politische deberffcbtBerlin, den 21. August 181LFreiherr v. Zedlitz««d die„Post".Auch Freiherr V. Zedlitz und Neukirch fühlt sich bewogen,den bekannten von Majestätsbeleidigungen strotzenden Artikelder„Post" zu desavouieren. Die„Kölnische Volkszeitung"erhält von ihm aus Tirol eine Zuschrift, toonach Freiherrv. Zedlitz nach Kenntnisnahme des ihn völlig überraschendenArtikels der„Post" dem beurlaubten Chefredakteur seineernsteste Mißbilligung ausgesprochen undnachdrücklich Remedur verlangt habe. Die Sühne sei durchdie Kündigung des Schuldigen erfolgt, noch bevorder offensichtlich ohne Kenntnis dieses Vorgangs geschriebeneBrief des Fürsten Hatzseldt veröffentlicht worden sei.Die Pause m den Marokkoverhandlungeu.Pariser Meldungen zufolge erwartet man die Wieder-aufnähme der Verhandlungen für den 27. oder 28. August.Sonst liegen bemerkenswerte Meldungen natürlich nicht vor.Die Stimmung in der englischen und französischen Presse istziemlich pessimistisch und die Börsen wieder unruhiger. Dienationalistischen Organe dies- und jenseits des Ozeans be»nützen die Pause und die immer unerträglicher werdende Un-gewißheit, um ihre Hetzereien fortzusetzen. Daß in einersolchen Atmosphäre die tollsten Gerüchte Glauben finden—in London sprach man am Sonntäg von einer bevor-stehenden Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich—, istunter diesen Umständen leider allzu begreiflich.Weiteres Umfichgreisen der Maul- und Klauenseuche.Die Maul- und Klauenseuche hat im Deutschen Reiche in derZeit vom 1.— 15. August in steigendem Matze um sich gegriffen. DieZahl der von der Maul- und Klauenseuche betroffenen Gemeindenund Gehöfte ist in dieser Zeit von 4808 auf 31926 und 5179 auf37 737 gestiegen. Am stärksten von der Seuche betroffen sind inPreußen die Regierungsbezirke Schleswig, Breslau, Stade undOppelns in autzerprcutzischen Ländern die Regierungsbezirke Olden-bürg, Schwaben und Oberbayern. Dagegen ist die Schweineseuchein derselben Zeit etwas zurückgegangen; während am 31. Juli 655Gemeinden und 987 Gehöfte davon ergriffen waren, ist am 15. Augustnur noch in 626 Gemeinden und 967 Gehöften Schweineseuche fest-gestellt worden._Die Wahlordnung für die Wahlen zur Ersten Kammerdes elsast-lothringischen Landtagswird als kaiserliche Verordnung im„Gesetzblatt für Elsatz-Lothringen"veröffentlicht. Bekanntlich ist nach der neuen elsatz-lothringischenVerfassung der Kaiser bestigt, die Mitglieder der Ersten Kammerbis zur Hälfte auf Vorschlag des Bundesrats selber zu ernennen,woraus die Aufgabe dieser Institution als Bremse am elsatz-loth-ringischen StaatSwagen sich schon klar genug ergibt. Die Wahl-ordnung regelt nun das Wahlverfahren für jenen Teil der Mit-glieder, der durch daS Plenum der Kaiser-WilhelmS-Univerfität inEtratzburg, durch die israelitischen Konsistorien, durch die Gemeinde-räte der vier größten Städte(Stratzburg, Mülhausen, Metz undKolmarf, durch die Handelskammern, den LandwirtschastSrat unddie Handwerkskammer gewählt werden. Von allgemeineremInteresse sind die Vorschriften über den eigentlichen Wahlalt in denGemeinderäten, wonach der Bürgermeister den Gemeinderat alsWahlversammlung mittels eingeschriebenen Briefes oder durch Botengegen Empfangsbescheinigung mindestens drei Tage vor dem Wahl-termin einzuberufen hat..Gewählt ist derjenige, welcher mehr als die Hälfte der ad-gegebenen Stimmen erhallen hat. Sofern sich kein» solcheStrouneumehrheit ergibt, findet alsbald ein»»na er« Wahlunter den drei Bewerbern statt, welche die meisten gültigenStimmen erhalten haben. Ergibt auch dieser zweite Wahlgangkeine unbedingte Stimnienmchrheit, so wird mit Beschränkung aufdie zwei Bewerber, welche darin die meisten gültigen Stimmenerhalten haben, zu einer abermaligen engeren Wahlgeschritten. In dem dritten Wahlgang ist bei Stimmengleich-heit derjenige als gewählt zu belrachlen, für den da« Los ent-scheidet; dasselbe gilt für den Fall, daß bereüs im zweitenWahlgange nur auf zwei Bewerber gültige Stimmen gestillensind und beide die gleiche Stimmenzahl erhalten haben. Auchentscheidet das Los darüber, wer etwa bei Stimmengleichheit indie engere Wahl kommt. DaS LoS wird durch die Hand desBürgermeisters gezogen. Bei der engeren Wahl ist jede Stimmeungültig, die nickt auf einen der in der Wahl gebliebenen Be-Werber fällt. Zwischen den einzelnen Wahlgängen soll, wenndies von einem der anwesenden Wahlberechtigten verlangt wird,eine Pause von Mindens einer Viertelstunde liegen."Die Wahl durch die Genicinderäre der vier grötzten Städtefiietet der Sozialdcmokrati« die einzig« Möglichkeit, auch in derErsten Kammer eine Vertretung»u erlangen, wie dies bei ähnlichemWahlperfahren für den seligen LandeöauSschutz von 1902 bis1906 durch die Wahl des Genossen E m m e l im Gemeinderat vonMülhausen während der Zeit der sozialdemokratischen Ratsmehrheitder Fall war. Vor den HaupUvahIen zu den reichsländi'chen Ge-Mtinderäten im Jahre 1914 ist freilich auch da» ausgeschlossen.Ter Neue preußische Lehrervereiu«Die Gründung dieses Lehrervereins geschah durch einigereaktionäre Lehrer, um den Preutztschen Lehrerverein zu sprengen.Daß diese reaktionär« Schöpfung vom Bunde der Landwirtesubventioniert wird. wurde vom Herrn Dr. Dietrich Hahnnoch im letzten Winter im Reichstage abgestritten. Jetzt werden dieTatsachen aber nochmals einwandfrei festgestellt in einer Zuschrift,die ein Lehrer dem Hansabund zugehen läßt, und die in dessenMitieilungen veröffenilicht werde». In der Zuschrift heiß» esdarüber:„Die beabsichtigte NenMindung sollte vor allen Dingen dertäglich erscheinenden.Preußischen Lehrerzeitung" ein Parolibieten und ihr möglichst das Wasser abgroben. Freilich war auchhier, wie so oft. Denken und Tun zweierlei. Die wenigenMitglieder de» neuen Vereins waren nicht imstande, eine solcheGründung zu finanzieren. Trotzdem trat diese Schöpfungmit dem Namen„Deutsches Lehrerblatl" ins Leben. Jeder Kennerder Verhältniffe suchte nun näch de» Hintermännern, die zweifellosda sein mutzten, und fand sie»»,.Deutschen Schriftenverlag",also im Bund der Landwirte. Die Herren Dr, Hahn. Pieperund Rotz hatten sich endlich gefunden. Diese Tatsachewurde»war zunächst noch nach berühmten Mustern schämig per-schwiegen und eine Zeitlang mit viel Aufwand bestritten. Eswurde dazu mitgeteilt, daß die Herren Rotz, Pieper und Schreckje 100 000 M. zur Gründung gegeben hätten. Auf An-zapfungen aus den eiginen Reiben aber mutzte der.Nenevreutzii»« Lehr-rv-rein' zugtbe». daß fftr das.DeutscheLehrerblatt" jährlich IHVHO Mark aus derKasse de» Bundes der Landwirt» und lövoo M.au» der Kaffe der.Deutschen Tageszeitung'gezahlt würden. Dah da» der Bund der Landwirte nicht nur umder schönen Augen der„N-oborussen" willen tat und tut. ist jedem«infichtigen klar. Mit der Annahme dieser Gelder hat sich der,R«ue preutzisch» Lehrervertin' dem Bund» der Landwirt«politisch mit Haut und Haare« verschrieben undhierdurch die Schule zum Spielvall der Politik gemacht; diesesOdium wird ihm immer anhaften.'Der Bund hat an seiner Schöpfung aber doch wenig Freude;der.Neue preutzische Lehrerverein' soll bedenklich an Mitglieder-schwund leiden._Die Essener Eisenbahndirektion gegen die Koalitions-freiheit der Eisenbahner.Die Effener Etsenbahndirektion hat folgendes Zirkular erlassen:„Von sozialdemokratischer Seite wird kein Mittel unversuchtgelassen, Staatsbeamte und StaatSarbeiter in der dem Staatschuldigen Treuepflicht schwankend zu machen und zu sich herüberin das Lager ordnungsfeindlicher Bestrebungen zu ziehen. Sowerden neuerdings Flugblätter verbreitet, wie:„Beamtenschaft undSozialdemokratie, ein Mahnwort an alle Beamten' und„Wohingeht die Reise?' Ein anderes mit der Ueberschrift.Was istnational?", das hauptsächlich für die Arbeiter bestimmtist, wird vom Transportarbeiterverband verbreitet. Inderartigen Flugblättern, die im Verlage der BuchhandlungVorwärts oder bei W. Pfannkuch u. Co. in Magdeburgoder im Verlage des.Courier" erscheinen, wird versucht, für dieSozialdemokratie unier trügerischer Vorspiegelung ihrer Verdienstebei den Staatsbeamten und Arbeitern Stimmung zu machen. Wirerwarten von den Bediensteten, daß sie solche Machenschaften derSozialdemokratie richtig einschätzen und von sich fern halten.Gleichzeitig warnen wir aufs neue, derartige Flugblätter zur Dienst-oder Arbeitsstelle mitzubringen oder weiterzugeben. Hierin würdeeine Förderung sozialdemokratischer Bestrebungen gesehen werdenmüssen, die ebenso wie jede andere Belästigung im Interesseder sozialdemokratischen Partei unweigerlich die Einleitungdes Disziplinarverfahrens auf Entfernung aus dem Amte oderdie Kündigung de« Dienstverhältnisses zur Folge haben würde.Alle bediensteten Beamten und Arbeiter haben durch Namens-Unterschrift die Kenntnisnahme von dieser Verfügung zu be-scheimgen."Ueber den Inhalt deS Erlassee wird sich niemand wundern;denn in der Mißachtung des gesetzlich gewährleisteten KoalitionS-rechtes waren die preutzilchen Eisenbahnbehörden von jeher besondersgroß. Sehr bezeichnend»st der Stil deS Zirkulars. Aus der Ent-Wickelung der Dinge haben die Herren von der Essener Eisenbahn-direktion nicht viel gelernt, sonst würde fie wissen, daß die von ihnenbeliebten Maßnahmen sich im Kampfe gegen die Sozialdemokratiebisher allerwegen in geradezu glänzender Weise versagt haben.Ein Zentrumsblatt gegen die Zentrnmspolitik.Die.Ermländische Zeitung", ein ostpreutzischcs Zentrumsblatt,schreibt in einem Artikel über die wirtschaftliche Lag« des Handwerlsin Ostpreußen:.Die fortlaufende Steigerung allerPreisefür die notwendigsten Lebensbedürfnisse sowiedie Erhöhung der direkten und indirekten Stenern und dieMehrbelastung von Handel und Gewerbe durch die Erhöhung derBeamtengehälter hat in den letzten Jahren zu einer empfind«lichen Einschränkung der allgemeinen Lebens-Haltung in allen Handwerkerfamilien geführt.Fast in allen Handwerkszweigen sind die Preise für Rohmaterialund Halbfabrikate gestiegen, zumal die neuen Stenern demZwischenhandel geeigneten Anlaß boten, die Preise für Roh-Materialien usw. ungewöhnlich in die Höh« zu schrauben."Das Zentrum hat zusammen mit den Konservativen die neuenSteuern sowie den Zolltarif, der die Verteuerung aller Lebensmittelbrackite, dem deutschen Volke aufgebürdet, daS sollte die.Ermländische Zeitung' mit sagen, wenn es diese yyllsschädliche Politikverurteilt._DaS Zentrum eine konfessionell« Partei!Auf dem 17. Delegiertentage dex katholischen Arbeiter- undKnapponvercine der Erzdiözese Köln wurde u. a. folgende Resolutionangenommen:.Der Delegiertentag ersucht die Arbeitervereine, ihre Mit-lieber mehr als bisher zu erfolgreicher Mitarbeit im staats-ürgerlichen Leben heranzuziehen. Zu dem Zwecke mutz die Ver«Mittelung theoretischer Kenntnisse systematisch gepflegt werdendurch Darbietung der notwendigen Kennwisse im lieberblick undZusammenhang über die wichtigsten Gebiete. Auch müssendie Arbeitervereine dafür Sorge tragen, datzdie Arbeitervereinsmitglieder in den Zentrums-organisatjonen vertreten sind, und datz eigeneKonferenzen zur Ausbildung dieser Vertreterabgehalten werden."Demnach werden also die kgtholischen Arbeiterverein» ohne Be-denken als ZentrumSorgamsationen angesehen und benutzt.Polizei und Persammlnngsrochf.Vom preutzischen Minister des Innern wird nach der.Norbd.Allg. Ztg." in einem Erlaß darauf hingewiesen, datz daS Reichs-gench« durch Urteil vom 88. April 1911 zur Frage der A u S-legung des K 13 d»» R»> ch»v eH»insg,sytz«s Stellungaeitommsn hat. Nach diesem Urteil ist§ 13 des genannten Gesetzeslo aufzufassen, daß die Polizei befugt ist, Beauftragt» in jedeöffentlilbe Versammlung zu einsenden. Demgemäß ist auch Z 14 deöGesetzes(A u f l ä s u n g S r e ch t der Polizei w bestimmten Falle»!auf jede öffentliche Versammlung anwendbar. DerMinister hat die Polizeibehörde beauftragt, dieS in Zukunft zubrachten. �Unglücksfall oder Selbstverstümmelung'#Ein interessanter Prozeß, dessen Ausgang von vornherein nichtzweifelhaft fein konnte und der mst einer wohlverdienten Niederlageder Anklagcbehörde endete, beschäsligte dieser Tage daö D r» s d e n e rKriegsgericht. Wegen A ch t u» g s v e r l e tz u n g und---S e l b st v c r st ü m m e l n Ii g mutzte der Fahrer L e b m a n nvom Artillerieregiment Nr, 12 auf der Anklagebank Platz nehmen.Der Angeklagte soll eines Tags seine Pferde nichi sauber genug ge-putzt haben. Es wurde ihm deshalb befohlen, sich abends 9 Uhrbeim Wachtmeister im Ordonanzanzug zu melden»nd am folgendenMorgen mit geputzten Pferden anzutreten. Bald darauf wurdenmehrere Soldaten, darunter auch Lehmann, znm Häckselschneidenbefoblen. lieber hie ihm kurz vorher erteilte Strafe warLehmann aufgebracht, weil er seiner Ansicht nach die Pferdesauber genug geputzt haste. Er äußerte deshalb lvährend des Häcksel-fchiieidenS:„Ich weiß gor nickt, warum ich zum Wachtmeiner soll,ich lasse Mick doch nickst veralbern I" Darin wird eine Achtung»-Verletzung erblickt, obgleich kein Vorgesetzter anwesend war! EinigeZeit danach funktionierte die Häckselmaschine nicht. Lehman» riefeinem Kameraden zu, mehr Stroh einzulegen. AIS auch jetzt dieMaschine»och nicht gut ordeitete, ging Lehmann, der bisher gedrehthatte, an die Einlegestelle, um sich zu überzeugen, ob an der Maschinealles in Ordnung sei. Hierbei ist Lehmann mit der r e ckfiandins Getriebe gekommen, wobei ihm der Zeifffe�ingex fast völlig durchschnitten wurde. Die Ver-litzung ist derart, datz sich Lehmann jetzt noch im Lazarettbefindet. Er mutzte deshalb mit dem Arm«» der Bindeder Verhandlung folgen. Man glaubte den Finger durch einneues Heilverfahren zu erhalten, aber nach dem Ausspruch desärztlichen Sachverständigen wird wahrscheinlich doch noch eineAmputation de» schwerverletzten Fingers notwendig fem. Durch dieVerstümmelnng ist Lehmann dienstunfähig geworben und dürste da-durch auch bei seiner beruflichen Tätigkeit»» er P Schmied— er«heblich geschädigt sein. Nicht genug, datz Lehmann durch daS Unglück schon ohnehin schwer getroffen ist— die Anklagebehordemachte ihm sogar noch den Prozeß wegen Selbst-Verstümmelung! Sie ist der Meinung, datz Lehmanndie Hand absichtlich in das Getriebe gehaltenhat, uin sich zu ver st üm mein und dadurch derDienstpflicht zu entziehenl Der Angeklagte be-stritt die Selbstverstümmelung und erklärte, er tmsse � selbstnicht, wie sich das Unglück ereignet habe. Auch der Sachverständigebekundete, datz nach der Art der Verletzung er selbst nicht an Selbst-Verstümmelung gedacht habe. Derartige Verletzungen kämen an derHäckselmaschine sehr oft vor. Ungeachtet all' dieser Momente be-antragte der Anklagevertreter— ein Jahr Gefängnis l Wie nichtanders zu erwarten, wurde der Angeklagte wegen der„Selbst-Verstümmelung" freigesprochen, wegen der Achtungsverletzungaber zu drei Tagen mittleren Arrest verurteilt! DasGericht hat angenommen, datz der Angeklagte versehentlich ia dieMaschine gekommen ist._Von der Militärjustkz.„Ich schlage gleich mit dem Säbel drein, verfluchte Schweine-bände!" Diese Worte richtete der Leutnant Egler vom Regiment„Hamburg" an seine Leute, weil er ungehalten war darüber, datzbei einer Nachtübung Schwierigkeiten bei der Orientierung entstandenwaren. Der Musketier Burmester richtete an seinen Nebenmann diebesorgte Frage:„Sind Sie auch in der Lebensversiche-rung?" Als Angeklagter erschien vor dem Kriegsgericht der17. Division sHamburg) nicht der Leutnant, sondern der MusketierB., angeklagt wegen Beleidigung und Achtungsverletzung. Die Be-leidigung ließ der Ankläger fallen, wegen der angeblichen Achtungs-Verletzung beantragte er sieben Tage strengen Arrest. Strafmilderndkämen die Drohungen und Schimpfworte des Offiziers in Betracht,weshalb dem Angeklagten der Z 93 des Militärstrafgesetzbuches zurSeite stehe. Das Gericht versagte dem Angeklagten diesen Schutz,weil er die Bedrohungen und Schimpfworte des Leutnants nicht alssolche empfunden habe. Das Urteil lautet auf vierzehn Tage strenge«Arrest.Dem beleidigenden Offizier wird, falls gegen ihn vorgegangenwerden sollte, die Sache bedeutend billiger zu stehen kommen.Höchstenfalls erhält er einen oder zwei Tage Stubenarrest. Das istMilitärgerichtspraxiS._Schweden;Vor den Reichstagswahlen.'Am 3. September beginnen in Schweden die Neuwahlen zurZweiten Kammer des Reichstags. Zum ersten Male soll hier dasneue Wahlrecht erprobt werden, das durch die Wahlrechtsreform von1907 zustande gekommen ist. Die Zahl der Wahlberechtigten hatsich gegen früher verdoppelt. Dennoch hat die Reform nicht, wie ihreMacher dem Volke einzureden suchten, daS allgemeine Wahl-recht zur Zweiten Kammer gebracht. Ganz abgesehen davon, daßdas Wahlrecht, das für die Zusammensetzung der Ersten Kammermatzgebend ist, nach wie vor nach der Steuerleistung abgestuft ist.wenn auch nicht mehr in dem ungeheuerlichen Maße wie früher.Das Wahlrecht zur Zweiten Kammer war vordem davon abhängig,daß man in den letzten 5 Jahren für mindestens 300 Kronen Jahres-einkommen seine Steuern bezahlt hatte. Jetzt ist diese Steuer-grenze beseitigt, aber die Staats- und Gemeindesteuern müssen nachwie vor auf Heller und Pfenmg bezahlt fem, und zwar in denletzten drei Jahren. Allerdings sind auch diejenigen wahlberechtigt,die aus rechtmäßigen Gründen von der Steuerpflicht befreit sind.Im übrigen ist noch die Bestimmung zu erwähnen, daß man zweiJahre in ein und derselben Gemeinde ansässig sein muß, um wähl-berechtigt zu sein, und daß die Altersgrenze für das Wahlrechtdurch die Reform vom 21. auf das 24. Lehensjahr erhöht wordenist. Alle diese Einschränkungen treffen natürlich vornehmlich dieWähler der Arbeiterklasse, die ja wsmger langlebig sind als dieLeute der besitzenden Klasse, die öfter genötigt sind, ihren Wohn-platz zu wechseln und die auch allzu leicht in die Lage komme»,ihre schuldigen Steuern nicht zahlen zu können. Die letzten dreiJahre waren Krisenjahre, und obendrein wurde namentlich in denJahren 1908 und 1909 die Arbeiterschaft wirtschaftlich geschwächtdurch MassenauSsperrungen, die schließlich zu dem gewaltigen Ab-wehrlampfmittel des Generalstreiks führten. Groß war die Zahlderer, die ihre Steuern wicht zahlen konnten, und groß war auchdie Zahl der Arbeiter, die wegen Verfolgungen durch da» Unter-nehmertum ihren Wohnplatz wiederholt wechseln mußte». Dadurchhaben große Massen sonst wahlberechtigter Arbeiter ihr Wahlrechteingebüßt. Das neue Wahlrecht zeigt sich deutlich als ei» Rachwerkder Klassenherrschaft, In den 6 Städten Göteborg, Malmö, Norr-löping, Gäfle, Helsingborg und Oerebro sind nur 49 972 der über24 Jahre alten Männer wahlberechtigt und 42 300 haben k»in Wahl-recht. In Stockholm ist die Zahl der Männer, die ihr Wahlrechteingebüßt haben, rund 30 000. Es ist unter diesen Umständen selbst-verständlich, daß die Arbeiterschaft sich mit jener Scheinreformnicht zufrieden gibt und nach wie vor eine gründlich demokratischeWahlrechts- und Verfassungsreform fordert. Die herrschende Klasse,und vor allem die regierende Clique, will natürlich nichts davonwissen. Der Ministerpräsident Liudman. der sich auf die ErsteKammer stützt und nun schon seit 5 Jahren das Staatsruder inHänden hat. erklärte jüngst in einer Wählerversammlung:„Wiemüssen nun einmal gründlich ausruhen von den unfruchtbaren Ver-fassungskämpfen." Die Arbeiterschaft wird dafür sorgen, daß dieHerren in dieser Ruh« immer wieder und immer gründlicher gestörtwerden, und auch der Ausfall der Wahlen wird jedenfalls dazu bei-tragen, daß sie nicht sobald zur Ruhe kommen. Die Wahlagitationwird mit einem Eifer betrieben, der alles übertrifft, was man bisherin dieser Hinsicht in Schweden erlebt hat, und je unverschämter dieReaktion ihr Haupt erhebt, je mehr der Kapitalismus dj» Massendes Volkes zu knechten und zu knebeln sucht, um so stärker hat sichhie Sozialdemokratie entwickelt. Durch die bevorstehenden Wahlensoll der Reaktion ein derber Schlag versetzt werden, und man er»wartet, datz die Sozialdemokratie, die es 1903 auf 33 Mandatein der Zweiten Kammer brachte, diesmal mindestens 50 bis 60 Ver-treter in die Kammer senden wird,JJrocHha,Sozialistische NeinigungSarbeit,Der GesundheitSkommissar Kraft in Milwauke«, gegendessen Ernennung die dortigen Aerzte mit allen Mitteln angekämpfthatten, hat unerhörte Schmutzzustände in den Fabriken der drübenbeionders ytel verbrauchten Zucker waren festgestellt. GanzeLadungen wurden konfisziert, tausende Kilogramm vernichtet. DaSGesundheitsamt hat nun energische Maßregeln zum Schutze derReinlichleit in diesen Betrieben angeordnet: Ersatz hölzerner Gefäßedurch metallene. Bedeckung der Tischplatten mit Zink, Tragen weißerArßeitskleider, Verbot des Tabalkauens und-Rauchetts bei derArbeit, peinliche Reinigmig aller Geschirre. Auch die kapitalistischePresse MilwaukeeS hat dieses Vorgehen begrüßt— was sie nachhernicht hindern wird, Kraft, wie die ganze sozialistische Verwaltungwieder mit Verleumdungen zu überschütten. Bon sozialistischerSeite aber wird darauf hingewiesen, datz cS autzerhalb MilwaukeeSund in den meisten anderen Lebensmittelindustrien um kein Jotareinlicher zugeht, alS bei den„caruty kactories" in Milwaulee.