Einzelbild herunterladen
 

Nr. 69.

Erscheint täglich außer Montag Abonnements- Prets für Berlin  : Bierteljährlich 3,30 Mart, monats lich 1,10 Mart, wöchentlich 28 P1g. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit dem ,, Sonntags- Blatt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mart pro Quartal. Unter Kreuzband  : Für Deutschland   u.Desterreich- Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 3 Mart pro Monat. Eingetrc.gen in der Post- Zeitungs Preisliste für 1891 unter Nr. 6469.

ged bid on my aid den 8. Jahrg.

Vorwärts

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der rpedition abgegeben werden. Die Grpedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 3 bis 7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.

Ternsprecher: Amt 6, Nr. 4106.

Berliner   Bolksblatt.

gmutsigal

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Die franzöfifch­russische Allianz.

"

Sonntag, den 22. März 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

"

reich sympathisch zu zeigen", verspräche er, mehrere russische träglicheren Politik zugewandt und läßt der französischen  Flüchtlinge aus der Republik   auszuweisen oder selbst an Bourgeoisie von bezahlten Zeitungen und Menschen die den Zaren auszuliefern. Gortschatoff habe geantwortet, verführerische Aussicht auf die natürliche Allianz" vor­daß die kaiserliche Regierung kein derartiges Bedürfniß gaufeln. Im Grunde denkt die russische   Regierung sicherlich Alle Welt spricht jetzt in Frankreich   und Rußland   nur verspüre. feinen Moment daran, mit Frankreich   ein Offensiv- oder selbst von der äußeren Politik. Die Möglichkeit eines glücklicher­Aber der große Tribun" hätte beständig nach einer nur Defensivbündniß einzugehen. Die russische   Regierung weise äußerst wenig wahrscheinlichen Krieges hat die be- neuen Gelegenheit gesucht, um sich das Wohlgefallen des weiß eben sehr wohl, daß der Krieg, gleich, ob siegreidy rüchtigte französisch- russische Allianz wieder auf's Tapet Baren zu erwerben. Im Jahre 1880 verhaftete die Polizei oder nicht, aller Welt die sämmtlichen Schändlichkeiten gebracht. Es ist wahr, daß, ähnlich dem Gott der Christen, in Paris   den Nihilisten Hartmann, welcher beschuldigt war, und all die Unfähigkeit ihrer Verwaltung offenbaren und Diese Allianz sich nur in ihren Offenbarungen" kund den kaiserlichen Eisenbahnzug in die Luft gesprengt zu haben. den Troß des Selbstherrschers hinwegschwemmen würde. giebt. Aber diese Offenbarungen sind an sich seltsam genug Dem Kaiser Alexander II.   sei, während er mit ungefähr und der Bund mit der Republik   erscheint ihr doppelt ge= und entbehren auch nicht einer gewissen Originalität. Da 20 Eingeladenen bei Tafel saß, ein Telegramm des fährlich, denn als Kampfgenossen freier Männer würden steht auf der einen Seite M. Aurélien Scholl  , radikaler, russischen Gesandten in Paris   überreicht worden, in welchem die Sklaven gleichfalls frei sein wollen. Aber der fast sozialistischer Schriftsteller, und gesteht an den Ufern dieser dem Zaren meldete, daß Gambetta   bereit sei, Hart Barismus beutet nach besten Kräften die politischen der Seine ganz offen, daß ihm die russische   Selbstherrschaft mann der russischen Polizei auszuliefern. Die Tafel- Folgen der Annexion Elsaß- Lothringens   aus. In der That lieber ist, als alle politischen Freiheiten Englands." Da genossen hätten aus Freude über diese gute Nachricht dem stammt der Gegensatz zweier der aufgeklärtesten Nationen ist auf der andern Seite M. Tatischtscheff, einer der Kaiser vorgeschlagen, auf das Wohl" der französischen   der Welt erst aus jener Zeit, ein Gegensah, unheilvoll für Epigonen des verstorbenen Katkoff, welcher sich in St. Regierung zu trinken. Alexander II.   habe zuerst sein den Fortschritt und die Zivilisation. Wohl, duobus Petersburg   für den aufrichtigsten Freund der französischen   Champagnerglas ergriffen, aber da zaudert er, er hält an litigantibus tertius gaude t*) heißt, auf unfern Regierung" erklärt. Hier Madame Adam  , welche jüngst und schließlich stellt er das Glas wieder hin, indem er auf Fall angewendet: Während Frankreich   und Deutschland  in ihrer Nouvelle Revue" sozialistische und revolutionäre französisch ausruft: Wahrhaftig nein, diese Leute sind zu sich als Feinde betrachten, leert ihnen Rußland   die Artikel veröffentlichte und heute eine wahre reuige unnobel!" eine wahre reuige unnobel!"( ,, ma foi, ils sont ignobles, ces gens! Taschen. Neulich machte Bismarck Rußland den Hof, Magdalena die Stiefeln der Koſaken   in Thränen badet. Augenscheinlich erlaubte sein Ghrgefühl" dem Selbst- und die russische   Regierung brachte ihre Papiere auf dem Dort die halboffizielle Gazette de Saint Pétersbourg", herrscher nicht, einen Toast auf eine republikanische Re Berliner   Markt unter; heute wirft die Bourgeois­welche ihren russischen Lesern den Nutzen der republikanischen gierung auszubringen, selbst wenn sie das Handwerk eines republik ihrem Freunde, dem Zar", feurige Blicke zu, Einrichtungen Frankreichs   darlegt. In Rußland   lassen Lieferanten der 3. Seftion trieb, and Herr Gambetta   und die russische   Regierung bringt ihre Papiere auf dem die Engelsstimmen der Gräfinnen die Marseillaise   erließ Hartmann dann schließlich frei. Parijer Markt unter. O, es ist unbestreitbar, daß schallen: Qu'un sang impur abreuve nos sillons!"**) In Frankreich   klatschen die ungeberdigen, gottlosen lischen Zeitschrift in ihren Einzelheiten genau ist. Jeden- unruhigt, schon längst fallirt und dem freien und fried­Wir wissen nicht, wie weit die Erzählung der eng- der russische   Abfolutismus, welcher jetzt ganz Europa   be­und republikanischen Bourgeois der russischen Hymne Gott falls theilten die Diener und Berather des Absolutismus liebenden Rußland Platz gemacht hätte, wenn unſere west­schütze den Zar" wüthenden Beifall. die Skrupel des Zaren, welcher den Gentleman lichen Nachbarn nur einen Augenblick ihre Geldtaschen vor

99

-

"

Die Aussicht auf einen Bund mit Rußland   beschäftigt spielen wollte, nicht im Geringsten. So war denn das den Krallen des kaiserlichen Adlers sichern würden. seit langer Zeit die Politiker Frankreichs  . Beweis: das russische Publikum erstaunt genug, zu sehen, wie aus- Aber der Zar entzieht der französischen   Nation nicht erniedrigende Verhalten Gambetta's gegenüber der russischen nehmend rücksichtsvoll Kattoff, diese Viper der russischen allein Geld, er raubt ihr auch ihre große internationale Regierung, welches die Londoner Universal Review" Reaktion, in seiner Moskauer Zeitung" Gambetta  , den Stellung. Er bewirkt ihren Verzicht auf ihre alte ( 1890, Nr. 11, S. 373-378) jüngst aufgedeckt hat. Hier Atheisten und Republikaner, behandelte. Die französischen   Mission, die Ideen des Fortschritts auszubreiten, das welt­nur in einigen Worten eine Wiedergabe der Veröffent- Patrioten" bewahrten dafür Katkoff eine grenzenlose bürgerlichste Volk zu sein. Der Absolutismus   verlangt lichungen dieser englischen Zeitschrift, welche ihre Auf- Dankbarkeit, die sie zeitweise zu äußerst komischen Hand- leidenschaftlich, daß Frankreich   chauvinistisch, revanchelüftern schlüsse von einem ungenannten Russen, der. mehrere hoch- lungen veranlaßte. So sandte beim Tode des großen werde, daß es sich von seinen östlichen Nachbarn ab­ſtehende russische   Persönlichkeiten jener Zeit kannte, er- russischen Patrioten" der tapfere General und spätere sondere. Die Bourgeoisrepublik sucht sich Rußland  , dessen halten hat. Wir können unsererseits nur versichern, daß Kriegsminister Boulanger der untröstlichen Wittwe ein Regierung ihre Verachtung für die Republik   nur schlecht die Person, um die es sich handelt, uns bekannt ist und Beileidsschreiben, und der große französische   Patriot" verbirgt, zu nähern, und dies gerade indem es dem Ab­daß sie sehr wohl geeignet war, die Geheimnisse der Déroulède reiste mit einem Riesenkranz der Patriotenliga folutismus schmeichelt. Dadurch entfremdet sich Frankreich  russischen Diplomatie vor 10 Jahren zu kennen. Sie zu Katkoff's Begräbniß. Zum Unglück für den Patrioten die besten Kinder Rußlands  , welche im Kampfe für die erzählt, Gambetta   habe nach seiner Wahl zum Präsidenten und seinen Kranz ließ sie die russische   Regierung eine ge- freie Entwicklung des Volkes stehen und in der That die zu­der Kammer durch Vermittelung des russischen Botschafters nügend lang ausgedehnte Quarantäne an der Grenze verlässigsten Verbündeten der Republik   sein würden. Die Be­in Paris   mit dem Kanzler Fürst Gortschakoff verhandelt, durchmachen, wahrscheinlich, um den Mann und die repu- rechnungen der russischen Regierung sind wunderbar zynisch und wenn die kaiserliche Regierung Willens sei, sich Frank blikanischen Blumen zu desinfiziven, und Herr Déroulède   einfach: Wenn morgen der Krieg zwischen Deutschland   und fam zu der Feierlichkeit ein wenig zu spät.

*) Daß ein unreines Blut unsere Gefilde dünge.

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

Die Falkner von St. Vigil.

( 18

Seitdem hat sich das Rußland des Zaren einer ein­

sinten lassen:

Wenn zwei sich fireiten, freut sich der Dritte

ihn aus ihren eingesunkenen Augen mit aufgleischendem ,, Davon ist jetzt nicht die Rede," erwiderte Ambros Borne an: Grabschänder", zischte fie und sant kraftlos in heftig, und sich mehr zu Stafi als zu ihrer Mutter wendend, die Kissen zurück. fuhr er fort: Ich schwör' es Euch bei allen Heiligen, daß Hannes trat dem Bruder in den Weg und bat ihn leise, ich das Grabkreuz nicht angerührt haben würde, wenn es fortzugehen. Nach seiner gottlosen That wäre dies der letzte nicht gar so finster gewesen wäre. Ihr sollet dabei auch Ort, wohin er hätte kommen sollen. nicht zu Schaden kommen. Ich bin schon am Morgen Ambros schob ihn bei Seite und sagte, die Blicke bei dem Tischler gewesen und hab' ein neues Kreuz bestellt. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol auf Stafi gerichtet, welche den Kopf auf die Brust hatte Das Alte war so wie so schon angefault." Stafi hatte zagend die Augen zu ihm aufgeschlagen. von Robert Sa, weichel. Ja, Frau Larseit, ich habe Euren Zorn verdient. Verhielt es sich wirklich so wie er erzählte und hatte er David hatte sich auf die Ofenbank geflüchtet, von Ich hab' Euch ein schweres Herzeleid angethan, aber ich weder ihr noch der Mutter ein Leid anthun wollen? Ambros wo er kläglich nach seiner Schwester hinüberschaute[ und hab Euch nicht kränken wollen, gewiß nicht. Blos las die Frage in ihren nassen Augen, legte die Hand auf seinen dicken Kopf wiegte. Hannes ging auf und ab. die Finsterniß ist Schuld gewesen, daß ich nicht hab' er- das Herz und schwur, daß er die lautere Wahrheit ge­Er wollte trösten, aber das Faktum der Grab tennen können, wem sein Grab es war." sprochen. Hannes seufzte. In die Wangen Stafi's kehrte schändung und der Thäter waren nicht wegzuleugnen. Die Wittwe kehrte den Kopf nach der Wand und das Blut zurück und ihre Bruſt hob sich ein wenig freier. Die Mutter kehrte ihr Gesicht wieder Ambros zu. Es würde sich ja aufklären, wie und warum alles Hannes versuchte nochmals, den Bruder zum Fortgehen zu geschehen wäre, das war alles, was er zu sagen wußte und bewegen. Ambros möchte nur jetzt die Kranke schonen und Sie glaubte ihm nicht. Einem gottlosen Menschen wie es verfing nicht. Der Schmerz der Frauen erfüllte sein ihm mittheilen, was er etwa zu seiner Entschuldigung ihm, käme es auf eine Lüge und einen Meineid nicht an. Er brauste auf. Dummheiten hätte er vielleicht manche Herz mit Bitterfeit gegen den Bruder. Er setzte sich auf vorzubringen hätte; er würde es getreulich wieder berichten. den Stuhl am Fenster, auf dem Stasi zu fißen pflegte, Ambros aber rief, indem er sich das Haar aus der Stirn begangen, aber gelogen nie, und einen Menschen um Ver­und brütete, und in der Stube hörte man nichts als das strich: zeihung geboten auch noch nie. Sich bezwingend, fuhr er Weinen Stasi's, das Aechzen der Mutter und das Ticken der Nein, Frau Larfeit, ich gehe nicht cher fort, als bis etwas ruhiger fort:" Aber es ist ja auch ganz unmöglich, Wanduhr, während vor dem Fenster der Regen fort und Ihr mir die Dummheit vergeben habt. Höret doch nur daß ich Euch habe kränken wollen. Da, die Stasi kaun es fort von den Dachschindeln rieselte und träufelte. an, wie es gewesen ist!" Er erzählte, wie man seinen bezeugen, wenn Ihr mir nicht glauben wollet.- D Staff, Plöglich erklang auf dem Flur von gestampftem Lehm Muth habe auf die Probe stellen wollen und deren ich bitt' Dich, sag's doch der Mutter, daß es ganz unmög­ein fester Schritt und die Stubenthür that sich auf. Stafi Folgen. ließ die Schürze sinken und schrie auf. Der Eindringling Die Kranke verharrte in ihrer abgewendeten Lage." Ja, Mutter, ich glaub' ihm," flüsterte Stasi nach einem war Ambros. Die Kranke wandte den Kopf nach der Thür Johannes aber gewann als Priester die Oberhand über den kurzen, inneren Rampfe, mit glühenden Wangen, und Ambros und fragte mit schwacher Stimme, wer da sei? Menschen und er rief: Unseliger, siehst Du nicht ein, daß ergriff stürmisch ihre Hand, zog sie vom Stuhle anf und " Ich bin er, der Ambros Falkner!" sagte dieser Du durch Deine Herausforderung der Todten Gott gelästert triumphirend: haft? Und Du bildest Dir ein, daß er solchen Frevel un­

und kam näher.

Da richtete sich die Kranke im Bette auf und starrte gestraft lassen werde."

lich ist."

rief

Da hört Ihr's. D, Stasi, Du bist ein braves Madl." Frau Larseit sah ihre Tochter und darauf Ambros an,