Ur. S04. Hbonncmcnts-Bcdingungens Abonnements- Preis pränumerando j Liertcljährl. SLU Mt, oionatl. 1.10 Mb, wöchentlich 28 Pfg. frei ins Haus. Einzelne Nummer K Pfg. Sonntags- nummcr mit illustrierter Sonntags- Beilage„Die Neue Welt» 10 Pfg. Post- sibonncmeiU! 1.10 Marl pro Monat. Emactragen in die Post-Zeitungs- Prcisllfic. Unter Kreuzband für Deutschland und Oesterreich. Ungarn 2 Marl, für das übrige Ausland 8 Marl pro Mona». VostabonnemcntS nehmen an: Belgien . Dänemark , Holland . Italien . Luxemburg . Portugal , tiiumänien, Schweden und die Schweiz . L8. Jahrg. VI« snlertlonz-Lebllh? telrägt für die sechsgespaltene Kolons!» Zeile oder deren Raum 60 Pfg., für politische und gewerlfchaftliche Vereins- und Verfammlungs-Anzeigcn M Pfg. ..Kleine Kn-elgen", das fettgedruckte Wort 20 Pfg.(zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 10 Pfg. Stellengesuche und Echlasstcllcnan- ieiacn das erste Wort 10 Pfg.. jedes weitere Wort S Pfg. Worte über 15 Buch- ftabc» zählen für zwei Worte. Inserate für die nächfie Nummer müssen bis & Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ijt bis 7 Uhr abends geöffitel. vlchclvt täglich außer montags. Berliner Volksblnik. Zcntralorgan der rozialdemokratifcbcn partci Deutfcblands. Dclegramm-ildrcffe: „Sozialdtmokrai lliMs" Redaktion: 8Al. 68, Lindcnstraoec 69. Fernsprecheri Amt IV, Nr. 1983. Freitag» den 1. September 1911. Expedition: 8 Cd. 68, binden Strasse 69* Fernsprecher: Stuit IV, Nr. 1084. Volk von Berlin ! Gestalte die Demonstration am Sonntag znr machtvollsten Kundgebung Deines unerschütterlichen Friedenswillens! Marokko ist nicht die Knochen eines einzigen deutschen Ar- beiters wert! Nieder mit den Kriegshetzern! Hoch die Solidarität mit unseren englischen und französischen Brüdern! futternot. Kegierulig und Agrarier. Die Lage, die durch die ungenügende Futterernte hervor- gerufen ist, ist so ernst, daß die Regierung nicht untätig bleiben kann. Freiherr v. Schorlemer, der preußische Land- Ivirtschaftsminister, begann danüt, daß er ein sehr wortreiches Rundschreiben an die Landwirtschaftskanimern ergehen ließ. Dieser Erguß ministerieller Weisheit ist stellenweise überaus erheiternd. So wenn der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, daß die Ermahnungen der Landtvirtschaftskammern die Schweinehalter bewegen werden, die Zucht nicht aufzugeben, Dieser Glaube an den Einfluß eines Aktenstückes ist so be- zeichnend für die Bureaukratenwirtschaft, daß sicher der zu- künftige Historiker, der zufällig auf diesen Wisch stoßen sollte, ihn als ein Kuriosum des papiernen Zeitalters vermerken wird. An greifbaren Dingen enthält das Schriftstück nur das Versprechen der Herabsetzung der Eisenbahntarife für Futter und Strelimittel: ein Versprechen, das inzwischen auch realisiert ist. Ferner ist die Rede von Verabfolgung des Waldstteus aus den staatlichen Forsten, was in waldreichen Gegenden eine kleine Ersparnis an Stroh bedeuten würde. Diese Maß- regeln erinnern an das Sprüchlein von der Mücke:„Jedes Vißchcn hilft," sagte sie, und spuckte in den Rhein , um den Wasserstand zu heben. Die Ermäßigung der Frachten ist schon insofern eine ab- solute Notwendigkeit, als zurzeit die Flußschiffahrt infolge des niedrigen Wasserstandes ungemein erschivert ist. In normalen Zeiten werden Getreide, Heu und ähnliche Massengüter meist auf dem Wasserwege befördert, der ungleich billiger ist. Wenn jetzt Futtermittel zu ermäßigten Frachtsätzen, die sich auf die Hälfte der normalen stellen, befördert werden, so stellt sich dieser Eisenbahntransport immer noch teurer als der Trans- Port zu Wasser. Um so mehr muß man staunen, daß die Regierung hier auf halbem Wege stehen bleibt. Es gilt nämlich die Frachterinäßigung für Rauhfutter(Heu, Klee u. dergl.) und für einige Sorten Kraftfütter(Oelkuchen, Kleie), dagegen nicht für Getreide zu Futterzwecken. Für Mais. Gerste, Hafer muß die volle Fracht bezahlt werden. Da. wie gesagt, der Wassertransport für manche Gegenden fast voll- ständig ausgeschlossen ist. die Zufuhr per Bahn aber horrend teuer ist, so sind die Landwirte jener Gegenden nicht in der Lage zurzeit die Futtemmtel zu beschaffen, sondern müssen warten, bis die Flüsse wieder schiffbar werden. Dabei wäre gerade jetzt der Bezug dieses Futtcrgetreidcs von entscheidender Bedeutung, denn es kommt darauf an das Vieh durchzuhalten. bis die Kartoffeln und Futterrüben eingebracht sind. Die Herabsetzung der Fracht für Rauhfutter ist kein Ersatz, denn Heu und Klee sind nur schwer aufzutreiben. Die schönen Redensarten von der Notwendigkeit der Erhaltung des Vieh- bestandes klingen daher wie Hohn, denn die Landwirte. denen die Futterstoffe fehlen, werden schließlich gezwungen, schon jetzt Vieh zu verkaufen. lieber dieHauptsache, dieSu spendierung der Zölle, schweigt sich der Herr Minister hartnäckig aus. Dieser so eigentüniliche Standpunkt der Regierung, daß eine Erleichterung des Bezuges von Futtergetreide nicht not- wendig sei, weder durch Aufhebung der Zölle, noch selbst durch Herabsetzung der Eisenbahnfracht, deckt sich— wie nicht anders" zu erwarten war— mit dem Standpunkt der Agrarier 4 Die„Deutsche Tageszeitung" speit Feuer und i Flamme gegen die, welche die Aushebung der Zölle fordern. fJhre Argumentation ist so erheiternd, daß wir sie in dieser s ernsten Zeit den Lesern nicht vorenthalten wollen: Im voraus ist hierbei zu bemerken, daß es nicht richtig ist, überhaupt von Futtermittelzöllen zu sprechen, selbst nicht bei Hafer, Gerste und MaiS. Nicht das Futterniittel als solches ist'mit Zoll' belegt, sondern der Zoll liegt auf dem Ge- treibe zum Schutze des betreffenden heimischen Getreide» baueS. Der Hafer ist mit einem Zolle belegt zum Schutze des Hafcrbaue», die Gerste zum Schutze des Gersten- baueS, der Mais zum Schutze von Weizen, Roggen, Hafer, Gerste und Kartoffeln. Jede Vermiitdertiug des ZollschutzcS auch nur auf Zeit trifft den heimischen Getreidebau und die heimische Getreideernte. Auch an den sogenannten Futtermittelzöllen hat die ge- samte Landwirtschaft ein starkes und allgemeines Interesse. Die Interessen der deutschen Gelreidebauer und der deutschen Vieh- züchter greifen so ineinander über, daß. wenn man irgendwo eine Lücke läßt oder auflut, sofort die Wirkung deS ganzen Schutzzollsystems beeinträchtigt oder gefährdet wird. Wollte man den Zoll aus Hafer und Gerste zeitweise aufheben, so würden die deutschen Bauern, die Hafer und Gerste geerntet haben, empfindlich geschädigt, vorausgesetzt, daß die Aufhebung des Zolles im Preise zum Ausdruck käme. Man würde also durch eine solche Maßregel ihre Not nicht lindern, sondern vermehren. Vom MaiS gilt das gleiche. Die Aufhebung des MaiSzolleS würde, wiederum vorausgesetzt, daß sie im Preise zum Ausdruck käme, nicht nur die Getreide-, sondern auch die Kartoffelbauern schädigen und den Notstand vermehren. Also: die Futtermittel sind nicht mit Zoll belegt, sondern nur der Hafer, der Mais, die Gerste. Dem Rindvieh und den Borstentieren muß man demnach plausibel machen, daß sie deshalb Mais nicht bekommen, weil es ein zu teuer ge- wordenes Futtermittel ist, sondern weil es halt Mais ist. Weder den Viersüßlern, noch dem Landwirte, der sie hungern lassen muß, wird— fürchten wir— damit geholfen sein. Ferner wird Tausenden und Abertausenden von Bauern nicht einleuchten, daß ihr Vieh zugrunde gehen muß, weil die Zölle...„die einheimische Landwirtschaft schützen." Auf ivclche Weise die Bauern„geschützt" werden sollen, durch künstliche Verteuerung des Getreides und der Kartoffeln, dürfte ein Geheimnis des Agrarierblattes bleiben. Da uäiulich diese Bauern nicht in der Lage sind, unter den ob- waltenden Verhältnissen auch nur die geringsten Mengen des geerntcten Produktes zu verkaufen, so ist ihnen mit hohen Preisen nicht gedient: sie müssen Futter st offe zu kaufen und d a h e r wi r d i h n e n d e r h 0 h e P r e i s zum Verderben. Freilich: der Staudpunkt der Agrarier wird sofort ver- ständlich, wenn man sich erinnert, daß in Deutschland die Großgrundbesitzer und Großbauern vielfach Verkäufer von Getreide und Futtermitteln sind, die Kleinbauern hingegen Käufer. Diese Tatsache wird klar und deutlich durch folgende Zahlen erläutert. Teilt man die landwirtschaftlichen Betriebe in zwei Größenklassen, solche mit einer landwirtschaftlich be- nutzten Fläche bis zu 20 Hektar und über 20 Hektar, so er- gibt sich folgendes: die Betriebe unter 20 Hektar haben ins- gesamt eine Fläche von rund 15458000 Hektar zur Ver- füguug, die Betriebe über 20 Hektar eine Fläche von 16 377 000 Hektar. Die Kleinbetriebe hatten nach der Zählung von 1907 einen Viehbestand von 12 344 000 Stück Rindvieh, 13 824 000 Stück Schweinen. Dagegen die Großbetriebe: 7 733 000 Stück Rindvieh. 5 041 000 Stück Schlveine. Es ist also klar, daß von dem Erttage eines Hektars ungleich mehr Tiere üu Klein- als im Großbetriebe ernährt werden müssen. Deshalb ist der Kleinbauer darauf angewiesen, die gcernteten Futterstoffe zu verbrauchen; der Großgrundbesitzer aber hat Ucberschuß. Es kommt hinzu, daß die Großbetriebe überdies aus ihren Brennereien, Zuckersiedercien, Bierbrauereien wert- volle Futterstoffe als Abfallprodukte beziehen(Rübenschnitzcl, Treber, Plempe). Es sind also die Großgrundbesitzer und Großbauern in der Tat an dem„lückenlosen Schutzzollsystem" interessiert und bei dem jetzigen Notstande mehr als je. Die kleine Bauern- schaft wird gezwungen, ihnen horrende Preise für Hafer, Gerste und Roggen zu bezahlen, wenn sie ihr Vieh durch- halten will. Für die nächste Zukunft aber ist mit einer starken Steigerung der Viehpreisc zu rechnen und dann, wenn die Viehbestände der Bauern stark gelichtet sind, iv i n k t den Großgrundbesitzern von neuem ein Extra- Profit. Dazu kommt, daß heilte die Dinge in der Land- Wirtschaft bereits wieder sich so gestalten, daß das Bauern- legen ein profitables Geschäft tvird. Werden also die bäuer- lichen Besitzer, von denen viele das Schwergewicht ihrer Wirt- schaft auf die Viehhaltung gelegt haben, durch das Notjahr ruiniert, so können die Junker billig Bauernhöfe erstehen. Wenn die Dürre eine Fügung Gottes ist, wie Wilhelm II. verkündet, so scheint dieser Gott ein besonderer Freund der Junker zu sein, und die gottesfürchtige Regierung Deutschlands tut was sie kann, um ja nicht durch Aenderung ihrer wählt» sinnigen Wirtschaftspolitik die Folgen dieser Fügung für die Kleinbauern zu mildern. Neben dem Bauern ist es natürlich auf den städtischen Konsumenten abgesehen. Der„lückenlose" Zolltarif hat die schöne Eigenschaft, daß er die Preise für die Nährstoffe von Vieh und Mensch gleichmäßig, in die Höhe treibt, und ganz besonders gilt daS vom Getreide. Werden Hafer und Gerste teurer, so wird auch Roggen teurer. Zurzeit beobachten tvir am Markte das anormale Verhältnis, daß Hafer und Futter- gerste, die für gewöhnlich tiefer im Preise stehen, als Roggen. bereits teurer sind. So wurden am letzten Sonnabend an der Berliner Börse folgende Preise verzeichnet: für sofort liefer- bare inländische Ware proTonne: Roggen 170— 175,50M., Hafer neuer Ernte 176— 190 M-, gute Futtergerste 176— 186 M. ES ist klar, daß bei dieser Marktlage die Landwirte, die über Roggen verfügen, nicht daran denken, diesen zu verkaufen und Hafer oder Gerste als Viehfutter zu kaufen, sondern sie füttern einfach mit Roggenschrot. Dies und der Umstand, daß bei dem„erprobten System" der Eiufuhrscheine Getreide aus- geführt wird, um die Ausfuhrprämie einzusacken, muß natür- lich dazu führen, daß alsbald die Getreidevorräte sich ver- ringcrn, die Roggcnpreise in die Höhe getrieben werden, zu- mal wenn die Spekulanten ihre Künste nach dieser Richtung spielen lassen, was nicht ausbleiben lvird. So führt de» „lückenlose" Zolltarif dazu, daß auch eine Verteuerung des Brotgetreides eintreten muß, trotzdem Deutschland eine relativ günstige Getreideernte hat. Daß die Regierung in ihrer„gottgewollten Abhängigkeit" von den Agrariern sich dem Willen dieser Machthaber fügen wird, war vorauszusehen. Jedenfalls wird ihr Gelegenheit gegeben werden, vor dem Reichstage aufs neue ihre Volks- feindlichen Tendenzen klarzulegen. Die Entscheidung' aberliegt beim Volke, das zu zeigen hat. ob es für der sich vor einer Clique schamloser Brotwucherer beugen will, oder ob es ge- sonnen ist. die Entscheidung in die eigene Hand zu nehmen. *•# TeuerungSdemonstrationrn in Frankreich . Die Folgen der steigenden Lebensmittelpreise haben in Frank- reich in verschiedenen Orten zu Demonstrationen geführt, die
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