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Im Distrikt Eilbeck berkrai Wenosss Metz'gtr. Verlreler beZ Wahlkreises im Reichstage, die Meinung, man solle die sogenannten Fortschrittlcr, weil unsichere Kantonisten, bei den Stichwahlen ihrem Schicksale überlassen. Um die Schlagfcrtigleit der Partei, die in de» letzten Jahren gelitten, auf die Hohe zu bringen, emp- fehle sich die Einsetzung eines besoldeten Vorsitzenden. Redner bedauerte, daß der Fraktionsbericht noch nicht er- schienen ist. Wäre dies der Fall gewesen, dann würden sich viele Genossen die Stellungnahme der Fraktion zur Neichsversicherungs- ordnung und zur Verfassung von Elsaß-Lothringen erklären können und manche Diskussion� hierüber wäre überflüssig. Gegen die Anregung des Genossen«choerten, über die Frage der Taktik bei den Reichstagswahlcn in einer geschlossenen Parteitags- sitzung zu verhandeln, wendete sich Genosse Metzger, der von dem bisherigen Brauch nicht abgewichen wissen will. Fragen wie die der Siichwahlen müßten dem Parteivorstande zur Erlvägung oder zur Ausführung überwiesen werden. Im Distrikt U h l c n- hör st kritisierte Genosse H o f f m a n n das Verhalten von Gc- nossen, die gegen den Nürnberger Parteitagsbeschluß, betreffend die Abführung des TagelohneS in den Maifeierfonds, verstoßen haben und erklärte sich gegen die von Leipzig beantragte Aenderung dieses Beschlusses. In« Distrikt Barmbeck wünschte Genosse Biedermann, daß der Parteitag von der Fraktion Aufklärung verlangt, ob an dem Verschlafen der«Lex Wagner" durch den ganzen Reichstag auch unsere Abgeordneten beteiligt seien. Genosse H e n s e. Gewerkschaftssekretär, vermißt die agitatorische Aus- schlachtung deS Maroktorummels; man hätte sicher volle Versamm- Jungen bekommen. Es gelangten diese Anträge zur Annahme: 1. Wir ersuchen den Parteivorstand, seinen Einfluß auf den .,Vorwärts"-Berlag und die übrigen Partewerlage dahin geltend zu machen, daß den BildungSausschüssen für Unterhaltungs­zwecke die Verlagsschriften mit einem möglichst hohen Rabatt ge- liefert werden, ähnlich wie der Verlag Dietz in Stuttgart seine Schriften mit 60 Proz. abgibt. L. Wir ersuchen den Partcivorstand, die Parteivorlage da- hin zu beeinflussen, daß eine Sammlung billiger Monographien ouZ den Gesellschaftswissenschaften herausgegeben werde, ähnlich der Sammlung Göschen,Auö Natur und GeisteSwelt".Wissen­schaft und Bildung". Im Distrikt Eimsbüttel führte der Landessekretär Stubbe u. a. aus: Beim PunktNeichstagswahlen" wird der Parteitag manche wichtige Frage zu besprechen haben. Die Partei wird die Aufgabe haben, alle verfügbaren Agitationskräfte festzu- stellen, um ste zu jeder Zeit und Stunde den verschiedenen Wahl- kreisen zuzuteilen. Auch würde es vielleicht ratsam sein, in einer geschlossenen Sitzung zur ReichStagßwahl Stellung zu nehmen, wenn auch die Gegner darüber spektakeln würden. Es würde wohl noch richtiger sein, wenn später eine vertrauliche Sitzung der Agitationsleiter stattfinden würde, um über die Wahlagitation nähere Aussprache stattfinden zu lassen. Es sei zu verurteilen, daß bei der Beratung der Strafgesetznovclle, namentlich bei der Abstimmung des PreßknebelungSparagraphen lBeleidigung durch die Presse) ein Teil unserer Genossen fehlten. Den Abgeordneten müsse gesagt werden, daß sie ihre Pflicht zu er- füllen hätten. Was das Bildungswesen anlangt, so mutz über die Parteischule geredet werden. Wir Hamburger haben bis- lang wenig Nutzen von derselben gehabt. Auch die Besetzung der Vorstandsämter müsse einer Aenderung unterzogen werden. Eine so große Partei, wie die unsrige, müsse einen Vorsitzenden haben, der im Parteibureau tätig sei. Auch müsse der Vorstand durch mehrere Sekretäre ergänzt werden, zumal viele jetzige Vorstands- Mitglieder durch Reichstags- und Stadtverordnetenmandate zu sehr in Anspruch genommen würden. Ein Antrag Dreher der- langte«ine Abänderung de? Nürnberger Beschlusses betreffs Ab- führung des TageSlohncs, der aber gegen zwei Stimmen abgelehnt wurde. » Die Kreiskonferenz für den ersten braun- schweigischen Wahlkreis fand am Sonntag in Braun- schweig statt. Das verflossene Geschäftsjahr stand im Zeichen des Wahlrechtskampfes um den braunschweigischen Landtag. Der Wahlrechtskampf wurde in Versammlungen und in Straßenkundgebungen geführt. Auch gegen die Rcichsver- slcherungsordnung wurde in mehreren Versammlungen Stellung genommen. An dem Maiausflug nahmen 5000 Personen teil. Aus diesem Grunde wurden 2000 Metallarbeiter eine Woche lang ausgesperrt. Am Schlüsse des Geschäftsjahres hatte die Kreisorgamsation 9946 Mitglieder, darunter 1667 weibliche. Braunschwcig allein hat 6793 männliche und 1398 weibliche Mit- glieder. Die Zahl derVolksfreund"-Leser beträgt rund 19 000 im Kreise. DieNeue Zeit" wird in 100 Exemplaren gelesen. Von derGleichheit" werden 3V0 Exemplare in der Stadt Braunschweig verbreitet, derWahre Jakob" in LSVg Exemplaren. Für die Landbevölkerung wird eine besondere Zeitung,Empor", gedruckt, die allmonatlich erscheint und in den letzten Monaten in einer Auflage von 9000 verbreitet wurde. Flugblätter wurden im ganzen zu den verschiedensten Fragen(Wahlrechtlkampf, Moabit , Eiemeinderatswahlen, Reichsversicherungsordnung) etwa 120000 Exemplare verbreitet. Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder be- trägt im Kreise 59; davon haben 24 Landgemeinden 48 Vertreter. In Braunschweig zählt die Fraktion 8 Mitglieder. Eine sozialistische Mehrheit ist trotz der Dreiklassenwahl in dem kleinen Harzurt Zorge vorhanden(v: 4). Durch Polizei und Staatsanwalt hat die hiesige Arbeiterbewegung ungeheuer viel zu leiden. Die Urteile der Roßmann-Kammer über die Redakteure desVolksfreund" sind bekannt. Reichs tagskandidat für den KreiS ist der Genosse Schriftsteller Wilhelm Blos -Sluttgart. Die sozialdemokratische Partei im Großher- z o g t u m Hessen hat sich nach dem Bericht des Landessekrctärs. Genossen Orb- Offenbach, im abgelaufenen Geschäftsjahr sehr gut entwickelt. Die Zahl der Parteimitglieder beträgt 19 893(darunter 1520 weibliche), der Abonnentenstand der Parteipresse hat sich von 25 464 auf 3l 150 gesteigert. Die Zabl der verkauften Marken (Preis mindesten, 15 Pf.) ist von 304 340 auf 355 000, also um zirka 50 000 gestiegen. Die Zahl der Organisationen hat sich von 203 auf 239 vermehrt. Die im abgelaufenen Berichtsjahr statt- gehabten Kommunalwahlen waren so erfolgreich, daß die Zahl der sozialdemokratischen Gemeindevertreter von 305 in 94 Orten auf 486 in 156 Orten anwuchs. In 250 Orten sind die Parteigenossen mit eigenen Kandidaten in den Kommunalwahlkampf eingetreten. Oeffentliche Versammlungen fanden insgesamt 858 statt, und 29 verschiedene Flugblätter wurden in 386 760 Exemplaren ins Land getragen. Auch die BildungSbestrebungen haben sich erfreulich weiter entwickelt, es bestehen im Lande 27 Bildungsausschüsse und 22 In- gendausschüssc. Die Partei in Hessen kann also guten Mutes den ihr bevorstehenden heißen Wahltämpfcn entgegensehen. Die Land- tagswahl, die zum ersten Male unter dem neuen direkten, aber durch Kautelen aller Art verschlechterten Wahlrecht vor sich geht, findet am 3. November statt. Die Landeskonferenz der sozialdemokrali- schen Partei tagt am 26. und 27. August in Worms . Der Sozialdemokratische Verein für den Wahl. kreis Nürnberg-Altdorf hat soeben seinen gedruckten Jahresbericht herausgegeben, der wiederum ein erfreuliches Bild über die EntWickelung der Parteiorganisation gibt. Während am Schlüsse des letzten Geschäftsjahres 15 809 Mitglieder gezahlt wur- den, beträgt die Mitgliederzahl nunmehr 18 440. hat also um 2631 zugenommen. Die Zahl der weiblichen Mitglieder beträgt 1470, welche in obiger Gesamtzahl enthalten sind. Betträge wurden ae- leistet: 177 855 männliche und 13 952 weibliche, insgesamt also 191 807 Beiträge, gegen 175 097 im Vorjahr. Der Monatsbeitrag beträgt 35 Pf. für männliche und 25 Ps. für weibliche Mitglieder. Ter Kassenbericht schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 86 679.94 M., einschließlich eines Bestände« von 29 719,06 M. Ab. geliefert wurden an die einzelnen Parteiinstanzen: Parteivorstand 18 147,45 M,, Gaukasse 10116,15 M., LandeSkasse 3 836,14 M,. in Summa 27 099,74 M. Tie VersarnmlungStätigkeik kvar eine sehr rege. Insgesamt haben 328 Volts- und Bczirksversammlungen stattgefunden. Zur Verteilung gelangten 120 000 Flugblätter und 36 000 Broschüren. Die Parteipresse, dieFränkische Tagespost", wird im Wahlkreise in 22 000 Exemplaren gelesen. Abonnenten derNeuen Zeit" sind 180, derGleichheit" 110, desWahren Salub" 2400 vorhanden. An Kalendern wurden abgesetztNeuer Weltialender" 2500,Armer Konrad" 7100 Stück. Zur Erledigung der Vcrwaltungsgeschäfte haben stattgesunden: 11 Vorstandssitzun- gc», 8 Ausschußsitzungea, eine lombinierte Sitzung des Vorstandes mit der Preßkommission, sowie eine kombinierte Sitzung des Por- >eiauö>chusscs mit den Delegierten der Vereinigten Gewerkschaften. Generalversammlungen machten sich 10 notwendig. Vorstehende Zahlen gewinnen an Interesse, wenn man einige Zahlen aus früheren Jahren gegenüber stellt,«-o betrug z. B. die Mitgliederzahl im Jahre 1902 insgesamt 5006, 1906 vor der Auf- lösung des Reichstages 8073. Di« Mitgliederzahl hat sich also innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren mehr wie verdoppelt innerhalb 9 Jahren mehr wie verdreifacht. Eue Induftnc und Ftandet Das M. d. R. als Aufsichtsratsmitglied. Beinahe komisch mutet eZ an: der Antisemit und Reichstags- abgeordnete Raab stürmt»nd verlangt Opfer, und das Opfer ist der nationalliberale.Voltsvertreter" Stresemann . Dem neuesten Aufsichtsratsskandal liegt folgendes zugrunde: Haben da etliche Leute 50 000 M. zusammengeschossen und eine Mäste- und Hebezeuggesellschaft G. m. b. H. gegründet. Aber sie wollen höher hinaus, eine Aktiengesellschaft mit 2Vz Millionen Mark erstehen lassen. Bei Gründungen, die in irgend einer Hinsicht fragwürdig sind, ist die B i l d u» g d e S A u f f i ch t S r a t e» die Hauptsache. Das AufsichtSratSratSsYstem zeichnet sich dadurch auS. daß es in seiner heutigen Form so gut wie be- deutungslos, also überflüssig ist. Trotzdem sind an Tantiemen für solche Posten im Jahre 1910 über 60 Millionen Mark ausgegeben worden. Die Mäste- und Hedezengfabrik Akt.- Ges.. Komet" nennt sie sich, spekuliert nun darauf, recht viele M. d. R. In ihren Aufsichtsrat zu bekommen, indem sie einfach ein Zirkular an die in Frage kommendenVolksvertreter" schickt. DaS zeugt von tüchtigem Geschäftssinn. ES wird nämlich damit gerechnet, daß die Militärbehörde Abnehmerin ihrer Mäste wird. Die Gesell- schaftSleitung rechnet ihren zukünftigen M. d. R.-AufstchtSräten vor, daß die Unkosten pro Mast 300750 M. ausmachen, der zu zahlende Preis aber immer 9002500 M. betragen soll. Also ein feines Geschäft, rund 200 Proz. Rohgewinn in jedem Falle! Die ganze bürgerliche Handelspresse, mit Einschluß deS.Ber- liner Tageblatt»»", schimpft über diese gefährliche Engagierung von Volksvertretern für ein Geschäft, bei dem eventuell EtaatSaufträge in Betracht kommen. Warum so zimperlich l Haben wir nicht unter den M. d. R. Leute, die die Aufsichtsratsmandate dutzendweise besitzen? Fragt doch den Paasche, oder den Liebert usw., wieviel Gesellschaften sie.beaufsichtigen' helfen. Oder hat man ganz vergessen, wie die SpirituSzentrale ihren Direktor Kreth bei den Beratungen de, BranntweinsteuergesetzeS so gut verwertet«? Also nur nicht so schüchtern! Politik und Geschäft ist im Deutschen Reichstage schon so oft verknüpft gewesen, ist es heute noch, und wird es vorläufig wohl auch noch bleiben, daß eS sich wirklich nicht lohnt, wegen einiger M. d. R.-Aussichtsräte bei einer anrüchigen Sache Zeter und Mordio zu schreien. Warum soll gerade bei solchen Herren, bei denen da» ganze RcichStagSmandat im Grunde genommen nichts weiter ist als ein Geschäft, der private Nebenverdienst ausgeschlossen sein? DieS wird erst anders, wenn auch auS dem Deutschen Reichstage eine wirlliche und unabhängige Volksvertretung geworden ist. Die Zuverlässigkeit der AusienhandelSstatistik. Etwa» besser ist eS ja in der letzten Zeit mit der deutschen Außenhandelsstatistik geworden. Aber die berechtigten Wünsche nach Genauigkeit sind leider noch immer nicht erfüllt. Bis vor noch nicht allzulange gab eS«ine spezifizierte Werlstatistik de» deutschen Außenhandels überhaupt nicht. DaS ist jetzt allerdings anders ge- worden, seitdem allmonatlich Spezialhandcltabellen veröffentlicht werden, in denen mpn wenigstens einige Positionen dem Werte nach angibt. Die.LierteljahrSheft« zur Statistik de« Deutschen Reiche«' und die.Monatlichen Nachweise über den auswärtigen Handel Deutschland, " genügen auch»och lange nicht, besonders wa» die VergleichSzissern angeht. ES ist jedenfalls durchaus unberechtigt, nach einem Plus oder Minus der Außeiihandelsstaüstik gleich die Koujunlmr beurteilen zu wollen. Denn wenn auch der Gesamtwert einer Position angegeben wird, so fehlen doch immer noch die Exportpreift- au« deuen mau erst den richtigen Schluß auf die Gestaliung der Wirtschaftslage ziehen kann. Die Veröffentlichung der Ein- und AuSfuhrziffern einiger wich- tiger Waren, wie sie allmonatlich im.Deutschen ReichSauzeiger" er- scheinen, ist, weil dort nur die Quantität angegeben wird, von keine>u besonderen Werte. Man lann weiter nichts machen, als da« Mehr oder Weniger in den«in- oder ausgeführten Mengen zu registrieren. ohne auch nur eine Ahnung zu haben, ob damit ein Vorteil oder ein Nachteil für die betreffenden Exportindustrien verbunden ist. Hinzu kommt, daß die Ziffern noch nicht einmal immer zuverlässig find, weil keine einheitliche Organisation besteht und man vor allen Dingen eine Reibe von Ländern auS der Betrachtung ausschließt, die als Durchgangsländer zu berücksichtigen wären. So geht zum Beispiel eine große Menge von Waren, die für Deutschland bestimmt find, durch Belgien und durch die Niederlande, ohne daß die deutsch ««ußenbandelSstaiistit davon Notiz nimmt. Such müßte berücksichtigt werden, daß die OuantitätSbcrechnungen bei verschiedenen Ländern verschieden sind, woraus sich erst erklärt, weshalb manchmal die deutsche Export- statistik nach den Vereinigten Staaten mit der amerikanischen Import- statistik aus Deutschland absolut nicht übereinstimmt. Auch kann man auS der Statistik natürlich die Motive de» Export« oder de« Imports ganz und gar nicht erkennen. E« ist zum Beispiel sehr leicht denkbar, daß der Deutsche Stahlwerlsverband in einem Monat die Ausfuhr sehr forciert, weil die WeltmarkiSkonkurrenz ihn zu schädigen broht oder weil im Inneren die Konjunktur so schlecht«st, daß er den ver- tust durch eine verstärkte Ausiuhr wieder ersetze» muß. Die Börsen lassen sich aber in solchen Fällen leicht von den Ziffern blenden. ohne zu bedenken, doß die Ausfuhr nur der Teil eines Ganzen ist und daß man Konjunktururteile nicht fällen kann, wenn man die Gründe nicht kennt. Ei» anderer Fall ist zum Beispiel der. daß die Ausfuhr einer unserer Industrien nach einem Lande plötzlich außerordentlich steigt, weil diese Industrie sich eine neue Absatzgelegenheit suchen muß. So war eS zum Beispiel mit der Deutschen Porzellanindustrie, deren Exportansfall im Verkehr nur den Vereinigten Staaten die Gesellschaften zwang, sich nach andere» Ablatzgegenden umzusehen. Auch gibt die Außenhandelsstatistik insofern ein ganz falsches Bild, als darin der finanzielle Verkehr nicht berücksichtigt wird. Wenn die Einfuhr eines Landes einmal gegen die Ausfuhr zurückbleibt, so kann die Zahlungsbilanz in der Zeit sich doch sehr günstig gestaltet haben. Es ist daher ganz und gar verfehlt, auf Grund derartiger AußenhandelSrückgänge zu behaupten, die Konkurrenzposition eine« Landes innerhalb der Weltwirtschaft sei ungünstiger geworden. Man sieht, die Aufstellung einer zuverlässigen AußenhandelSstatistil ist nicht so einfach, wie die Zahlen uuS glauben machen wollen. Mit der Statistik ist es überhaupt so eine eigene Sache. Herr Adam Riese wird manchmal sehr klein, wenn man hinter die Kulissen sieht. Soziales. Sonntagsarbeit für Schauspielek. Für Schauspieler, Solo- und Chorsänger gibt e« keinen freien Sonntagvormittag. Daß dies Rechtens und ein Abzug von je 5 M. wegen Nichterscheinen zur Probe während der Kirchenzeit berechtigt ist, ist jüngst vom Landgericht in einem gegen den Theaterdirektor Kommissionsrat OSkar Lange geführten Prozeß entschieden worden. Das Urteil hält seine Bezugnahme auf die sogenannte Verfrom- mungsordnung für nicht zutreffend, weil diese Oderpräsidialver- ordnung nur öffentlich bemerkbare Arbeiten im Auge hat. Eins Verordnung ähnlich wie die in Schlesien vom 6. März 1906, die theatralische Vorführungen einschließlich der Proben dazu an Sonntagen während des Hauptgottesdienstes" mit Geldstrafen bis zu 60 M. bedroht, fehlt in Hannover . Soweit etwa die mit 5 M. wegen Fehlens bei der Sonntagsprobe bestraften Chorsänger weniger als 1500 M. jährlich bis zum Tage des Lohnabzuges der- dient hatten, war der Abzug rechtswidrig, weil das Lohnbeschlag. nahmegesetz und 8 394 des Bürgerlichen Gesetzbuchs solche Abzug» vom Lohn auch Schauspielern und Chorsängern gegenüber ver- bieten. In dem Prozeß scheint die Gehaltshöhe nicht herangezogen zu sein. Aber auch bei höheren Löhnen ist die Ansehung von Proben auf den Sonntagdormittag das hat das Landgericht übersehen unverbindlich, weil ein Zwang zu solchen Chorproben am Sonntagvormittag den guten Sitten widerspricht. Aber liege juristisch die Frage der Sonntagsproben wie sie wolle: es ist sozial ungeheuerlich, daß die Schauspieler und Sänger zu Sonntagsproben gezwungen werden können. Es wäre das un- möglich, wenn der sozialdemokratischen Anregung bereits in den Jahren 1877, 1380, 1892 und später wiederholt gefolgt worden wäre, die Arbeiterschutzbestimmungen auf alle Arbeiter, auch auf die in Theaterunternehmungen Beschäftigten, auszudehnen. Daß die Abhaltung von Proben an Sontagen eine vermeidbare, schwere soziale Last für Schauspieler und Sänger ist. hat der Bühnenverein im Jahre 1905 anerkannt. Damals berichtete er an den Reichs- kanzler:.Proben zur Zeit de» Gottesdienstes dürfen nicht statt- finden und finden auch tatsächlich nicht statt." Man hätte er- warten sollen, daß nunmehr, wo durch den Prozeß gegen Lange daS tatsächliche Stattfinden solcher Proben festgestellt ist, der Bühnenverein sich gegen die Sonntagsproben des Direktors Lange wendet. Aber weit gefehlt I Er bescheinigt das gesetzwidrig«, zum mindesten unsoziale Verhalten des KommissionSratS. indem fein amtliches Organ verriet, es habe Langenotgedrungen einige Sonntagiprobcn angesagt". Wie es in Wahrheit aussieht, zeigt di« Nr. 566 der PerbandSzeitung des Allgemeinen deutschen Chor- sängerverbandeS. Dort wird der Proben- und Spielplan des Direktors Lange aus der Spielzeit Ende September bis 9. April 1910/11 veröffentlicht. Daraus ergibt sich, daß der KommissionS. rat OSkar Lange «llssnntäglich eine Nachmittag- und Abendvor- stellung gab und jeden Sonntag, mit Ausnahme des 26. März, um S Uhr vormittags Proben für andere Stücke abhielt. ES ist an der Zeit, daß die Schauspieler und Sänger sich ihrer Organisation anschließen, um durch diese die paar Schutzvestim. mungen zu erreichen, die die Arbeiterklasse für gewerbliche Arbeiter und Handelsangestellte errungen hat. Die Schauspieler und Sänger sollten nicht darauf vertrauen, daß in Bälde ein Reichs- theatergesetz in Kraft tritt. Ter Reichstag hat zwar am 18. Fe. bruar 1909 einstimmig ein solches Gesetz gefordert. Indes ist das ReichSamt deS Innern noch nicht über die allerersten Ansänge zur Ausarbeitung eines Entwurf» hinaus. Hätte man die sozialdemo- kratischen Anträge angenommen, so wäre daS Theaterpersonal nicht mehr völlig schutzlos._ Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften. Die vom ReichSversicherungsamt herausgegebene Zusammen» stellung der Jahresberichte der gewerblichen Berussgenossenschasten über die Durchführung der UnfallverhütungSvorschrlften für daS Jahr 1910 ist soeben veröffentlicht worden. Bei der Bearbeitung ist auf weitere Ermäßigung deS Bezugspreise« Bedacht genommen. ES sind deshalb wie im Vorjahre im Texte und im Tabellenwerk der Berichte Kürzungen vorgenommen, di? aber das Gesamtbild nicht beeinträchtigen. DaS mit zusammenfassenden Tabellen über die UeberwachungS- tätigleit der einzelnen technischen AufsichtSbeamten und über die Handhabung der Strafbefugnis gemäߧ 112 Absatz 1 Ziffer 1 de» GewerbeunsallversicherungSgesetzeS ausgestattete Werk, dem ein ausführliches Sachregister beigegeben ist, ist als 2. Beiheft zu den Amtlichen Nachrichten des ReichSversicherungSamtS 1911 bei Behrend u. Co. in Berlin IV. 64 erschienen. AuS der besten der Welten. Ein in Förste bei Osterode im Harz wohnhafter Maurer hat trotz aller Bemühungen am 1. Juli keine Wohnung finden können. weil niemand die starke Familie im Hause haben will, denn der Mann hat 7 Kinder. Run haust die Familie schon seit 5 Wochen In einer Scheune. Auch den Bemühungen deS Gemeindevorstehers und des LandratS ist eS nicht gelungen, der Familie eine Wohnung >u beschaffen. Da die Frau ihrer Niederkunft entgegensieht, ist sie in das Göttinger EntbindungSinstitut gebracht worden. Der Privatbesitz an dem Grund und Boden führt zu solchen Ungeheuerlichkeiten._ Engelmachcrei. In dem sich an Göttingen anschließenden Vororte Weende ist man einem der Engelmacherei gleichenden Treiben auf die Spur gekommen. Dort ließ sich die geschiedene Frau eines Arztes nieder, ivg Diakonissenkleider an. nannte sichSchwester" und erbot sich, lteugeborene in Pslege zu nehmen. Ohne die erforderliche behörd­liche Erlaubnis zum Halten von Pslegikindern einzuholen, nabm ie Säuglinge in Pslege. deren Zahl schließlich auf neun anwuchs. Jede Woche starb ein Kind. Das Standesamt wurde schließlich rutzig und veranlahte polizeiliche Ermittelungen. Da stellte man fest, daß die Kinder ihrer mehrere quer in Betten für Erwachsene lagen, sie kamen fast gar nicht an die Luft, denn dieSchwester" nahm auch Krankenpflege an und war manchmal tage, und nächte- lang nicht zu Hause I Tie Ermittelungen erstreckten sich auch auf den Milchverbrauch für drei Erlvachsene(ein sogenanntermöb­lierter Herr" teilte auch Wohnung und Kost), neun Säuglinne und das eigene dreijährige Kind derSchwester". Da«, was die Polizei ermittelte, war derart, daß di« inzwischen von derSchwester" nachgesuchte Erlaubnis zum Halten von Ziehkindern verweigert, die gemeingefährlicheSäuglingsfiirsorgestelle" geschlossen und die Säuglinge anderweit untergebracht wurden.> DieSchwester" plant nunmehr, in irgendeiner Großstadt eine Anstalt zu eröffnen. wo Damen in diskreten Angelegenheiten Unterkunft finden können. Hoffentlich wird ihr das Handwerk gelegt. Eue der frauenbenegung. Die Fran und die Politik! Die politische und soziale Stellung der Frau kann in jedem Lande als Gradmesser der Kulturstufe eines Staatswesens angesehen werden. Hier zu Lande wird die Frau als Unmündige bebandclt. Sie ist politisch rechtlos, sozial benachteiligt, sie wird alS Mensch zweiten GradeS angesehen. Die lapitalisiische Produktionsweise geht ihr« eigenen profitgierigen Wege, und die Frau gilt ihr, noch mehr als der Mann, als AuSbeutungSobjefi. Und während die heutige Re»