tvenn sich nicht bei einem©nTtelcft parlaMniarischer Schwierigkeiten infolge eines verspöteten Einberufens die Regierung dem berechtigten Vorwurfe aussetzen wolle, daß sie selbst die Schwierig- ieitcn verschuldet habe. Zudem habe doch im März das Abge- ordnetenhaus die bekannte Entschließung gefaßt. In der die Re- gierung ersucht wurde, den Landtag noch vor Weihnachten einzu- berufen. Freilich bestreitet die«Deutsche Tagesztg." der«Nationallibe- ralen Korrespondenz" gegenüber mit Entschiedenheit, daß die frühere Einberufung an dem Einspruch des preußischen Landwirt schaftsmini st ers scheitere, der, wie von natio» nallibcraler Seite behauptet werde, die Einbringung des Par- zellierungsgesetzes möglichst hinausschieben wolle. Das Agrarier- organ wirft die mißbilligende Frage auf, was denn dieser«fort- währende Kleinkrieg" gegen den Landwirtschaftsminister eigentlich bezwecke. Die Frage ist sehr naiv, denn die«Deutsche Tages- zeitung" weiß sehr genau, daß die Nationalliberalen Herrn von Schorlcmer se.ne scharfe Absage an den HakatismuS nicht verzeihen können. Die Rationalliberalen sollten freilich von der Aussichtslosigkeit ihres Kleinkrieges gegen Herrn von Schor- lemer überzeugt sein, da dieser Herr dafür ja das umso größere Vertrauen der Agrarier gemeßt! Agrarisches über die Wahlparole. DaS Bündlerorgan bestreitet, daß die Marokko - frage zur„eigentlichen" Wahlparole gemacht werden soll. Gewiß werde die Marokkofrage bei den bevorstehenden Wahlen „unter allen Umständen im Vordergrund der Erörterungen stehen"; aber eine Wahlparole im eigentlichen Sinne könne sie deshalb nicht sein, weil die verschiedenen Parteien in diesem Punkte ja völlig einig seien, während sie sich doch auf anderen Gebieten heftig bekämpfen müßten. Nur insofern komme die Marokkofrage als Wahlparole in Be- tracht, als diejenigen, die„eine Frage der deutschen Ehre ge- ringschätzig" behandelten, von allen übrigen Parteien mit derselben Schärfe und Entschiedenheit be- kämpft werden müßten I Herr Oertel und seine Leute möchten sich also der Marokkofrage doch wieder in ähnlichem Sinne bedienen, wie sie seinerzeit den Kolonialrummel ausgeschlachtet haben. Das paßt den Junkern um so eher, als ja diesmal der Kampf nicht gegen, sondern mit dem Zentrum gemein- s a m geführt wird, und die Sozialdemokratie mit ihrem Protest gegen den Marokkorummel sich in zwar höchst ehrenvoller, aber auch totaler Isoliertheit befindet. Sei es drum: wenn unsere Gegner mit ihrem weltpolitischen Radau etwas ausrichten zu können glauben, so wollen wir ihnen gern auf dies Kampfgebiet folgen. Und wir sind sicher, daß die Kriegshetzer und Kolonialsexe diesmal sehr schlecht abschneiden werden I Als weitere Wahlparole bezeichnet das Bündlerorgan „Aufrechterhaltung und Ausbau des deut- schen Schutzzolles auf der einen und Bekämpfung der antimonarchischen, v a t e rl a n d s l o s e n Sozialdemokratie auf der anderen Seite". Auf diese Sammelparole war man gleichfalls längst gefaßt. Daß sie auch geeignet sein wird, Konservative, Zentrum und National- liberale zusammenzuführen, unterliegt kaum einem Zweifel. Daß aber trotz dieses schönen Bundes von Junker, Pfaff und Schlotbaron der Umsturz im Lande mächtig um sich greifen wird, bezweifelt das Agrarierorgan wohl auch selbst nicht! Eisenbahn-Kleinkrieg. „Die.Rord deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „In einem Teil der Presse ist neuerdings wiederum das Thema:«Eine deutsche Eisenbahngcmeinschaft" behandelt und behauptet worden, daß.ein erbitterter Kleinkrieg der bundeSstaat- lichen Eisenbahnen gegen einander stattfinde" und daß.ein Staat den anderen durch Umleitungen schädige und ärgere". DieS entspricht nicht den Tatsachen. Die Leitung der JnlandSverkehre ist von den diutfchen Regierungen mit StaatSbahnbesitz bereits 1905 im vollen Ein- vernehmen einheitlich nach dem Grundsatz geregelt worden, daß Umwege über 20 Proz. der Länge nicht gefahren werden dürfen, und daß innerhalb dieser Grenze im Interesse einer wirtschaftlichen Betriebsfnhrung stets der leistungSsähigste Weg zu wählen sei. Für diese Abrede war maßgebend, daß der kürzeste Weg nicht immer der wirtschaftlich beste ist, daß Umwege also schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und deS Betriebes nicht ganz zu vermeiden sind. Andererseits beruht die Annahme. daß den Schaden das Publikum zu trage habe, auf einem Irrtum. Die von dem Publikum zu zahlende Fracht berechnet sich stets über den kürzesten fahrbaren Weg. gleichviel welchen Weg der Verkehr in Wirklichkeit nimmt." Die Stelle, die diese Rechtfertigimg verübt hat. hätte auch bester getan, wenn sie geschwiegen hätte. Besonders die sächsische und die bayerische Staatsbahnverwaltung kann ein Lied singen von den .steund— nachbarlichen" Konkurrenzkniffen der preußischen Eisenbahn- Verwaltung, um den Durchgangsverkehr nach Möglichkeit auS diesen beiden Staaten abzulenken._ Ter Kampf um die Badezelle. In Orscholz a. d. Saar tobt um die große Frage, wie hoch die Wände der Badezellen für Schulkinder sein müssen, ein gewaltiger Kampf zwischen dem katholischen Pfarrer und dem Landrat: ein Kampf, der, da die Trierer Regierung für den Landrat, die Jen- trumspresse für den Pfarrer Partei ergriffen hat, sich vielleicht noch zu einem großen Weltereignis gestalten wird. Orscholz hat nämlich in seinem neuen Schulgebäude eine Badeeinrichtung an- gelegt, gegen die der Pfarrer sofort den Krieg eröffnete. Er verlangtecineErhöhungderZellenwändebiS zum völligen Abschluß von der Außenwelt. Man antwortete ihm, daß die Lchrpersonen das Baden überwachen müßten, kam ihm aber entgegen und brachte„Segeltuchvorhänge" an. Der Pfarrer aber konnte seine grundsätzliche Abneigung gegen die ganze überflüssige Baderei nicht überwinden, machte die Gemeinde mobil, drohte in einer neuen Eingabe, die an die Regierung weitergelcitet wurde, mit dem Verbot deSBadebefuchs und rief in einer Vereinsversammlung, die erbaulicherweise auf den Sonntag der- legt wurde, das katholische Volk gegen den Landrat von Saarburg zu den Waffen. Nun erfolgte, wie die«Frankfurter Zeitung " er- zählt, unter dem 8. Juli eine geharnischte Note der Trierer Regie- rung an den Pfarrer, der nebenbei Ortsschulinspektor ist, er möge Bericht einsenden und sich darüber äußern, wie er dazu komme, als LrtSschulinfpektor für Orscholz gegen eine behördlich genehmigte Anlage Propaganda zu machen. Der Pfarrer aber beruft sich jetzt auf seine Seelsorgerpflicht, lehnt den Bericht ab und rüffelt seinerseits die Regierung in einer Tonart, wie man sonst an Untergebene schreibt. Und die«Germania " fordert, falls den Schuldigen von der Regierung in Trier kein Verweis erteilt werde, das Abgeordnetenhaus auf, sich der Sache anzunehmen. Auf den Ausgang des Orscholzer BadezellcnkriegeS darf man jedenfalls gespannt sein._ . Eine dunkle Soldatenmifthandlnngsgeschichte. Wenn vor irgend einem Kriegsgericht ein Fall zur Verhandlung kommt, der geeignet ist, die Verhältniste im Heere bedenklich-r- scheinen zu lassen, dann gibt cS bekanntlich allerlei sogengnllte „mttitärMenstliche Gründe', die für den«uSfchluß der OeffenMchkeit herhalten mästen. Bei den Marinekriegsgerichten gibt eS noch ein anderes Mittel, Unberufene von den Verhandlungen fernzuhalten. Die Sitzung deS Kriegsgerichts wird einfach an Bord eines Kriegs- fchiffes verlegt. Will man ganz sicher gehen, dann bildet der AuS- fchluß der Oeffentlichleit der Verhandlunge» hierzu noch die Er- gänzung, wie es dieser Tage aus dem großen Panzerkreuzer .V. d. Tann" der Fall war. Der Tatbestand, aus dem die Anklage erfolgt ist, hat sich zu« getragen in Brasilien . Der Panzerkreuzer lag Mitte März d. I. im Hafen von Rio de Janeiro . In der Nacht zum 16. März starb der Hcizerrekrut Büch, der einzige Sohn eines EifenbahnwerlmeisterS in Saarbrücken . Büch batte erst 2'/z Monate gedient. Amtlich wurde belannt gegeben, fein Tod fei die Folge einer Hcrzlähmung. Büch wurde fern von seiner Heimat in Brasilien beerdigt. Bald verbreiteten sich aber Gerüchte, daß Büch infolge von Mißhandlungen von Kameraden gestorben sei. Dem Büch wurde nämlich der Heizerdieuft zu schwer, er meldete sich mehrmals krank, wurde aber nach ärztlicher Untersuchung immer wieder zum Dienst gesandt. Bei- einigen seiner Vorgesetzten und seinen Kameraden soll sich darauf die Meinung festgesetzt haben, er wolle sich nur aus Unlust drücken und sie müßten deshalb stärker zum Dienst heran. Der Vater des Verstorbenen ging der Sache nach, er erreichte, daß Untersuchungen eingeleitet und schließlich gegen die Heizer Kränzen, SieverS, Lange, den Maschinisteumaaten Krüger und den Maschinisten Seemann Anklage erhoben wurde. Die Verhandlung fand am Dienstag an Bord des Panzerkreuzers„v. d. Tann" statt. Der Wortlaut der Anklage bleibt ein Geheimnis, denu sofort nach Er- öffnung der Sitzung wurde die Oeffentlichleit auSgefchloffen. Nach siebenstündiger Verhandlung, in der eine große Anzahl von Zeugen und Sachverständigen vernommen wurde, erfolgte die Verkündigung deS Urleils. Die drei Heizer wurden wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu je einem Monat Gefängnis der- urteilt. Der Maschinistenmaat Krüger erhielt 14 Tage Mittel- a r r e st, der Maschinist Seemann wurde freigesprochen. In der Begründung des Urteils, die öffentlich gegeben wurde, heißt eS: Es sei bei den angeklagten Heizern die Frage zu prüfen gewesen, ob eine Körperverletzung mit TodeSerfolg vorliege. Diese Frage mußte daS Gericht verneinen, denn durch die Beweisaufnahme habe ein Zusammenhang zwischen der Körperverletzung durch die Angeklagten und den Tod des Heizers nicht festgestellt werden können. Die drei Heizer haben sich aber der gemeinfchaft« lichen Körperverletzung des Büch schuldig gemacht, sie haben bewußt zusammen gehandelt als sie ihm Ohr- feigen, Stöße und Püffe versetzten. Es mag ihnen zugute gerechnet werden, daß sie ärgerlich waren, weil sie wegen Büch mehr Dienst tun mußten. Durch die Beweisaufnahme konnte ferner nicht festgestellt werden, daß der Maschinistenmaat und der Maschinist vorher gewußt haben, daß die Heizer den Büch mißhandeln wollten. Von einer Beihilfe zu gemeinschaftlicher Körperverletzung könne also keine Rede sein. Dagegen habe der Maschinisten - maat sich abgewendet, um nichts von den Püffen und Schlägen zu sehen. Darin liege eine fchuldhaste Verabsäumung seiner Pflicht zur Beaufsichtigung Untergebener. Der Oberingenieur habe allerdings befohlen, wenn die Heizer schlapp werden, sollten sie auS dem Heizraum gebracht werden. Möglich sei, daß dieser Befehl nicht so scharf präzisiert worden sei, daß er den Maschinisten klar zum Bewußtsein gekommen. sei. Ob der Heizer Büch, der allgemein als«in kräftiger Mann geschildert wird, seinen Dienst nicht machen konnte, bleibt dahingestellt. Die Angeklagten konnten annehmen, daß Büch«in Drückeberger war. Die Ohrfeigen, Püffe und Stöße könnten als erhebliche Ausschreitungen nicht angesehen werden, deshalb wären den Angeklagten mildernde Umstände zugebilligt worden. Aus der Urteilsbegründung geht hervor, daß die Anklage gegen die Heizer auf Körperverletzung mit TodeSerfolg und gegen die beiden Vorgesetzten auf Beihilfe gelautet hat. Ueber die eigentliche Todesursache sagt das Gericht nichts. Man sollte doch annehmen, daß die Todesursache Büch« ärztlich festgestellt, ja daß eine Leichen- öffnung zur Begründung der Todesursache erfolgt ist. Warum ver- schweigt daS Gericht daS Ergebnis? Wenn auS solcher Geheimnis- krämerei, die nicht daS geringste mit militärischen Interessen zu tun hat, die schlimmsten Vermutungen entstehen, mögen sich die Kriegs- gerichte selbst die Schuld daran zuschreiben. Oesterreich-Ungarn. Der entartete Sohn. Budapest , 24. August. K o s s u t h empfing heute eine Deputation der Sozialdemokraten seines Wahlbezirks Czegled, welche ihn zur Stellungnahme für das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht aufforderten. Koffuth erklärte, er könne das allgemeine Wahlrecht nur mit nationalen Kautelen akzeptieren. Ein Wahlrecht, das Ungarn den Feinden des Ungarn - tumS ausliefern würde, würde er niemals befürworten. ES ent- wickelte sich dann«in lebhafter Wortwechsel zwischen Kosiuth und dem Führer der Sozialdemokraten, welch letzterer darauf verwies, daß Koffuths Vater schon vor 60 Jahren für daS allgemein« Wahlrecht gewesen sei. Schließlich kehrte Koffuth der Deputation den Rücken. Portugal . Volkswehr und Schiedsgericht. Die Regierung hat eine Verordnung erlassen, die, nach Zustimmung des Parlaments, die Organisation der Volks- wehr regeln soll. Danach sind alle Portugiesen von 17 bis 45 Jahren zum Kriegsdienst verpflichtet. Der Einstellung (mit 20 Jahren) geht eine Ausbildung im Turnen und Schießen während drei Jahre voraus. Die aktive Dienst- zeit dauert, je nach der Waffe, 15— 30 Wochen, wozu Jnstruktionskurse von zwei Wochen und für die Reservisten zwei fünfzehntägige Wiederholungskurse hinzukommen. Eine gewisse Anzahl Freiwilliger wird für ein ganzes Jahr an- geworben. Nicht zum aktiven Dienst Ausgehobene haben sonntägliche Schießübungen mitzumachen. Für völlig Militärfreie besteht eine Wehrstcuer, die aus einem festen Mindestsatz und einein dem Einkommen entsprechenden Zuschlag besteht. Für internationales Schiedsverfahren spricht sich Artikel 63 der neuen Verfassung wie folgt auS: Die Republik erkennt, unbeschadet der Bestimmungen ihrer Bündnisverträge, den Grundsatz des Schiedsverfahrens, als besten Mittels zur Entscheidung internationaler Streitig- leiten, an._ Die Präsidentenwahl. Lissadon, 24. August. Die Nationalversammlung hat heute den Gesetzentwurf betreffend die Entschädigung der Deputierten und Senatoren angenommen und die Dotation für den Präsidenten der Republik auf 24 ContoS Reis festgesetzt. AuS Anlaß der Präsidentenwahl herrscht in der Um- gebung deS Parlamentsgebäudes lebhafte Bewegung. Bernardino M a ch a d o und Manuel A r r i a g o find die einzigen Präsident- schaftskandidaten. Die neue Verfassung wird morgen in Kraft treten. Sonnabend wird die Wahl von 71 Senatoren vorgenommen werden, die die Abgeordneten auS ihrer Mitte wählen. Die Senatoren müssen älter als dreißig Jahre sein. Arriga gewählt. Lissabon , 24. August. Arriaga ist mit 121 Stimmen ium Präsidenten der Republik gewählt worden. Hus der Partei. Preußische Redefreiheit. In Rathenow wurde Genosse Bruno Herzfekd aus Breslau unter der Anschuldigung, zum Klaffenhaß aufgereizt zu haben, verhaftet. Herzfeld soll sich in einer Volksversammlung in Rathenow in der Diskussion, in der er den preußischen Polizei- staat nach Gebühr kennzeichnete, deS erwähnten Delikts schuldig gemacht haben. Wenn etwas an den Ausführungen Herzfelds auf« reizend war, so sicher nur die preußischen Zustände, die er schilderte. Pom Fortschritt der Presse. Eine neue Parteizeitung soll nach den Beschlüffen der Kreis- generalverfammiung des 14. württembergischen Kreises am I.Oktober dieses Jahres in Ulm ins Leben treten. Das Blatt wird den Namen„Donauwacht" führen und in der Druckerei der Stutt- garter»Tagwacht" gedruckt werden. Uns Inäuftrie und Handel Die Baumwolle, die in Deutschland in ganz außerordentlichen Mengen verbraucht wird, hat in den letzten Jahren eine erhebliche Preissteigerung er« fahren. Im Jahre 190S betrug der Wert einer im Jnlande ver- brauchten Tonne Baumwolle 800 M., im Jahre 1910 aber 1170 M.. das ist eine Steigerung um 46,2 Proz. Im Jahre 1909 wurden 455 922 Tonnen Baumwolle im Werte von 532 Millionen Mark nach Deutschland eingeführt, im Jahre 1910 aber nur 402 428 Tonnen im Werte von 470 Millionen Mark. Die Ausfuhr aus Deutschland betrug 1909 zusainmen 61 355 Tonnen im Werte von 54 Millionen Mark, 1910 aber 46 479 Tonnen im Werte von 62 Millionen Mark. Während also daS Quantum erheblich zurück. ging, erhöhte sich der Wert der Menge. Die Handelskammern weisen schon darauf hin, daß sich die Steigerung des Preises der Baumwolle sehrbald inder VerteuerungderauS ihr hergestellten Waren äußern wird. Von der Einfuhr im Fahre 1910 kamen aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika 279 850, Britisch-Jndien 82825, Aegypten 33 684 Tonnen. Die Gesamtproduktion an Baumwolle in den drei wichtigsten in Betracht kommenden Gebieten betrug im Jahre 1909/1910 in Amerika 10 650 961 Ballen, Ostindien 4 502 000 Ballen, Aegypten 5 000772 CantarS. Di« Lieferungen aus den deutschen Kolonim waren, so wird übereinstimmend be- richtet, wieder«außerordentlich bescheiden". Die AuS- sichten für die Ernte 1910/1911 sollen allenthalben wieder un- günstige sein. Auf dem Wege zum Fleischtrust. Genosse Compire« Morel berichtet in der„Humanite" von einer neuen Entwickc- lungsstufe der französischen Fleischversorgung, auf der daS amerika- nische Vorbild nach Europa übertragen wird. Seit Anfang dieses Jahres besteht bei Paris die Aktiengesellschaft«Nationale" mit einem Kapital von 1 Million Frank zur Betreibung der Fleischerei. Mit ihrer vollkommenen Maschinerie, die cS fertiggebracht hat, 188 Schweine in 55 Minuten zu töten und zu reinigen, werden Fleischwaren aller Art hergestellt. Sie ist auf eine Verarbeitung von etwa 40 000 Stück Schweinen im Jahre berechnet. Und schon geht man daran, neue Werke zu bauen, die das Mehrfache leisten. Die Erhöhung deS Kapitals auf 4 Millionen ist beschlossen. Bei St. Etienne wird ein Werk mit 36 000 Quadratmeter Grundfläche errichtet, das elektrischen Betrieb, unmittelbaren Gleisanschluß, Ableitung der Wfälle in die Loire usw. erhält. Und im Departe- ment Ober-Vienne wird eine Schweinemästerei mit 60 Hektaren Fläche geschaffen. So denkt man, den Umsatz, der schon vom 1. April 1910 bis 31. Januar 1911 4� Millionen Frank über« schritten hat. zu vervielfachen. Ein andere« Unternehmen ähnlicher Art ist die Französisch- Madagassische Nahrungsmittelgesellschaft, die mit% Million Frank gegründet worden ist, um namentlich Rinder und Rind- fleisch, gefroren oder sonst konserviert, aus MadagaS kar ein- zuführen. ES geht also rasch vorwärts mit dem Großbetrieb. Die Französische Landwirtschaftliche Gesellschaft hat vor kurzem fest- gestellt, daß die schlechte Organisation deS Fleischvertriebs geändert werden müsse.„Man muß im Zuchtgebiet schlachten und daS Fleisch auf die Märkte der großen Städte schaffen." Jetzt werde ein Ochse von 500 Kilo, der bei dem Züchter 400 Fr. wert sei, durch die mangelhafte Handels- und Vertriebsorganisation um 156 Fr. verteuert. Im großen, in modernen Schlachthäusern verarbeitet, würden die Kosten 61 Fr. geringer sein und zugleich für 52 Fr. mehr Produkte erzielt werden: eine Ersparnis von 103 Fr.» 20 Cent, auf daS Kilo! Compere-Morel erwartet, daß solche Aktiengesellschaften sich bald allgemein einbürgern und den ganzen Fleischereibetrieb in ihre Hände bringen werden. Alz festorganisierte Monopolbetriebe würden sie dann, wie schon heute in Amerika , als Käufer den Bich- und als Verkäufer den Fleischmarkt absolut beherrschen. Wunderbare Aussichten für Produzenten und Konsumenten— solange sie sich die Kapitalsherrschaft auf diesem wie auf anderen Gebieten eben noch gefallen lassen. Kein TerroriSmuS. Die zunebmende Verschärfung de« Klassen» kampfeS in Oesterreich läßt die Scharfmacher und ihre Fanghunde, die«nationalen Arbeiter", die gleichen Methoden wie in Deutschland anwenden. Also: schwarze Listen. Aussperrungen, Klassenjustiz, Revolverschießereien, Messcrattentate— kurz all da», was man dann bekanntlich roten TerroriSmuS nennt... Da ist eS nun ganz interessant, zu zeigen, wie der blaue oder schwarz-rot-gelbe sdaS ist der«heilige nationale Dreifarb") NichtterroriSmuS aussieht. Ein Beispiel gibt daS Kartell der Zuckerraffinerien, an dem zahl» reiche Patenldeutsche, auch Abgeordnete von GeldsackSgnaden hervor- ragend beteiligt sind. Man hat, um da« Entstehen und Bestehen kartellfreier Raffinerien zu hindern, dir Material sperre ein« geführt. Gegen einen Lohn von 3,60 Kr. für jeden Meterzentner haben sich die Rohzuckerfabrikanten, unter denen wieder viele „tschechische Erbfeinde" find, was aber in Geldsachen nichts aus» macht, verpflichtet, an kartellfreie Raffinerien keinen Rohzucker zu liefern. DaS Geschenk von 11 Millionen Kronen jährlich an die willigen Rohzuckerfabrikanten zahlen natürlich nicht die raffinierten Raffineure, sondern die Konsumenten. DaS Kartell hat durch entsprechend frühzeitige und ausgiebige Preiserhöhung hierbei natürlich noch weitere Millionen Sondergewinn eingesackt. Dem Kaufmann wird der Zucker gerichtlich so berechnet, wieviel er mit der Verpackung wiegt: also auch für Papier und Bind« faden muß die Humaue Verbrauchssteuer von LS Heller <81 Pfennig) pro Kilo entrichtet werden! DaS ist bei je 1000 Kilogramm 12 Kronen Extrarebbach. Nun aber, nach der Teilung der Beute zwischen den„Rohen" und„Raffinierten" hat man binnen der letzten sechs Monate den Verkaufspreis um 34 Prozl erhöht. Der Zucker kostete(ohne Steuer pro 100 Kilogramm)- vor sechs Monaten 36,50 Kronen und kostet jetzt 49 Kronen! Diese wahnsinnige Verteuerung wird durch die börsenmäßige Preissteigerung des Rohzuckers infolge de« ungünstigen Wetters noch lange nicht gerechtfertigt. Und es ist doch der billig eingekaufte vorjährige Zucker, nicht der teuere dieses Sommers, den die Wucherer jetzt so teuer verlaufen. Und zu guterletzt haben die Kartellisten nun auch noch den früher frei verkäuflichen und billigeren Zucker, der nicht ganz weiß geworden ist und der natürlich zur Verarbeitung sehr gern ver» braucht wurde, einbezogen und der Roh- sowohl wie der Kristallzucker werden künftig nur 1—3 Kronen pro 100 Kilogramm gegen 6—12 Kronen früher billiger sein als der weiße Zucker. Wenn Arbeiter unter dem Zwang der Not ein paar Groschen mehr Lohn fordern— roter TerroriSmuS, psui! Wenn Millionäre brutal die ganze Industrie knechten und ein ganzes große« Reich nach Belieben und Willkür brsindschatzeg v herrliche deutsche Tai Heih hoch, hurra j
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