haben sich die Renkenqueischerei aus RechtiunkennIniS Md keil sie picht organisiert waren, leider ruhig gefallen lassen. Denn im Be» richtsjahre hatte die Genossenschaft insgesamt S710 berufungsfähige Bescheide erlassen, von denen allein 1099 eine Ablehnung der An- spräche und 2482 eine Minderung der Renten zur Folge hatten und trotzdem haben nur 1928 Verletzte Berufung dagegen erhoben. Natürlich hatten wieder von den Berufungen nur 316 Erfolg für die Verletzten. Reue Unfälle wurden im Berichtsjahre 6SS0 gegen 6677 im Vorjahre gemeldet. Wie„geregelt" die Arbeitszeit dieser armen Teufel ist, ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle, die viele Unfälle auch zur Nacht- zeit aufweist. Es fielen Unfälle in die Zeit von(in 43S Fällen fehlt eine Angabe): Bormittags Nachmittags 12-3 S-S 6-9 9-12 12—3 3-6 6-9 9-12 38 162 1293 1705 1135 1448 301 62 Den Unfällen fielen viele jugendliche Personen zum Opfer. Bon den verletzten standen im Alter von: 14—20 Jahren 21—40 Jahre» 41—60 Jahren über 60 Jahren 1259 3088 1941 271 In 71 Fällen ist daS Alter nicht angegeben. Wie wenig der Berufsgenossenschaft die Unfallverhütung am Kerzen liegt, geht auch aus einer Bemerkung des Berichts hervor „Nach Revision deS Betriebes durch den technischen Aufsicht� Beamten wurde dem Gewerbeinspektor vorgestellt, dah die von ihm geforderte Sicherheit deS Walzwerks zwar einen durchaus wirk. famen Schutz gegen Unfälle biete, daß sie aber auch eine vage- wohnliche Behinderung des Betriebes bedeute." Natürlich wrfc die von der Genossenschaft angeordnete Siche- xung„praktischer". Trotz aller Zurückhaltung der von der Genossenschaft ja direkt abhängigen Aufsichtsbeamten melden diese doch manches, welches einen Einblick in die elende Lage der Ziegelciarbeiter gestattet: „In mehreren Ziegeleien deS KreiseS Kehdingen herrschte .früher grosser Mangel an brauchbarem Trinkwasser. Diesem Uebel- stände ist durch die Gewerbeinspektion Stade in den letzten Jahren Dadurch abgeholfen worden, dah sämtlichen in Frage kommenden Unternehmern aufgegeben wurde, in Zement gemauerte Zisternen anzulegen, die durch das auf den Dächern der Gebäude gesammelte Regenwasser gespeist werden. Wenn durch diese Anordnung den Unternehmern auch eine beachtenswerte Ausgabe(von ungefähr V00 M. für eine Zisterne) erwachsen ist, so wurde den Arbeitern doch eine grosse Wohltat erwiesen, die unter ihnen überall Aner- ckennung gefunden hat. DaS Wasser soll erfrischend und wohl- schmeckend sein." „Vereinzelt liehen sich die Unternehmer auch durch mehrmalige Aufforderung nicht zu der Erstattung der Erledigungsanzeige be- wegen; die Betriebe dieser Unternehmer wurden dann im Laufe des Jahres einer Nachrevision unterzogen. Ergab sich hierbei, dah die früheren Mängel nicht beseitigt waren, so wurde von den Strafbestimmungen Gebrauch gemacht und auch die durch die nochmalige Revision entstandenen Kosten wurden dem Unter» pehmer auferlegt.- Ueber die bedauerliche Vernachlässigung eines Betriebes be- richtet der technische Aufsichtsbeamte aus der Sektion II. Dieser stellte auf einer neuerbauten Ziegelei im Kreise Kolmar fest, dass an den Maschinen nicht eine einzige Schutzvorrichtung vorhanden war. Nur die Versicherung deS Unternehmers, dah sofort alle Mängel abgestellt würden, verhinderten eine Sperrung deS Betriebes. Jede einzelne Schutzvorrichtung wurde nunmehr genau mit dem Unternehmer durchgesprochen und ihm hierüber noch schriftlich Mitteilung gemacht. Etwa zwei Monate später verun- glückte der Meister dieses Betriebes dadurch schwer, dass er in die ungeschützten Zahnräder der Ziegelvresse geriet. Die sofortige Nachrevision ergab, dass von den seinerzeit angeordneten Schutz. Vorrichtungen auch jetzt noch keine angebracht war. obwohl der Unternehmer nach der ersten Revision eine Erledigungsanzeige eingesandt hatte. Der Borstand setzte gegen den Unternehmer .eine erhebliche Geldstrafe fest. Auch daS Gericht hat sich mit der Dache befasst." Geklagt wird im Bericht, dass die ausländischen Saisonarbeiter gar kein Interesse für Schutzvorrichtungen haben und mit un- glaublichem Leichtsinn zu Werke gehen. So wurde ein polnischer Arbeiter am Walzwerkeinwurf dabei betroffen, als er mit blossen Füssen den Ton in die im Gange befindlichen Walzen drückte. „In einigen Betrieben wurden Unfälle durch Platzmangel hervorgerufen, der die Bewegungsfreiheit der Arbeiter beschränkte. Derartig« Zustände haben ihren Grund meistens in der baulichen Beschaffenheit der Anlagen; sie lassen sich in der Riegel nur durch erhehliche Umbauten beseitigen. Aohilfe ist namentlich dort schwie- rig. wo der Unternehmer nur Pächter des Betriebes ist, und der Besitzer sich weigert, notwendige Umbauten auszuführen. In solchen Fällen wird die Mitwirkung der Gewerbeinspektoren er- beten. Der Zustand der Kesselarmaturen liess vielfach zu wünschen übrig. In einer Kalksandsteinfabrik der Sektion II war das Manometer mit Kalk und Schmutz bedeckt und völlig unleserlich. Der Hahn am Kontrollflansch hatte sich festgefressen. An einigen Härtekesseln fehlten Verschluhschrauben. Nur selten hingen in den Kalksandsteinfabciken die Vorschriften für die Dampssass- Wärter aus. Im Herzogtum Anhalt wurde da» gänzliche Fehlen von Schutzhülsen für die Wasserstandsgläser an Dampfkesseln besonders häufig beobachtet. Hin und wieder wurden noch unzureichende oder unsaubere Arbeiter-Schlafstätten vorgefunden.— Geeignete geuerschutzvor- kehrungen fanden sich in der Regel nur in grossen Betrieben. Eine dem oberschlefischen Jndustriebezirk eigene Einrichtung bildet wegen des dort herrschenden Mangels an männlichen Ar» beitskräften die Berwendung weiblicher und jugendlicher Arbeiter bei verbotenen oder gefahrbringenden Tätigkeiten. In einer Ziege- lei bei Rybnik arbeiteten Frauen in der Siesgräberei. In Betrie- ben bei Zabrze und Kattowitz bedienten Frauen die Walzwerke uud Kollergänge, jugendliche Arbeiter waren beim Transport von Rohmaterial aus der Gräberei und als Aufleger an den Revolver- pressen beschäftigt. In ein-r bei Gravenstein gelegenen Ziegelei wurden Frauen im Ofen beschäftigt. In einer ostpreussischen GutSziegelei hatte der Ziegelmeister mehrere Jahre seine jugendlichen Dienstmädchen in den Nächten von Sonnabend zum Sonntag mit Bedienung des Ringofens be- traut, da er aus Sparsamkeitsrücksichten nur einen Brenner hielt, der in diesen Nächten nach seinem weit entfernt liegenden Wohn- ort ging. Ein Mädchen, das am Tage schon schwere Arbeit vec» richtet hatte, schlief in der Nacht vor Uebermüdung auf dem Ofen ein und zog sich schwere Verbrennungen zu." Gerichts-Zeitung. Gegen ben Messerstecher Bennewitz , der bekanntlich in dem Verdacht steht, die zahlreichen Messer- attentate auf Frauen und Mädchen im Jahre 1909 verübt zu haben, hatte gestern die Ferienstrafkammer des Landgerichts eine Anklage zu verhandeln, in welcher es sich ebenfalls um Messer- attentate handelte. Die Verhandlung Segen den aus der Unter- suchungShaft vorgeführten 29jährigen Maler Richard Bennewitz fand unter Ausschluß der Ocfscutlichkeit statt, doch wurde den Vertretern der Presse auf Antrag die Anwesenheit gestattet. Der fchon wehrfach vorbestrafte Angeklagt« ist ein kleiner, unscheinbarer und schwächlicher Mensch, dessen Gesicht durch fortwährende nervöse Zuckungen entstellt ist. Ihm wird im einzelnen folgendes zur Last gelegt: In der Nacht zum 24. November v. I. sprach der Angeklagte in der Borsig. strotze die damals unter stttenpolizetlicher Kontrolle stehende jetzige Kassiererin F. an. mit der er sich in ein Hotel in der Eichendorff. ttrasse begab. Der Angeklagte riegelte sofort die Tür hinter sich ab und schlug, als die F. infolge feines sonderbaren Benehmens die Flucht ergreifen wollte, ohne weiteres mit einem Messer auf sie ein. Hierbei stieß er die Drohung auS, er werde die I. tot- überhäuften Arbeiterviertel, noch mehr übervölkert durch den Zu- drang der Abgebrannten, sind zum Herd der Choleraepidemie geworden. Die Häuser, die hier von Menschenmassen überfüllt sind, verdienen oft überhaupt nicht den Namen einer menschlichen Behausung. Es sind elende, vom Wind schief gewehte Baracken» die den Regen durchlassen und bei jedem Windstoß neue Lücken zeigen. Gelegentlich dient ihnen eine Felsenwand als Mauer. Ein elender, von schmutziger Nässe triefender Verschlag zwischen zwei Stockwerken bildet den Abort für mehrere Familien. Von Kanalisation keine Spur. Ein Bach flieht durch die ungepflasterte Strasse, bildet stinkende Wassertümpel, in die der Unrat der ganzen Umgebung geworfen wird. Hier nun, in Schmutz und Elend drängen sich die Menschen in einer Menge zusammen, daß ich, mitten im Zimmer stehend, mich verwundert fragte: wie finden sie denn alle nebeneinander Platz, wenn sie sich hinlegen? Wenn da einer an Cholera erlrankt, müssen unbedingt auch die anderen krank werden. Die ganze Nahrung dieser Armen— es find Lastträger, Handwerker, Fabrikarbeiter, kleine Händler— besteht im Sommer aus Gemüse, Früchten und Fischen der billigsten Sorte. Das machen ihnen die reichen Leute, deren eigenes Leben durch die Epidemie jetzt bedroht ist. zum Vorwurf. Man verbietet ihnen diese Ernährungsweise, man entzieht ihnen die billigen Nahrungsmittel mit Gewalt. Aber wo wollen sie das Geld zu anderem, besserem hernehmen? Darum wird auf geheimen Wegen der Handel mit schlechten Früchten und Fischen weitergetrieben. Zugleich verbirgt die Bevölkerung die Kranken. Aber einen Augenblick gibt es, wo kein Verstecken mehr hilft: daS ist. wenn der Tod eintritt. Tann wird die Leiche einfach vor die Tür gelegt, wo sie oft auf offener Strasse stundenlang daliegt, bis die Sanitätskommission sie wahrnimmt. Immer von neuem erscheint die Tragbahre der Sanitätskommission und die Nachbarn schauen aus den Fenstern zu. ES ist ein grosse?, ein furchtbares Elend, und der Hauptgrund diese? Elends ist— das Elend. Die Cholera ist die Krankheit der Armen und zugleich die Rache, die die Armut an dem Reichtum nimmt. Konstantinopel , LI. August. An Cholera sind bisher insgesamt SS3 Personen erkrankt, von denen 502 gestorben sind.. Ncsküb, 21. August. Die von der Cholera in Alt-Serbien und Mazedonien angerichteten Verheerungen sind ungeheuer. Die Anzahl der Toten beläuft sich entgegen den Angaben, welche amtlicherseits gemacht werden, in der eu ropäischen Türkev auf fast 1500, worin die Konstantinopeler Fälle nicht ein- begriffen sind.; Paris , LI. August. Wie aus Montpellier berichtet wird, find irt Nefsiach mehrere Personen unter choleroverdächttgen Symptomen erkrankt. Drei Personen sind bereit» ge stor- ben. Der Präfckt des Departements hat unverzüglich umfassende Vorsichtsmassregeln angeordnet, um eine Verbreitung der Seuche zu verhindern. Sämtliche Erkrankten sowie die mit ihnen in Be- rührung gekommenen Personen sind isoliert worden,, stechen und wenn er zehn Jahre Zuchthaus bekomm?. Durch ble s ES ist gekoMMeck, wie eS anders«ich! zS erfvarfen war: die Hilferufe der F., die sieben Messerstiche im Gesicht und an den-'''«... Armen davontrug, eilte der Hotelportier herbei. Als der Auge- klagte trotz wiederholter Aufforderung nicht öffnete, schlug der Portier mit einem Beil die Tür ein. Der Messerstecher wurde fest genommen und zur Polizei gebracht. Im Laufe des Verfahrens ergab es sich, daß Bennowitz im Oktober eine ganz ähnliche Tat be- gangen hatte. Er hatte mit der Prostituierten Bicneck ein Ab- stcigequartier einer Frau Kahl aufgesucht und war auch in diesem Falle über das Mädchen hergefallen und hatte es mit einem Messer und einem Revolver bedroht. Als die B. auS dem Zimmer flüchtete, lief er ihr nach und bedrohte auf dem Flur die Frau Kahl mit dem Tode, als diese sich ihm in den Weg stellte.— In der gestrigen Ver- Handlung behauptete der Angeklagte, dass er sich auf Einzelheiten überhaupt nicht mehr besinnen iönne, da er s. Z. angetrunken ge- Wesen sei. Er sesimit der F. wegen der Bezahlung in Streit geraten in dessen Verlauf sie ihn ins Gesicht geschlagen habe. Wie er dazu gekommen sei, mit seinem Messer zu stechen, wisse er nicht. Wäh- rend das Versahren gegen Bennewitz schwebte, tauchte der Verdacht auf, daß er mit jenem unheimlichen Messerstecher identisch sei, der im Jahre 1909 zahlreiche Frauen und Mädchen in den Unterleib gestochen und dadurch in einem Falle den Tod einer Frau herbei- geführt hatte. Wegen dieser Attentate schwebt zurzeit noch ein besonderes Verfahren gegen Bennewitz . ES sollen, wie behauptet wird, Kvölf Frauen und Mädchen den Angeklagten als jenen Messerstecher wiedererkannt haben. Als diese Tatsachen in der ersten Verhandlung gegen Bennewitz , die im April d. I. stattfand, berannt wurden, stellte Medizinalrat Dr. Hofftnann den Antrag, den Angeklagten erst noch auf die Dauer von sechs Wochen in einer Irrenanstalt auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Der jetzt w Wuhlgarten tätige. Oberarzt Dr. Hesse nahm in der Irren-- anstatt Herzberge diese Untersuchung vor, die, wie der Sachverstän- dige vor Gericht erklärte, ergab, dass Bennewitz zu der Klasse der Psychopathen zähle, sehr leicht durch äußere Einflüsse erregbar sei. nicht aber im Sinne des§ 51 geisteskrank sei. Derselben Ansicht war Medizinalrat Dr. Hoffmann, der den Angeklagten einige Zeit im Untersuchungsgefängnis beobachtet hatte. Die Staatsanwalt-- schaft beantragte mit Rücksicht auf die von dem Angeklagten an den Tag gelegte Roheit eine Gefängnisstrafe Von 3 Jahren unter Freisprechung von der Anklage des Diebstahls. DaS Gericht erkannte auf 1 Jahr und 9 Monate Gefängnis unter Anrechnung von 3 Monaten der erlittenen Untersuchungshaft. Ausstellen von Ware« am„goldenen Sonntag". Ein Kaufmann in Lüneburg hatte mit Rücksicht darauf, dass er sein Geschäft am Sonntag vor Weihnachten, dem sogenannten goldenen Sonntag, den ganzen Nachmittag offenhalten durfte, auch bis nachmittags um 4 Uhr verschiedene Gegenstände vor der Ladentür ausgestellt und aufgehängt. Dadurch sollte er die Ver- ordnung über die äussere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage vom 22. August 1900 ubertreten haben, welche gleich ähnlichen Ver- ovdnungen in anderen Provinzen ein derartiges Ausstellen und Aushängen von Sachen an den Sonn- und Feiertagen nach dem Beginn des HauptgotteSdiensteS am Vormittag verbieten. DaS Schöffengericht sprach ihn frei, indem eS sich seiner Auf- fassung anschloß, daß die fragliche Bestimmung über die Heilig- Haltung der Sonntage nicht auf den goldenen Sonntag Anwendung finden könne, weil der Geschäftsbetrieb an solchen Sonntagen über- Haupt gestattet sei. Das Landgericht verurteilte ihn jedoch mit folgender Begrün- dung: Die Vorschrift über das Aushängen und Ausstellen von Waren beziehe sich auf alle Sonntage ohne Unterschied. Der An- geklagte könne sich deshalb nicht auf die AuSnahmevorfchriften über >en Geschäftsbetrieb an den Sonntagen vor den grossen Festen be- rufen. Wenn« den Glauben hatte, eS zu können, so fei daS ein Rechtsirrtum, der ihn von Strafe nicht befreie. Das Sammergericht verwarf dieser Tage die vom Angeklagten dagegen eingelegte Revision. ES führte auS: Nach der Polizeiver- ordnung fei daS Gebot, dass die Sachen nicht ausgestellt oder au». gehängt werden dürfen, als gesondertes Gebot zu betrachten. Es hänge damit, ob und wieweit Sonntags verkauft werden dürfe, in keiner Weise zusammen. Darum se, es unzutreffend, daß das Verbot nicht gelten könne für die Fälle, wo auch Sonntagnach- mittckgS der Verkauf freigegeben sei. Mit Recht sei Angeklagter verurteilt worden. Also: am goldenen Sonntag darf verkauft, aber eine ver- kaufsware nicht ausgestellt werden, weil der Verkauf die Sonn- tagsheiligung bedrohe: erkläre mir, Graf Oerindur, diesen Awie- spalt der Natur._ Sparta sie« mar der. Wege» Betruges und Nrkundrnfälfchung hatte sich in der letzten Sitzung des Amtsgerichts zu kalkberge der Heilgehilfe Paul au» Wattersdorf zu verantworten. Der Angeklagte hatte früher den Posten eine» Kassierer» bei der WolterSdorfer Spar- und Dar- lehnskasie inn«. Von diesem Vertrauensposten wurde Paul, nach- dem Liquidation beschlossen worden war. infolge mangelhafter Buchführung abberufen. Der Arbeiter Klemke schien von der Auf- lösung der Kasse nicht» zu wissen, denn er sandte an Paul noch zweimal Sparbeträge. Statt ihm nun die Angelegenheit klar- zulegen, nahm er das Geld an sich und verwendete es für eigene Zweck«. DaS Urteil lautete auf eine« Monat Gefängnis, Hus aller Melt. Die Cholera mid die Armut. Aus Konstantinopel schreibt uns Genosse ParbuS: .Der Mensch gewöhnt sich an alle?. Wenn der Tod offen auf der Strasse seine Opfer holt, täglich und stündlich, dann ver- liert er den Schrecken des Ungewohnten und man blickt dem gefaht, fast gleichgültig in die Lugen. DaS habe ich während der russischen Hungersnot bei der Skorbutepidemie wahrgenommen. Das sehe ich jetzt in der Türkei bei der Choleraepidemie. Ich kehre soeben von einer Wanderung durch die Cholera- Herde von Konstantinopel zurück. Meine Journalistenkarte öffnete mir alle Absperrungen. Und da? ist der unheimlichste aller Eindrücke, die ich hinwegtrug: die Gleichgültigkeit. mit der die Bevölkerung aus den Fenstern zusah, wie man Sterbende und Tote hiuwegschaffte. Man hat sich eben daran gewöhnt. DaS ist die Cholera: sie kommt und holt sich ihre Opfer. Jetzt kennt man das und registriert einfach die Tatsache. Und wenn man sich beklagt, so beklagt man sich nicht über die Cholera, sondern über die sanitären Massnahmen. Die Aerzte und Be- Hörden entrüsten sich darüber, und alle Welt schimpft über den Stumpfsinn der Massen. Die Sache hat aber ihren tieferen Grund. „Die haben es gut"— sagte mir ein Arbeiter in einer choleraverseuchten Strasse und zeigte auf ein Hau?, das. weil sich darin Cholerakranke befanden, abgesperrt wurde—„denen gibt man zu essen; wir aber gehen halbverhungert umher." Das hängt so zusammen: wird ein Cholerafall konstatiert, so wird das Haus abgesperrt; niemand darf hinein oder hinaus; da die Leute mfolgedessen nichts verdienen können, gibt ihnen die Munizipalität Nahrungsmittel. Die Einwohner der Häuser, in denen noch kein Cholerafall vorgekommen ist und die folglich nicht abgesperrt sind, erhalten selbstverständlich keine Unterstützung. Da aber da? ganze Stadtviertel wegen der Choleraepidemie in Verruf geraten ist. so haben viele ihre Arbeit verloren; andere kamen um ihren Verdienst, weil der Strassenhandcl mit Obst und Getränken verboten wurde; alle schliesslich leiden unter der Teuerung, die durch die sanitären Massnahmen gesteigert wurde. Tie Cholera bedeutet den Tod— diesen fürchtet das Elend nicht; die sanitären Maßnahmen bedeuten Hunger, und den Hunger möchten diese Un- glücklichen vermeide«! Von der Hochzeit in den Tod. Ein Automobil, in dem der Leutnant g i m d a r S vom Feld« artillerieregiment Nr. 71 in Graudenz in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend von seiner HochzeitSseier in Graudenz nach T h o r n fahren wollte, fuhr bei DierrichSdorf gegen«inen Baum. All« vier Insassen wurden k, erausgeschleudert. Der Leutnant wurde leben»- gefährlich, die junge Frau, der Chauffeur und ein Kellner wurden leichter verletzt. Ueber ein zweites schwere? Automobilunglück wird auS Halle a.S. berichtet, dass eine Automobildroschle in der Nähe von Naundorf gegen eine Telegraphenstange fuhr. Die drei Insassen, eine Dame, ein Herr und der Chauffeur wurden herausgeschleudert und erlitten schwere Verletzungen. Bei einem dritten Sutomobilunglück, da» sich auf einer Chaussee nach Kassel zutrug, wurde ein Kind deS Direktors E m m i n g- hau« au» Osnabrück getötet. Ein zweites Kind erlitt einen Schädelbruch. Tie Frau de« Direktor» erlitt inner« ver- letzungen, so daß sie bewuhtlo« vom Platze getragen werden musste. Emminghau« kam mit einer leichten Handverletzung davon, während der Chauffeur unverletzt blieb. Ueberall Brandkatastrophen. Am Sonntagmorgen brach in den Opel-Werken zu Rüssels« heim ein furchtbarer Brand aus, der in die an der Eisenbahnlinie entlangliegenden Bauten, in denen sich die Nähmaschinen- und Fahrradabteilung befinden, zerstörte. Die Feuerwehr der Fabrik sowie die auS Rüsselsheim und Frankfurt a. M. konnten nach vier Stunden des Feuers Herr werden. Die Eisenbahnzüge konnten nicht verkehren, da ein Ueberlpringen deS Feuers zu befürchten war. Durch den Brand wurden 20000 Räder und 30000Näh- Maschinen vernichtet. 8000 Arbeiter sind brotlos. Der Schaden wird auf vier bis fünf Millionen Mark geschätzt. In der Kammgarnspinnerei in Bietigheim (Württemberg ) brach am Sonntag, wahrscheinlich durch Selbstentzündung, Gross« feuer aus, dass die Kämmerei vollkommen einäscherte.— Ferner brach in W a l d h a u s e n bei Lorch Feuer auS, dem sieben Wohnhäuser zum Opfer sielen. Ausserdem wurden verschiedene Stallungen eingeäschert, darunter das ehemalige Schulhaus und daS frühere Rathaus. Acht Familien sind obdachlos. In D i l l st e i n in Baden äscherte ein Brand da« Sägewerk von Gangenbach und zehn Wohnhäuser ein. 24 Familien., teilweise ihrer Habe beraubt, sind obdachlos. Ein sckweres Brandunglück, bei dem zwei Menschen de« Tod in den Flammen fanden, wird auS D o r n b i r n(Vorarlberg ) gemeldet. In der Nacht zum Sonntag brannten dort vier Häuser nieder. Der Kaufmann Lug er, der ein Dienstmädchen retten wollte und ein anderer Mann kamen in den Flammen um. In der französischen Ortschaft Flins brach am Montag»ine FeuerSbrunst aus, die einen Pachihof vollständig einäscherte. Zwei kleine Kinder, die sich nicht mehr rechtzeitig retten konnten, kamen in den Flammen um. Ihre verkohltenLeichen wurden später aufgesunden. Kleine Notizen. Opfer der Berge. Auf d:r Kleinen Scheidegg(Bern ) ist ein Tourist aus Bayern bei dem Versuche, ohne Führer den Weissen Mönch zu besteigen, abgestürzt. Seine Leiche wurde nach Lauterbrunncn gebracht.— Auch in Z i n a l(Wollt») ist eine achtzehnjährige Tomisttn aus Strassburg beim Edelweissp stücken ab- gestürzl und hat den Tod gefunden. Beim Bade» ertrunken. Wie ein Telegramm auS Elving meldet, ertranken au, Sonntag beim Baden in der offenen See bei Kahlberg der Werkmeister S-h i k o r r auS Elvi, ig und zwei er- wachsene Töchter. Der Vater war an eine tiefe Stelle geraten. die Töchter hatten versucht, ihn zu retten. Folgenschwere Explofio». In M u d o n erfolgte Montag vor- mittag eine Explosion eincS WaffcrstoffbehälterS. wodurch zwei Arbeiter getötet und mehrere erheblich verletzt wurden. Die Leichen sind bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden.
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