und man muß sich fragen, ob denndie Polizei überhaupt eine Kontrolle ausübt. Aber dazu wird sieschwerlich Zeit haben, da jeder Handwerksbursche, welcher dasWeichbild der Stadt Zossen betritt, streng ins Auge genommenwird, damit er nur ja beim Fechten erwischt wird, und unser Stadt-oberhaupt ist so mit allen möglichen Aemtern beladen, daß er sichunmöglich um alles kümmern kann. Er ist nämlich nicht bloßBürgermeister von Zossen, sondern auch Amtsanwalt, Notteschau-direktor, Amtsvorsteher und Vorsitzender verschiedener Vereme.Wegen einer ordnungsgemäßen Badeanstalt sind schon mehr-fach Gesuche an die städtischen Körperschaften gerichtet worden,auch unsere früheren Genossen im Stadtparlament haben eifrigdiese Sache verfochten. Da wurde aber von feiten einzelner Bürger-licher, welche wahrscheinlich eine Badeeinrichtung im Hause haben,erklärt, die Zossener Arbeiterschaft fühle ja gar kein Bedürfnis zumBaden. Wie tief die Arbeiter dabei eingeschätzt wurden, beweist diestarke Inanspruchnahme der Schulzeschen Badeanstalt, seit sich derjetzige Pächter in anerkennenswerter Weise bereit erklart hat, fürMitglieder der Krankenkasse„Aeskulap" und deren Angehörigenermäßigte Preise zu gewähren.Es liegt nun mit an der Zossener Arbeiterschaft, daß sie beiden nächsten Stadtverordnetenwahlen für sich einige Mandate er-ringt. Vielleicht wird es dann möglich, eine Reihe Mißstände inunserem Gemeindewesen zu beseitigen.Sericbts- Leitung.Ein vereiteltes Rcvolverattentatführte gestern das Dienstmädchen Wilhelmine Nickel, welches, wieunseren Lesern erinnerlich, nach der Verhandlung einen Selbst-Mordversuch verübte, vor die 5. Ferienstrafkammer des Land-gerichts l.Die schon mehrfach, zuletzt mit einem Jahre Gefängnis, wegenDiebstahls vorbestrafte Angeklagte hatte sich bor einigen Monatenvor der 7. Strafkammer deS Landgerichts I wegen Rückfalldieb-stahls, begangen gegen, ihre eigene Schwester, zu verantworten.Während der Verhandlung wurde bekannt, daß die Angeklagte, dieübrigens in der Sache selbst freigesprochen wurde, einen Revolverbei sich trage in der Abficht, ihre Schwester zu erschießen. Durch dieGeistesgegenwart und das schnell entschlossene Handeln des Ge-richtsdieners Gehrke wurde das geplante Attentat jedoch noch imletzten Augenblick vereitelt. Als ihr der Gerichtsdiener die Waffeentwinden wollte, leistete sie heftigen Widerstand.Das Schöffengericht verurteilte sie wegen diese? Vorfall? zu6 Wochen Gefängnis und zu 39 M. Geldstrafe wegen unerlaubtenWaffentragens. Gegen dieses Urteil legte die Angeklagte Berufungein. In der gestrigen Verhandlung trug die Angeklagte ein eigen-tümlich aufgeregtes Wesen zur Schau. Die gütlichen Vorhaltungendes Vorsitzenden erwiderte sie mit dreisten Redensarten. Als sichdas Gericht zur Beratung zurückzog, lief die Angeklagte durch diehinter der Anklagebank befindliche Tür in den zum Gefängnis füh-renden Gang. Da sie sich weigerte, wieder in den Sitzungssaalzurückzukommen, mußte sie mit Gewalt zurückgeholt werden. NachVerkündung des Urteils, durch welches die Berufung verworfenwurde, erklärte die Angeklagte, daß sie das Gericht nicht verlassenwerde, da sie ihre Stelle aufgegeben und nun keine Unterkunft habe.Von dem Vorsitzenden wurde ihr mitgeteilt, daß sie sich im Gesang-nis zum sofortigen Strafantritt melden solle. Sie verließ schließ-lich die Anklagebank mit den Worten:„Die Strafe mache ich nichtab!" Wie spater festgestellt wurde, versetzte die Angeklagte gleichnach der Verhandlung in einer Pfandleihe in der WilSnacker Straßeihre Uhr und kaufte sich von dem Erlöse einen Revolver und einenBlumenstrauß. Sie begab sich dann in das Gerichtsgebäude zurück.wo sie aus dem aushängenden Terminszettel ihren Namen heraus-riß. Hierauf jagte sie sich auf der Toilette eine Kugel in die rechteBrustseite, welche die Lunge durchbohrte. Trotz der schweren Ver-lehung gab sie dann noch auf einen Schutzmann, der zuerst die Toi-lette betrat, zwei Schüsse ab, die, wie die Kugelspuren zeigen, dichtan dem Kopfe des Beamten vorbeigingen. Von der im Gerichts-gebäude befindlichen Unfallstation wurde die N. dann nach demMoabiter Untersuchungsgefängnis geschafft.73iis aller Sielt.Die Ritze und ihre folgen.Noch immer laufen unzählige Nachrichten ein über hohe.Temperaturen, Unglücksfälle und wirtschaftliche Schädigungen.deren ganzer Umfang sich wohl erst im Herbst und Winterübersehen läßt. Aus verschiedenen Gegenden wird aber jetztschon gemeldet, daß die Ob st ernte als vernichtetanzusehen ist, und selbst in so fruchtbaren Landstrichen wie denWeichselniederungen sind die Viehweiden ver-dorrt, so daß die Landwirte ihr Vieh gegenwärtig schon mitden für den Winter geernteten Vorräten füttern müssen.Die Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrts-Gesell-s ch a f t sieht sich— nachdem der Dresdener Pegel infolgeder anhaltenden Trockenheit Montagvormittag einen Elbe-Wasserstand von Minus 226 Zentimeter aufwies— genötigt,mit dem heutigen Tage den gesamten Betrieb auf der StreckeLeitmeritz— Dresden— Mühlberg einzustellen. Lediglichauf der Strecke Pillnitz— Dresden will man versuchen, mitganz flach gehenden Fahrzeugen den Verkehr teilweise aufrechtzu erhalten.Frankfurt a. M. Auf offener Straße find gestern fünfFälle an Hitzschlag vorgekommen.Dir ich au. Beim Baden in der Weichsel find gestem inder Nähe von Gerdin ein Unterschweizer auS Marienburg und einErntearbeiter aus Gerdin ertrunken.Thorn. Nachdem erst am Freitag drei Personen in derWeichsel beim Baden an der Sandbank, wo sich zurzeit ein regesStrandleben entfaltet, ertrunken sind, sind am Sonntagnach«mittag dort weitere drei Personen ertrunken.Greiz. Die einzige hier bestehende Schwimmanstalt bat ge-schlössen werden müssen, da daö Elsterflußwasser durch die infolgeder Hitze eingegangenen, nach Tausenden zählenden totenFische«inen pestilenzartigen Geruch verbreitet und alsverseucht angesehen werden muß.K o b u r g. Auf dem Bahnhos Steinach erlitt gestern ein Mädcheneinen Hitzschlag. Die Händlersfrau Sauerteig au» Sonnebergwollte dem Kinde Hilfe bringen, wurde dabei aber vom Zug« er-faßt und getötet.Bechtheim(Rheinhessen). Hier waren ewig« Arbeiter aufeinem Hause damit beschäftigt, einen Blitzableiter für die elektrischeUcberlandzentrale aufzurichren, als ein Blitzstrahl zwei Arbeitertraf. Der eine war sofort tot. Der andere ist gelähmt undschwer verbrannt. Die übrigen blieben unverletzt.W i l d e n t a l bei Eibenstock. Ein schweres Unglück m-folge Blitzschlages ereignete sich m der Abteilung 32 desAuerberger Stadtforstes. Dort hatte sich eine Anzahl Waldarbeiter